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Bundesamt für Naturschutz

Schutz der Europäischen Auster

Als Schlüsselart mit besonderer ökologischer Funktion spielte die Europäische Auster eine wichtige Rolle im Ökosystem der Nordsee. Doch Wildbestände dieser heimischen Austernart Ostrea edulis sind inzwischen rar und die wenigen vorhandenen stark gefährdet. In der deutschen Nordsee – historisch hier weit verbreitet – gilt die Europäische Auster seit Mitte des 20. Jahrhunderts als ausgestorben, nur selten werden noch einzelne lebende Exemplare gefunden, und so steht sie auf der Roten Liste bedrohter Arten. Eine eigenständige Wiederansiedlung wird offenbar derzeit unter anderem durch die intensive Bodenschleppnetzfischerei verhindert.

Steckbrief der Europäischen Auster

Name Europäische Auster
Lateinisch Ostrea edulis
Englisch European Flat Oyster
Französisch Huître plâte
Größe & Alter bis etwa 15 cm
bis 30 Jahre, Geschlechtsreife mit 3-4 Jahren
Aussehen Form rundlich bis eiförmig. Linke bzw. untere Schalenhälfte leicht gewölbt, rechte bzw. obere Schalenhälfte verschließt die Auster wie ein flacher Deckel. Vergleichsweise flache Schalen sind namensgebend (englisch / französisch).
Lebensraum In tieferen Meeresbereichen von 30-50 Meter Wassertiefe, aber auch bis kurz unterhalb der Niedrigwasserlinie. Ansiedlung bevorzugt auf Schalenmaterial der eigenen Art.
Status Aufgrund massiver Überfischung in Europa sehr selten geworden, steht auf der OSPAR-Liste der bedrohten, im Rückgang befindlichen marinen Tierarten und Lebensräume für den Nordostatlantik.
Ökosystemleistung Erhöhung der Artenvielfalt, Futter, Schutz und Lebensraum für viele Tierarten, Verbesserung der Wasserqualität, Verringerung toxischer Algenblüten, Erhöhung der bentho-pelagischen Kopplung, Festigung loser Sedimente, Küstenschutz.

Austernriffe – Hot Spots der biologischen Vielfalt

Die Europäische Auster wächst langsam und bildet spezifische, sehr artenreiche Lebensgemeinschaften mit vielen anderen wirbellosen Tieren und Fischen, in denen auch zahlreiche weitere Rote-Liste-Arten vorkommen. Der Lebensraum Austernbank bietet Nahrungs-, Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten und dient vielen Fischarten als Kinderstube. Solch biogene, das heißt von Lebewesen aufgebaute Riffe sind in der Nordsee sehr selten geworden. Bis zu 240 Liter Meerwasser kann eine einzelne Auster pro Tag filtern! Sie ernährt sich dabei von Planktonorganismen im Wasser wie einzelligen Algen und organischen Schwebteilchen. Durch ihre hohe Filtrationsleistung verbessern Austern zudem die Wasserqualität und können so lokal auch zu einer Verringerung toxischer Algenblüten beitragen.

Austernbank im Aquarium (Ostrea edulis)
Austernbank im Aquarium

Erforschung & Schutz einer Schlüsselart - Das BfN engagiert sich

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) engagiert sich für den Schutz und die Erforschung dieser bedrohten und sehr seltenen Austernart in Deutschland und in Europa. Auf nationaler Ebene hat das BfN bereits vor einigen Jahren eine Machbarkeitsstudie zur möglichen Wiederansiedlung der Europäischen Auster in der deutschen Nordsee beauftragt und ausgewertet. Hierauf aufbauend werden nun zunächst gemeinsam mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) im Rahmen des Forschungsprojektes RESTORE die Wiederansiedlung getestet und wichtige Eckpunkte für ein mehrjähriges Restaurationsprogramm ermittelt. Eine grundsätzliche Voraussetzung für die Eignung eines Meeresgebietes zur Wiederansiedlung der Austern ist der Ausschluss jeglicher Boden verändernder Aktivitäten, wie zum Beispiel bodenberührende Fanggeräte der Fischerei oder der Abbau von Sand und Kies. Solche Voraussetzungen könnten unter anderem auch in den Meeresschutzgebieten in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone geschaffen werden. Langfristiges Ziel des BfN-Engagements ist der Aufbau eines gesunden Bestands der Europäischen Auster in der deutschen Nordsee und die möglichst weitgehende Wiederherstellung artenreicher, biogener Riffstrukturen – eines für unsere Meere einzigartigen Ökosystems.

Check up für eine Wiederansiedlung

Im April 2016 wurde das mehrjährige Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben RESTORE zur „Wiederherstellung der Bestände der Europäischen Auster (Ostrea edulis) in der deutschen Nordsee“ gestartet. In diesem Projekt entwickeln Wissenschaftler/innen des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Kooperation mit der Abteilung Meeresnaturschutz des BfN Methoden und Verfahren zum nachhaltigen Wiederaufbau eines Austernbestandes in der deutschen Nordsee und testen diese im Meer. Hierzu gehören unter anderem:

  • Prüfung von rechtlichen Rahmenbedingungen;
  • Bewertung und Berücksichtigung internationaler Austernrestaurationsvorhaben und Aufbau eines europäischen Netzwerks;
  • Untersuchungen zur Biologie der Auster;
  • Suche nach geeigneten Wiederansiedlungsflächen (Standortauswahl);
  • Auswahl von geeigneten Zuchtbetrieben;
  • Ausbringen von Austern verschiedener Alters- und Größenklassen zur Untersuchung von Wachstum, Fitness und Gesundheitszustand im Freiland;
  • Prüfung der perspektivischen Mitwirkungsbereitschaft von Fischerei und Aquakultur.

Die Projektergebnisse bilden dann die Grundlage für die Entwicklung eines langfristig angelegten Restaurationsprogramms für die Europäische Auster.

weiterführender Inhalt

NORA Native Oyster Restoration Alliance

Auf Initiative des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und des Alfred-Wegener Instituts Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) wurde Ende 2017 die Native Oyster Restoration Alliance, kurz NORA, ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein europäisches Netzwerk zur Wiederansiedlung und Wiedereinbürgerung der inzwischen sehr seltenen und stark bedrohten heimischen Europäischen Auster. In dem Netzwerk gemeinsam vertreten sind Naturschutzbehörden, Wissenschaft, Naturschutzverbände wie auch Austern-Farmer. Die Gründung erfolgte im Rahmen des ersten internationalen Workshops zur Wiederansiedlung der Auster, zu dem sich vom 01. bis 03. November über 65 Expertinnen und Experten aus zehn Ländern Europas und den USA in Berlin getroffen hatten. Langfristiges Ziel der Allianz: Die einheimische Europäische Auster soll als ehemalige Schlüsselart wieder in der Nordsee und angrenzenden europäischen Meeren etabliert und artenreiche Riffstrukturen möglichst umfangreich wiederhergestellt werden. NORA-Partner und Mitglieder des Workshops einigten sich auf gemeinsame Ziele und Empfehlungen, formuliert in der „Berlin Oyster Recommendation“.

Historie: Überfischung führte zu Zusammenbruch des Bestandes

Die historische Verbreitung der heimischen Austernart in der deutschen Nordsee erstreckte sich vom Nord- und Ostfriesischen Wattenmeer (bereits 1241 urkundlich erwähnt) über die Helgoländer Austernbank bis zu den küstenfernen Austerngründen der Deutschen Bucht. In der südlichen Deutschen Bucht wurde ein dichter, großflächiger Austernbestand in rund 30 m Wassertiefe verzeichnet. Hier hat zu diesem Zeitpunkt ein sehr vielfältiges, von der Auster stark geprägtes Ökosystem bestanden. Noch heute zeugen an den Strand gespülte Schalen an der Nordseeküste von den gewaltigen Ausmaßen dieser Austernbank. Mitte des 20. Jahrhunderts kam es nach Einführung der motorgetriebenen Fischereifahrzeuge und Intensivierung der Fischerei europaweit zu einem Zusammenbruch der natürlichen Austernpopulationen. In hoher Zahl wurden vor allem die großen Individuen als Speise-Austern entnommen. Gerade diese jedoch produzieren die meisten Eier. Wenn die großen Austern fehlen, ist nicht für ausreichend Nachwuchs gesorgt. Darüber hinaus ging durch die Entnahme das Ansiedlungssubstrat für Jungaustern zurück, die sich nach ihrer Lebensphase als freischwimmende Larve bevorzugt auf Schalenmaterial der eigenen Art ansiedeln. Die Riffstrukturen schwanden und andere Stressoren wie zum Beispiel extrem kalte Winter, Sedimentüberlagerungen oder Krankheiten schwächten den Bestand zusätzlich.

Hoffnung für die Europäische Auster

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