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Bundesamt für Naturschutz

NSG Kadetrinne

Das Naturschutzgebiet „Kadetrinne“ entspricht in seiner Abgrenzung einem nach der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützten Gebiet. Es wurde 2017 als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Kurzbeschreibung

Das nur etwa 100 km² große Naturschutzgebiet (NSG) „Kadetrinne“ liegt in der westlichen Ostsee rund 20 km nordöstlich von Rostock und etwa 10 km westlich der Halbinsel Fischland-Darß. Die Kadetrinne ist ein System von Rinnen, die sich bis zu 32 m tief durch den submarinen Geschiebemergelrücken der Darßer Schwelle ziehen. Durch dieses Rinnensystem findet ein Großteil des Wasseraustausches zwischen westlicher und zentraler Ostsee statt. Die westliche Ostsee ist noch stärker durch die unregelmäßigen Salzwassereinströme aus der Nordsee beeinflusst und auch in der Kadetrinne sind diese starken Salzgehaltsschwankungen noch spürbar. Manche Benthosarten (wie zum Beispiel der Gemeine Seestern) finden hier ihre östliche Verbreitungsgrenze.

Vor allem im Zentrum des Gebiets gibt es ökologisch wertvolle Steinriffe. Am westlichen Gebietsrand befindet sich eine Sandbank. Im Norden und Süden prägen Sand- und Schlickböden den Meeresgrund. Damit bietet das Schutzgebiet trotz seiner geringen Größe eine erstaunliche Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen. Eine große Bedeutung hat das NSG „Kadetrinne“ auch als Wanderroute für Schweinswale.

Die Abbildung zeigt die 3 Naturschutzgebiete in der AWZ der Ostsee mit der Verbreitung der Lebensräume „Sandbank“ und „Riff“ sowie mit den dort vorkommenden Arten, die zur Unterschutzstellung der Gebiete führten Vergrößern
Das NSG „Kadetrinne“, das kleinste der drei Naturschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Ostsee, liegt zwischen dem westlichen NSG „Fehmarnbelt“ und dem östlichen NSG „Pommersche Bucht-Rönnebank“.

Belastungen und Management

Wie die gesamte Ostsee leidet auch das Schutzgebiet unter der Eutrophierung und den durch den Klimawandel bedingten steigenden Wassertemperaturen. Die Folgen sind in den Lebensgemeinschaften bereits spürbar.

Rund 90 % des NSG „Kadetrinne“ überschneiden sich mit einem der Hauptverkehrstrennungsgebiete der gesamten Ostsee. Die mittlere Schiffsdichte liegt zwischen 30 und 40 Schiffen pro km² und Tag und ist damit eine der am stärksten befahrenen Seewege Europas. Aufgrund der Tiefe der Rinne verkehren hier insbesondere große Gütertransporte mit viel Tiefgang, aber auch Fährverkehr. Die hohen Schiffsdichten wirken sich vor allem auf die Schweinswale negativ aus, die sehr empfindlich auf Unterwasserlärm reagieren. Störungsempfindliche Seevögel wie Seetaucher oder verschiedene Meeresenten meiden solch stark frequentierten Gebiete, obgleich sie hier viel Nahrung finden würden.

Regelungen des Schiffsverkehrs können nur auf internationaler Ebene durch die International Maritime Organisation (IMO) vereinbart werden. Ansätze für Schutzmaßnahmen könnten beispielsweise eine Verringerung des Schiffslärms durch den Einsatz leiserer Schiffsantriebe sowie zeitlich oder räumlich geregelte Geschwindigkeitsbeschränkungen sein.

Mit dem Inkrafttreten der Schutzgebietsverordnungen wurden Regelungen für die Freizeitfischerei umgesetzt. So sind rund 30 km² im zentralen Bereich des NSG saisonal (1. Februar – 31. Mai) für die Freizeitfischerei geschlossen. Weitere 40 km² sind ganzjährig geschlossen. In den Regulierungszonen liegen unter anderem die bedeutenden, ökologisch besonders wertvollen Riffareale des NSG.

Im November 2024 sind außerdem Regulierungen für die Berufsfischerei im NSG „Kadetrinne“ durch einen delegierten Rechtsakt der EU Kommission in Kraft getreten. Damit wird die mobile grundberührende Fischerei fortan in großen Teilen des NSG untersagt.

Insgesamt zielt das Schutzgebietsmanagement darauf ab, das Überleben und die Fortpflanzung der in der Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie aufgeführten Arten und Lebensräume durch Maßnahmen zur Vermeidung negativer Auswirkungen und durch Wiederherstellungsaktivitäten zu sichern. 

Zahlen und Fakten

NameFFH-GebietEU CodeGröße
KadetrinneFFH-GebietDE 1339-301100 km²

 

Arten und Lebensräume Umfang oder Zahlen (2024)
Geschützte benthische Lebensräume / FlächeSandbänke2 km²
Riffe40,7 km²
Arten/Anzahl

Schweinswal

(Phocoena phocoena)

wichtiges Migrations- und Nahrungsgebiet

Charakteristik

Die Riffvorkommen im NSG haben eine hohe ökologische Bedeutung und eine wichtige Trittsteinfunktion. Die Vielfalt der Struktur sorgt für einen großen Artenreichtum, auch an Fischen. Für Schweinswale hat das Rinnensystem eine wichtige Funktion als Wanderroute zwischen der zentralen Ostsee und der Beltsee.

Die Abgrenzung des Schutzgebiets mit Wassertiefen von 18 m bis 32 m erfolgte vor allem nach dem Vorkommen des Lebensraumtyps „Riffe“. Von der Darßer Schwelle reichen mehrere Riffvorkommen in die eigentliche Rinne hinein. Diese Riffvorkommen haben eine hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt in der Kadetrinne und sind wichtige Trittsteine für die Ausbreitung mancher Arten weiter nach Osten. Charakteristisch ist der Bewuchs der Blocksteinfelder mit Großalgen und Miesmuscheln (Mytilus edulis). Bis in eine Tiefe von 18 m sind die Steinriffe mit Braunalgen, vor allem Zuckertang (Saccharina latissima), bewachsen. Weiterhin kommen Rotalgen bis in 24 m Tiefe vor. Dieses Vorkommen von Makrophyten bis in große Tiefe ist für die südliche Ostsee ungewöhnlich und setzt gute und beständige Licht- und Sauerstoffverhältnisse voraus. 

Die besondere ökologische Wertigkeit des Schutzgebiets ist vor allem durch die hohe Strukturvielfalt der Riffe in verschiedenen Hanglagen und Wassertiefen bedingt. Diese und die hier teilweise noch relativ hohe Salinität ermöglichen die Besiedlung durch eine sehr artenreiche benthische Fauna mit einer sehr hohen Anzahl an Rote-Listen-Arten. Diese benthischen Lebensgemeinschaften zeigen eine relativ hohe Salztoleranz, um mit den wechselnden Salzgehalten zurecht zu kommen. Die gute Nahrungsverfügbarkeit sowie die vielen Laich- und Versteckmöglichkeiten machen das NSG auch für Fische bedeutsam. Die vielen Fische bieten ein attraktives Nahrungsangebot für Meeressäugetiere und verschiedene Seevögel, sofern diese nicht durch den Schiffsverkehr ferngehalten werden.

Die erst kürzlich am westlichen Gebietsrand in Untersuchungen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) nachgewiesene Sandbank weist eine typische Lebensgemeinschaft aus Muscheln, Würmern und anderen Kleinstlebewesen auf. Sie ist Teil eines Riesenrippelfeldes, das aus den Hoheitsgewässern Dänemarks in die deutsche AWZ hineinragt und weist nach aktuellem Kenntnisstand Kammabstände von bis zu 400 m und Kammhöhen von bis zu 5 m auf. Besonders häufig kommt hier die Sandklaffmuschel (Mya arenaria) vor.

Akustische Aufzeichnungen belegen eine häufige Nutzung der Kadetrinne durch Schweinswale. Sie kommen regelmäßig im Schutzgebiet und den angrenzenden Gewässern vor bzw. durchschwimmen das Gebiet auf ihren Wanderungen zwischen der zentralen und der westlichen Ostsee.

Ein Teil der Population der westlichen Ostsee und der Beltsee, die nur noch auf bis zu 14.000 Tiere geschätzt wird, zieht zum Teil mit ihren Kälbern im Frühjahr in weiter östlich gelegene Gewässer und wandern ab November wieder zurück in die westlich gelegenen Bereiche. 

Nach zahlreichen Naturschutzmaßnahmen wächst der Kegelrobbenbestand auch endlich wieder an der deutschen Ostseeküste an. Der Fischreichtum des Rinnensystems Kadetrinne kommt auch den Robben zugute, die im NSG ebenfalls gesichtet werden.

weiterführender Inhalt

Karte
Das kleine Naturschutzgebiet mit rund 100 km² Fläche liegt etwa 20 km nördlich von Rostock. Die Kadetrinne umfasst eigentlich ein ganzes System von Rinnen, die bis zu 32 m tief in die Darßer Schwelle eingeschnitten sind. Riffvorkommen reichen weit in diese Rinnen hinein und sind bis in eine Tiefe von über 20 m mit verschiedenen Arten der Rot- und Braunalgen besiedelt – ein Zeichen für besonders gute Licht- und Sauerstoffverhältnisse. Die Blocksteine sind dicht mit Miesmuscheln und einer Vielzahl von benthischen Arten bewachsen.
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