Ein Biodiversitätskonzept zum Nachmachen aus Bad Saulgau
Worum geht es?
Ein umfassendes Biodiversitätskonzept und Praxisnetzwerk als Anstoß für andere
Die Stadt Bad Saulgau setzt sich seit rund 30 Jahren für die biologische Vielfalt ein und wurde dafür mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Das Biodiversitätskonzept der Stadt besteht aus fünf Säulen: 1) Naturlehrpfade und Naturwanderwege, 2) Gewässerrenaturierung, 3) Biotopanlagen, 4) Umwandlung von Einheitsgrün in artenreiches Grün im Siedlungsraum und 5) ein NaturThemenpark. Der NaturThemenpark bündelt alle Themen und bietet zwölf Stationen zum interaktiven Naturerleben und zur spielerischen Wissensvermittlung. Für die Bürger*innen gibt es außerdem die Gartenfibel „natürlich gut gestaltet“, die praxisnah Elemente eines naturnahen Gartens beschreibt und Listen insektenfreundlicher, heimischer und standortgerechter Gehölze und Stauden enthält. Ein Heckenschaugarten zeigt, wie naturnahe Hecken gestaltet sein können. 2023 hat die Stadtverwaltung das „Praxisnetzwerk für biologische Vielfalt“ gegründet und will die Erfahrungen und die erstellten Materialen zur Inspiration und Nachahmung an Kommunen und andere Akteur*innen weitergeben. Das Netzwerk soll den Mitgliedern zum lockeren und flexiblen Austausch dienen, sodass auch neue Ideen zur Förderung der biologischen Vielfalt entstehen.
Einheitsgrün umwandeln und Insekten schützen
Bad Saulgau ist ein Vorreiter für ökologisches Grünflächenmanagement. Seit Ende der 1990er Jahre wurden im Rahmen von Stadt- und Straßensanierungen mit dem Konzept „Umwandlung von Einheitsgrün in artenreiches Grün“ Flächen entsiegelt und naturnah gestaltet. So wurden auf mehr als 100 Hektar artenreiche Blumenwiesen, Stauden- oder Gehölzflächen angelegt. Zusätzlich zu den Pflanzungen im Straßenraum und auf anderen kommunalen Flächen wurde auch Parkrasen extensiviert. Bei einigen Intensivrasen wurde die Grasnarbe entfernt und Kiessubstrat und dauerhafte Blumenwiesenmischungen ausgebracht. Bei anderen Flächen wurde nur die Düngung eingestellt und die Mahd reduziert. Insektenfreundliche mehrjährige Staudenarten ersetzen Wechselbepflanzungen. Die Staudenbeete bestehen aus einem Mix aus heimischen und nicht-heimischen Arten, sodass durchgängig Nahrung für Insekten verfügbar ist. Studien belegen, dass die Insektenvielfalt durch die Umwandlung des Stadtgrüns stark zugenommen hat.
Wie wurde es gemacht?
Kurze Wege und langfristiges Engagement
Bei der Umwandlung des Stadtgrüns in Bad Saulgau sind Stadtverwaltung, Bauhof und Stadtgärtnerei beteiligt. Durch die langjährigen Erfahrungen wurden Routinen und Standards entwickelt, darunter eigene Staudenlisten für unterschiedliche Anpflanzungstypen. Über die Bauleitplanung fördert die Stadtverwaltung ebenfalls biodiversitätsfreundliche Flächen. Die Stadt ist Trägerin der Bauleitplanung. Neue Bebauungspläne für Wohn- und Gewerbeflächen enthalten somit Pflanzgebote für heimische und standortgerechte Bäume oder Wildhecken. Es werden zudem Vorschriften zur Gestaltung der Freiflächen gemacht. So sind beispielsweise Schottergärten verboten und es gibt Gehölz- und Pflanzlisten.
Artenreiche Stadtnatur mit wenig Ressourceneinsatz pflegen
Die Blumenwiesen in Bad Saulgau werden in der Regel zweimal pro Jahr mit Balkenmähern gemäht, einmal im Frühsommer und einmal im Herbst. Das Mähgut wird zur Aushagerung abgefahren. Größere Blumenwiesen mähen ortsansässige Landwirt*innen mit landwirtschaftlichen Maschinen und nutzen das Mähgut als Tierfutter. Durch die Umstellung auf dauerhafte Vegetation und den Verzicht auf Mineraldüngung und Pestizide konnten Kosten reduziert werden. Die stark gestiegene Anzahl an Grünflächen wird von einem gleichbleibenden Personalbestand betreut. Durch die reduzierten Pflegegänge und den geringen Materialeinsatz bringt die ökologische Pflege insgesamt finanzielle Einsparungen.