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Bundesamt für Naturschutz

Naturschutz in der Landwirtschaft

Kiebitz, Feldhamster, Acker-Rittersporn, nur drei der vielen von einer Landbewirtschaftung abhängigen Arten. Ziel des Naturschutzes ist es, ihnen unter den Rahmenbedingungen der modernen Landwirtschaft eine Zukunft zu sichern.

Kulturlandschaft

Etwa die Hälfte der Fläche Deutschlands wird heute landwirtschaftlich genutzt. Über Jahrhunderte hat die Landwirtschaft zu unserer Landschafts- und Artenvielfalt beigetragen und einzigartige Kulturlandschaften geformt. Dabei haben sich so unterschiedliche Landschaften gebildet wie die kleinteiligen Streuobstwiesen im Südwesten und die großen Ackerflächen im Nordosten Deutschlands. Die Artenzusammensetzung dieser Habitate hängt mit deren Geographie und Klima zusammen, aber auch ganz entscheidend mit der jeweiligen Nutzungsform.

Allen diesen Landschaften ist gemein, dass die Art der Bewirtschaftung sich in den letzten Jahrzehnten viel radikaler gewandelt hat als über viele Jahrhunderte davor. Wiesen werden heute bis zu sechs Mal im Jahr gemäht, um die Kühe im Stall (leistungsgerecht) zu füttern. Die Weidehaltung von Rindern und Schweinen ist überwiegend verschwunden. Auf den Äckern wachsen nur noch wenige verschiedene Kulturarten. Diese auf Hochertrag gezüchteten Sorten müssen intensiv gedüngt und durch den Einsatz von Pestiziden konkurrenzfähig gehalten werden. Im Ergebnis ermöglicht die intensive Art der Landnutzung, dass selbst unproduktive Standorte bewirtschaftet und maximale Erträge auf den Flächen erzielt werden. 

Ökonomische Zwänge und politische Fehlanreize führen zu hoher Flächenkonkurrenz und verstärken die Konflikte zwischen Nutzung und Schutz. So gibt es kaum noch brachliegende Flächen, auf denen sich Tiere und Pflanzen ungestört entwickeln können. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass all die Arten, die sich über Jahrhunderte an die extensivere Form der Landnutzung angepasst haben, immer mehr verschwinden. Heute ist es so, dass sogar die Arten immer seltener werden, die noch bis vor wenigen Jahren für recht widerstandsfähig gegen diese Landnutzungsänderungen gehalten wurden.

Ziel des integrativen Naturschutzes ist es, zusammen mit den Landbewirtschaftenden Konzepte und Maßnahmen umzusetzen, um diesen Artenschwund zu stoppen und wieder umzukehren. Entsprechende Lebensräume müssen bewahrt und geschaffen und für die Zukunft geschützt werden. Viele Untersuchungen zeigen, dass es nötig, aber auch möglich ist, in intensiv genutzten Landschaften ein Mindestmaß an biologischer Vielfalt zu gewährleisten.

Ackerland

Über 60 Prozent der Landwirtschaftsfläche (etwa 11,7 Millionen Hektar) sind Ackerland (Zahlen nach Landwirtschaftszählung 2020). Hier dominieren heute die vier Kulturen Winterweizen, Mais, Wintergerste und Raps. Für den Erhalt der biologischen Vielfalt wäre jedoch eine deutlich größere Kulturartenvielfalt in Verbindung mit kleineren Flächen sehr förderlich, da dies die Strukturvielfalt in der Landschaft erhöht.

Auf den Ackerflächen führen die wenigen Kulturarten und die intensive Nutzung von Düngemitteln und Pestiziden zu einer Vereinheitlichung kleinräumiger Standortsunterschiede, was auf den Flächen ein Nebeneinander von (ehemals häufigen) Arten und Kulturpflanzen unmöglich macht. Dies betrifft insbesondere die Ackerwildkräuter, die zudem ein zentrales Element des Nahrungsnetzes für viele andere Organsimen auf dem Acker sind. Weniger Ackerwildkräuter bedeuten weniger Insekten und letztlich auch weniger Vögel und Säugetiere.

Punktuelle Maßnahmen wie Schutzgebietsausweisungen können nur ein Baustein sein, um die biologische Vielfalt zu schützen. Die Herausforderung für den Naturschutz ist es, für die gesamte Fläche der Agrarlandschaft angepasste Maßnahmen zu entwickeln, die für die Landbewirtschaftenden praktikabel umzusetzen sind, möglichst geringe oder keine Einkommensverluste verursachen und gleichzeitig besonders wirkungsvoll für die biologische Vielfalt sind.

Grünland

Grünland bedeckt mit knapp 5 Millionen Hektar mehr als ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland (Landwirtschaftszählung 2020). In vielen Regionen ist es prägend für die Ästhetik des Landschaftsbildes, zum Beispiel die Berg-Mähwiesen der Alpen oder die Auenwiesen im Flachland. Grünland gehört als unverzichtbarer Bestandteil zur modernen multifunktionalen Landwirtschaft. Neben der Futterproduktion für die Tierhaltung und dem Nutzen für Freizeit und Erholung, stellt der Erhalt der biologischen Vielfalt einen hohen gesellschaftlichen Wert des Grünlandes da.

Mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Pflanzenarten sind auf Grünlandlebensräume angewiesen. Mittlerweile sind aber 44 Prozent aller dort vorkommenden Arten gefährdet oder bereits verschollen. Seit 2003 ist der Dauergrünlandanteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche um etwa 5 Prozent gesunken. Die Umwandlung von Grünland in Ackerland war dafür eine der Hauptursachen. Besonders negativ wirkt sich die Umwandlung auf sensiblen Standorten wie Auenflächen und Moorflächen aus. Speziell bei Letzteren kommt es nach dem Umbruch außerdem zur Freisetzung von beträchtlichen Mengen an Treibhausgasen wie Methan, ein um ein vielfach stärkeres Klimagas als Kohlendioxid. Die ackerbauliche Nutzung von Moorstandorten ist eine wichtige Ursache für die negative Klimabilanz der Landwirtschaft in Deutschland.

Neben der Intensivierung und Nutzungsänderungen, wie der Ausweisung von Siedlungsflächen, ist die komplette Nutzungsaufgabe in Gebieten mit ungünstigen Produktionsbedingungen ein weiterer Faktor des Grünlandverlustes. Durch den quantitativen und qualitativen Grünlandverlust gehen diese in Mitteleuropa vielfältigsten Lebensräume verloren und mit ihnen eine Vielzahl gefährdeter Tiere und Pflanzen. Gleichzeitig sind der Erhalt und die Wiederherstellung von Dauergrünlandflächen ein wirksamer Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen.

Dauerkulturen

Obstbäume und Weinreben, aber auch Spargel und Hopfen wachsen viele Jahre auf der gleichen Fläche. Die Anbauflächen sind heute in der Regel für den Einsatz von Erntemaschinen optimiert. Durch die langjährige Bewirtschaftung mit einer Kultur in hoher Dichte, wird häufig ein hohes Maß an Pestiziden zur Regulation von Beikräutern, Schädlingen und Krankheiten eingesetzt. Raum für biologische Vielfalt bleibt auf diesen Flächen daher nur selten.

Alte Nutzungsformen dieser Kulturen, wie Streuobstflächen mit Hochstämmen, die zudem noch als Weide verwendet werden, und Steillagenweinbau, werden aus wirtschaftlichen Gründen kaum noch betrieben. So bedeutet auch bei Dauerkulturen die Aufgabe extensiv bewirtschafteter Standorte einen Verlust an Lebensräumen für seltene und gefährdete Arten. Mit der Nutzungsaufgabe von Steillagen im Weinbau oder einer Streuobstwiese, verlieren die dort an die offene Landschaft angepassten Arten ihren Lebensraum durch die dann einsetzende Verbuschung.

Generell bieten Dauerkulturen durch ihre lange Standzeit gute Möglichkeiten biologische Vielfalt langfristig zu fördern, sei es über dauerhafte Blühflächen oder Landschaftselemente.

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