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Bundesamt für Naturschutz

EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur und Durchführung

Ziel der Verordnung ist es, die Ökosysteme in der EU auf den Weg zu einem guten Zustand zu bringen. So sollen z.B. bis 2030 auf mindestens je 20 % der Land- und Meeresflächen der EU mit geschädigten Ökosystemen Wiederherstellungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Verordnung (EU) 2024/1991 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Wiederherstellung der Natur und zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/869, Erwägungsgrund (1)

„Zur Gewährleistung der Erholung der biologischen Vielfalt und Widerstandsfähigkeit der Natur in der gesamten Union müssen auf Unionsebene Rechtsvorschriften für die Wiederherstellung von Ökosystemen erlassen werden. Durch die Wiederherstellung von Ökosystemen wird auch ein Beitrag zur Erreichung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele der Union geleistet.“

Politischer und rechtlicher Rahmen

Inkrafttreten der Verordnung

Im Juni 2022 hat die Kommission der Europäischen Union (EU) einen Vorschlag für eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur vorgelegt (2022/0195 COD). Die Verordnung wurde nach intensiven Verhandlungen am 27.02.2024 durch das Plenum des EU-Parlaments und am 17.06.2024 durch den Rat der EU angenommen. Sie trat am 18.08.2024 in Kraft. 

Einordnung in bestehende internationale Strategien und Abkommen

 Die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur ist Teil der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und ein wichtiges Element des Europäischen Green Deal, mit der die EU den Übergang zur Klimaneutralität schaffen und als Wachstumsstrategie sowohl die Gesellschaft gerechter und wohlhabender, als auch die Wirtschaft moderner, ressourceneffizienter und wettbewerbsfähiger machen will. Die von der Verordnung vorgesehenen zeitgebundenen, messbaren Wiederherstellungsziele sollen zur effektiven Erholung degradierter Ökosysteme beitragen. Die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur soll darüber hinaus zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen beitragen und insbesondere die Wiederherstellungsziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework, die auf der 15. Weltnaturkonferenz (CBD COP15) verabschiedet wurden, umsetzen. 

Rechtliche Bindung

Im Gegensatz zu den EU-Naturschutzrichtlinien muss die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur nicht in nationales Recht umgesetzt werden, sie gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Dadurch kann sie zügig ihre Wirkung entfalten und es ist möglich schnell Maßnahmen umsetzen, um erste Ziele bis 2030 zu erreichen. Die Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, wie sie die Ziele der Verordnung erreichen wollen. Die Verordnung selbst schlägt einige Maßnahmen vor. Mit welchen Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollen und auf welchen Flächen die Maßnahmen durchgeführt werden, müssen die Mitgliedstaaten in einem nationalen Wiederherstellungsplan darlegen.

Inhalte der Verordnung

Die Verordnung umfasst 91 Erwägungsgründe und 28 Artikel, in denen die Ziele und Verpflichtungen sowie die organisatorisch- und rechtlichen Belange der Verordnung geregelt werden.

Übergeordnetes Ziel ist die Wiederherstellung von Ökosystemen in der EU, um den anhaltenden Verlust von Biodiversität zu stoppen und in einen positiven Trend umzukehren. Dafür sollen bis 2030 durch alle Mitgliedstaaten gemeinsam auf mindestens 20 % der Land- und 20 % der Meeresflächen der EU wirkungsvolle Wiederherstellungsmaßnahmen ergriffen werden. Bis 2050 sollen diese auf alle Ökosysteme, die einer Wiederherstellung bedürfen, ausgeweitet werden.

In den Artikeln 2 und 3 werden die Bereiche definiert, in denen die Verordnung gelten wird. Dies beinhaltet die Hoheitsgebiete und Küstengewässer der Mitgliedstaaten, ihr Geltungsbereich erstreckt sich im Meer aber auch auf die ausschließliche Wirtschaftszone und den Festlandsockel. Zudem werden Begriffe definiert, wie z.B. der „gute Zustand“ eines Lebensraumtyps oder das „Habitat einer Art“. Um die Konsistenz und die Synergien bei der Umsetzung zu gewährleisten, beziehen sich viele davon auf bereits bestehende Definitionen anderer Verordnungen oder Richtlinien.

In Artikel 4 werden konkrete, zeitgebundene Ziele für die Umsetzung von Wiederherstellungsmaßnahmen für die Verbesserung der Zustände von Lebensraumtypen (LRT) der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) vorgegeben. Zusätzlich sind Ziele für Habitate der Arten der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) enthalten. 

  • Bis 2030 müssen auf 30 % der Gesamtfläche der FFH-LRT, die sich in keinem guten Zustand befindet, Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands ergriffen werden. Bis 2040 müssen solche Maßnahmen auf 60 % der Flächen in nicht gutem Zustand für jede LRT-Gruppe, und bis 2050 auf 90 % dieser Fläche jeder LRT-Gruppe ergriffen werden. 
  • Zudem sollen bis 2030 Maßnahmen zur Neuetablierung von LRT auf mindestens 30 % der zusätzlichen Fläche ergriffen werden, die notwendig ist, um die günstige Gesamtfläche der LRT zu erreichen. Bis 2040 soll dieser Anteil auf 60 % steigen, und bis 2050 sollen Maßnahmen auf 100 % der zusätzlich erforderlichen Fläche ergriffen werden. 
  • Der Zustand von Flächen, die sich in einem guten Zustand befinden, darf sich nicht erheblich verschlechtern. Um dies zu erreichen, müssen die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen ergreifen.
  • Zusätzlich zu Maßnahmen für LRT sollen auch Habitate der Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie wiederhergestellt werden, um eine ausreichende Qualität und Quantität der Art-Habitate zu erreichen.
  • Der Zustand von 90 % der Flächen von LRT muss bis 2030 bekannt sein. Bis 2040 muss der Zustand von allen Flächen der LRT in den Mitgliedstaaten bekannt sein.

Die Ziele für marine Ökosysteme sind in ihrer Ausgestaltung ähnlich denen der Ziele in Artikel 4: 

  • Wiederherstellung auf 30 % der Gesamtfläche der Meeresbiotoptypen bis 2030 sowie auf 60 % bzw. 90 % der Fläche jeder Gruppe von Meeresbiotoptypen bis 2040 bzw. 2050. 
    • Die wiederherzustellenden Meeresökosysteme sind im EUNIS System definiert. 
    • Eine Ausnahme bilden die Weichböden. Für diese Gruppe von Meeresbiotoptypen müssen die Mitgliedstaaten eigene Ziele festlegen.
  • Es müssen Maßnahmen zur Neuetablierung von Meeresbiotoptypen auf Flächen ergriffen werden, die diese noch nicht aufweisen. Diese Maßnahmen sollen bis 2030 für mindestens 30 %, bis 2040 für mindestens 60 % und bis 2050 für 100 % der zusätzlichen Fläche ergriffen werden, die erforderlich ist, um die günstige Gesamtfläche für jede Gruppe von Biotoptypen zu erreichen.
  • Habitate der Arten aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie müssen auch in den marinen Bereichen wiederhergestellt werden. Zusätzlich müssen Habitate weiterer mariner Arten wiederhergestellt werden.
  • Der Zustand von 50 % der Flächen der Biotoptypen muss bis 2030 bekannt sein. Bis 2040 muss der Zustand aller Flächen der Biotoptypen bekannt sein.
    • Auch an dieser Stelle bilden die Weichböden eine Ausnahme: für diese müssen 50 % der Flächen bis 2040 und 100 % der Flächen bis 2050 bekannt sein.

Diese Artikel sehen Sonderregelungen für den Ausbau von erneuerbaren Energien und für nationale Verteidigungsprojekte vor. Ebenso wird davon ausgegangen, dass erneuerbare Energien sowie Pläne und Projekte, die ausschließlich der Landesverteidigung dienen, im überragenden bzw. überwiegenden öffentlichen Interesse liegen. Zudem wird es den Mitgliedstaaten ermöglicht, dass sie bestimmte Flächen im Bereich der Landesverteidigung von einigen Anforderungen der Artikel 4 und 5 ausnehmen können.

Artikel 8 adressiert die städtischen Ökosysteme und soll insbesondere zu einer Stärkung des Grüns in der Stadt führen. 

  • Bis 2030 darf es zu keinem Nettoverlust an der nationalen Gesamtfläche städtischer Grünfläche sowie an Baumüberschirmung im städtischen Raum kommen. Ausnahmen können Städte bilden, in denen der Anteil an städtischer Grünfläche bereits 45 % oder mehr beträgt und in denen die Baumüberschirmung höher als 10 % ist.
  • Nach 2030 muss ein positiver Trend bei der nationalen Gesamtfläche der städtischen Grünflächen sowie der Baumüberschirmung in städtischen Ökosystemen erreicht werden bis ein für den Mitgliedstaat zufriedenstellendes Niveau erreicht ist.

Außerdem müssen die natürliche Vernetzung von Flüssen und die natürlichen Funktionen damit verbundener Auen gestärkt werden.

  • Die Mitgliedstaaten erstellen ein Register von allen künstlichen Hindernissen für die Vernetzung der Oberflächengewässer. Sie ermitteln, welche hiervon obsolet sind und entfernen diese, um zum europaweiten Ziel bei zu tragen, bis 2030 25.000 Kilometer zu freifließenden Flüssen umzuwandeln.
  • Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die natürlichen Funktionen der betroffenen Auen zu verbessern.

Die Verordnung setzt das Ziel, den Rückgang der bestäubenden Insekten zu stoppen und diese langfristig zu schützen. 

  • Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen, die die Vielfalt der Bestäuber verbessern und den aktuell anhaltenden negativen Trend der Bestäuberpopulationen bis spätestens 2030 umkehren.
  • Anschließend sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass dieser Trend positiv bleibt. Die Mitgliedstaaten müssen einen zufriedenstellenden Wert festlegen, der zu erreichen ist.
  • Für die Erhebung der Daten wird spätestens ein Jahr nach der Veröffentlichung der Verordnung eine Methode festgelegt, mit der die Größe und Vielfalt von Bestäuberpopulationen überwacht werden soll.

In landwirtschaftlichen Ökosystemen soll durch Wiederherstellungsmaßnahmen die Biodiversität verbessert werden. Ein wichtiger Aspekt sind unter anderem die Moorböden, die durch Wiedervernässung auch ihre Kohlenstoffspeicherfunktionen wiedererlangen sollen.

  • Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, dass für mindestens zwei der drei folgenden Indizes bis 2030 ein Aufwärtstrend erreicht wird, der bis zu einem festgelegten zufriedenstellenden Niveau anhält
    • Index der Grünlandschmetterlinge
    • Vorrat an organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden
    • Anteil landwirtschaftlicher Flächen mit Landschaftselementen mit großer Vielfalt
  • Deutschland zählt zu den Mitgliedstaaten mit historisch stärker erschöpften Feldvogelpopulationen. Daher müssen Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, für den Index häufiger Feldvogelarten die Werte 110 bis 2030, 120 bis 2040 und 130 bis 2050 zu erreichen (Index bei Inkrafttreten in 2024 = 100).
  • Insgesamt müssen bis 2030 auf 30 % der entwässerten Moorböden, die landwirtschaftlich genutzt werden, Wiederherstellungsmaßnahmen ergriffen werden. Ein Viertel dieser 30 % muss wiedervernässt werden. Für 2040 soll der Anteil 40 % und für 2050 soll der Anteil 50 % betragen, wovon je ein Drittel wiedervernässt werden muss.

Maßnahmen für die Verbesserung der Biodiversität müssen zudem auch in Waldökosystemen ergriffen werden. 

  • Durch das Ergreifen von Wiederherstellungsmaßnahmen muss ein steigender Trend bei dem Index häufiger Waldvogelarten bis 2030 erreicht werden. Danach darf der Wert nicht mehr sinken, bis ein zuvor festgelegtes Niveau erreicht wird. Dieses zufriedenstellende Niveau bestimmen die Mitgliedstaten jeweils selbst.
  • Auch für mindestens 6 der 7 folgenden Indizes muss bis 2030 ein steigender Trend und daraufhin ein zufriedenstellendes Niveau erreicht werden
    • Stehendes Totholz
    • Liegendes Totholz
    • Anteil der Wälder mit uneinheitlicher Altersstruktur
    • Waldvernetzung
    • Vorrat an organischem Kohlenstoff
    • Anteil der Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten
    • Vielfalt der Baumarten

Die Wiederherstellungsverordnung legt es den Mitgliedstaaten im Weiteren auf, einen Beitrag zu der Verpflichtung der EU zu leisten, bis 2030 mindestens drei Milliarden zusätzliche Bäume zu pflanzen. Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen dürfen hierfür nicht-heimische Bäume gepflanzt werden.

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