Pipelines
Gaspipelines durch die Ostsee
Einige sind Transitleitungen, wie zum Beispiel die Franpipe oder das Tyra West - NOGAT-Pipelinesystem, das heißt diese Pipelines queren lediglich die AWZ und landen nicht in Deutschland an. Andere, zum Beispiel die NORPIPE und die EUROPIPE I + II, befördern Erdgas aus den norwegischen Gasfeldern nach Deutschland oder transportieren Erdgas oder Erdöl von Plattformen im deutschen Küstenmeer bzw. der AWZ an Land. Auch in sensiblen Gebieten wie der Doggerbank oder durch das Weltnaturerbe Wattenmeer laufen solche Leitungen.
Obgleich die Sicherheitsvorkehrungen zur Unfallverhütung in den letzten Jahren stetig verbessert wurden, bleiben nach wie vor Risiken von Leckagen, was insbesondere bei Ölpipelines eine ernstzunehmende Gefahr für die Umwelt sein kann.
Sehr bekannte und große Ostsee-Projekte sind die beiden Nord Stream - Pipelines von Russland durch russische, finnische, schwedische, dänische und deutsche Gewässer. Die Anlandestelle in Deutschland liegt bei Lubmin / Greifswald.
Das Pipeline-System Nord Stream 1 besteht aus zwei Pipelinesträngen. Der erste Strang wurde innerhalb eines guten Jahres gebaut und Mitte November 2011 in Betrieb genommen. Die Inbetriebnahme des zweiten, parallel verlaufenden Pipelinestrangs folgte im Oktober 2012.
Um die Transportkapazitäten zwischen Russland und Deutschland weiter zu erhöhen, laufen derzeit die Verlegearbeiten für die Nord Stream 2 - Pipeline. Auch dieses Pipelinesystem besteht aus zwei parallelen Leitungssträngen und verläuft im deutschen Zuständigkeitsbereich weitestgehend in Parallellage zu Nord Stream 1.
Von riesigen Spezialschiffen aus werden die Pipelines offshore überwiegend auf dem Meeresgrund verlegt. An einigen Stellen entlang der Route werden auch Gesteinsaufschüttungen vorgenommen, um die Pipeline beispielsweise dort zu stützen, wo der Meeresboden uneben ist. In den flachen Küstengewässern, wie in der Nähe der russischen und deutschen Anlandestationen, wurden die Pipelines in einem zuvor ausgehobenen Rohrgraben verlegt.
Wenn man bedenkt, dass die einzelnen Rohrstücke der Nord Stream-Pipelines ca. 12 Meter lang und jeweils 24 t schwer sind, erscheint selbst die kürzeste Entfernung von Deutschland nach Russland mit 1.224 km wie ein gigantisches Bauvorhaben. Pro Strang werden insgesamt etwa 100.000 einzelne Rohrstücke gebraucht. Etwa jeden zweiten Tag müssen Unterstützer-Schiffe neue Rohrteile zum Verlegeschiff bringen, das wie eine riesige Fabrikhalle funktioniert.
Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 war zunächst für Ende 2019 geplant. Im Oktober 2019 hat als letztes beteiligtes Land auch Dänemark die Baugenehmigung für die Pipelines in seiner AWZ erteilt. Jedoch führten politische Einflüsse wie die US-Handelssanktionen dazu, dass die Spezialschiffe im Herbst 2019 zunächst abgezogen wurden. Die Fertigstellung von Nord Stream 2 ist derzeit für 2020/2021 avisiert.
Auswirkungen auf die Natur
Erfahrungen zeigen, dass die Art der Einbringung die Intensität der Auswirkungen auf die Natur bestimmt. So stellen Baggerarbeiten für die Erstellung des Rohrgrabens einen größeren Eingriff in die Natur dar als zum Beispiel Einspülen oder bloßes Auflegen auf den Meeresboden. Auswirkungen können jedoch gemindert werden, indem zum Beispiel eine Rekonstruktion der hier vorher vorhandenen Riff- und Bodenstrukturen mit den ursprünglichen Materialien stattfindet.
Die Verlegung von Pipelines ist mit Schiffsverkehr verbunden. Dabei kommen neben dem Verlegeschiff selbst auch Schiffe für Versorgung, Lieferung, Verkehrssicherung, Überwachung und Monitoring zum Einsatz. Während der Verlegearbeiten im Rahmen von Nord Stream 1 kamen im August 2010 beispielsweise 69 Schiffe gleichzeitig zum Einsatz. Starker Schiffsverkehr kann insbesondere bei sensiblen Arten zu Vertreibung (Scheuchwirkung) führen, wie BfN-Projektpartner in anderen Forschungsprojekten festgestellt haben.
Die Möglichkeit der Beeinträchtigung von Schweinswalen und Robben durch Schallemissionen beim Bau einer Pipeline, zum Beispiel durch den oben erwähnten Schiffsverkehr, die Arbeiten an Bord der Verlegeschiffe sowie die Erkundung und Sicherung des Baugrundes (einschließlich der Räumung von Munition) im Trassenbereich ist ebenso nicht auszuschließen.
Monitoring als mögliche Genehmigungsauflage
Für Beurteilung von Auswirkungen durch Bau und Betrieb von Pipelines sowohl des aktuellen als auch zukünftiger Vorhaben ist eine Überwachung, ein sogenanntes Monitoring von Aktivitäten hilfreich. In Genehmigungsverfahren für die Pipeline-Verlegungen können Auflagen zur Durchführung von umfangreichen bau- und betriebsbegleitenden Untersuchungen im Zuge eines Monitoring-Programms durch den Betreiber angeordnet werden. Durch dieses „Betreiber-Monitoring“ konnten so zum Beispiel Auswirkungen von Nord Stream 1 auf die Meeresumwelt überprüft werden. Das erste Monitoring wurde zwischen 2011 und 2016 ausgeführt. Die Ergebnisse wurden vom Betreiber veröffentlicht.
Auch für Nord Stream 2 muss ein bau- und betriebsbegleitendes Monitoring erfolgen. Der derzeit aktuelle Bericht (Monitoring 2018, veröffentlicht Februar 2020) umfasst die Ergebnisse der Umweltüberwachung sowohl der Onshore- als auch der Offshore-Bauaktivitäten wie Rohrverlegung, Baggerarbeiten und Rückverfüllungen, Munitionsräumung und Gesteinsaufschüttungen, die 2018 in Russland, Finnland, Schweden und Deutschland stattfanden. Der Bericht wird vom Betreiber veröffentlicht.