Auswirkungen
Zerstörung von Lebensräumen
Lokale Folgen sind ein Rückgang der Bodenlebensgemeinschaften (Benthos) um bis zu 80% und die Zerstörung von einzigartigen Lebensräumen. In Abhängigkeit von der geologischen und hydrologischen Beschaffenheit der Gebiete sowie von der Art der Lebensgemeinschaft im betroffenen Abbaugebiet vor der Sedimententnahme, benötigen die Bodengemeinschaften aus Tieren und auch Pflanzen Jahre bis Jahrzehnte, um wieder in der ursprünglichen Besiedlungs-Struktur und Arten-Zusammensetzung vorzukommen. Bei einer zu starken Veränderung können die zuvor hier lebenden Arten das Gebiet gar nicht mehr besiedeln.
In Abhängigkeit von Wassertiefe, Sedimenttyp, Exposition und Baggerverfahren gibt es große Unterschiede hinsichtlich des Potenzials und der Dauer einer Wiederverfüllung der Entnahmestrukturen. Insbesondere bei Kiessandlagerstätten können die Abbauspuren lange erhalten bleiben, weil die hydro- und sedimentdynamischen Prozesse sowie das Sedimentangebot keine vollständige Wiederverfüllung oder gar Regenerierung des Meeresbodens zulassen. Eventuell können die Baggerungen oder die anschließende natürliche Wiederverfüllung zu Veränderungen des ursprünglich vorherrschenden Sedimenttyps führen.
Veränderungen der Korngröße können jedoch die Neubesiedlung des Gebietes aus der Umgebung durch die hier ehemals vorkommenden benthischen Organismen erschweren oder sogar verhindern. Auch die lokalen, bodennahen Strömungen können sich durch die Rinnen und Löcher am und im Meeresboden verändern.
In den großen Löchern, die ein Stechkopf-Saugbagger hinterlässt, kann es zu durch Sauerstoffmangel geprägte Zonen kommen („Totwasserbereiche“), die nicht vom Benthos wiederbesiedelt werden.
Beeinträchtigung des Nahrungsnetzes
Besonders betroffen von den Folgen des Sandabbaus sind auch die Sandaale. Sie bevorzugen ebenfalls gut durchlüftete und grobsandige Sedimente, in die sie sich gerne eingraben und ihre Eier ablegen. Sandaale sind eine Hauptnahrungsquelle für Vögel, Kegelrobben, Schweinswale und Fische. Würden Sandaale und viele andere benthische Lebewesen wie Muscheln, Schnecken und Würmer also ihren Lebensraum verlieren, würden die Baggereinsätze das gesamte Nahrungsnetz beeinträchtigen. Somit könnten sich die Konsequenzen auch auf andere Tiergruppen ausweiten.
Diese wichtigen ökologischen Funktionen von Sandaalen werden auch in einer Studie deutlich, die das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ostseeforschung Kiel 2019 im Auftrag des BfN zur Sandaalfischerei erstellt hat.
Störender Unterwasserlärm
Meeressäugetiere wie Kegelrobben und Schweinswale werden zudem Unterwasserlärm ausgesetzt, der von den Schiffen und Baggern ausgeht. Diese Schallbelastung hat direkte negative Effekte auf die Tiere (siehe auch
Unterwasserlärm – Folgen). Vor Sylt beispielsweise befindet sich die Entnahmestelle für Sand, der zum dortigen Küstenschutz abgebaut wird, nahe eines ausgewiesenen Schutzgebietes für Schweinswale, das die Tiere als Kinderstube nutzen.
Trübungsfahnen wirken weit entfernt
Trübungsfahnen stellen ein weiteres großräumiges Problem dar. Zum einen entstehen sie direkt beim Baggereinsatz durch das Aufwirbeln von Sediment, zum anderen nachdem Sand und Kies an Bord der Schiffe gespült oder gesiebt wurden. Überflüssiges feineres Sediment wird dabei zurück ins Meer entlassen, wo es von Strömungen aufgegriffen und verdriftet wird. Sinkt das Feinmaterial schließlich ab, kann es sogar andere vom eigentlichen Abbauort entfernte Lebensgemeinschaften überlagern, zum Beispiel wertvolle und artenreiche Riffe. Dort lebende Tiere wie zum Beispiel einige Muscheln oder Seescheiden, die zur Nahrungsaufnahme feinste Partikel aus dem Wasser filtern, können in ihrer Filtrierleistung eingeschränkt werden und sterben.
Die Trübungsfahnen können auch direkte Effekte auf Fische haben, denn die Überlebensfähigkeit ihrer Eier wird in solchen Fahnen stark beeinträchtigt.