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Bundesamt für Naturschutz

Häufig gefragt: Wolf

Das bundesweite Wolfsvorkommen konzentriert sich wie in den Vorjahren auf das Gebiet von Sachsen in nordwestlicher Richtung über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen wurden auch Wolfsterritorien nachgewiesen. Das belegen die am 10.10.2023 veröffentlichten amtlich bestätigten Wolfszahlen, die auf den jährlichen offiziellen Bestandserhebungen der Bundesländer beruhen. Wissenschaftlich begleitet wird die Rückkehr des Wolfes durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn und die „Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf“ (DBBW).
Drei Wolfswelpen im letzten Tageslicht auf einem Feldweg. Zwei der Wolfswelpen blicken in die Kamera, ein dritter Welpe rennt auf den Betrachter zu.
Drei Wolfswelpen auf einem Feldweg

Wie viele Wolfsrudel konnten in Deutschland nachgewiesen werden?

IIm Monitoringjahr 2022/2023 wurde in Deutschland aus den Bundesländern das Vorkommen von insgesamt 184 Wolfsrudeln, 47 Wolfspaaren und 22 sesshaften Einzelwölfen bestätigt. Im vorhergehenden Monitoringjahr 2021/2022 wurden 162 Rudel, 58 Paare und 25 Einzelwölfe nachgewiesen (aktualisierter Stand vom 05.10.2023). Die meisten Wolfsrudel leben in Brandenburg (52) gefolgt von Niedersachsen (39) und Sachsen (38). Die Internetpräsenz der DBBW ermöglicht auch einen Vergleich der diesjährigen Monitoringergebnisse mit den Vorjahren und liefert zusätzlich detaillierte Einblicke in einzelne Wolfsterritorien.

Die jährlich veröffentlichte Vorkommenskarte basiert auf den Hin- und Nachweisen des abgelaufenen Monitoringjahres 2022/2023. Dieses umfasst den jeweils zurückliegenden Zeitraum vom 1. Mai des Vorjahres bis zum 30. April des aktuellen Jahres. Dazu werden die in diesem Zeitraum von den Bundesländern erhobenen Nach- und Hinweise zum Wolf an die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) gemeldet, dort validiert und zusammengeführt, zwischen Bund und Ländern abgestimmt und auf der Grundlage dieses Prozesses die nationale Vorkommenskarte erstellt. Die Erhebung der Vorkommensdaten folgt den nationalen Standards zum Monitoring des Wolfes.

Für jede Rasterzelle (10 x 10 km) werden die Nach- und Hinweise des Monitoringjahres zusammengetragen und anschließend validiert. Als Hin- und Nachweise gelten beispielsweise genetische Proben oder auch Fotos. Hinweise, die nicht überprüfbar (Sichtbeobachtungen, Lautäußerungen) oder nicht ausreichend dokumentiert sind, fließen nicht in die Kartendarstellung ein. Eine Rasterzelle wird dann als besetzt mit der Farbe grün eingefärbt, wenn ein C1-Nachweis oder mindestens drei unabhängige C2-Hinweise vorliegen. Die Kategorisierung der Nach- und Hinweisdaten basiert auf den gemeinsamen Monitoringstandards. Hierbei werden mit C1 eindeutige Nachweise klassifiziert, welche die Anwesenheit des Wolfs eindeutig bestätigen (Lebendfang, Totfund, genetischer Nachweis, Foto). Als C2 werden bestätigte Hinweise gewertet, die von einer erfahrenen Person überprüft wurden (etwa Spur oder Riss). Zellen, in denen für ein Rudel der jeweils erste Reproduktionsnachweis des jeweiligen Monitoringjahres erbracht wurde, sind mit einer Raute gekennzeichnet. Wenn Wolfsterritorien aneinandergrenzen, können auch Reproduktionen von mehr als einem Rudel in einer Zelle liegen.

Auf der Internetseite der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) wird zusätzlich zu der amtlichen Vorkommenskarte auch eine aktuelle Territorienkarte veröffentlicht.

weiterführender Inhalt

Wolfsvorkommen in Deutschland

Karte
Im Monitoringjahr 2022/2023 wurde in Deutschland aus den Bundesländern das Vorkommen von insgesamt 184 Wolfsrudeln, 47 Wolfspaaren und 22... more

Wie viele Wölfe leben in Deutschland?

Die Auswertung der von den Bundesländern erhobenen Monitoringdaten zeigt, dass in den bestätigten Wolfsterritorien im abgeschlossenen Monitoringjahr 2022/2023 1339 Wolfsindividuen lebten: 439 Wölfe konnten sicher als adult eingestuft werden, bei weiteren 126 durch das Monitoring der Bundesländer ermittelten Tieren war nicht eindeutig festzustellen, ob es sich um adulte oder subadulte Tiere handelte. Berücksichtigt man diese Individuen, so lag die Mindestanzahl der erwachsenen Wölfe in den bestätigten Territorien im Monitoringjahr 2022/2023 bundesweit zwischen 439 und 565. Zusätzlich konnten 83 Jährlinge (Wölfe im zweiten Lebensjahr) und 634 Welpen (Wölfe im ersten Lebensjahr) nachgewiesen werden. Bei 9 Individuen war nicht sicher, ob sie Jährlinge oder Welpen waren, bei weiteren 48 Individuen konnte das Alter nicht bestimmt werden.

Die hier angegebenen Individuenzahlen wurden sicher nachgewiesen. Eine Schätzung eines Gesamtbestands von Wölfen in Deutschland ist nicht seriös durchzuführen, da zum einen das Monitoring der Bundesländer auf den Nachweis von Rudeln, Paaren und territorialen Einzeltieren – und nicht auf die Erfassung der Zahl der Wolfsindividuen – ausgerichtet ist. So konzentrieren sich die Bundesländer im Wolfsmonitoring auf die jährliche Erhebung des Vorkommensgebiets, der Anzahl der Wolfsterritorien sowie dem Nachweis von Reproduktion. Im Monitoring fallen jedoch auch zusätzliche Informationen an, u.a. Daten zu den in den Territorien mindestens nachgewiesenen Individuen im jeweiligen Monitoringjahr, wobei hier die Erhebungsintensität zwischen den Bundesländern nicht standardisiert ist.

Zum anderen variieren die Rudelgrößen sehr stark: Die Anzahl der in einem Rudel (Wolfsfamilie) lebenden Individuen ist durch Geburt, Tod und Abwanderung von Jungtieren ständigen Schwankungen unterworfen.
Im Vorjahr 2021/2022 konnten in den bestätigten Territorien mindestens 434 adulte Wölfe und mindestens 553 Welpen durch die Bundesländer nachgewiesen werden (Stand 05.10.2023).

Wie erfolgt das Monitoring des Wolfs in Deutschland?

Das jährliche Monitoring läuft jeweils vom 1. Mai bis 30. April des darauffolgenden Jahres und umfasst einen Fortpflanzungszyklus, von der Geburt der Jungtiere bis zu deren erstem Lebensjahr. Die Bundesländer erheben in diesem Zeitabschnitt die Daten nach einheitlichen Standards, sodass eine Vergleichbarkeit gewährleistet ist. Im Anschluss werden die von den Bundesländern erhobenen Daten validiert und abgeglichen. Das BfN und die DBBW führen sie dann bundesweit zusammen. Die Ergebnisse werden danach auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (Verbreitungskarten). Auf der Webseite der DBBW finden sich die Ansprechpersonen der Bundesländer, die für das Monitoring von Großraubtieren zuständig sind.

Es werden zunächst alle Anhaltspunkte dokumentiert, die auf eine Anwesenheit von Großraubtieren hindeuten. Dazu gehören unter anderem Fotos aus Zufallsbegegnungen oder Fotofallen, genetisches Material für Analysen, Spuren oder auch Sichtungen. Basierend auf den international anerkannten SCALP-Kriterien („Status and Conservation of the Alpine Lynx Population“) werden die Hinweise anhand ihrer Überprüfbarkeit fachlich eingeordnet. Die SCALP-Kriterien wurden ursprünglich für das Luchsmonitoring in den Alpen entwickelt und auf die andern Großkarnivoren übertragen und modifiziert. Anhand dieser Kriterien werden die im Rahmen des Monitorings der Bundesländer erhobenen Hin- und Nachweise bewertet und einer Kategorie zugeordnet: eindeutige Nachweise, bestätigte Hinweise, unbestätigte Hinweise oder Falschmeldung.

Das BfN hat 2009 erstmals länderübergreifend abgestimmte Standards für das Monitoring von Großraubtieren im Rahmen eines Projekts erarbeitet und diese 2015 weiterentwickelt (BfN-Skript 413). Die Entwicklung dieser Standards erfolgte auch im Austausch mit europäischen Expertinnen und Experten für Großraubtiere. Darin
festgehalten sind insbesondere einheitliche Standards, welche Parameter erhoben werden sollen und wie die Auswertung und Interpretation der erhobenen Daten erfolgen soll.

Wer macht was beim Wolfsmonitoring und -management?

In Deutschland liegt die Umsetzung von Natur- und Artenschutz in der Zuständigkeit der Bundesländer. Auch die Zuständigkeit für das Wolfsmonitoring und -management liegt deshalb bei den Bundesländern. Die Monitoringdaten werden von den Ländern nach einheitlichen Standards jeweils für ein Monitoringjahr erhoben, anschließend überprüft und durch das BfN und die DBBW bundesweit im Rahmen des Treffens der im Monitoring erfahrenen Personen von Bund und Ländern zusammengeführt. Anschließend werden diese amtlichen bestätigen deutschen Wolfszahlen durch das BfN und die DBBW in Abstimmung mit den Ländern veröffentlicht.

Die Bundesländer haben weiterhin die Möglichkeit, die aktuelle Entwicklung des Wolfsbestands über die Webseite der DBBW in Echtzeit zu aktualisieren. Hierfür können die Länder ihre Daten jederzeit auch in einem laufenden Monitoringjahr an die DBBW übermitteln, um so eine genaue Datenlage abzubilden. Zahlen sowie Karten zum Wolf werden von der DBBW unter www.dbb-wolf.de veröffentlicht. Die Fach- und Vollzugsbehörden der Länder sind für den Schutz des Wolfes zuständig und damit auch für die Umsetzung von Maßnahmen zu Prävention und Kompensation und für die Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. Sie stellen Fördermittel bereit, um Herdenschutzmaßnahmen zu finanzieren oder Weidetierhaltern den finanziellen Schaden bei durch Wölfe getöteten, verletzten oder vermissten Nutztieren zu erstatten (siehe auch „Wie werden Herdenschutzmaßnahmen und Schadenausgleichszahlungen finanziert?“).

Was macht die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW)?

Die DBBW berät die Naturschutzbehörden von Bund und Ländern bei allen Fachfragen zum Thema Wolf und stellt Informationen für die allgemeine Öffentlichkeit über die Website www.dbb-wolf.de bereit. Da die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland die Bundes- und Landesbehörden vor Aufgaben stellt, die einer bundesweiten Koordination bedürfen, wurde 2016 auf Bitte der Länder die DBBW eingerichtet. Die DBBW wird vom Bundesamt für Naturschutz inhaltlich betreut und mit Mitteln des Bundesumweltministeriums finanziert.

Als ein Teil des Beratungsangebots führt die Internetpräsenz der DBBW den aktuellen Kenntnisstand über die Verbreitung, die Wolfsterritorien und Totfunde in Deutschland zusammen. Die Darstellung ermöglicht auch einen Vergleich mit den Vorjahren und liefert zusätzlich detaillierte Einblicke in einzelne Wolfsterritorien. Auf den Informationsseiten zum Wolfsmanagement werden die Managementpläne der Bundesländer und die Ergebnisse der in den Bundesländern erhobenen Schadensstatistik in Hinblick auf Nutztierübergriffe durch Wölfe dargestellt. Auch bietet die Webseite eine Zusammenstellung der im Bereich Herdenschutz von Weidetieren geleisteten Präventionszahlungen sowie der Ausgleichszahlungen.

Zusätzlich sollen Informationen rund um die Biologie des Wolfes und die Angabe von Ansprechpartnern des Wolfsmanagements in den Bundesländern der Öffentlichkeit den Zugang zum Thema und zu bestimmten Fragen auch die Kontaktaufnahme mit den Naturschutzbehörden vor Ort erleichtern.

Mit den Aufgaben und der Leitung der Dokumentations- und Beratungsstelle wurde die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums beauftragt. Die DBBW wird von einem Konsortium aus mehreren wissenschaftlichen Institutionen getragen: Das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz (SMNG), das LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland, das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin (IZW) und das Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Standort Gelnhausen.

Wie ist der rechtliche Schutzstatus des Wolfs in Deutschland?

Der Wolf ist in den Anhängen II und IV der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) gelistet und stellt gemäß Art. 1h der Richtlinie eine prioritäre Art dar, für deren Erhaltung allen Staaten der Europäischen Union eine besondere Verantwortung zukommt. National ist der Wolf nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG) eine streng geschützte Art.

Wodurch ist der Wolf hauptsächlich gefährdet?

Wölfe sind von einer Vielzahl natürlicher und durch Menschen verursachter Gefährdungsfaktoren bedroht, unter anderem von Krankheiten, durch illegale Tötung, vor allem aber durch den Verkehr.

Von den in Deutschland seit dem Jahr 2000 bis heute tot aufgefundenen Wölfen (959 Individuen, Datenbankabruf 05.10.2023) starben 87 Tiere nachweislich an natürlichen Ursachen, 85 Individuen wurden illegal getötet worden und 718 Individuen kamen durch den Verkehr ums Leben. Bei 48 Wölfen ist die Todesursache unklar, und 13 Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen der Bundesländer entnommen. Bei acht Wölfen ist die Untersuchung zur Todesursache noch nicht abgeschlossen.

Eine ähnliche Verteilung der Todesursachen findet sich auch bei den 159 tot aufgefundenen Wölfen im Monitoringjahr 2022/2023 wieder: 15 Wölfe starben an natürlichen Ursachen, 11 wurden illegal getötet und 125 Wölfe wurden durch den Verkehr getötet.

Bei weiteren vier Wölfen ist die Todesursache unklar und zwei Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen getötet. Bei zwei Wölfen ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen (Stand 05.10.2023). Mehr als die Hälfte der 125 durch den Verkehr getöteten Wölfe waren im Welpenalter, das heißt im ersten Lebensjahr. Eine Übersicht zu allen Totfunden und den Todesursachen findet sich auf der Internetseite der DBBW. 

Warum greifen Wölfe Nutztiere an?

Wölfe unterscheiden bei der Jagd nicht zwischen wildlebenden Arten und domestizierten Nutztieren des Menschen. Das Töten von Beutetieren durch Wölfe ist keine Form der Aggression, sondern dient dem Nahrungserwerb.
In Gebieten, in denen insbesondere Schaf- und Ziegenherden ohne oder ohne ausreichenden Schutz von Elektrozäunen bzw. Herdenschutzhunden gehalten werden, besteht ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Erfahrungen aus Sachsen, also einem der Bundesländer, in dem die meisten Rudel leben, zeigen, dass nicht die Anzahl der Wölfe oder Weidetiere für die Anzahl an gerissenen Nutztieren verantwortlich ist, sondern alleine die Schutzwirkung der Herdenschutzmaßnahmen maßgeblich ist.

Es ist wichtig, Herdenschutzmaßnahmen schon vor eventuellen Wolf-Nutztier-Begegnungen umzusetzen, das heißt auch in Gebieten, in denen Wölfe zwar zu erwarten sind, derzeit aber noch nicht auftreten. Ein solcher präventiver Herdenschutz ist entscheidend, um so eine mögliche Konditionierung zu verhindern, das heißt, dass sich Wölfe an das Reißen von schlecht geschützten oder ungeschützten Weidetieren als leichte Beute gewöhnen.

Nur ein flächendeckender Herdenschutz anhand der vom BfN und der DBBW empfohlenen Standards führt zu einer Reduzierung von Nutztierrissen durch Wölfe (BfN-Skript 530). Dies gilt speziell für Schafe und Ziegen, die 89 Prozent der wolfsverursachten Schäden an Nutztieren ausmachen (s. Bericht der DBBW zu wolfsverursachten Schäden, Präventions- und Kompensationszahlungen für das Jahr 2022). Eine allgemeine Bejagung von Wölfen ist hingegen keine geeignete Maßnahme, um das Auftreten von Nutztierschäden zu reduzieren. Es würden weiterhin ungeschützte Nutztiere durch Wölfe getötet.

Welche Maßnahmen werden zum Schutz von Weidetieren vor Wolfsübergriffen empfohlen?

Die vom BfN und der DBBW im Frühling 2019 veröffentlichten Empfehlungen zum Schutz von Weidetieren und Gehegewild vor dem Wolf legen dar, welche Maßnahmen Weidetiere vor Wölfen am besten schützen können. So werden nur elektrifizierte bodenabschließende Zäune empfohlen, die mindestens 120 Zentimeter hoch sind, da nur diese Zäune bei „ausforschenden“ Wölfen durch einen körperlichen Schmerz einen Abschreckungseffekt ausüben.

Nicht elektrifizierte Festzäune werden nicht empfohlen, da diese von Wölfen oft unterkrochen oder überklettert werden und daher nur mit einem sehr hohen Aufwand gegen Wolfsübergriffe zu sichern sind. Bei größeren Herden wird den Nutztierhaltern empfohlen, wenn sie sich mit den speziellen Anforderungen der Hundehaltung auskennen bzw. Fachberatung zur Verfügung haben, mit mindestens zwei Herdenschutzhunden ihre Tiere zu sichern. Bei allen Herdenschutzmaßnahmen müssen regionale Unterschiede berücksichtigt werden. Auch muss klar sein, dass im Einzelfall auch ein nach den empfohlenen Standards implementierter Herdenschutz keine 100-prozentige Sicherheit der Weidetiere vor Wolfsübergriffen bieten kann.

Im Vergleich zu Schafen und Ziegen sind Rinder und Pferde recht wehrhaft, vor allem wenn sie in Herden gehalten werden. Dennoch gibt es belegte Risse von Rindern oder Pferden, wobei bei 48 Prozent der Übergriffe von Wölfen auf Rinder im Jahr 2022 letztere jünger als zwei Wochen waren. Daher muss bei Rindern und Pferden der Schutz der Jungtiere besondere Aufmerksamkeit erhalten. Da diese Fälle sehr selten bzw. regional vorkommen, ist hier eine individuelle Anpassung von Herdenschutzmaßnahmen angeraten, etwa durch zeitweise Kopplung von Jungtieren mit elektrischen Zäunen. Mehrere Bundesländer fördern Präventionsmaßnahmen bei Rindern und Pferden, wenn es nachweislich zu Übergriffen durch Wölfe gekommen ist (s. Bericht der DBBW zu wolfsverursachten Schäden, Präventions- und Ausgleichszahlungen in Deutschland 2022).

Die genannten Empfehlungen (BfN-Skript 530) unterstützen die für das Wolfsmanagement zuständigen Behörden in den Ländern bei der Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen. Sie wurden von DBBW und BfN erarbeitet und mit Expertinnen und Experten des Herdenschutzes in den Ländern abgestimmt. Grundlage sind die langjährigen praktischen Erfahrungen im Herdenschutz in verschiedenen Bundesländern, sowie im europäischen Ausland.

Wie werden Herdenschutzmaßnahmen und Schadenausgleichszahlungen finanziert?

Um die finanziellen Schäden von Weidetierhaltern durch Wolfsübergriffe auf Nutztiere zu reduzieren, stellen die Bundesländer mit Wolfspräsenz finanzielle Mittel bereit. Diese Fördermittel dienen zum einen der Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen, zum anderen kann der finanzielle Schaden bei durch Wölfe getöteten, verletzten oder vermissten Nutztieren erstattet werden.

In den meisten Bundesländern handelt es sich hierbei nicht um einen Rechtsanspruch, sondern um sogenannte Billigkeitsleistungen. Zahlungen zur Schadensprävention und -kompensation im Bereich der Nutztierhaltung liegen ebenfalls im Verantwortungsbereich der Bundesländer.

Im Jahr 2022 betrugen die Ausgaben der Bundesländer mit Wolfsvorkommen zusammen 18.428.830 Euro für Herdenschutzmaßnahmen. Im Vergleich dazu betrugen die Schadenausgleichszahlungen, bei denen ein Wolf als Verursacher nachgewiesen oder nicht ganz ausgeschlossen werden konnte, mit rund 616.413 Euro nur etwa ein Dreißigstel davon (s. Bericht der DBBW zu wolfsverursachten Schäden, Präventions- und Ausgleichszahlungen in Deutschland 2022).

In den meisten Bundesländern mit Vorkommen von Wölfen wird der Anspruch auf Ausgleichszahlungen im Schadensfall an einen sogenannten Mindestschutz von Nutztieren gekoppelt. Hierbei stellt der Mindestschutz einen Kompromiss zwischen der Schutzwirkung gegenüber Wölfen einerseits und der bisherigen Praxis der Weidetierhaltung andererseits dar, die sich bislang nicht an der Anwesenheit von Wölfen orientiert hat. In mehreren Bundesländern werden auch jetzt schon Präventionsmaßnahmen, die dem empfohlenen Schutz entsprechen, gefördert. In den Bundesländern, die aktuell noch keine territorialen Wolfsvorkommen haben, bietet es sich an, bei der Einführung von Herdenschutzmaßnahmen die empfohlenen Standards zugrunde zu legen. Die Herdenschutzmaßnahmen sollten möglichst erfolgen, bevor sich Rudel etablieren. Dadurch lässt sich im Regelfall eine deutliche Reduzierung der Übergriffe auf Nutztiere erreichen.

Wie viele Wolfsübergriffe auf Nutztiere wurden 2022 durch die Bundesländer gemeldet?

Für das Jahr 2022 wurden in Deutschland 1136 (2021: 975) Wolfsübergriffe mit insgesamt 4366 (2021: 3374) getöteten, verletzten oder vermissten Nutztieren durch die Bundesländer an die DBBW gemeldet.

Hierbei ist zu beachten, dass die Sicherheit, Übergriffe dem Wolf zuzuordnen, aufgrund der dafür verwendeten Kriterien je nach Bundesland variiert. Zudem wurde bei diesen Angaben nicht berücksichtigt, ob und in welchem Umfang die Nutztiere zum Zeitpunkt des Übergriffs durch Herdenschutzmaßnahmen geschützt waren. Weitere Ausführungen hierzu sind dem Bericht der DBBW zu wolfsverursachten Schäden, Präventions- und Kompensationszahlungen für das Jahr 2022 unter zu entnehmen.

Wie verhalten sich Wölfe gegenüber Menschen?

Bereits heute leben Wölfe in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft vielfach in direkter Nähe zum Menschen. Sie suchen jedoch üblicherweise nicht die Begegnung mit Menschen, sondern halten sich von diesen fern. Wie Untersuchungen in Nordamerika und Europa zeigen, kommt es nur unter sehr speziellen Umständen und extrem selten zu Übergriffen von Wölfen auf Menschen (z.B. mit Tollwut infizierte oder durch Fütterung an den Menschen gewöhnte Individuen). Daher wurde im Rahmen der Gesetzesänderung des Bundesnaturschutzgesetztes aus dem März 2020 das Füttern und Anlocken von wildlebenden Wölfen verboten (§ 45a Absatz 1 BNatSchG). Bei der Frage, inwiefern Wölfe für den Menschen eine Gefährdung darstellen könnten, bestehen seitens der Bevölkerung, aber auch bei Behörden, mitunter Unsicherheiten. Deshalb sind der Austausch zwischen Fachbehörden und Wolfsforschenden sowie die breite Information der Bevölkerung über das Wolfsverhalten von großer Bedeutung.

Wann liegt auffälliges Wolfsverhalten vor?

Festzuhalten ist, dass Wölfe, die bei Tag in Sichtweite von Häusern oder bei Nacht durch Ortschaften laufen, per se noch keine Gefahr für den Menschen darstellen. Dies gilt auch für einen Wolf, der nicht sofort beim Anblick von Menschen oder Autos flüchtet, sondern zunächst stehenbleibt und beobachtet. Wölfe nehmen Menschen in Kraftfahrzeugen nicht als Menschen wahr, sodass dadurch viele Beobachtungen auf kürzere Distanzen möglich geworden sind.

Wenn ein Wolf z.B. mehrfach in einem Abstand von unter 30 Metern von bewohnten Häusern gesehen wird, muss eine genaue Analyse der Situation vor Ort erfolgen, um so mögliche Anreize (etwa Futterquellen) zu suchen und zu entfernen. Hierbei ist eine intensive Öffentlichkeitsarbeit vor Ort zu leisten, um die Bevölkerung über mögliche Ursachen des Wolfsverhaltens und weiterführende Managementmaßnahmen zu informieren. Die DBBW berät die Naturschutzbehörden der Länder bei der Einschätzung entsprechender Wolfsbegegnungen sowie dem Umgang mit auffälligen Wölfen.

Einem dem Menschen gegenüber verhaltensauffälligen Wolf liegen in der Regel individuelle positive Erfahrungen mit Menschen zugrunde, wie etwa beabsichtigtes oder unbeabsichtigtes Anfüttern. Wichtig ist daher, dass alle Fälle mit auffälligen Wölfen im Rahmen des Monitorings erfasst und in einer Einzelfallbetrachtung analysiert werden, damit solche Anreize identifiziert und beseitigt werden können.

Dürfen verhaltensauffällige Wölfe getötet werden?

Im Einzelfall kann eine Entnahme von Wölfen, die sich dem Menschen gegenüber auffällig verhalten, auf Grundlage des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG „im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung“ erfolgen. Folglich sieht das Bundesnaturschutzgesetz für verhaltensauffällige Wölfe die Möglichkeit einer Entnahme vor, soweit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG vorliegen. Danach ist insbesondere zu prüfen, ob zumutbare Alternativen zur Entnahme in Betracht kommen, wie etwa erfolgsversprechende Vergrämungsmaßnahmen.

Basierend auf den Ausarbeitungen der DBBW zum Umgang mit Wölfen, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten (BfN-Skript 502) ist bei mehrfacher Annäherung von Wölfen an bewohnte Häuser auf unter 30 Meter die Suche nach und ggf. das Entfernen von Anreizen durchzuführen. Auch eine Vergrämung kann hier eine Lösung darstellen. Einemehrfache Annäherung eines Wolfes an Menschen auf unter 30 Meter ist in Bezug auf die Sicherheit des Menschen kritisch zu betrachten. Dieser Wolf muss, je nach Situation, möglichst sofort besendert und vergrämt werden. Bleibt die Situation trotz fachgerecht ausgeführter Vergrämungsversuche weiterhin bestehen, ist eine letale Entnahme empfehlenswert. Reagiert ein Wolf ohne vorherige Provokation aggressiv auf Menschen, stellt eine Vergrämung aufgrund der Gefährlichkeit dieses Verhaltens keine Alternative dar, vielmehr ist eine sofortige Entnahme des betroffenen Tieres erforderlich. Denn bei der Einschätzung von Wolfsverhalten steht die Sicherheit des Menschen immer an erster Stelle.

Zuständig für die Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen zur Vergrämung oder Entnahme von Wölfen sind die zuständigen Behörden der Bundesländer. Dabei steht die DBBW jederzeit beratend zur Verfügung, insbesondere zur Einschätzung von Wolfsverhalten in Bezug auf die Sicherheit von Menschen.

Wurde in Deutschland schon einmal ein Mensch durch einen Wolf verletzt?

Nein. Ein Fall unprovoziert aggressiven Verhaltens ist seit der Etablierung des Wolfes im Jahr 1998 in Deutschland noch nicht aufgetreten. Seit der Rückkehr der Art nach Deutschland wurde kein Mensch durch einen Wolf verletzt.
Die Anzahl dokumentierter Wölfe, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten haben, ist in Deutschland sehr gering. Deshalb wird den Bundesländern empfohlen, bei Wölfen, die Menschen gegenüber ein auffälliges Verhalten zeigen, eine Einzelfallbetrachtung durch Expertinnen und Experten vorzunehmen und zusätzlich die DBBW beratend einzubinden. Allerdings kann eine Einschätzung und Empfehlung im Umgang mit auffälligen Wölfen keine pauschal anzuwendende Handlungsvorlage sein.

Was ist über die Biologie des Wolfs in Deutschland bekannt?

In Deutschland zeigten die bisher am LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland und am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin erhobenen Daten von toten oder lebend gefangenen Wölfen, dass adulte weibliche Wölfe (Fähen) zwischen 25 und 35 kg und adulte Rüden 33 bis 43 kg wogen.

Im Vergleich zu einem etwa gleich schweren Deutschen Schäferhund sind Wölfe deutlich hochbeiniger und haben eine gerade Rückenlinie. Der Schwanz ist gerade und buschig. Europäische Wölfe haben ein graues Fell, das einen gelblichen, rötlichen oder braunen Einschlag haben kann. Die Unterseite der Schnauze und die Kehle sind deutlich heller gefärbt, die Rückseiten der Ohren rötlich. Der Körperbau des Wolfes weist ihn als ausdauernden Läufer aus, der im gleichmäßigen Trab mühelos viele Kilometer zurücklegen kann. In Gefangenschaft können Wölfe 16 Jahre und älter werden. Im Freiland sterben die meisten Tiere wesentlich jünger.

Wölfe leben in Rudeln als Sozialverbände. Die Zahl der Tiere je Rudel kann mit durchschnittlich drei bis elf Tieren stark schwanken. Ein typisches Wolfsrudel besteht aus den beiden Elterntieren und in der Regel den Nachkommen der letzten zwei Jahre. Die Jungwölfe verlassen meist im Alter von zehn bis 22 Monaten das elterliche Rudel, um ein eigenes Rudel zu gründen.

Jedes Wolfsrudel beansprucht ein eigenes Territorium, das es gegen andere Wölfe verteidigt. Daher ist die Zahl der Rudel und damit der Wölfe, die in einem Gebiet leben können, begrenzt. Die Größe der jeweiligen Rudelterritorien hängt vor allem von der verfügbaren Nahrung ab und kann einer BfN-Pilotstudie zur Abwanderung und Ausbreitung von Wölfen in Deutschland zufolge zwischen 103 und 375 Quadratkilometern liegen. Je weniger Beutetiere auf einer Fläche leben, desto größer sind die Wolfsterritorien. Weil die Jungwölfe in der Regel mit Erreichen der Geschlechtsreife aus dem elterlichen Territorium abwandern, bleibt die Anzahl der Wölfe, die sich innerhalb eines bestimmten Gebietes etabliert hat, in der Folge dann meist relativ konstant.
Wölfe sind an die Jagd auf wildlebende Huftiere (Schalenwild) angepasst. In Mitteleuropa ernähren sie sich vor allem von Rehen, Rothirschen und Wildschweinen, örtlich auch von Damhirschen oder Mufflons. Langzeitstudien anhand von Nahrungsanalysen in Deutschland zeigen, dass sich Wölfe hier zu 97 Prozent von diesen Beutetieren ernähren. Wölfe jagen und töten die Tiere, die sie am leichtesten erbeuten können. Das sind neben alten, kranken und schwachen Individuen vor allem Jungtiere. In Gebieten mit mehreren Beutetierarten jagen sie bevorzugt die Art, die für sie am leichtesten verfügbar ist.

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