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Bundesamt für Naturschutz

Management

Das Management der Natura 2000-Gebiete ist das zentrale Instrument zur Umsetzung der Schutzziele der FFH- und Vogelschutzgebiete. Es umfasst die Erstellung von Managementplänen und die Durchführung konkreter Maßnahmen genauso wie die Gebietsverwaltung und die Öffentlichkeitsarbeit.

Das Management der Natura 2000-Gebiete mit den in ihnen vorkommenden Schutzgütern (Lebensraumtypen und Arten der Richtlinienanhänge) ist das zentrale Instrument zur Umsetzung der Schutzziele der FFH- und Vogelschutzrichtlinie und zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland. Es umfasst die Erstellung von Managementplänen genauso wie die Gebietsverwaltung und die Öffentlichkeitsarbeit. 
Außerdem dient auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Umsetzung dieser Schutzziele, dargestellt z. B. im EU-Leitfaden "Natura 2000 Gebietsmanagement".

Nach dem Abschluss der Meldung der FFH- und Vogelschutzgebiete in Deutschland kommt es in Zukunft vornehmlich darauf an, den Schutz der biologischen Vielfalt in der Praxis durch ein geeignetes und effektives Management der Gebiete zu etablieren bzw. fortzusetzen. Dabei ist unter Management der gesamte Prozess von der Erstellung der Managementpläne bis zur Durchführung konkreter Maßnahmen oder Erfolgskontrollen zu verstehen, der zur Umsetzung der Erhaltungs- und Entwicklungsziele für die Schutzgüter in den Gebieten dient. Der Erfolg der Maßnahmen zum Schutz von Arten und Lebensräumen hängt wesentlich von der Kooperation mit Flächeneigentümern und -nutzern ab. 

Die durch FFH- und Vogelschutzrichtlinie gegebenen rechtlichen Grundlagen erfordern die Ausrichtung der notwendigen Erhaltungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen auf den Zustand der zu schützenden Arten oder Lebensräume im Gebiet. Übergeordnetes Ziel ist es dabei, einen günstigen Erhaltungszustand dieser Lebensraumtypen und Arten auf biogeografischer Ebene zu erreichen. 

In Deutschland werden die konkreten Maßnahmen zur Bewahrung und Verbesserung des Erhaltungszustandes der Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie teils über amtliche und teils über ehrenamtliche Biotoppflege, Artenhilfsmaßnahmen oder Naturschutz- und Agrarumweltprogramme durchgeführt. Sie werden i. d. R. auf örtlicher bis regionaler Ebene geplant. Gleichzeitig können Managementerfordernisse aber auch anhand des Erhaltungszustands auf der Ebene der biogeografischen Regionen abgeleitet werden. Sie können dann durch überregionale Programme (z. B. Artenhilfsprogramme) erfüllt werden.

Wissen für ein erfolgreiches Gebietsmanagement

Zur Erhaltung und Förderung der unterschiedlichen Lebensraumtypen und Arten in den einzelnen Schutzgebieten sind spezifische und an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen und Strategien zu ergreifen. Dazu bedarf es eines fundierten Wissens der mit der Planung und Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen betrauten Personen. Daher werden Fragen des Managements von Natura 2000-Gebieten regelmäßig auf Tagungen des BfN erörtert und die Ergebnisse in den BfN-Schriftenreihen veröffentlicht. Die wichtigsten Themen waren:

  • Maßnahmen in der Agrarlandschaft (NaBiV 164, 2017)
  • Maßnahmen in Moorgebieten (NaBiV 140, 2015)
  • Maßnahmen auf militärischen Übungsflächen (NaBiV 152, 2016)
  • Maßnahmen in Waldgebieten (NaBiV 167, 2019; NaBiV 131, 2013)
  • Maßnahmen in Küstenlebensräumen (NaBiV 91, 2010)
  • Auswirkungen des Klimawandels (NaBiV 118, 2012)

Weitere Bände zu diesen und weiteren Themen finden Sie im Veröffentlichungsverzeichnis.

Für die atlantische biogeografische Region wurden in einem F+E Vorhaben für 59 ausgewählte Natura 2000-Schutzgüter konkrete Empfehlungen für Maßnahmenkonzepte erarbeitet, die dazu beitragen können, den Erhaltungszustand dieser Arten und Lebensraumtypen zu verbessern. Zielstellung, Methoden sowie ausgewählte Ergebnisse dieses F+E-Vorhabens im BfN-Skript 449 veröffentlicht.

Auch in einem Teil der Natura 2000-Gebiete ist es Ziel, dass sich die Natur ohne jegliche Einflussnahme des Menschen entwickeln kann oder soll (s. BfN-Schriften 452). Solche Flächen, die sich zu Wildnis entwickeln sollen, sind ins Natura 2000-Management einzubeziehen, insbesondere um ihre naturschutzfachlichen Ziele zu dokumentieren und erforderliche Begleitmaßnahmen in ihrer Umgebung festzulegen (Zonierung).

Rechtliches

Die rechtliche Grundlage für das Management der Natura 2000-Gebiete ergibt sich aus dem Artikel 2 Absatz 2 der FFH-Richtlinie, der als wesentliches Ziel vorgibt, den günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. Artikel 6 Absatz 1 der FFH-Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festlegen und gegebenenfalls Bewirtschaftungspläne (auch Managementpläne genannt) erstellen.

Den Bestimmungen von Artikel 6 Absatz 1 FFH-Richtlinie entspricht bei den Vogelschutzgebieten Artikel 3 der Vogelschutzrichtlinie. Dieser sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um für sämtliche wildlebende Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind, "eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen". 

Darüber hinaus treffen die Mitgliedstaaten nach Artikel 6 Absatz 2 der FFH-Richtlinie geeignete Maßnahmen, um "die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten (...) zu vermeiden". Dies gilt auch für die Vogelschutzgebiete.

Wie die Erhaltungsmaßnahmen im Einzelnen ausgestaltet werden, liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten, solange dabei den ökologischen Erfordernissen ausreichend Rechnung getragen wird. Sie können realisiert werden durch

  • Planerische Maßnahmen, wie die Aufstellung von Managementplänen,
  • Rechtliche Maßnahmen, wie die ordnungsrechtliche Ausweisung von Schutzgebieten,
  • Administrative Maßnahmen, wie die Aufstellung von Förderprogrammen oder die Vereinbarung von Kooperationen, sowie
  • Vertragliche Maßnahmen, wie den Abschluss von Verträgen zwischen Naturschutzverwaltung und Landeigentümern.

Das Bundesnaturschutzgesetz verpflichtet die Bundesländer im § 32 Absatz 3 durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der FFH-Richtlinie in allen Natura 2000-Gebieten entsprochen wird. Nach § 32 Absatz 5 können dazu Bewirtschaftungspläne selbständig oder als Bestandteil anderer Pläne aufgestellt werden.

Bei integrierten Bewirtschaftungsplänen ist es notwendig, dass die Schutzziele des Natura 2000-Gebiets eingehalten und vorrangig vor wirtschaftlichen Überlegungen oder Nutzungsansprüchen behandelt werden. Nur unter dieser Voraussetzung kann eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 (3) der FFH-Richtlinie entfallen.

Über die durchgeführten Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Lebensraumtypen und der Arten ist im Rahmen der Berichterstattung und Überwachung alle 6 Jahre zu berichten.

Managementpläne für Natura 2000-Gebiete

Aus naturschutzfachlicher Sicht wird die Aufstellung eines Managementplans für Gebiete mit folgender Ausgangslage empfohlen (NaBiV 26, Tagungsband): 

  • bei Vorkommen von Lebensraumtypen und/oder Arten, die pflege- oder nutzungsbedürftig sind
  • bei ungünstigem Erhaltungszustand von Lebensraumtypen und/oder Arten
  • bei Lebensraumtypen und/oder Arten, die voraussichtlich nicht langfristig stabile Bestände aufweisen
  • bei naturschutzfachlichen Zielkonflikten
  • in Gewässereinzugsgebieten, für die Bewirtschaftungspläne nach der Wasserrahmenrichtlinie erstellt werden
  • bei möglichen Beeinträchtigungen durch aktuelle/absehbare Planungen und Projekte
  • bei bestehenden Vorbelastungen
  • bei grenzübergreifenden Gebieten (Länder und angrenzende Mitgliedstaaten)

Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass es sich für den größten Teil der Natura 2000-Gebiete empfiehlt, Managementpläne zu erstellen und diese in regelmäßigen Abständen fortzuschreiben.

Die Inhalte der Managementpläne müssen bestimmten Anforderungen genügen. Als Checkliste bzw. Mustergliederung für Managementpläne kann eine entsprechende Zusammenstellung bzw. Übersicht des BfN verwendet werden.

Die nötigen Erhaltungsmaßnahmen in den Natura 2000-Gebieten sollten ebenso wie die Gebietsausweisung innerhalb der Frist von sechs Jahre nach der Bekanntgabe der Listen der FFH-Gebiete in den biogeographischen Regionen festgelegt bzw. erarbeitet werden (Art. 4, Abs. 4 FFH-Richtlinie).

Das Gebietsmanagement umfasst nicht nur die Erstellung eines Managementplans mit Kernelementen wie z. B. der Festlegung der Erhaltungs- und Entwicklungsziele und der Planung von Maßnahmen. Ebenso wichtig ist bei der Aufstellung und Umsetzung eines Managementplans die Beteiligung der im Gebiet wirtschaftenden Eigentümer und Nutzer, der betroffenen Verbände und der Bevölkerung. Zum Management gehören auch die Absicherung der Finanzierung der Maßnahmen und eine Erfolgskontrolle.

Anforderungen an die Managementpläne

Unter der irischen Präsidentschaft wurde im Oktober 1996 mit Unterstützung der Europäische Kommission ein internationales Seminar ("Galway-Seminar") über Managementplanung in Natura 2000-Gebieten durchgeführt. Ziel war es u. a. eine Empfehlung über die notwendigen Inhalte eines guten Managementplans zu formulieren. Folgende Punkte gehören zu den wichtigsten Inhalten eines Natura 2000-Managementplans:

  • eine politische Aussage mit Bezug auf Artikel 6 der FFH-Richtlinie,
  • Gebietsbeschreibung einschließlich einer Analyse früherer Landnutzungsformen,
  • Erfassung und Bewertung des Ist-Zustandes der Schutzgüter,
  • Definition der kurz- und langfristig zu erreichenden Schutzziele, 
  • Beschreibung der Hemmnisse und Akteure, die diesen Zielen entgegenstehen, 
  • Zusammenstellung der realistisch umsetzbaren Maßnahmen zur Erhaltung bzw. Entwicklung des Gebietes und der Schutzgüter,
  • Zeit- und Kostenplan einschließlich der möglichen Finanzierungsinstrumente,
  • Vorschläge für ein Monitoring und die Erfolgskontrolle,
  • Konzeption für die intensive Information und Beteiligung der Öffentlichkeit.

Sofern bei der Erstellung eines Managementplans noch keine oder keine ausreichend aktuellen Daten vorliegen, ist die (Erst-) Erfassung der Lebensraumtypen und der Habitate der Arten (einschließlich von Entwicklungspotenzialen) sowie die Bewertung ihres Erhaltungszustands ein weiterer entscheidender Bestandteil des Managementplans. Als Grundlage für die Maßnahmenplanung sollte außerdem eine grobe Analyse der Nutzungssituation im jeweiligen Gebiet vorgenommen und ein Leitbild für seine zukünftige Entwicklung formuliert werden.

Innerhalb eines Managementplans sollten sowohl Erhaltungs- als auch Entwicklungsziele formuliert werden. Bei der Aufstellung eines Managementplans müssen diese gebietsspezifisch und hinreichend konkret ausgearbeitet werden. Innerhalb eines FFH-Gebiets können die Erhaltungs- und Entwicklungsziele bei Bedarf räumlich differenziert werden. Dabei sind der aktuelle Zustand sowie die Entwicklungspotenziale der einzelnen Teilflächen entscheidend. Folgende Punkte sind zu beachten: 

  • die Lösung naturschutzfachlicher Zielkonflikte,
  • der quantitative Erhalt der im Gebiet vorhandenen Arten (Populationen) und Lebensraumtypen (Fläche),
  • der qualitative Erhalt bzw. die Verbesserung der Vorkommen im Gebiet in ihren jeweiligen Erhaltungszuständen, 
  • die Entwicklungspotenziale für Arten und Lebensraumtypen, die sich derzeit in einem schlechten Erhaltungszustand befinden.

Unter einer "intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung" ist entsprechend der englischen Textversion ("a detailed consultation process") ein partizipativer Prozess als Beteiligungsverfahren zu verstehen, der eine Abstimmung der vorgeschlagenen Maßnahmen mit Eigentümern und Nutzern sowie das Aufzeigen von Umsetzungsmöglichkeiten (z. B. Fördermöglichkeiten) beinhaltet. 

Mit Hinblick auf die nach den nationalen Berichten in der biogeographischen Region mit "unzureichend" bzw. "schlecht" bewerteten Lebensraumtypen und Arten kann es erforderlich sein, Aspekte einer übergeordneten Planung bei den Managementplänen zu berücksichtigen.

Stand der Umsetzung in Deutschland

Managementpläne für FFH-Gebiete werden in allen Bundesländern und beim Bund (zuständig für die marinen FFH-Gebiete in der AWZ) als ein wichtiges Instrument zur Ableitung der notwendigen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen betrachtet und sind somit als ein entscheidendes Steuerungsinstrument für das Gebietsmanagement. Darüber hinaus dienen sie in der Regel auch zur Konkretisierung der in Schutzgebietsverordnungen oder Erhaltungsziel-Verordnungen festgelegten allgemeinen Erhaltungs- und Entwicklungsziele.

Im Rahmen des Nationalen FFH-Berichtes 2019 nach Artikel 17 FFH-Richtlinie wurde die Anzahl bereits fertig gestellter bzw. bearbeiteter Managementpläne in den FFH-Gebieten für alle Bundesländer erhoben. Danach lagen Mitte 2019 für 3.391 der 4.544 FFH-Gebiete Deutschlands Managementpläne vor. Diese Managementpläne decken insgesamt 73,6 % der Fläche aller FFH-Gebiete Deutschlands ab. 

In fast allen Bundesländern liegen umfassende Anleitungen für die Erstellung der Managementpläne vor. Trotz zum Teil deutlicher Unterschiede bei der Erstellung und Umsetzung der Managementpläne in den verschiedenen Bundesländern, lassen sich folgende Verallgemeinerungen zur Managementplanung in Deutschland treffen (Stand 2020; in Anlehnung an Ackermann & Runge 2020): 

  • Die Managementplanung ist im Regelfall eine unabhängige Naturschutzfachplanung.

  • In einzelnen Bundesländern und für die AWZ ist eine Behördenverbindlichkeit vorgesehen (zum Teil nur für Naturschutzbehörden). Die Verbindlichkeit und die Möglichkeiten der Umsetzung können daher in Deutschland eingeschränkt sein, während z. B. in Frankreich die Managementpläne, sog. Documents d'Objectifs (DOCOB) gesetzlich für alle Natura 2000 Gebiete vorgeschrieben sind und allgemein verbindlich in Kraft gesetzt werden. 

  • Lebensraumtypen (Anhang I FFH-Richtlinie) und Arten (Anhang II FFH-Richtlinie) sowie Vögel (Anhang I Vogelschutzrichtlinie) sind in allen Bundesländern Gegenstand der FFH-Managementplanung. 

  • Arten des Anhangs IV werden bisher in einigen Ländern noch nicht (ausreichend) berücksichtigt bzw. in separat außerhalb der Managementplanung behandelt. Gleiches gilt auch für Entwicklungsflächen (Potentialflächen für Neuentwicklung oder Wiederherstellung von LRT-Flächen oder Arthabitaten).

  • Etwa die Hälfte der Bundesländer plant parzellenscharf; die anderen Länder auf etwas gröberem Maßstab, aber ebenfalls ausreichend flächenscharf für die konkrete Umsetzung der Maßnahmen vor Ort.

  • In fast allen Leitfäden der Länder wird zwischen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen unterschieden, aber nur teilweise eine Priorisierung der Maßnahmen gefordert.

  • In der Regel ist vorgesehen die Maßnahmenvorschläge hinsichtlich ihrer Umsetzungsmöglichkeiten zu bewerten und Hemmnisse und verbleibende Konflikte (z.B. mit Eigentümerinnen und Eigentümern) zu beschreiben. Auch die Darstellung naturschutzfachlicher Zielkonflikte (z.B. Erhaltung Offenland-LRT versus Wildnisentwicklung) ist zumeist vorgesehen.

  • Die Umsetzungsorientierung bei der Managementplanung kann noch weiter verbessert werden. Hinweise zu Zuständigkeiten für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen oder zur späteren Erfolgskontrolle fehlen bei einigen Bundesländern.

  • Die Umsetzung erfolgt bevorzugt durch Vertragsnaturschutz, ferner durch Kompensationsmaßnahmen, Eigenmittel, Sponsoring oder EU-Kofinanzierung.

  • Die regelmäßige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit ist bei der Managementplanung in fast allen Bundesländern vorgesehen. Art und Umfang der Beteiligung sind sehr unterschiedlich und reichen von Informationsveranstaltungen über Runde Tische bis zu Planungsbeiräten.

  • Die Managementpläne sind bereits überwiegend im Internet verfügbar bzw. werden im Regelfall nach Abschluss der Planung öffentlich zugänglich sein.

Für eine erfolgreiche Umsetzung des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 sind die Managementplanung, die Bereitstellung der notwendigen Instrumente zur Förderung und Finanzierung sowie die rechtliche Sicherung der Gebiete essentiell und sollten Hand in Hand gehen.

Literatur

Ackermann, W. & Runge, S. (2020): Analyse der Wirksamkeit von Natura 2000 für den Schutz der Biodiversität und zum Erreichen der 2020-Ziele. Abschlussbericht des gleichnamigen F+E-Vorhabens (FKZ 3515 82 0300). Königs Wusterhausen, München (unveröffentlicht): 538 S. [Veröffentlichung als BfN-Skript in Vorbereitung]

Offenlandmanagement

Offenlandmanagement intensiv genutzter Flächen

Auch außerhalb von landwirtschaftlichen Nutzflächen existiert eine Reihe schützenswerter offener und halboffener Lebensräume in Mitteleuropa. Dies sind einerseits natürliche Pionierlebensräume z. B. in Flussauen oder im Küstenbereich, deren Auftreten in einem hohen Maße von dem Vorhandensein hinreichend dynamischer Verhältnisse in der Landschaft abhängig ist. Andererseits gehören hierzu auch Heide- und Niedermoorbiotope, Beweidung u.a. Der langfristige Erhalt dieser Lebensräume zur Sicherung der ihnen eigenen Biodiversität stellt eine große Herausforderung für den Naturschutz dar. Hierzu bedarf es nachhaltiger und vor allem ökonomisch tragfähiger Konzepte des Biotopmanagements (z. B. Halboffenen Weidelandschaften).

Das BfN hat im Juni 2008 eine Fachtagung zum "Offenlandmanagement außerhalb landwirtschaftlicher Nutzflächen" durchgeführt und die Referate und Ergebnisse als Tagungsband in der Schriftenreihe "Naturschutz und Biologische Vielfalt" (NaBiV 73) veröffentlicht. Darin werden die angewandten Verfahren des Biotopmanagements, Redynamisierung, Beweidung, Feuermanagement und massive mechanische Störungen bei Heiden und Pionierbiotopen dargestellt und ihre Potenziale z. T. anhand von Modellvorhaben verdeutlicht.

Die Tagung hatte gezeigt, dass es zur Offenhaltung von Landschaften bzw. zum Management von Offenlandbiotopen auch außerhalb der direkten landwirtschaftlichen Nutzungen bzw. der klassischen Ansätze der Landschaftspflege Verfahren gibt, die geeignet sind, die naturschutzfachlichen Ziele zu erreichen. In Hinblick auf ihre langfristige Wirksamkeit besteht jedoch teilweise noch Erprobungs-, Forschungs- oder Erfolgskontrollbedarf.

Für kleinparzellierte Landschaften, wie sie besonders in den Mittelgebirgen und hier vor allem in Gebieten mit Realerbteilung anzutreffen sind, steht die Entwicklung von Managementansätzen erst am Anfang. Aufgrund des rasanten Landschaftswandels besteht hier jedoch ein besonderer Handlungsbedarf. Um die verschiedenen Facetten dieser Thematik zu beleuchten und geeignete Lösungsansätze zu identifizieren, veranstaltete das BfN im November 2010 auf der Insel Vilm eine Fachtagung mit dem Titel "Schutz und Management von wertvollen Offenlandbiotopen in kleinparzellierten Landschaften". Die Ergebnisse sind in einem zugehörigen Tagungsband dokumentiert (NaBiV 115). 

Offenlandmanagement auf militärischen Übungsplätzen

Aktiv beübte ebenso wie stillgelegte militärische Übungsplätze haben für den Naturschutz oftmals eine herausragende Bedeutung und stellen vielfach wichtige Rückzugsräume für bedrohte Pflanzen- und Tierarten dar. Bestimmte Lebensräume des Offenlandes wie Heiden, Sandrasen und offene Binnendünen kommen in Deutschland großflächig fast nur noch auf aktiv genutzten oder ehemaligen militärischen Übungsplätzen vor. Daher wurden viele - auch aktiv genutzte - Übungsplätze ganz oder teilweise als FFH- und/oder Vogelschutzgebiete gemeldet. Viele stillgelegte Übungsplätze wurden daher auch als Nationales Naturerbe für den Naturschutz gesichert. 

Unter den Bedingungen eines teilweise jahrzehntelangen Übungsbetriebs und dem damit verbundenen Landschaftsmanagement konnten sich Lebensräume entwickeln oder überdauern, die anderswo längst weitgehend verschwunden sind. Dabei spielen die historische Kontinuität der militärischen Inanspruchnahme mit der damit verbundenen geringen oder fehlenden Stickstoffdüngung und fehlendem Pestizideinsatz, Brand infolge des Schießbetriebs sowie Pflegemaßnahmen zur Offenhaltung des Übungsgeländes zur Herstellung militärisch gewünschter Geländesituationen eine wichtige Rolle. 

Zur Thematik der Erhaltung von Offenlandlebensräumen auf aktiven und ehemaligen militärischen Übungsflächen hat das BfN 2010 und 2015 zwei Fachtagungen durchgeführt.  In den Tagungsbänden (NaBiV 127 und 152) werden Beiträge zu Managementmaßnahmen wie kontrolliertes Brennen, Beweidung, Mahd und Energieholznutzung vorgestellt. Die Beispiele zeigen wie die Erhaltung wertvoller Offenlandlebensräume auch unter den Bedingungen eines aktiven Übungsbetrieb sowie auf stillgelegten Plätzen trotz Munitionsbelastung gelingen können. 

Weitere Informationen zu dieser Thematik sind auch der Broschüre "Natura 2000 - Kooperation von Naturschutz und Nutzern" sowie dem Tagungsband zum "Offenlandmanagement außerhalb landwirtschaftlicher Nutzflächen" zu entnehmen (NaBiV 73).

Halboffene Weidelandschaften

Ein Konzept ist die Etablierung halmoffener Weidelandschaften. Es beruht auf verschiedenen historischen Vorbildern wie z. B. der "Urlandschaft" vor dem Einwirken des Menschen. Hierbei haben, so wird vermutet, Herden von pflanzenfressenden Großtieren wie Hirsch, Elch, Wisent, Auerochse etc. durch Fraß und Vertritt in bestimmten Bereichen zu einer halboffenen Waldlandschaft geführt. Auch bestimmte traditionelle Wirtschaftsformen wie die nutzungsintensive Waldweide im Mittelalter und die Hudeviehhaltung ergeben ähnliche Landschaftsbilder. Halboffene Weidelandschaften erreichen einen hohen naturschutzfachlichen Stellenwert, nachgewiesen durch Untersuchungen zu Flora und Fauna.

Nach dem heutigen Konzept werden eine großräumige Koppelung und weniger intensive Betreuung des Viehs in möglichst großflächigen und durch Zäune abgegrenzte Bereichen angestrebt.
Dafür sollen Herden von geeigneten Huftieren aufgetrieben werden, die dort nach Möglichkeit ganzjährig in "halbwilder" Form gehalten werden. Als Effekt erhofft man sich eine Landschaft, die einerseits aus offenen und auch durchaus relativ intensiv beweideten Bereichen und andererseits aus unterschiedlichen Sukzessionsstadien einschließlich der natürlichen Schlusswaldgesellschaften besteht.

FFH-Lebensraumtypen besonderer Pflegebedürftigkeit

Es gibt außerdem eine Reihe nutzungsabhängiger FFH-Lebensraumtypen, die einer besonderen Pflege bedürfen. Dazu gehören:

  • Trockene Heiden (4030, 2310, 2320; z. T. 2140, 2150)
  • Naturnahes trockenes Grasland (6210, 6230, 6240, 2330, 6120)
  • Naturnahes feuchtes Grasland (6410, 6440)
  • Mesophiles Grasland (6510, 6520)
  • Salzwiesen (1330, 1340)
  • Feuchte Heiden (4010)
  • Alpine Heiden (4060)
  • Wacholderbestände auf Zwergstrauchheiden oder Kalkrasen (5130)
  • Alpine Rasen (6150, 6170)
  • z. T. Flachmoore (7230)

Natura 2000 und Wildnis

Wildnis und Prozessschutz

In Deutschland gibt es fast keine naturbelassenen, vom Menschen unbeeinflussten Gebiete mehr. Ursprüngliche Wildnis ist heutzutage auf unzugängliche Hochlagen der Alpen und einige Bereiche des Wattenmeeres beschränkt, die zu großen Teilen als FFH- bzw. Vogelschutzgebiete gemeldet wurden und somit in das Schutzgebietsnetz Natura 2000 integriert sind.

Die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS) strebt an, bis zum Jahr 2020 Gebiete in lebensraumspezifisch ausreichender Größe zu schaffen, die der natürlichen Entwicklung überlassen und in den länderübergreifenden Biotopverbund integriert werden. Der in diesen Gebieten gewährleistete Prozessschutz hat einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge und ihrer natürlichen Dynamik zum Ziel. Auf mindestens 2 % der Landfläche Deutschlands soll sich 2020 die Natur wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entfalten. Im Rahmen eines Expertenworkshops wurde 2012 eine Begriffsdefinition für Wildnisgebiete im Sinne der NBS entwicklelt.

Solche Wildnisgebiete sollten in der Regel größer als 1.000 ha und weitgehend unzerschnitten sein. Wenn sie sich nicht bereits in einem vom Menschen wenig beeinflussten Zustand befinden, so muss eine vom Menschen weitgehend unbeeinflusste Entwicklung gesichert sein bzw. werden. Die Nationalparke Deutschlands sind zumindest in ihren Kernzonen als Wildnisgebiete bzw. Wildnisentwicklungsgebiete einzustufen. Weitere geeignete Flächen finden sich beispielsweise in Bergbaufolgelandschaften, auf ehemaligen Truppenübungsplätzen, an Fließgewässern, an den Meeresküsten, in Mooren und im Hochgebirge.

Darüber hinaus gibt es geschützte Waldgebiete, die der ungestörten Entwicklung überlassen werden. Dort findet keine forstliche Bewirtschaftung statt, anfallendes Holz darf nicht entnommen werden. Nach der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt soll im Jahr 2020 der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 % betragen.

Bei der Entwicklung des Managements für ein Natura-2000-Gebiet sollte erwogen werden, ob Flächen dem Prozessschutz unterworfen werden können und durch welche Maßnahmen ggf. die Entwicklung zu Wildnisgebieten unterstützt werden kann. Hierbei ist zu gewährleisten, dass sich der Erhaltungszustand der im entsprechenden Gebiet geschützten Lebensraumtypen und Arten der FFH- bzw. Vogelschutz-Richtlinie insgesamt nicht verschlechtert.

Bei Neuausweisungen von Totalreservaten, Wildnisgebieten oder Veränderungen der Kernzonen von Nationalparken sollte daher grundsätzlich eine Prüfung erfolgen, ob wertvolle geschützte Offenlandlebensräume oder Arten in erheblichem Umfang betroffen sind. In der Konzeption der Wildnisentwicklungsgebiete ist in solchen Fällen auf die entsprechenden Habitate besonders Rücksicht zu nehmen.

Das Natura-2000-Netz bietet in großem Umfang Raum für Wildnisentwicklungsgebiete, ohne dass dadurch wertvolle Lebensräume und Arten des Offenlands beeinträchtigt werden müssten.

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