Hamburgs Gründachstrategie – Grüne Dächer als Lebensraum nutzen
Worum geht es?
Freiraumqualitäten in der verdichteten Stadt sichern
Die Hamburger Gründachstrategie wurde 2014 als erste Gründachstrategie einer deutschen Großstadt beschlossen. Sie ist Teil der parallel entstandenen „Qualitätsoffensive Freiraum“ und im Handlungsfeld „Neue Freiraumpotenziale erschließen und variable Nutzbarkeit ermöglichen“ verankert. Ziel ist es, im Kontext baulicher Verdichtung eine Freiraumverbesserung sicherzustellen. Außerdem ermöglicht die Gründachstrategie einen zukunftsfähigen Umgang mit Regenwasser und ergänzt in diesem Zuge das Projekt RISA (RegenInfraStrukturAnpassung). Die Hamburger Gründächer sollen durchschnittlich 60 Prozent des Regenwassers zurückhalten und infolgedessen die Kanalisation entlasten. Das Projekt wird durch die HafenCity Universität Hamburg wissenschaftlich begleitet und wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. Mit der Gründachstrategie wurde ein Instrumentarium entwickelt, das bundesweit eingesetzt werden kann.
Urbane Artenvielfalt durch Kooperationen und Anreizsysteme realisieren
Ziel der Gründachstrategie ist es, 100 Hektar Dachfläche sowohl im Wohn- als auch im Gewerbebau im Stadtgebiet Hamburgs zu bepflanzen. Dadurch wird zum einen die Flächenkonkurrenz zwischen Bebauung und Grünflächen gemindert, zum anderen verbessern sich das Stadtklima und die Artenvielfalt in der Stadt. 20 Prozent der Gründächer sollen Bewohner*innen oder Beschäftigte als gemeinschaftliche Nutz- und Erholungsflächen nutzen können. Für Gründachbesitzer*innen bestehen direkte Anreize durch die Halbierung der Niederschlagsgebühr und langer Haltbarkeit der Dachhaut. Teil der Hamburger Gründachstrategie ist eine im Jahr 2020 gestartete Untersuchung zur Artenvielfalt auf Hamburgs grünen Dächern. Im Auftrag der Umweltbehörde wurden sieben Gründächer nach Käferarten und anderen Insekten kartiert. Die Biolog*innen haben dabei in nur zwei Jahren über 235 Käferarten entdeckt, von denen viele auf der Roten Liste stehen. Derzeit gibt es in Hamburg etwa 200 Hektar begrünte Dächer, 360 Anträge wurden gestellt und 102.000 Quadratmeter Dachbegrünung bewilligt. Seit 2020 wird auch Fassadenbegrünung gefördert.
Wie wurde es gemacht?
Finanzierungsmöglichkeiten erkennen, Strategie kommunizieren, Instrumente anwenden
In der integrierten gesamtstädtischen Gründachstrategie werden drei Handlungsebenen zusammengefasst: Fördern, Dialog und Fordern. Ein Förderprogramm für Neubauten und Bestandssanierungen setzt Anreize für Bauherr*innen sowie Gebäudeeigentümer*innen, ihre Dächer zu begrünen. Für den Ausbau der Gründächer in Hamburg werden rechtliche Instrumente wie etwa das Hamburger Klimaschutzgesetz, das Naturschutzgesetz oder die Hamburger Bauordnung angewendet und teilweise weiterentwickelt. So wird ab 2027 die bundesweit erstmalige Einführung einer kombinierten Solargründachpflicht in Hamburg gelten. Während der Projektlaufzeit bis 2025 wird der Prozess der Gründachstrategie von einer behördenübergreifenden Projektgruppe gesteuert. Außerdem gibt es regelmäßige Arbeitsgruppensitzungen mit den Fachressorts aus den Bezirksämtern sowie eine Multiplikator*inngruppe bestehend aus Fachverbänden und Institutionen (unter anderem Bund Deutscher Landschaftsarchitekten und Architektenkammer), die sich etwa einmal im Jahr trifft.
Effizienter Ressourceneinsatz und nachhaltige Kooperationen
Von 2014 bis 2017 wurde das Projekt im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) zur Förderung von Maßnahmen zur Anpassung des Klimawandels durch das BMUB gefördert. Im Anschluss war das Projekt bis 2020 Teil des Forschungsprogramms ExWoSt „Green Urban Labs“ des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Bis Ende 2026 werden für die Gründachförderung sieben Millionen Euro Fördermittel durch die Landesverwaltung zur Verfügung gestellt. Durch eine Kommunikationskampagne wird die breite Öffentlichkeit weiterhin informiert und das Förderprogramm beworben. Multiplikator*innentreffen mit Fachverbänden sowie diverse Veranstaltungen und Vorträge sollen auch in Zukunft Raum für Dialog und eine breite Akzeptanz schaffen.