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Bundesamt für Naturschutz

Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeresnatur

Die Organismen im Meer sind an die klimatischen Bedingungen ihrer Umgebung angepasst. Die Kohlenstoffdioxidkonzentration oder auch die Temperatur waren über viele Jahrtausende in einem Gebiet weitestgehend konstant und Veränderungen fanden über einen sehr langen Zeitraum statt.
Der durch den Menschen rasant beschleunigte Klimawandel der letzten 150 Jahre gibt Lebewesen nur wenig Zeit, um zu reagieren und ihr Fortbestehen zu sichern.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Meer und die entsprechenden Arten und Ökosysteme sind vielschichtig. Die Schlagworte Ozeanerwärmung, Versauerung, Sauerstoffmangel und Meeresspiegelanstieg werden am häufigsten genannt.
Dorsche als kälteadaptierte Fische sterben bei Wassertemperaturen ab 15 ° C
Dorsche als kälteadaptierte Fische sterben bei Wassertemperaturen ab 15 ° C. Sie leiden besonders unter der klimawandelbedingten Temperaturerhöhung der Ostsee.

Ansteigende Meerwassertemperaturen

Die globale Jahresmitteltemperatur ist seit Beginn des 20. Jahrhundert um 0,74 °C gestiegen, im Wesentlichen als Folge der Verbrennung fossiler Energieträger und dem Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Einen großen Teil der zusätzlichen Wärme haben dabei die Meere aufgenommen. Aufgrund ihrer geringen Wassertiefe gehören die Nord- und Ostsee zu den sich am schnellsten erwärmenden Meeren der Erde. Die Langzeitmessstation „Helgoland Reede“ verzeichnet seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1962 einen Anstieg der Wassertemperatur an der Oberfläche um 1,5 °C. 

Ökologische Reaktionen auf die Temperaturerhöhung

Stimmen die physikalischen Bedingungen, wie z.B. die Wassertemperatur für bestimmte Organismen im Meer nicht mehr, können diese – in Abhängigkeit ihrer Lebensweise und Ansprüche - auf 3 unterschiedliche Arten reagieren:

  • sie wandern in Regionen ab, die ihre klimatischen Anforderungen erfüllen
  • sie passen sich genetisch an neue Klimabedingungen an
  • sie sterben aus

Mobile Arten haben es sehr viel leichter, ihren Lebensraum zu verlassen und in Regionen abzuwandern, die ihren ursprünglichen klimatischen Bedingungen eher entsprechen als sessile Lebewesen wie z.B. Großalgen. So ist eine Reihe von Fischarten der Nordsee heutzutage schon viel weiter im Norden zu finden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Beispiele dafür sind der Kabeljau, der Hering und die Makrele. Im Gegenzug zu den nach Norden abwandernden, kälteliebenden Arten rücken Arten aus wärmeren Arealen nach. In der Nordsee haben sich z.B. südliche Fischarten wie der Rote Knurrhahn oder die Streifenbarbe etabliert. Diese Arealverschiebungen können zu räumlichen Entkopplungen einst fein aufeinander abgestimmter Prozesse führen oder auch das ursprüngliche Nahrungsnetz völlig durcheinanderbringen und neue Konkurrenzen zwischen Arten entfachen.

Ein Beispiel für zeitlich entkoppelte Prozesse durch ansteigende Temperaturen in der Ostsee ist der Laich der Heringe. Die Eier entwickeln sich bei höheren Temperaturen schneller, jedoch ist die Nahrungsverfügbarkeit so früh im Jahr noch gering, da die Populationsentwicklung der Beuteorganismen vor allem durch den Sonnenstand und die Tageslänge gesteuert wird. Viele der Jungtiere des Herings verhungern als Folge. 

Versauerung der Meere

Die höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat auch zu einem CO2-Anstieg in unseren Meeren geführt. Löst sich CO2 in der Wassersäule, reagiert das Gas mit den umliegenden Wassermolekülen zunächst zu Kohlensäure. Abhängig vom Mineraliengehalt des Meerwassers, kann die Kohlensäure neutralisiert werden. Stehen jedoch nicht genügend Mineralien zur Verfügung, sinkt der pH-Wert und das Wasser wird mit der Zeit durch die Kohlensäure immer saurer. 

Forschungsergebnisse zeigen, dass erhöhte CO2-Konzentrationen zu verschiedenen physiologischen Veränderungen bei Meeresorganismen führen können, wie z.B. veränderte Stoffwechselraten und Reproduktionsraten bei Fischen und Muscheln.

Kalkbildende Organismen stehen dabei vor einer ganz besonderen Herausforderung. Einzellige Algen wie Coccolithophoren, Foraminiferen und andere kalkbildende Meeresorganismen bauen ihre Kalkschalen aus Kalziumkarbonat auf, das sie dem Meerwasser entnehmen. Die durch die ansteigende CO2-Konzentration zunehmende Versauerung erschwert ihnen die Kalkbildung und kann sie ganz verhindern.

Sauerstoffmangel

Laut einer Studie Kieler Ozeanograph*innen haben die Ozeane in den vergangen 50 Jahren global zwei Prozent Sauerstoff verloren. Ein Grund dafür ist die abnehmende Sauerstofflöslichkeit des Meerwassers bei steigenden Temperaturen. Außerdem führt ein Temperaturanstieg des oberflächlichen Meerwassers zu einer stabileren Schichtung der Wassermassen, was zu einer abgeschwächten Vermischung und Zirkulation führt. Dadurch gelangt auch weniger Sauerstoff in tiefere Wasserschichten. 

Ein weiterer Grund für die Abnahme des Sauerstoffgehalts in unseren Meeren ist die Überdüngung. Dieses Problem betrifft vor allem die Ostsee, in der regelmäßig Algenblüten zu beobachten sind, deren Wachstum auch durch höhere Temperaturen begünstigt wird. Sterben die Algenmassen ab und sinken zu Boden, werden sie durch mikrobielle Prozesse verstoffwechselt. Dieser Prozess benötigt viel Sauerstoff und kann zu anoxischen Bedingungen, also zu weitestgehend sauerstofffreien Gebieten unter Wasser führen. Diese sauerstoffarmen Bereiche sind für alle höheren Tiere wie Fische, die Sauerstoff benötigen, lebensfeindlich. Gleichzeitig steigt bei höheren Temperaturen der Sauerstoffbedarf der Meeresbewohner zur Aufrechterhaltung ihrer lebensnotwendigen Stoffwechselprozesse.

Meeresspiegelanstieg

Der globale Meeresspiegel, vor allem bedingt durch das Abschmelzen von Meereis in den Polarregionen, bedroht weltweit niedrig gelegene Küstenregionen und damit auch die Heimat von ca. 680 Mio. Menschen. 

Der globale Meeresspiegelanstieg wird auch in Deutschland Folgen haben. So liegen u.a. fast 25% der Landesfläche Schleswig-Holsteins nur knapp über dem Meeresspiegel und sind daher massiv durch den rasanten Meeresspiegelanstieg bedroht. Globale Prognosen für das Jahr 2100 schätzen, je nach Menge der ausgestoßenen Treibhausgase, einen Meeresspiegelanstieg von wenigstens 40 cm bis ca. 80 cm. Die Prognosen für die Nord- und Ostsee unterscheiden sich hierbei, je nach Forschungsstudie, nur gering vom globalen Mittel.

Auch Küstenökosysteme wie Wattflächen, Seegraswiesen und Salzwiesen sind vom Meeresspiegelanstieg bedroht. Ihre Fähigkeit mit dem Meeresspiegel mitzuwachsen, ist begrenzt, besonders wenn natürliche Dynamiken zum Beispiel durch Eindeichungen eingeschränkt sind. 

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