Häufig gefragt: Erhaltungszustandsbericht nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Bericht)

Was ist die FFH-Richtlinie und seit wann gibt es sie?
Die FFH-Richtlinie, konkret die “Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen”, dient der Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere dazu, natürliche Lebensräume sowie wildlebende Tiere und Pflanzen zu schützen, in erster Linie durch ein zusammenhängendes Netz aus Schutzgebieten (Natura 2000) sowie den Artenschutz.
Welche Tiere, Pflanzen und Lebensräume werden in dem FFH-Bericht genannt?
In den Anhängen I, II, IV und V der FFH-Richtlinie sind über 1.000 Tier- und Pflanzenarten und 231 Lebensräume genannt. Nicht alle Tiere, Pflanzen und Lebensräume kommen in allen EU-Ländern vor. Im nationalen FFH-Bericht für Deutschland finden sich zum Beispiel Informationen und Bewertungen zum Erhaltungszustand von 201 Tier- und Pflanzenarten wie zum Beispiel Gelbbauchunke, Flussperlmuschel, Veilchenblauer Wurzelhals-Schnellkäfer und Wolf oder Blaugrüner Streifenfarn, Böhmischer Enzian oder Grünes Besenmoos und vier Artengruppen (Bärlappe, Torfmoose, Rentierflechten und Fischarten des Coregonus lavaretus-Formenkreises) sowie 93 Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse wie zum Beispiel Berg-Mähwiesen, Kalkreiche Niedermoore und Waldmeister-Buchenwald. Die FFH-Richtlinie schreibt vor, dass die Bewertungen der Erhaltungszustände in allen EU-Ländern einheitlich separat für die neun europäischen biogeografischen Regionen erfolgen muss, von denen Deutschland an der atlantischen, der kontinentalen und der alpinen Region Anteil hat. In Deutschland liegt die atlantische Region in Nordwestdeutschland, die kontinentale Region in Ost- und Süddeutschland und die alpine Region umfasst die Alpen.

Was bedeutet ein „günstiger“ oder „ungünstiger“ Erhaltungszustand im FFH-Bericht und wie wird er ermittelt? Wie wird ein “günstiger Erhaltungszustand” festgestellt?
Der günstige Erhaltungszustand ist in der FFH-Richtlinie für die EU einheitlich definiert. Die Bewertung des Erhaltungszustands erfolgt bei Arten europaweit anhand vier einheitlicher Parameter:
- Verbreitungsgebiet
- Population
- Größe und Qualität des Habitats
- Zukunftsaussichten
Die quantitativen Messgrößen Verbreitungsgebiet und Population werden hinsichtlich ihrer Entwicklungstrends sowie im Vergleich zu einem günstigen Referenzwert bewertet. Ein Referenzwert gibt einen Wert an, bei dem sich das betrachtete Kriterium in einem dauerhaft günstigen Zustand befindet. Dies ist zum Beispiel die Populationsgröße, die günstig ist, wenn das langfristige Überleben der Art innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets gesichert ist. Jeder der vier Parameter wird einzeln bewertet und für das Gesamtergebnis ist laut den Vorgaben der FFH-Richtlinie der am schlechtesten bewertete Einzelparameter ausschlaggebend.
Auch die Bewertung der Lebensraumtypen folgt nach vier Parametern:
- Verbreitungsgebiet
- Fläche
- spezifische Strukturen und Funktionen mit den charakteristischen Arten
- und Zukunftsaussichten
Beispiel
Nach dem FFH-Bericht 2019 wurde die Libelle Große Moosjungfer in der kontinentalen Region mit „ungünstig-unzureichend“ bewertet.
Verbreitungsgebiet
Das Verbreitungsgebiet, das mehr als die Hälfte der Fläche der kontinentalen Region einnimmt und sich ausgedehnt hat, wurde mit „günstig“ bewertet.
Populationsgröße
Die Populationsgröße hingegen hat den Referenzwert der günstigen Population noch nicht erreicht, trotz einer Populationszunahme in der betrachteten Berichtsperiode. Der Parameter Population wurde daher mit „ungünstig-unzureichend“ bewertet.
Größe und Qualität des Habitats
Dies gilt auch für den Parameter Habitat, da hier die Qualität der Habitate der Art als nicht ausreichend beurteilt wurde. Die Libelle besiedelt u.a. Moorgewässer, Kleinseen und ungenutzte Fischteiche mit lockerer Riedvegetation, die u.a. durch Eintrag von Düngemitteln, Entwässerung, physikalische Veränderung der Gewässer oder Dürreperioden aufgrund des Klimawandels gefährdet werden.
Zukunftsaussichten
Die Zukunftsaussichten ergeben sich aus einer Projektion der aktuellen Trends in Kombination mit der Zustandsbewertung der drei anderen Parameter. Die schlechteste Bewertung eines einzelnen Parameters ist hier „ungünstig-unzureichend“. Deshalb erhält auch die Gesamtbewertung diese Bewertung.
Wer ist für Erstellung des FFH-Berichts zuständig?
Die Berichtspflichten gegenüber der EU – somit auch im Fall der Berichtspflichten der FFH-RL - liegen bei der Bundesrepublik Deutschland. Die EU-Kommission hat allen Mitgliedsstaaten eine Datenbankstruktur für die FFH-Berichte zur Verfügung gestellt, in die die Daten eingetragen werden müssen. Für die Erhebung der Daten sind allerdings in Deutschland die Bundesländer zuständig. Da die Erhaltungszustände der Arten und Lebensraumtypen laut EU-FFH-RL aber nicht auf der Ebene der Bundesländer, sondern der biogeografischen Regionen innerhalb eines Mitgliedsstaates bewertet werden müssen, wurden die Inhalte und Methoden des FFH-Monitorings vor dessen Einführung in der Berichtsperiode 2007 bis 2012 zwischen Bund und Ländern abgestimmt. Auf Basis dieser Vereinbarung liefern die für den Naturschutz zuständigen Landesministerien und/oder -fachbehörden die erforderlichen FFH-Daten an den Bund. Das Bundesumweltministerium hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) als Behörde benannt, die die Daten der Länder schließlich sammelt und zusammenstellt.
Welche Datenquellen liegen dem FFH-Bericht zugrunde?
Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass die Daten in allen Ländern nach bundesweit einheitlichen Standards erhoben werden. Hierfür werden verschiedene Datenquellen genutzt: Verbreitungsdaten, Berichtssachdaten und FFH-Monitoringdaten der Bundesländer bzw. Daten der Bundeswaldinventur bei den häufigen Waldlebensraumtypen. Im Rahmen des FFH-Monitorings werden auf rund 15.000 Probeflächen von Naturschützer*innen und Behörden Daten nach bundesweit einheitlichen Standards erfasst. Grundlage für dieses Monitoring ist ein von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitetes Konzept. Dieses Konzept beruht auf Stichproben von mindestens 63 Probeflächen pro biogeografischer Region für jedes Schutzgut. Bei seltenen Arten und Lebensraumtypen werden alle Vorkommen erfasst. Das methodische Vorgehen bei der Erfassung der Daten und die Kriterien für die Bewertung der Ergebnisse sind für die einzelnen Probeflächen ebenfalls in zwischen Bund und Ländern abgestimmten Bewertungsschemata festgelegt.
Wie erfolgt die Abstimmung zum FFH-Bericht zwischen dem Bund und den Ländern?
Auf der Grundlage der übermittelten Länderdaten und der EU-einheitlichen Bewertungsregeln erstellt das BfN im Auftrag des Bundesumweltministeriums einen Berichtsentwurf zur Bewertung des Erhaltungszustands der einzelnen Arten und Lebensraumtypen für die drei biogeografischen Regionen Deutschlands.
Das Bundesumweltministerium lädt anschließend alle Länder zu einer Bund-Länder-Besprechung – der so genannten Bewertungskonferenz – für jede biogeografische Region ein. Auf diesen Bewertungskonferenzen unter Leitung des Bundesumweltministeriums wird der FFH-Berichtsentwurf mit allen Ländern diskutiert und abgestimmt. Anschließend wird der auf den Bewertungskonferenzen abgestimmte FFH-Bericht vom Bundesumweltministerium mit den anderen Bundesressorts (z.B. dem Landwirtschaftsministerium) abgestimmt (Ressortabstimmung). Erst nach der Abstimmung zwischen den Ressorts wird das BfN vom Bundesumweltministerium aufgefordert, die FFH-Berichtsdaten in elektronischer Form an die EU zu übermitteln. Die Frist für den FFH-Bericht 2025 ist hierbei von Seiten der EU festgesetzt auf den 31.7.2025.
Die EU erstellt aus den Berichten der einzelnen Mitgliedsstaaten dann innerhalb von zwei Jahren einen Gemeinschaftsbericht und einen Statusbericht zum Zustand der Natur in der EU.
Gelten für alle Arten im FFH-Bericht die gleichen Parameter und Bund-Länder-Abstimmungsprozesse – also auch für den Wolf?
Ja, auch beim Wolf gelten für die Ermittlung des günstigen Erhaltungszustandes die in der FFH-Richtlinie festgelegten biogeografischen Regionen und die Parameter Verbreitungsgebiet, Population, Größe und Qualität Habitat und Zukunftsaussichten. Allerdings haben sich Bund und Länder aufgrund der Konflikte um die Ausbreitung des Wolfes für die Vorbereitung zum FFH-Bericht 2025 bereits auf der Umweltministerkonferenz (95. UMK, Top 22; 97. UMK, Top 17; 100. UMK, Top 19 ) auf ein eigenes Bund-Länder-Abstimmungsverfahren geeinigt.
Welche Konsequenzen hat der FFH-Bericht? Was folgt daraus?
Die EU-Mitgliedsstaaten sind nach der FFH-Richtlinie verpflichtet, den Erhaltungszustand der in den Anhängen der Richtlinie genannten Schutzgüter zu überwachen und somit zum Aufbau eines Monitoringsystems verpflichtet. Da der Naturschutz und damit auch die Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland weitgehend in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, obliegt diesen grundsätzlich die Umsetzung der entsprechenden Vorgabe.
Für Arten und Lebensraumtypen in einem ungünstigen Erhaltungszustand müssen Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen erfolgen, um einen dauerhaft günstigen Zustand zu erreichen. Die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen kann auch bei Arten und Lebensraumtypen in günstigem Zustand erforderlich sein (Pflegemaßnahmen), wenn diese zum Beispiel als Folge extensiver Kulturlandschaften entstanden sind.