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Bundesamt für Naturschutz

Fische

Mehr als 250 Fischarten leben in der Nordsee, rund 100 in der Ostsee. Die Bestände mancher Arten gehen dramatisch zurück. Das Schutzgebietsnetzwerk NATURA 2000 regelt zwar Schutzmaßnahmen für deren Lebensräume. Doch nur wenige Arten, z. B. der Wanderfische, sind streng geschützt.

Untersuchungen der Fischfauna zeigen die großräumige Verteilung und Häufigkeit der Fischarten von Nord- und Ostsee.

  • Die Untersuchungen geben damit auch Hinweise auf die Bedeutung der FFH-relevanten Lebensraumtypen Riffe und Sandbänke für die Fischfauna, beispielsweise als Rückzugs- und Laichhabitat oder als Jungfisch-Aufwachsgebiet („Kinderstube“). In Verbindung mit Ergebnissen aus anderen Tier-Erfassungen lassen sich auch Rückschlüsse darauf ziehen, inwieweit bestimmte Gebiete eine wichtige Nahrungsgrundlage für fischfressende Vögel oder Meeressäugetiere bieten.

  • Für die Fischarten, die gemäß Anhang II der FFH-RL zu schützen sind, gibt es nur sehr wenige Nachweise in Nord- und Ostsee. Spezifische Fangmethoden zur Erfassung dieser Arten müssen noch entwickelt werden.
Nach einigen Monaten wandern junge Meerneunaugen (Petromyzon marinus) von den Flussläufen ins offene Meer
Nach einigen Monaten wandern junge Meerneunaugen von den Flussläufen ins offene Meer.

Die wichtigsten Ergebnisse der Forschungsarbeiten

  • Die Deutsche Bucht ist durch eine charakteristische Artenzusammensetzung ihrer Fischfauna gekennzeichnet. Es lassen sich Schwerpunkte bestimmter Artengemeinschaften der Fischfauna im küstennahen Bereich und im Gebiet der Doggerbank unterscheiden.

  • In der Ostsee lassen sich ebenfalls charakteristische Verteilungsmuster der Fisch-Arten feststellen, bestimmt durch den Salzgehaltsgradient von West nach Ost. So haben einige marine Arten (zum Beispiel Kliesche und Wittling) in der deutschen Ostsee ihre östliche Verbreitungsgrenze. Allerdings kommen östlich zum Beispiel im Bereich der Pommerschen Bucht zunehmend brackwassertolerante Süßwasserfische vor.

  • Die bisher angewandten Fangmethoden sind zur Erfassung eines vollständigen Artenspektrums noch unzureichend , insbesondere für die FFH-relevanten anadromen Wanderfischarten wie zum Beispiel die Neunaugen und der Kleinfischfauna. Hierfür ist insbesondere auf Steingründen die Verwendung spezifischer Fanggeräte erforderlich.

Einige Fischarten des Anhang II der FFH-Richtlinie

Beispielhaft werden hier einige Fischarten des Anhang II der FFH-Richtlinie vorgestellt:

Die Finte (Alosa fallax), eine typische Wanderfischart, verbringt ca. ½ Jahr als Larve und Jungfisch im Süßwasser sowie als ausgewachsenes Tier 3-8 Jahre im Meer. Zum Laichen wandert sie wieder in die Unterläufe großer Flüsse wie Elbe, Weser und Ems zurück.

Die Finte ist eine der Fischarten des Anhang II der FFH Richtlinie, für die die häufigsten Nachweise in der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee vorliegen. In den wissenschaftlichen Fängen wurden Finten zwar im gesamten deutschen Meeresgebiet nachgewiesen, doch zeigt sich deutlich, dass die Verbreitungsschwerpunkte in den Mündungsbereichen der großen Flüsse (vor allem Elbe) liegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Fangs nimmt seewärts mit der Entfernung zur Küste ab. Im Rahmen eines vom BfN in Auftrag gegebenen Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Deutschen Meeresmuseums Stralsund (DMM) wurden seit der Jahrtausendwende in der deutschen AWZ und den Küstengewässern der Ostsee verstärkt Finten nachgewiesen.

Wesentliche Gefährdungsursachen für Finten sind neben Gewässerverschmutzung, gegenüber der diese Fischart sehr empfindlich ist, die Errichtung von Wanderhindernissen, die Veränderung der Gewässermorphologie (Flussvertiefungen) und der Beifang in verschiedenen pelagischen Fischereien.

Die Alse (Alosa alosa) verbringt ½ Jahr nach dem Schlupf als Larve und Jungfisch im Süßwasser, dann als Adulttier 3-11 Jahre im Meer, worauf sie zum einmaligen Laichen bis in die Oberläufe großer Flüsse aufsteigt. Im Nordseeeinzugsbereich werden ca. 5-10 adulte Individuen pro Jahr beobachtet, mit dem vermutlich einzigen Laichfischbestand im Rheingebiet (geschätzte Gesamtzahl von 15-25 Laichtieren pro Jahr, geschätzte Gesamtpopulation von 250-600 Exemplaren). Im Ostseegebiet wird weniger als 1 adultes Individuum pro Jahr nachgewiesen (geschätzte Gesamtzahl von 1-10 Laichtieren pro Jahr, geschätzte Gesamtpopulation von 1-200 Exemplaren). 

Diese Wanderfischart war früher in allen Nordseezuflüssen verbreitet. Der Bestand der Alse ist durch eine Vielzahl menschlicher Eingriffe, wie die Fischerei, Errichtung von Sperrwerken, und der Wasserverschmutzung vom Aussterben bedroht. Ein ehemals dicht besiedelter Fluss ist der Rhein.

Der Schnäpel (Coregonus oxyrinchus) ist eine Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie. In der BfN-Veröffentlichung "Bedrohte Biodiversität in der deutschen Nord- und Ostsee" (Naturschutz und Biologische Vielfalt Nr. 116) wird der Status dieser Art für die deutsche Nord- und Ostsee wie folgt beschrieben: Der Nordseeschnäpel Coregonus oxyrinchus (Linnaeus‚ 1758) wird in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie geführt. Diese Art war in der Vergangenheit in Südengland und im Rhein, in der Maas und in der Schelde verbreitet und ist im Jahr 1940 ausgestorben (FREYHOF & SCHÖTER 2005). Die Beschreibung von C. oxyrinchus im Anhang II der FFH-Richtlinie beruhte zum Zeitpunkt der Erstellung der Richtlinie auf einer anadromen Nordseeschnäpelpopulation, die in der Vidau (dän. Vidå), einem kleinen, in die Nordsee mündenden Fluss in Dänemark ablaichte. Taxonomische Untersuchungen haben belegt, dass es sich bei der in der FFH-Richtlinie von 1992 beschriebenen Art aber um Coregonus maraena (Bloch, 1779) handelt (FREYHOF & SCHÖTER 2005). Somit stellt die in dänischen Gewässern vorkommende, in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie als C. oxyrinchus gelistete Nordseepopulation taxonomisch die Art C. maraena dar. Den jüngsten Ergebnissen der Monitoring-Programme zufolge gibt es in den der deutschen Nordsee angrenzenden Gewässern keine vitale, sich eigenständig reproduzierende Population des Nordseeschnäpels.

Nach Abschluss ihrer 2-5 jährigen larvalen Entwicklungsphase, in der sich die Meerneunaugen  (Petromyzon marinus) im Feinsediment von Fließgewässern aufhalten, wandern die Fische ins Meer, wo sie sich 3-5 Jahre vom Körpergewebe großer Fische und Meeressäugetiere ernähren, um dann zum Laichen wieder in die Binnengewässer aufzusteigen. Im Vergleich zu dem verwandten Flussneunauge, das eher eine küstennahe Verbreitung aufweist, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Meerneunaugen bis zu 350 km vom Festland entfernt. Die aktuellen Nachweise des Meerneunauges in der Ostsee im Rahmen des Forschungsvorhabens des deutschen Meeresmuseums stammen aber ausschließlich aus küstennahen Gewässern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bis jetzt keine geeignete Nachweismethode gefunden wurde, um Meerneunaugen quantitativ zu fangen. Als Hauptgefährdungsursache gilt neben der Errichtung von Wanderhindernissen und der Wasserverschmutzung der Beifang in der kommerziellen Fischerei, sowie insbesondere die Dezimierung der Bestände großer Wirtsfische (zum Beispiel Kabeljau- und Dorschbestände).

Flussneunaugen (Lampetra fluviatilis) sind in den Küstengewässern der Nord- und Ostsee verbreitet und haben einen ähnlichen Lebenszyklus wie die Meerneunaugen. Das Flussneunauge verbringt 3-5 Jahre als Larve im Süßwasser, dann als Adulttier 4-6 Jahre im Meer (Gesamtalter bis 10 Jahre), worauf es wieder zum Laichen in die Binnengewässer aufsteigt. Im Meer lebt diese Art parasitisch an großen Fischen (größer als 80 cm), aber nicht an Meeressäugetieren. Als Probleme für diese Art werden neben gewässerbaulichen Maßnahmen, der direkte Beifang in verschiedenen Fischereien, aber vor allem sekundäre Effekte durch das Wegfangen großer Wirtsfische (Kabeljau / Dorsch) angesehen. In aktuellen Forschungsvorhaben wurden Verbreitungsschwerpunkte im Rheingebiet und im Odermündungsbereich identifiziert.

Unter dem Namen (Acipenser sturio), der im Sinne der FFH-Richtlinie juristisch den taxonomischen Stand von 1992 fixiert, werden heute zwei Stör-Arten zusammengefasst: Acipenser sturio (Europäischer Stör) im Nordseegebiet und Acipenser oxyrinchus (Baltischer Stör) im Ostseegebiet.

Europäische Störe waren bis Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiger Bestandteil der Lebensgemeinschaft der Flüsse Nordwestdeutschlands. Durch die umfassende Umweltverschmutzung und Gewässerverbauung, die in Folge der industriellen Revolution stattfand, wurden ihre Lebensgrundlagen weitgehend zerstört. Drastische Überfischung besiegelte das Schicksal der Art bis zum Anfang des 20. Jh. In Deutschland kam der letzte Störbestand bis 1969 in der Eider vor. Seitdem gilt die Art in westdeutschen Gewässern als verschollen oder ausgestorben. Die weltweit einzige bekannte Restpopulation dieser Art ist auf den Fluss und Estuarbereich der Gironde (Frankreich) beschränkt. 

Die in der Ostsee vorkommenden heimischen Störe (letzter Fang 1996 vor Estland) unterscheiden sich genetisch und im Aussehen von denen der Nordsee. Sie sind die Nachfahren der vor ca. 1.000 Jahren eingewanderten Art, des Baltischen Störs, Acipenser oxyrinchus. In der Nordsee gilt A. sturio als reproduzierende Art als ausgestorben, vereinzelt werden wandernde Tiere der Gironde-Population in der Nordsee gefangen. 1996 hat das BfN ein mehrjähriges 'Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben' zur Bestandsstützung bzw. Wiederansiedlung der Störarten A. oxyrinchus in der Ostsee und A. sturio in der Nordsee gestartet. Im Rahmen des Projektes zur Wiederansiedlung des Baltischen Störs (Acipenser oxyrinchus) wurden in den letzten Jahren seit 2007/2008 mehrere tausend, zum Teil besenderte Jungtiere in der Oder ausgesetzt. In Frankreich wurden 2008 zum zweiten Mal in Folge erfolgreich Europäische Störe (A. sturio) nachgezüchtet. Einige dieser Tiere werden regelmäßig im Rahmen internationaler Kooperation Deutschland zur Verfügung gestellt; und es ist geplant, diese versuchsweise in einem der deutschen Nordseezuflüsse auszusetzen.

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