Feuchtgebiete und Moore für mehr Klima- und Artenschutz wiedergewinnen
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Ein besserer Moorschutz ist ein zentraler Baustein, um die Artenvielfalt zu erhalten und das Klima zu schützen. Das ist auch das Ziel der Moorschutzstrategie der Bundesregierung, die wir gerade erarbeiten. Die Rosenheimer Stammbeckenmoore sind ein weiteres gutes Beispiel, wie Moore in ihren natürlichen Zustand gebracht und damit als wichtige Lebensräume für seltene Arten wiedergewonnen werden können. Diese Moore gehören damit nun zur Riege der international bedeutsamen Feuchtgebiete – neben der französischen Camargue, dem einzigartigen Donaudelta in Rumänien und vielen mehr. Dadurch wird die Bedeutung dieses Alpenvorlandmoores gestärkt. Die langjährigen Bemühungen vieler Akteure vor Ort, die Ökosystemleistungen dieses Moores zu verbessern, haben sich ausgezahlt.“
Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz: „Insbesondere vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung haben der Schutz, das nachhaltige Management und die Wiederherstellung von Mooren in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Mehr als 90 Prozent der Moorböden in Deutschland sind heute entwässert und werden land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Lebendige, naturnahe Hochmoore sind in Deutschland auf ca. ein Prozent ihrer ursprünglichen Ausdehnung zurückgedrängt worden. Umso erfreulicher ist es, dass es in Bayern gelungen ist, großflächig Hochmoorflächen der Rosenheimer Stammbeckemoore wiederzuvernässen und das Gebiet zu renaturieren.“
Noch bis 2005 wurde in den Rosenheimer Stammbeckenmooren wie in vielen anderen Moorgebieten großflächig Torf für Blumenerde abgebaut. Seitdem wird lediglich auf kleinen Flächen, in Übereinstimmung mit den Naturschutzzielen, Torf für Heilzwecke abgebaut. Außerdem gab es mehrere Projekte zum Teil auf europäischer Ebene mit dem Ziel, die Hochmoorflächen wiederzuvernässen und das Gebiet zu renaturieren. An dem Prozess der Ausweisung waren die Gemeinden vor Ort von Anfang an beteiligt. Während die bayerischen Behörden und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fachliche Unterstützung leisteten, förderte das Bundesumweltministerium den Ausweisungsprozess in seiner Funktion als zuständige Verwaltungbehörde der Ramsar-Konvention.
Moore speichern Wasser, verbessern die Wasserqualität und schützen vor Naturkatastrophen wie Überschwemmungen. Außerdem bringen Moore mit intaktem Wasserhaushalt Kühlung in heißen Sommern und sind in naturnahem Zustand Lebensraum speziell angepasster Arten von Flora und Fauna. In intaktem Zustand leisten Moore als langfristige Kohlenstoffsenken einen höheren Beitrag zum Klimaschutz als jedes andere Ökosystem in Deutschland. Die zunehmende Entwässerung von Mooren für die Landnutzung oder Infrastrukturentwicklung führt jedoch zum Verlust ihrer CO2-Speicherfunktion und Treibhausgase werden in erheblichem Umfang freigesetzt. Um dem entgegenzuwirken, werden weltweit Anstrengungen unternommen, Moore zu schützen. So hat z.B. die Ramsar-Konvention Leitfäden und technische Hilfestellungen erarbeitet, Resolutionen zum Moorschutz verabschiedet und neue Initiativen unterstützt.
Hintergrund
Ramsar-Konvention
Die Ramsar-Konvention wurde am 2. Februar 1971 in der iranischen Stadt Ramsar von damals 18 Vertragsstaaten unterschrieben. Jährlich wird am 2. Februar mit dem „Weltfeuchtgebietstag“ auf die Bedeutung von Feuchtgebieten und das Bestehen dieses völkerrechtlichen Abkommens hingewiesen. Mit dem heutigen Tag existiert es seit 50 Jahren. Mittlerweile zählt die Konvention 171 Mitgliedsstaaten. Weltweit konnten bisher 2415 „Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung“ ausgewiesen werden. Der Schwerpunkt der Konvention hat sich dabei im Laufe der Jahre vom anfänglichen Fokus auf den Schutz von Wasser- und Watvögeln zum ganzheitlichen Schutz dieser Ökosysteme, der darin vorkommenden Arten, aber auch deren Ökosystemleistungen für die Bewohner der Regionen weiterentwickelt.
Mit einer Ausweisung von Ramsar-Feuchtgebieten verpflichten sich die Mitgliedsländer der Ramsar-Konvention zugleich, dafür zu sorgen, dass auch die übrigen Feuchtgebiete innerhalb ihrer Grenzen nachhaltig genutzt werden. Weiterhin sind die Vertragsstaaten zur internationalen Zusammenarbeit aufgefordert. Alle drei Jahre muss eine ausführliche Berichterstattung erfolgen.
Rosenheimer Stammbeckenmoore
Deutschland trat der Konvention im Jahre 1976 bei. Die Rosenheimer Stammbeckenmoore sind das 35. Ramsargebiet. Das Gebiet (1039 Hektar) ist Teil eines der größten Moorkomplexe Bayerns und Süddeutschlands (4300 ha), welcher bedrohte Feuchtlebensräume beherbergt und damit das Vorkommen besonderer Tier- und Pflanzenarten ermöglicht. So finden sich hier zum Beispiel drei gefährdete Arten des Sonnentaus (Drosera), einer fleischfressenden Pflanze, aber auch viele bedrohte Vogel-, Libellen-, Schmetterlings- und Heuschreckenarten. Aufgrund des Vorkommens von Schwarz-, Braun-, Blau- und Rotkehlchen wird das Gebiet auch als „Vierkehlchenland“ bezeichnet.
Mehrere Projekte z.T. auf europäischer Ebene bemühen sich um die Wiederherstellung des Gebiets. So wurde zum Beispiel im Rahmen eines LIFE-Natur Projekts die Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushalts in 400 Hektar abgebauten und trockengelegten Hochmooren erreicht. Unter dem Klimaprogramm Bayern 2050 Moore läuft derzeit ein weiteres Moorrenaturierungsprojekt.