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Bundesamt für Naturschutz

Häufig gefragt: Naturbewusstsein

Der Verlust biologischer Vielfalt, die Folgen des Klimawandels und die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Wandels vor dem Hintergrund dieser Krisen sind fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Dies zeigt die bundesweit repräsentative Naturbewusstseinsstudie 2021, die das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz jetzt veröffentlicht haben. Die aktuelle Veröffentlichung ist seit 2009 die siebte Umfrage der Studienreihe im zweijährigen Rhythmus. Sie präsentiert erstmals Daten zum Bewusstsein von Erwachsenen und Jugendlichen im direkten Vergleich. Inhaltlicher Schwerpunkt der vorliegenden Studie bilden die gegenwärtigen Krisen mit Bezug zur Natur und den planetaren Belastungsgrenzen: die Biodiversitätskrise, der Klimawandel sowie die Corona-Pandemie.
Das Bild zeigt drei Jugendliche und zwei Erwachsene, wie sie gemeinsam in einem Wald spazieren gehen.
Für viele Jugendliche gehört Natur zu einem guten Leben dazu.

Wer wurde befragt?

Befragt wurden 2.410 Erwachsene ab 18 Jahren sowie 1.004 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Beide Erhebungen wurden im Herbst 2021 durchgeführt. Die dargestellten Ergebnisse sind für die Bevölkerung in Deutschland repräsentativ. Ausgewertet werden neben einer einfachen Grundauszählung der Antworten auch vertiefende Betrachtungen der Erwachsenen-Befragung zu soziodemographischen Variablen wie Alter, Geschlecht und Bildungsgrad, sowie soziokulturelle Analysen nach dem Milieu-Modell des SINUS-Institutes. Eine vertiefende Analyse der Jugend-Daten wird zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht (vgl. Studie, S. 19).

Welche Bedeutung hat die Natur für die Menschen in Deutschland?

Natur spielt für die Bevölkerung eine wichtige Rolle. 90 Prozent der erwachsenen Befragten und 87 Prozent der Jugendlichen sagen, es mache sie glücklich, in der Natur zu sein. Für 89 Prozent der Erwachsenen und 94 Prozent der Jugendlichen gehört Natur zu einem guten Leben dazu (vgl. Studie, S. 43 ff.).

67 Prozent der Erwachsenen und 70 Prozent der Jugendlichen sind sehr oder zumindest eher der Meinung, dass es eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe ist, die biologische Vielfalt zu erhalten (vgl. Studie, S. 83 f.). 

57 Prozent der erwachsenen Befragten nannten in einem Ranking von Politikfeldern Natur-, Umwelt und Klimaschutz an vorderster Stelle, gefolgt von Armut und sozialer Gerechtigkeit (43 Prozent) sowie Gesundheit (37 Prozent, vgl. Studie, S. 59 f.).

Was ist die zentrale Erkenntnis der aktuellen Studie?

Die Mehrheit der Bevölkerung hält einen umfassenden transformativen Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweisen hin zu mehr Nachhaltigkeit und Naturverträglichkeit für notwendig und ist bereit, diesen Wandel mitzutragen.

Konkret sind 86 Prozent der Befragten ab 18 Jahren mit unterschiedlichem Nachdruck der Meinung, dass ein umfassender Wandel erforderlich ist, um die weltweite Natur-, Umwelt- und Klimakrise aufzuhalten (davon „ja“: 27 Prozent, „eher ja“: 33 Prozent, „teils/teils“: 26 Prozent). Jugendliche äußern sich etwas häufiger entsprechend (88 Prozent Zustimmung, davon „ja“: 29 Prozent, „eher ja“: 35 Prozent, „teils/teils“: 24 Prozent).

Die Bereitschaft, diesen umfassenden Wandel der Lebens- und Wirtschaftsweisen durch einen nachhaltigen und naturverträglichen Lebensstil mitzutragen, ist unter denen, die zumindest teilweise von der Notwendigkeit überzeugt sind, hoch ausgeprägt: 68 Prozent der Erwachsenen („voll und ganz“: 28 Prozent, weitere 40 Prozent „eher“) und 71 Prozent  der Jugendlichen („voll und ganz“: 30 Prozent, weitere 41 Prozent „eher“) äußern sich entsprechend (vgl. Studie, S. 67 ff.).

Wie blicken die Menschen in Deutschland auf Klimakrise und Biodiversitätsverlust?

Die Vorstellung, dass es überhaupt keinen Klimawandel gibt, ist nur selten anzutreffen: Nur eine Minderheit von 3 Prozent der Erwachsenen äußert sich entsprechend, und fast niemand von den Jugendlichen (gerundet 0 Prozent, absolut 4 aus 1.004 Befragten; vgl. Studie, S. 48 f.).

Ein Großteil der Bevölkerung ist überzeugt, dass sich der Klimawandel vor allem in Form von Extremwetterereignissen (76 Prozent), auf wildlebende Arten und biologische Vielfalt (74 Prozent) sowie auf den Lebensstil und die Lebensqualität kommender Generationen (72 Prozent) auswirkt (vgl. Studie, S. 48 ff.).

59 Prozent der Jugendlichen (25 Prozent „voll und ganz“, weitere 34 Prozent „eher“) und 47 Prozent der Erwachsenen (14 Prozent „voll und ganz“, weitere 33 Prozent „eher“) äußern sogar die Angst, dass die Klimakrise und Naturzerstörung ihren eigenen Lebensstil beeinträchtigen werden (vgl. Studie, S. 55 f.).

Gleichzeitig sind viele Jugendliche jedoch zuversichtlich, dass sie sich persönlich („voll und ganz“: 18 Prozent, „eher“: weitere 36 Prozent) oder im Kollektiv („voll und ganz“: 33 Prozent, „eher“: weitere 37 Prozent) für den Schutz der Natur und des Klimas einsetzen können. Bei Erwachsenen fällt die Zustimmung etwas schwächer aus, sowohl für den persönlichen Einsatz („voll und ganz“: 14 Prozent, „eher“: weitere 30 Prozent) als auch im Kollektiv („voll und ganz“: 22 Prozent, „eher“: weitere 37 Prozent). Sowohl Jugendliche als auch Erwachsene sind jedoch optimistischer, gemeinsam etwas erreichen zu können, als auf sich alleine gestellt (vgl. Studie, S. 55 ff.).

Welche Bedeutung schreiben die Befragten dem Naturschutz im Kontext der Klimakrise zu?

88 Prozent der Erwachsenen sind der Meinung, dass Naturschutz notwendig ist, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen („voll und ganz“: 48 Prozent, „eher“: weitere 40 Prozent). Die Wahrnehmung fällt etwas verhaltener aus als bei der vorhergehenden Abfrage (2019; „voll und ganz“: 65 Prozent, „eher“: weitere 28 Prozent), dennoch ist die Zustimmung zu natürlichem Klimaschutz damit weiterhin sehr hoch (vgl. Studie, S. 53 f.).

Die aktuelle Studie ist die siebte seit Beginn der Reihe 2009. Welche Trends lassen sich erkennen?

Deutlich zugenommen hat eine negative Bewertung des Zustands der Natur und Landschaft in Deutschland: Die Hälfte der erwachsenen Befragten bewertet 2021 die Entwicklung in den letzten 20 Jahren als deutlich schlechter („Es hat sich überwiegend verschlechtert“: 50 Prozent; „Es hat sich überwiegend verbessert“: 7 Prozent) als bei der ersten Befragung 2011 („Es hat sich überwiegend verschlechtert“: 27 Prozent; „Es hat sich überwiegend verbessert“: 13 Prozent; vgl. Studie, S. 32 f.).

Die Entwicklung von Bienen und Schmetterlingen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten wird im Rückblick auf die letzten 10 Jahre in der aktuellen Umfrage von den Erwachsenen ebenfalls negativer beurteilt als noch 2015. 2021 nehmen 70 Prozent einen Rückgang von Bienen wahr (2015: 66 Prozent), und 63 Prozent einen Rückgang von Schmetterlingen (2015: 55 Prozent; vgl. Studie, S. 34 f.).

Die Frage nach der Haltung der Bevölkerung zur Energiewende wird seit 2011 regelmäßig in der Naturbewusstseinsstudie gestellt. Die Zustimmungswerte bewegten sich bisher mit kleineren Schwankungen um die 60 Prozent. Im Jahr 2021 fällt die Zustimmung bei den Erwachsenen geringer aus: Knapp die Hälfte, 48 Prozent, hält die Energiewende für richtig, 35 Prozent sind unentschieden. Bei den Jugendlichen sind die Zustimmungswerte mit 64 Prozent (2020: 66 Prozent) unvermindert hoch. Die Zahlen sind vor dem Hintergrund des Erhebungszeitpunktes im Herbst 2021 zu betrachten, mit bereits laufenden öffentlichen Diskussionen zu steigenden Energiepreisen, aber noch vor dem Einsetzen der Energiekrise vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine (vgl. Studie, S. 69 ff.).

Der Anteil derer, die meinen, in Krisenzeiten müsse auch der Naturschutz mit weniger Geld auskommen, ist relativ konstant geblieben (Antwortstufen „voll und ganz“ und „eher“: 2019: 46 Prozent, 2021: 48 Prozent). Aber der Anteil derer, die der wirtschaftlichen Entwicklung eine höhere Bedeutung als der Natur zusprechen, hat zugenommen (2019: 26 Prozent, 2021: 33 Prozent; vgl. Studie, S. 65 f.).

Spiegelt sich die Struktur der Gesellschaft im Antwortverhalten wieder, gibt es übergeordnete Muster?

Die Naturbewusstseinsstudie 2021 zeigt wie ihre Vorgängerstudien, dass Natur und biologische Vielfalt für die Menschen in Deutschland insgesamt ein hohes Gut darstellen. Auf übergeordneter, gesellschaftlicher Perspektive ist das Verhältnis des Menschen zur Natur und biologischen Vielfalt jedoch ein Paradoxon: Aktuell wie auch in Vorgängerstudien äußern Angehörige der gehobenen Milieus, die sich auch durch höhere Bildungsgrade und höheres Einkommen auszeichnen, ein deutlich höheres Naturbewusstsein als Angehörige der gesellschaftlichen Mitte oder sozial schwächer gestellter Milieus. Im Gegensatz zu Letzteren haben gesellschaftlich besser gestellte Personenkreise aber häufig auch eine schlechtere Ökobilanz und einen ressourcenintensiveren Lebensstil (z. B. durch Energieverbrauch, Fernreisen etc.). Hierin wird die besondere Verantwortung der gehobenen sozialen Milieus für das Gelingen eines gesellschaftlichen Wandels hin zu mehr Nachhaltigkeit und Naturverträglichkeit deutlich (vgl. Studie, S. 18).

Was ist der Gesellschaftsindikator „Bewusstsein für biologische Vielfalt“, und was sagt er aus?

Durch eine Reihe von Fragen erfasst die Naturbewusstseinsstudie im sogenannten Gesellschaftsindikator, wie sich das Bewusstsein für biologische Vielfalt über die Jahre in der Bevölkerung entwickelt. In der aktuellen Naturbewusstseinsstudie wird die bisherige Berechnung dieses Indikators durch eine psychologisch besser begründete Version ersetzt, und beide Varianten werden im Vergleich präsentiert (vgl. Studie, S. 78 ff.).

Im bisherigen Indikator werden neben dem Wissensstand auch Einstellungen zur biologischen Vielfalt sowie zur Verhaltensbereitschaft in Teilindikatoren ermittelt und rechnerisch zum Gesamtindikator zusammengefasst. Die Naturbewusstseinsstudie 2021 zeigt im Vergleich zur letzten Erhebung von 2019 wieder leichte Rückgänge beim Grad der Erfüllung der festgelegten Anforderungen in den Teilindikatoren Einstellung (2021: 55 Prozent, 2019: 60 Prozent) und Verhaltensbereitschaft (2021: 53 Prozent, 2019: 63 Prozent) und leichte Zuwächse beim Wissensstand (2021: 48 Prozent, 2019: 44 Prozent). Zusammengefasst im Gesamt-Indikator lässt sich dabei insgesamt ein leichtes Absinken des Erfüllungsgrades ablesen (2021: 26 Prozent, 2019: 28 Prozent; vgl. Studie, S. 79 ff.).

Die hier erstmals neu präsentierte Version des Gesellschaftsindikator zeichnet sich durch einen noch stärkeren Fokus auf Verhaltensbereitschaft aus als bisher, und wird zusätzlich um sechs psychologisch fundierte und neu formulierte Fragebatterien ergänzt, die wissenschaftlich nachweislich Erklärungskraft für naturverträgliches Verhalten haben, konkret: Soziale Identität, soziale Normen, wahrgenommene Verhaltenskontrolle, Einstellungen, Problembewusstsein und Naturverbundenheit.

Im Rahmen dieser neuen Fragen-Sammlung wird die Bereitschaft zu einem Wandel des Lebensstils in der Bevölkerung deutlich. So sind 69 Prozent beispielsweise bereit, ihren Fleischkonsum zu reduzieren (davon „sehr bereit“: 29 Prozent, weitere 40 Prozent „eher“), und 74 Prozent sind bereit, sparsamer zu leben, damit künftige Generationen die Vielfalt und den Reichtum der Natur weiterhin nutzen können (davon „sehr bereit“: 26 Prozent, weitere 48 Prozent „eher“; vgl. Studie, S. 96 ff.).

Der neue Gesellschaftsindikator ist stärker empirisch ausgerichtet als der bisherige Indikator, und orientiert sich nicht an vorher festgelegten Voraussetzungen zur Erfüllung der benannten Teilaspekte. Stattdessen wird der Stand des Bewusstseins von 25 Prozent der Bevölkerung mit der stärksten Biodiversitäts-Orientierung als Anker und Bezugsgröße für die Veränderungen in künftigen Studien herangezogen (vgl. Studie, S. 88 ff.).

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