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Bundesamt für Naturschutz

Nutzung genetischer Ressourcen

Nutzern genetischer Ressourcen obliegen Sorgfalts-, Erklärungs- und Mitwirkungspflichten. Auch Regelungen anderer Länder gilt es zu berücksichtigen.

Grundsätze

Die Nutzung genetischer Ressourcen (bzw. von darauf bezogenem traditionellem Wissen) innerhalb Deutschlands wird durch die Verordnung (EU) Nr. 511/2014, die Durchführungsverordnung (EU) 2015/1866 und das Gesetz zur Umsetzung der Verpflichtungen nach dem Nagoya-Protokoll und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 (Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes am 1. Juli 2016) geregelt. 

Nicht jede Nutzung genetischer Ressourcen (bzw. von darauf bezogenem traditionellem Wissen) fällt in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 511/2014, mit der das Nagoya-Protokoll hinsichtlich seiner sogenannten Compliance Maßnahmen einheitlich für alle EU-Mitgliedstaaten umgesetzt wurde. Die Verordnung findet nur dann Anwendung, wenn 

  • der Zugang zur genetischen Ressource ab dem 12.10.2014 – Inkrafttreten des Nagoya-Protokolls und der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 – erfolgt ist  (der Zeitpunkt ihrer Nutzung ist dagegen nicht maßgeblich),
  • es sich bei der genetischen Ressource nicht um eine humangenetische Ressource handelt,
  • das Bereitstellerland eine Vertragspartei des Nagoya-Protokolls ist,
  • das Bereitstellerland  den Zugang zu seinen genetischen Ressourcen geregelt hat und die spezifische genetische Ressource von diesen Zugangsregelungen erfasst ist, 
  • die erworbene genetische Ressource den souveränen Hoheitsrechten des Bereitstellerlandes unterliegt, d.h. im Hoheitsgebiet dieses Staates (inklusive der ausschließlichen Wirtschaftszone) und nicht auf der hohen See oder in der Antarktis erlangt wurde, 
  • kein spezielleres internationales ABS-Instrument Anwendung findet (z.B. der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft oder das Rahmenwerk für pandemische Grippeviren), 
  • die genetische Ressource (bzw. das sich darauf bezogene traditionelle Wissen) innerhalb der EU im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 genutzt wird.

Nutzung bedeutet die Durchführung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten an der genetischen und / oder biochemischen Zusammensetzung einer genetischen Ressource. Untersucht man also Tiere, Pflanzen oder Mikroorganismen und gewinnt dabei neue Erkenntnisse über deren Genetik oder biochemische Zusammensetzung, so nutzt man sie im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 511/2014.

Keine Nutzung im Sinne der EU-Verordnung liegt dagegen z.B. vor, wenn genetische Ressourcen „lediglich“ verwahrt, weitergegeben oder gehandelt werden, ohne damit selbst Forschung und/oder Entwicklung zu betreiben. Zahlreiche Fallbeispiele verschiedenster Forschungstätigkeiten und deren Einordnung als Nutzung oder Nicht-Nutzung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 sind im EU-Leitfaden zu dem Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 zu finden.

Findet die Verordnung (EU) Nr. 511/2014 Anwendung, so unterliegen die Nutzer einer sogenannten Sorgfaltspflicht. D.h. sie müssen alles in ihrer Macht stehende tun, damit beim  Zugang zu der genetischen Ressource die ABS-Regelungen des Bereitstellerlandes eingehalten und etwaige Vorteile entsprechend der einvernehmlich festgelegten Bedingungen aufgeteilt werden. Hierfür holen sie im Bereitstellerland die entsprechenden Genehmigungen (z.B. Zugangsgenehmigung) und Informationen (z.B. einvernehmlich festgelegte Bedingungen = Vertrag über Nutzung und Vorteilsausgleich) ein, geben diese bei einer Weitergabe an die nachfolgenden Nutzer weiter und bewahren sie über einen Zeitraum von 20 Jahren ab Ende des Nutzungszeitraums auf. 

  • Risikobewertung: Liegen dem Nutzer nur unzureichende Informationen vor oder bestehen Unsicherheiten bezüglich der Rechtmäßigkeit des Zugangs und der Nutzung, so handelt ein Nutzer nur dann mit der gebotenen Sorgfalt, wenn er eine Zugangsgenehmigung oder ein gleichwertiges Dokument nachträglich einholt und einvernehmlich festgelegte Bedingungen zum Vorteilsausgleich vereinbart. Tut er dies nicht, hat er die Nutzung einzustellen. 
     
  • Risikominderung: Schließlich kann ein Nutzer das Risiko einer Sorgfaltspflichtverletzung dadurch verringern, dass er seine genetischen Ressourcen von einer sogenannten registrierten Sammlung bezieht und/oder ein sogenanntes bewährtes Verfahren anwendet.

Die Bereitstellerländer sind auf Grundlage der CBD und des Nagoya-Protokolls befugt, den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen

  • von ihrer auf Kenntnis der Sachlage gegründeten vorherigen Zustimmung (prior informed consent, PIC) abhängig zu machen und
  • zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen (mutually agreed terms, MAT) zu gewähren.

Dabei sind die CBD-Vertragsstaaten grundsätzlich verpflichtet, einen (nicht notwendigerweise kosten- und bedingungslosen) Zugang zu genetischen Ressourcen durch andere Vertragsparteien zu gewähren sowie insbesondere für die nicht kommerzielle Forschung vereinfachte Zugangsmaßnahmen zu schaffen. Gleichzeitig kann eine ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, gefordert werden.

Auf internationaler Ebene ist eine Informationsstelle für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile (ABS Clearing-House) eingerichtet worden. Das ABS Clearing-House wird vom CBD-Sekretariat verwaltet und umfasst insbesondere folgende Informationen:

  • in den Vertragsstaaten bestehende ABS-relevante Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen,
  • Kontaktdaten der nationalen Anlaufstellen und zuständigen Behörden,
  • erteilte ABS-Genehmigungen oder gleichwertige Dokumente,
  • Mustervertragsklauseln sowie Verhaltensregeln und bewährte Verfahren.

Zusätzlich zur Einhaltung der gebotenen Sorgfalt ist die Abgabe von sogenannten Sorgfaltserklärungen durch die Nutzer von genetischen Ressourcen  zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten vorgesehen:

  • in der Phase der sog. Forschungsfinanzierung
  • in der letzten Phase der Entwicklung eines Produktes. 

Sorgfaltserklärungen können über das Internetportal DECLARE elektronisch abgegeben werden. Sie stellen die im Nagoya-Protokoll vorgesehenen sogenannten Checkpoint-Communiqués dar, mit denen die Länder Informationen über die in ihrem Land stattfindenden Nutzungstätigkeiten bereithalten und die im ABS-Clearinghouse veröffentlicht werden.

Nutzer genetischer Ressourcen im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 sind verpflichtet, bei den Kontrollen mitzuwirken, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie auf Verlangen, Unterlagen oder Proben genetischer Ressourcen vorzulegen. Die kontrollierenden Personen dürfen Einsicht in Unterlagen verlangen und hieraus Ablichtungen oder Abschriften machen. Kontrollen können zu den Betriebs- und Geschäftszeiten stattfinden, wobei den kontrollierenden Personen der Zugang zu Geschäftsräumen und Grundstücken zu gewähren ist.

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