Bereich IV - Pommersche Bucht
Wichtige Merkmale des Bereichs IV
Das Vogelschutzgebiet gehört zu den wichtigsten Überwinterungsgebieten in der Ostsee für Seetaucher, Lappentaucher und verschiedene Meeresenten.
Die als Seetaucher zusammengefassten Pracht- und Sterntaucher (Gavia arctica und Gavia stellata) haben in der Pommerschen Bucht ihr wichtigstes Überwinterungsgebiet innerhalb der deutschen AWZ der Ostsee, ebenso wie die zu den Lappentauchern gehörenden Rothalstaucher (Podiceps grisegena). Bis zu 10 % der nordwesteuropäischen Gesamtpopulation der Ohrentaucher (Podiceps auritus), Eis-, Trauer- und Samtenten überwintern bzw. rasten in diesem Bereich.
Viele weitere Schlüsselarten (siehe Tabelle unten) nutzen das Gebiet zu verschiedenen Jahreszeiten als Rast- und vor allem als Nahrungshabitat.
Zur Sicherung des Überlebens und der Vermehrung der genannten Vogelarten und zur Sicherung ihrer Lebensräume ist insbesondere erforderlich die Erhaltung und Wiederherstellung:
- des qualitativen und quantitativen Bestands der Vogelarten mit dem Ziel der Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands unter Berücksichtigung der natürlichen Populationsdynamik und Bestandsentwicklung; Vogelarten mit einer negativen Bestandsentwicklung ihrer biogeographischen Population sind besonders zu berücksichtigen;
- der wesentlichen direkten und indirekten Nahrungsgrundlagen der Vogelarten, insbesondere natürlicher Bestandsdichten, Altersklassenverteilungen und Verbreitungsmuster der den Vogelarten als Nahrungsgrundlagen dienenden Organismen;
- der für das Gebiet charakteristischen erhöhten biologischen Produktivität an den vertikalen Frontenbildungen und der geo-hydromorphologischen Beschaffenheiten mit ihren artspezifischen ökologischen Funktionen und Wirkungen;
- unzerschnittener Lebensräume im Naturschutzgebiet mit ihren jeweiligen artspezifischen ökologischen Funktionen, räumlichen Wechselbeziehungen sowie des ungehinderten Zugangs zu angrenzenden und benachbarten Meeresbereichen;
- der natürlichen Qualität der Lebensräume, insbesondere ihre Bewahrung vor Verschmutzungen und Beeinträchtigungen sowie der Schutz der Vogelbestände vor erheblichen Belästigungen.
Schlüsselarten im Schutzgebiet
Sterntaucher | Gavia stellata |
---|---|
Prachttaucher | Gavia arctica |
Gelbschnabeltaucher | Gavia adamsii |
Rothalstaucher | Podiceps grisegena |
Ohrentaucher | Podiceps auritus |
Eisente | Clangula hyemalis |
Trauerente | Melanitta nigra |
Samtente | Melanitta fusca |
Tordalk | Alca torda |
Trottellumme | Uria aalge |
Gryllteiste | Cepphus grylle |
Sturmmöwe | Larus canus |
Bedeutung des Schutzgebiets am Beispiel einiger Meeresenten
Beispielhaft wird die Bedeutung des Schutzgebietes für drei Arten der Meeresenten erläutert.
Eisenten sind sowohl im Winter als auch im Frühjahr in sehr großer Anzahl in weiten Teilen der deutschen Ostsee zu finden. Der Hauptzug in die deutsche Ostsee findet von Ende Oktober bis Anfang Dezember statt. Das größte zusammenhängende Aufenthaltsgebiet der Eisenten ist im Winter (Dezember - Februar) das Meeresgebiet des Adlergrunds mit seinen herausragenden Miesmuschelbänken bis hin zu den Flachgründen der Oderbank. Bis zu 140.000 Individuen halten sich dann im Bereich IV auf, das entspricht einem sehr großen Teil des Überwinterungsbestands der deutschen Ostsee. Sie nutzen die guten Nahrungsbedingungen, um ihre Fettreserven nach der anstrengenden Brut- und Zugzeit wieder aufzufüllen. Der Heimzug in die Brutgebiete setzt ab Anfang Februar ein und erreicht Ende März bis Ende April seinen Höhepunkt.
Doch Eisenten geraten zunehmend in Bedrängnis. Untersuchungen internationaler Wissenschaftlerteams zeigen, dass die einst häufigste Meeresente in den letzten Jahrzehnten immer weiter im Bestand abnimmt. Vergleiche zwischen den Jahren 1992/1993 und 2007 bis 2009 belegen einen Rückgang der westsibirischen-nordeuropäischen Population um erschreckende 65 % von 4,1 Millionen auf 1,5 Millionen Individuen. Dieser Trend hat sich auch nach 2010 fortgesetzt. Derzeit ist noch nicht bekannt, ob hierfür vor allem ein zu geringer Bruterfolg oder eine zu hohe Sterblichkeit verantwortlich sind. Jedoch sind Eisenten durch verschiedenste Ursachen gefährdet, sowohl in ihren Brutgebieten als auch in den Rast- und Überwinterungsgebieten. Forschungsergebnisse zeigen: in der deutschen Ostsee überwintert offensichtlich ein hoher Anteil adulter und damit fortpflanzungsfähiger Tiere. Deutschland hat daher eine besonders hohe Verantwortung für den Schutz dieser Art, da die Überlebensrate der Altvögel ein sehr wichtiger Faktor für den Bestandserhalt ist.
Trauerenten sind im Winter in der deutschen Ostsee weit verbreitet. Im Frühjahr (März – Mai) liegt der Hauptverbreitungsschwerpunkt auf der Oderbank. Während im Winter (Dezember – Februar) hier bis zu 50.000 Individuen überwintern, halten sich im Frühjahr bis zu 220.000 im Schutzgebiet auf. Im Sommer (Juni – September) gilt die Pommersche Bucht auch als ein wichtiger Mauserbereich der Trauerenten. Dann sammeln sich in diesem Gebiet rund 125.000 dieser schwarzen Schönheiten.
Samtenten sind ebenfalls sehr dunkel gefärbt, unterscheiden sich aber durch das weiße Flügelfeld und einen weißen Fleck im Augenbereich von der Trauerente. Im Winter halten sich etwa 55.000 Samtenten in der Pommerschen Bucht auf, im Frühjahr sind es bis zu 70.000 Individuen. Der Mauserbestand schwankt stark und beträgt mitunter mehrere hundert Tiere.