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Bundesamt für Naturschutz

Regionaler Schutz wandernder Tierarten

Es gibt vier Regionalabkommen der Bonner Konvention, die Deutschland unmittelbar betreffen. Dies sind das Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen (EUROBATS), das Afrikanisch-eurasisches Wasservogelabkommen (AEWA), das Abkommen zur Erhaltung der Seehunde im Wattenmeer (WSSA) und das Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in Nord- und Ostsee (ASCOBANS).

EUROBATS

Mit dem Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen (Agreement on the Conservation of Populations of European Bats, EUROBATS) haben sich mittlerweile 38 Vertragsstaaten verpflichtet, den Schutz aller 51europäischen Fledermausarten durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Das Abkommen steht nicht nur europäischen Staaten offen, sondern allen Arealstaaten, die zum Verbreitungsgebiet mindestens einer europäischen Fledermauspopulation gehören.

Als wichtige Verpflichtungen sieht das Abkommen Regelungen zur Entnahme von Tieren, die Benennung von bedeutsamen Schutzgebieten sowie die Förderung von Forschung, Monitoring und Öffentlichkeitsarbeit vor. Die Vertragsparteien sollen sich untereinander bei der Koordinierung dieser Maßnahmen abstimmen. Wie die Bonner Konvention selbst, stellt auch das Fledermausabkommen den Mitgliedstaaten frei, weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen.

Übersicht EUROBATS

Wichtige Informationen die im Eurobats-Zusammenhang auf internationaler und nationaler Ebene zum Schutz der europäischen Fledermausarten erarbeitet wurden finden Sie hier.

Fast alle europäischen Fledermausarten verzeichneten in den letzten Jahrzehnten starke Bestandseinbrüche, so dass z.B. die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros), die Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) und die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) kurz vor dem Aussterben standen. Demgegenüber hat die Bestandsgefährdung von einigen anderen Fledermausarten dank spezieller Schutzmaßnahmen (u.a. Artenschutzprogramme) spürbar abgenommen.

Verschiedene Fledermäuse fliegen alljährlich, ähnlich wie Zugvögel, zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren hin und her. Diese z.T. sehr weit wandernden Arten, wie z.B. Abendsegler (Nyctalus noctula) und Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii), sind dabei auf geeignete Lebensräume und Quartiere entlang ihres gesamten Zugweges angewiesen. Sie sind deshalb durch Lebensraumveränderungen besonders gefährdet.

Die Vertragsstaaten haben beispielsweise Richtlinien für die Genehmigung des Fangens und Markierens von Fledermäusen, für die Verwendung von Holzschutzmitteln in Fledermausquartieren sowie für die Berücksichtigung des Fledermausschutzes bei der Planung von Windkraftanlagen vereinbart. Neben bekannten Gefährdungen wie dem Verlust von Quartieren sollen in den nächsten Jahren Herausforderungen wie der Klimawandel und der Insektenrückgang aufgegriffen werden.

Die Sammlung und Auswertung von Daten über Fledermäuse erfolgt in Deutschland über die Bundesländer bzw. durch von diesen beauftragte Institutionen. Zur Umsetzung des Abkommens ist auf nationaler Ebene die Einrichtung eines Beratungsgremiums für Öffentlichkeitsarbeit und eine fachliche Koordinationsstelle erforderlich. Beide Funktionen werden in Deutschland von einem Sachverständigengremium wahrgenommen, das von der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) berufen wurde.

Derzeit ist noch nicht bekannt, wie genau SARS-CoV-2 auf den Menschen übertragen wurde. Wenngleich verschiedene Coronaviren grundsätzlich bei Fledermäusen (wie auch bei anderen Tieren) vorkommen, gibt es keine Hinweise auf eine direkte Übertragung auf den Menschen. Angesichts der aktuellen Situation weist das Bundesamt für Naturschutz ausdrücklich darauf hin, dass die in Deutschland und Europa natürlich vorkommenden Fledermausarten nichts mit dem Ausbruch der Pandemie oder der Übertragung des Virus zu tun haben. Stattdessen handelt es sich um eine in der EU streng geschützte Artengruppe, von denen viele Arten stark bedroht sind, z. B. durch den Verlust von Quartieren und Jagdgebieten, und die unserer Unterstützung bedürfen. Fledermäuse nehmen auch in unseren Ökosystemen eine wichtige Rolle ein z. B. als Schädlingsbekämpfer in der Land- und Forstwirtschaft. Eine Verfolgung oder Störung dieser Arten aus Angst vor dem Coronavirus ist daher nicht nur sinnlos, sondern auch nach dem Bundesnaturschutzgesetz untersagt.

WSSA

Als erstes Regionalabkommen innerhalb der Bonner Konvention trat am 01.10.1991 das Abkommen zur Erhaltung der Seehunde (Phoca vitulina) im Wattenmeer (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea,WSSA) in Kraft. Ausgearbeitet und beschlossen wurde es angesichts des 1988/89 aufgetretenen, durch eine Viruserkrankung ausgelösten Seehundsterbens. Das Abkommen diente anschließend als Muster für die weiteren Regionalabkommen.

Übersicht WSSA

Zu den Aufgaben und Ergebnissen aus dem Abkommen finden Sie hier Informationen.

Vertragsstaaten des WSSA sind Dänemark, die Niederlande und Deutschland. Ziel des Abkommens ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Seehundpopulation im Wattenmeergebiet der drei Vertragsparteien. Als wesentliche Aufgaben werden die Einrichtung von Schutzgebieten, Forschung und Monitoring, Entnahmeregelungen, Maßnahmen zur Verringerung von Störungen durch Jagd, Tourismus oder Schifffahrt und zur Verringerung von Meeresverschmutzung sowie Öffentlichkeitsarbeit genannt. Ein gemeinsamer Managementplan soll zur Umsetzung der Ziele beitragen.

Nach mehr als 25 Jahren Seehundschutz im Rahmen der Bonner Konvention, seit Unterzeichnung des Abkommens am 16. Oktober 1990 als Reaktion auf das große Seehundsterben 1988, haben sich die Seehundbestände erholt. Erneute Verluste durch die letzte Staupe-Epidemie 2002 konnten ausgeglichen werden. 2022 geht man anhand der zwischen den Mitgliedsstaaten koordinierten Zählflüge von insgesamt 23.654 registrierten Seehunden aus. Die gesamte Wattenmeerpopulation wird auf ca. 40.000 Tiere geschätzt, da sich während der Zählflüge ca. 32% der Tiere (Kalkulation nach Ries et. al. 1998) im Wasser aufhalten. Weitere Details zu den Ergebnissen für 2022 enthält der Bericht " Survey Results of Harbour Seals in the Wadden Sea in 2022“. Trotz der guten Entwicklung der Bestände gilt es nach wie vor bestehende Beeinträchtigungen (Störungen, Habitatveränderungen, negative Einflüsse durch Fischerei und Umweltverschmutzung) weiter zu reduzieren. Wirksame Verbesserungen können nur durch internationale Zusammenarbeit erzielt werden.

ASCOBANS

Das Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee (Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic and North Seas, ASCOBANS) trat am 29.03.1994 in Kraft. Im Februar 2008 wurde das Abkommensgebiet erweitert, was den Namen in "Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee, des Nordostatlantiks und der Irischen See" (Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic, North East Atlantic, Irish and North Seas) änderte.

Übersicht ASCOBANS

Die Ziele des Abkommens, Gefährdungsfaktoren, sowie Maßnahmen zum Schutz in deutschen Küstengewässern sind hier dargestellt.

Im Geltungsbereich des Abkommens kommen 20 Kleinwal-Arten (Delphine und Schweinswale) vor. Die zehn Vertragsstaaten (Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Litauen, Niederlande, Polen, Schweden, Vereinigtes Königreich) haben sich verpflichtet, diese Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu halten oder sie in einen solchen zu bringen. Konkrete Maßnahmen hierzu nennt der dem Abkommen beigefügte Managementplan.

Vordringlich zu lösende Probleme des Kleinwalschutzes liegen insbesondere in den unbeabsichtigten Beifängen durch die Fischerei, in der Meeresverschmutzung, der Lebensraumeinengung infolge akustischer Störungen durch Schiffsverkehr, Bohrungen oder Sprengungen sowie in unmittelbaren Beunruhigungen (etwa durch Sportboote). Auf internationaler Ebene sollen abgestimmte Lösungen hierzu gefunden und weitere Forschungsvorhaben initiiert werden, die die Methoden zur Bestandsschätzung sowie zur Erforschung von Populationsdynamik und Wanderungen verbessern helfen. Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Auswirkungen verschiedener Störungen sowie der Wechselwirkungen der Belastungsfaktoren untereinander. Die Erhebung dieser Daten ist daher ein wesentlicher Bestandteil der im Managementplan genannten Aufgaben. Aus deutscher Sicht zählen zu den prioritären Aufgaben innerhalb des Abkommens die Analyse der Wanderungsbewegungen in Nord- und Ostsee sowie die Durchführung international etablierter Maßnahmen zur Verhinderung der Beifänge von Kleinwalen in der Fischerei sowie deren Wirkungskontrolle.

In den deutschen Küstengewässern sind regelmäßig drei Kleinwalarten zu beobachten. Am häufigsten ist der Schweinswal (Phocoena phocoena). Der Große Tümmler (Tursiops truncatus) hat bis vor 15 Jahren noch seine Jungen in der deutschen Nordsee aufgezogen, ist jedoch heute hier nur noch zu Gast. Weißschnauzendelphine (Lagenorhynchus albirostris) wandern hin und wieder in die zentrale Nordsee ein. Insbesondere das Gebiet vor Sylt und Amrum stellt ein wichtiges Aufzuchtgebiet der Nordsee-Schweinswale dar. Deshalb wurde mit der Änderung des Schleswig-holsteinischen Nationalparkgesetzes im Jahr 1999 an dieser Stelle ein Kleinwal- Schutzgebiet eingerichtet, das bis zur 12- Seemeilen-Linie hinausreicht und die Grundlage für weiter gehende, noch zu etablierende Schutzvorkehrungen darstellt.

Die Schweinswal-Populationen in der Ostsee wurden als eigenständig und besonders bedroht erkannt. Deshalb haben die Vertragsstaaten 2002 einen speziellen Erhaltungsplan für die Ostsee-Schweinswale ("Jastarnia Plan") verabschiedet, der 2009 überarbeitet wurde (Jastarnia Plan - 2009 Revision). Sein Ziel ist die Wiederherstellung einer Populationsgröße, die die Biotopkapazität des Ökosystems Ostsee zu 80 % ausfüllt. Dies wird nur möglich sein, wenn die Beifänge der Ostseefischerei auf höchstens zwei Schweinswale pro Jahr gesenkt werden und weitere Schutzmaßnahmen erfolgreich sind.

Jedes Jahr werden in der zentralen und südlichen Nordsee pro Jahr zahllose Schweinswale als Beifang getötet. Auch in der Keltischen See zwischen Irland und Südengland sind es nach Schätzungen mehr als 1.000 Tiere. Diese Schätzungen der Beifänge zeigen sofortigen Handlungsbedarf auf, denn es ist generell davon auszugehen, dass Beifangraten von über 2% eines geschätzten Bestandes die Überlebensfähigkeit von Walpopulationen gefährden. Beim Schweinswal werden 1,7% als Schwellenwert dann angesetzt, wenn für Bestand und Beifangzahlen genaue Werte vorliegen. Da dies nicht der Fall ist, muss aus Vorsorgegründen die Beifangrate noch unter diesen Wert reduziert werden.

AEWA

Ziel des im Rahmen der Bonner Konvention am 16.06.1995 verabschiedeten und am 01.11.1999 völkerrechtlich in Kraft getretenen Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (Agreement on the Conservation of African-Eurasian Migratory Waterbirds, AEWA) ist es, im Geltungsbereich vorkommende Wasservogelarten in einen günstigen Erhaltungszustand zu bringen oder hierin zu halten.

Übersicht AEWA

Ziele des Abkommens und deren nationalen Umsetzung sind nachfolgend aufgeführt.

Das Abkommensgebiet (Anhang I) umfasst die westlichen Teile Asiens, ganz Europa und Afrika sowie einige arktische Inseln Nordost-Kanadas. Von den insgesamt 119 Anrainerstaaten sind dem Abkommen derzeit 85 Staaten einschließlich der Europäischen Union (Stand: 01.07.2023) beigetreten. Das Afrikanisch-eurasische Wasservogelabkommen ist damit zugeschnitten auf die wesentlichen Zugwege wandernder Wasservögel, die sich vom westlichen eurasischen Kontinent über das Mittelmeer und die arabische Halbinsel bis nach Südafrika erstrecken, was ca. 40% der gesamten Erdoberfläche entspricht.

Die vom Abkommen erfassten, nach ökologischen Kriterien definierten "Wasservögel" (255 Arten aus 27 Familien) sind in Anhang II aufgelistet. Für diese Arten werden im so genannten Aktionsplan (Anhang III), der Bestandteil des Abkommens ist, konkrete Erhaltungsmaßnahmen aufgeführt. Sie umfassen neben Maßnahmen des Arten- und Habitatschutzes sowie eines entsprechenden Managements auch die Förderung von Forschung, Monitoring und Ausbildung.

Eine der wesentlichen Neuerungen des Abkommens ist zugleich seine größte Herausforderung: Alle Maßnahmen müssen den gesamten Lebensraum innerhalb eines Jahres der Tiere berücksichtigen. Grundlegendes Konzept des Abkommens ist es daher, Schutz, Management und Entnahme nicht an Arten, sondern an Populationen zu orientieren, die anhand ihres jeweiligen Brut- und/oder Überwinterungsgebietes charakterisiert werden (sog. Flyway-Populationen). Der Aktionsplan untergliedert die 255 vom AEWA erfassten Arten in 554 Populationen, von denen 131 regelmäßig in Deutschland vorkommen. Je nach Erhaltungszustand werden diesen Populationen abgestufte Schutzmaßnahmen zugeordnet. Besondere Anforderungen stellen sich für den Schutz derjenigen Arten, die regelmäßig mit mehr als einer Flyway- Population in Deutschland auftreten, weil diese zu bestimmten Zeiten die gleichen Räume nutzen können.

Ein Vergleich der vom AEWA erfassten Arten mit der aktuellen Roten Liste der Brutvögel hilft, fachliche Prioritäten für die Umsetzung des Abkommens aus deutscher Sicht zu identifizieren. Die Artengruppe, die zurzeit die höchste Aufmerksamkeit verdient, ist danach die der Limikolen aus den Familien der Regenpfeifer und Schnepfenvögel und hier insbesondere die auf Feuchtwiesen brütenden Arten. Mit Hilfe mehrerer F+E-Vorhaben wurden und werden daher verschiedene Ansätze zur Förderung von Feuchtwiesen bewohnenden Vogelarten erarbeitet, die sich in Deutschland trotz großer Naturschutzanstrengungen noch immer in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden. Neben der Entwicklung allgemeingültiger Richtlinien für eine schonende Flächenbewirtschaftung werden Untersuchungen zu weiteren Ursachen des nach wie vor schlechten Bruterfolgs der Wiesenvögel durchgeführt. Deutschland hat sich verpflichtet, die vom Abkommen erfassten Arten in einer günstigen Erhaltungssituation zu erhalten oder wieder in eine solche zu bringen und dazu entsprechende Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen.

Übersichtskarte Mitgliedsstaaten von AEWA
Abkommensgebiete und Mitgliedstaaten von AEWA
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