Schutz der Störe
Engagement für den Artenschutz
Das BfN unterstützt und fördert seit 1996 langjährig angelegte Forschungs-, Zucht- und Wiederansiedlungsprogramme für Störe, die vom Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) mit der Gesellschaft zur Rettung des Störs (GRS) und ihren Partnern realisiert werden. Primäres Ziel der Vorhaben ist die Arterhaltung eines der ehemals bedeutendsten Wanderfische Deutschlands und der Aufbau von sich selbsterhaltenden Beständen der beiden historisch im Einzugsgebiet der Nord- und Ostsee vorkommenden Arten Europäischer Stör (Acipenser sturio) und Baltischer Stör (Acipenser oxyrinchus). Dabei ist es den Projektpartnern gelungen, eine vorbildliche Kooperation zwischen Wissenschaft, Naturschutz und Nutzung (Angler- und Fischereiverbände) aufzubauen. Nur durch gemeinsame Aktivität aller Interessengruppen kann das Engagement für den Schutz dieser einmaligen Wanderfische erfolgreich sein.
Botschafter für andere Wanderfischarten
In Nord- und Ostsee lebten diese urtümlichen Wanderfische, die zum Laichen regelmäßig die Flusssysteme aufsuchten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren Störe ein wichtiger Bestandteil der Lebensgemeinschaft auch der Flüsse Norddeutschlands. Durch die starke Umweltverschmutzung und Gewässerverbauung, u.a. in Folge der fortschreitenden Industrialisierung, wurden aber ihre Lebensgrundlagen weitgehend zerstört. Drastische Überfischung besiegelte das Schicksal der beiden in Nord- und Ostsee vorkommenden Arten Europäischer und Baltischer Stör am Anfang des 20. Jhd. Der letzte Störbestand in Deutschland existierte bis 1969 in der Eider. Seitdem galten beide Arten in deutschen Gewässern als ausgestorben. Eine natürliche Restpopulation des Europäischen Störs existiert noch in der französischen Gironde, wo sich die Art in freier Wildbahn 1994 letztmalig erfolgreich fortpflanzte. Der letzte Baltische Stör wurde 1996 vor der Küste Estlands gefangen. Seit Mitte der 1990er Jahre engagiert sich das BfN für die Erforschung, den Schutz und die Wiederansiedlung der beiden in Deutschland ehemals heimischen Störarten.
Störe gehören zu den so genannten anadromen Wanderfischarten: die adulten (erwachsenen) Tiere leben im Meer und wandern zu ihren Laichplätzen weit die Flüsse hinauf ins Süßwasser. In den Oberläufen, in kiesigen Flussabschnitten legen sie im Frühsommer ihre Eier ab und kehren danach ins Meer zurück. Bereits wenige Tage nach der Befruchtung der Eier schlüpfen die Larven. Sie finden Schutz zwischen den Kieseln. Die Jungfische wandern nach und nach flussabwärts, auf der Suche nach Nahrung. Naturnahe und strukturreiche Flusssysteme sind die notwendige Voraussetzung für ausreichend Schutz und Nahrung. Noch bis zu zwei Jahre halten sich die jungen Störe in den Flüssen auf, bevor sie ins Meer schwimmen. Mit der Geschlechtsreife - ab ca. 15 Jahren - kehren sie das erste Mal in ihren „Geburtsfluss“ zum Laichen zurück.
Für ihre Wanderungen brauchen Störe unverbaute, durchgängige Flüsse, die nicht durch Stauwehre behindert werden - dies ist die Grundvoraussetzung für den Wechsel zwischen den Süßwasserlebensräumen und denen im Salzwasser. Dieses „Wandern zwischen den Welten“ ist prägend für diese Art, ebenso wie für viele andere anadrome Fischarten, die einen ähnlichen Zyklus durchlaufen. Der Stör kann als Stellvertreter für andere Wanderfische bezeichnet werden, wie Lachs, Meerforelle, Schnäpel, Maifisch (Alse), Finte und Stint, aber auch viele andere typische Arten der Fließgewässerfauna mit ähnlichen Ansprüchen an den Lebensraum, wie Barbe, Brasse, Nase, Quappe und viele andere. Störe sind durch ihre besondere Größe und das ihnen zukommende Interesse in der Öffentlichkeit ideale Botschafter für diese Fischarten und für das Ziel ökologisch intakter Flusssysteme.
So sollen die Arbeiten zur Wiederansiedlung der Störe auch als Mittel zur grundsätzlichen Verbesserung von Flussökosystemen dienen, z.B. durch integriertes Gewässereinzugsgebietsmanagement mit den Zielen einer Wiederherstellung der natürlichen Flussdynamik und der Verbesserung der Strukturvielfalt. Solche Maßnahmen kommen vielen ähnlichen Arten zugute. Die Arbeiten zur Wiedereinbürgerung des Störs wurden auch aus diesem Grund bereits 2009 als Leuchtturmprojekt der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung (Biodiversitätsstrategie) ausgewählt.
Internationale Schutzmaßnahmen
Störe gelten nach IUCN als die am stärksten gefährdete Gruppe von Fischen weltweit, sind sogar stärker gefährdet als jede andere Artengruppe. Für ihren Schutz und Erhalt sind eine Reihe von internationalen Vereinbarungen getroffen worden, deren Umsetzung vielfach national erfolgt. Hierzu gehören zum Beispiel die Regelungen von CITES, der Berner Konvention, der CMS (Convention of Migratory Species), der Regionalabkommen HELCOM und OSPAR sowie die FFH-Richtlinie der EU.
In Deutschland sind die Störe durch das Bundesnaturschutzgesetz und die Fischereigesetze der Länder streng geschützt.
Für die Erhaltung der Störe sind Aktionspläne ausgearbeitet worden, die sowohl für einzelne Arten (A. sturio sowohl regional als auch national in Frankreich und Deutschland, in den Niederlanden in Arbeit), für Einzugsgebiete (Ostsee durch HELCOM) oder artübergreifend für ganze Regionen (Pan-Europäischer Aktionsplan) Gültigkeit haben.