Landschaftsplanung: Ziele, Aufgaben und Inhalte
Durch Nutzungsänderungen und Nutzungsintensivierungen sind der Naturhaushalt, das heißt Pflanzen und Tiere, Boden, Wasser, Klima und Luft sowie das Landschaftsbild, charakterisiert durch die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft bedroht. Diese Faktoren stellen die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen dar und sind wichtige Voraussetzungen für die Erholung in einer ungestörten Landschaft.
Die Einwirkungen auf Naturhaushalt und Landschaftsbild erfolgen nicht mehr nur unmittelbar - wie durch das Sammeln von Tieren und Pflanzen oder das Betreten sensibler Gebiete. Meistens werden heute die gravierendsten Veränderungen mittels raumbezogener Planungen vorbereitet.
Naturschutz findet nach geltendem Recht auf 100 % der Fläche statt. Die Ansprüche des Naturschutzes an die Intensität des Schutzes sind jedoch stark differenziert. So reichen die Ansprüche vom Totalflächenschutz über Bereiche mit bestimmten Vorrangfunktionen für den Naturschutz bis zu "naturschutzfreundlichen" Begleitmaßnahmen der Landnutzung. Auch bei intensiver Land- und Bodennutzung ist Naturschutz und Landschaftspflege notwendig und möglich.
Seit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) im Jahr 2002 und insbesondere mit der Novellierung und Ausgestaltung zum Vollgesetz im Jahr 2009 sind die Ziele und Aufgaben der Landschaftsplanung deutlicher herausgestellt und teilweise neu definiert und erweitert worden.
Landschaftsplanung und europarechtliche Instrumente des Natur- und Umweltschutzes
Der Katalog der Inhalte der Landschaftsplanung wurde auch mit Blick auf die Unterstützung der Umsetzung von europarechtlichen Anforderungen erweitert. So werden z. B. Angaben über Erfordernisse und Maßnahmen zum Aufbau und Schutz des Netzes "Natura 2000" nunmehr ausdrücklich als Bestandteil von Landschaftsprogrammen, Landschaftsrahmenplänen und Landschaftsplänen benannt. Insbesondere können damit Grundlagen zur Erfüllung der sich aus Artikel 6 Abs. 1 und 2 und Art. 10 der FFH-Richtlinie ergebenden Verpflichtungen (u.a. Entwicklungspläne, Vermeidungsmaßnahmen, Verbindungselemente) geliefert und deren Umsetzung planerisch-konzeptionell unterstützt werden.
Die Umsetzung der Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme in bundesdeutsches Recht sowie ihre materielle Ausgestaltung bieten ebenfalls vielfältige Anknüpfungspunkte zur Landschaftsplanung. Aufgrund inhaltlicher Schnittmengen von Landschaftsplanung und dem nach UVPG erforderlichen Umweltbericht besteht die Möglichkeit, die Landschaftsplanung zu nutzen, um bei der Aufstellung und Fortschreibung von Regionalplänen, Bauleitplänen und Fachplänen Teile der SUP vorzubereiten oder auch zu übernehmen. Damit wird die SUP einfacher, schneller und kostengünstiger in das vorhandene Planungssystem einzubinden und durchzuführen sein.
Mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht ist die Wasserwirtschaft künftig nicht nur einem gewässerökologischen sondern einem gesamtheitlichen ökologischen Ansatz verpflichtet. Die Umsetzung über Maßnahmenprogrammen und Bewirtschaftungsplänen wird eine hohe Verbindlichkeit dieser Planungsinstrumente mit sich bringen. Hierbei können die Landschaftspläne der verschiedenen Ebenen entscheidende Unterstützung bieten. Im Rahmen der Landschaftsplanung kann
- die Funktion der planerischen Untersetzung der Ziele des Naturschutzes für die Auen,
- die Aufgabe der Formulierung konkret flächenbezogener Erfordernisse und Maßnahmen mit Bezug zum Auenschutz,
- die Koordination der Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplanung mit anderen Naturschutzbelangen bei der Erstellung integrierter Leitbilder und Entwicklungskonzeptionen
- und den Transport der einzugsgebietsbezogenen Zielaussagen in die Abwägungsentscheidungen der räumlichen Gesamtplanung
übernommen werden. Darüber hinaus werden mit der Internalisierung externer Kosten finanzielle Mittel für die Umsetzung von Maßnahmen zur Verfügung stehen, die auch für die Umsetzung von landschaftspflegerischen Maßnahmen genutzt werden können. Bei der Erstellung von Ziel- und Maßnahmenkonzepten und deren Umsetzung bietet sich eine arbeitsteilige Zusammenarbeit der für die Landschaftsplanung und die wasserwirtschaftliche Planung verantwortlichen Institutionen an.
Landschaftsplanung und andere Instrumente nach BNatSchG
Im BNatSchG finden sich Regelungen, deren konkrete Erfüllung und Umsetzung mit Hilfe der Landschaftsplanung unterstützt und vorbereitet werden kann. Mit § 8 BNatSchG und insbesondere mit der weitergehenden Definition der Inhalte in § 9 BNatSchG als bundeseinheitliche Mindestanforderungen hat die Landschaftsplanung auf allen Ebenen eindeutige Aufgaben und Inhalte zugewiesen bekommen.
Neben den konkretisierten Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind u.a. Erfordernisse und Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, zum Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft, von Biotopen des Biotopverbundes, der Biotopvernetzung und des Netzes "Natura 2000", zur Erhaltung und Entwicklung von Freiräumen im besiedelten und unbesiedelten Bereich sowie zum Schutz, zur Verbesserung der Qualität und zur Regeneration von Böden, Gewässern, Luft und Klima zu erarbeiten und darzustellen.
Gute fachliche Praxis der Land-Forst und Fischereiwirtschaft
Die Landschaftsplanung mit ihren konkretisierten Zielen und raumkonkreten Aussagen zu den Erfordernissen und Maßnahmen von Naturschutz und Landschaftspflege kann die Umsetzung der Anforderungen des § 5 unterstützen.
Das betrifft insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis:
- Bestimmung, standortangepasster Bewirtschaftung und Gewährleistung der nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit im regionalen Kontext,
- über die natürliche Ausstattung der Nutzflächen mit Boden, Wasser, Flora, Fauna,
- zur Vernetzung von Biotopen und die dazu erforderlichen Landschaftselemente,
- zum Erhalt des Grünlandes auf bestimmten Standorten,
- zum Aufbau naturnaher Wälder,
- zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder (insbesondere mit Verzicht zum Kahlschlag),
- zur Nutzung standortheimischer Forstpflanzen,
- zum Erhalt der Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräumen für heimische Tier- und Pflanzenarten bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der Oberflächengewässer.
Zum anderen haben Naturschutzbehörden mit der Landschaftsplanung ein wichtiges Kontrollinstrument für die Einhaltung der daraus resultierenden Anforderungen zur Verfügung.
Biotopverbund, Biotopvernetzung
Die Schaffung eines Biotopverbundes und die Biotopvernetzung (§ 21 BNatSchG) erfordern seitens der Planungsträger der Landschaftsplanung eine neue Aufgabenwahrnehmung und explizite Aussagen zur Ausgestaltung. Die planerische Hauptarbeit ist für ein Biotopverbundsystem auf der Ebene der Landschaftsrahmenplanung (der regionalen Ebene) zu leisten. Im Rahmen der örtlichen Landschaftsplanung hat die notwendige detaillierte Konkretisierungen zu erfolgen (Abschichtung). Der Biotopverbund soll zudem das europäische Netz NATURA 2000 im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 10 FFH-RL ergänzen. Hierzu muss ein klar geordnetes Vernetzungskonzept erstellt werden. Der im Bundesnaturschutzgesetz betonte Entwicklungs- und Gestaltungsauftrag der Landschaftsplaung bietet hierfür einige Anknüpfungspunkte.
Beobachtung von Natur und Landschaft
Mit den Regelungen zur Beobachtung von Natur und Landschaft (§ 6 BNatSchG), wird dem Bund und den Ländern die Aufgabe übertragen, den Zustand des Naturhaushaltes und seine Veränderungen zu ermitteln, auszuwerten und zu bewerten. Es geht darum, die sektorspezifischen Beobachtungsprogramme des Bundes und der Länder zusammenzuführen und zu einem umfassenden und aktuellen Informationssystem zu erweitern. Damit stehen in Zukunft einerseits aktuelle Datengrundlagen zur Verfügung, auf die dann auch die Landschaftsplanung zugreifen kann und die gleichzeitig auch als Grundlage für eine Erfolgskontrolle (in) der Landschaftsplanung geeignet sind.
Andererseits können auch Erhebungen der Landschaftsplanung geeignete räumliche, aber auch inhaltliche Grundlagen für Beobachtung von Natur und Landschaft zur Verfügung stellen. Dabei ist die sinnvollste Schnittstelle zwischen Beobachtung von Natur und Landschaft und Landschaftsplanung sicher noch zu finden. Hervorzuheben bleibt, dass die Beobachtung von Natur und Landschaft kein Selbstzweck sein kann und soll, sondern immer auf Fragestellungen der nachhaltigen Sicherung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds ausgerichtet ist.
Eingriffsregelung
Im BNatSchG wird ein direkter Bezug zwischen Landschaftsplanung und Eingriffsregelung hergestellt. In § 15 Abs. 2 wird die Berücksichtigung der Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 BNatSchG – also Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne, Landschaftspläne und Grünordnungspläne - bei der Festsetzung von Art und Umfang der Kompensationsmaßnahmen festgelegt.
Die Funktion der Landschaftsplanung für die Abarbeitung der Eingriffsregelung besteht in zwei wesentlichen Aufgaben: Im Rahmen der Landschaftsplanung werden Informations- und erste Bewertungsgrundlage für die Eingriffsregelung erarbeitet.
Auf dieser Grundlage lassen sich Entscheidungen über den Umfang von vertiefenden Untersuchungen treffen, die i. d .R. im Rahmen der Eingriffsregelung unumgänglich sind und die letztlich zur konkreten Entscheidung über Ort, Art und Umfang der Kompensation führen.
Insgesamt werden mit der Landschaftsplanung in Zukunft noch konsequenter als bisher vor allem auf regionaler und kommunaler Ebene gesamträumlich konkretisierte Leitbilder und Zielkonzeptionen (inkl. Biotopverbundkonzeptionen) des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu liefern sein. Dabei müssen unterschiedliche Entwicklungsszenarien aufgezeigt werden und es ist eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Alternativen von absehbaren Veränderungen durch andere Raumnutzungen erforderlich, damit das naturschutzfachlich erforderliche Abwägungsmaterial für alle Raumnutzungsentscheidungen bereitgestellt werden kann. Nur so kann mit Hilfe der Landschaftsplanung ein für die vorausschauende Bewältigung der Eingriffsregelung nutzbares Konzept bereit gestellt werden, auf dessen Grundlage die Kompensation (Flächen und Maßnahmen) sinnvoll geleistet werden kann. Außerdem ist im Zusammenhang mit der im § 16 Abs. 2 BNatSchG eingeführten Länderermächtigung zur Bevorratung und vorgezogenen Kompensation eine planerisch konzeptionelle Grundlage und Steuerung erforderlich. Dies ist nur auf Grundlage des naturschutzfachlichen Gesamtkonzeptes, wie es in der Landschaftsplanung erarbeitet wird, sinnvoll.
Gesamtplanung / Fachplanung
Bereits in früheren F+E-Vorhaben wurde nachgewiesen, dass die örtliche Landschaftsplanung signifikante positive Wirkungen auf die Flächennutzungsplanung und auf die Agrarfachplanung hat. Daher ist die verbesserte Ausgestaltung der Schnittstellen zu den Planinstrumenten von räumlicher Gesamtplanung und Fachplanungen auf allen Planungsebenen auch zukünftig entscheidend. Diesem Ansatz trägt auch das BNatSchG Rechnung.
Zum Beispiel unterstützt die Landschaftsplanung, neben einer Reihe weiterer Instrumente, das strategische Ziel, die Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr erheblich und wirkungsvoll zu reduzieren bzw. auf weniger sensible Flächen zu lenken. Dazu muss die Landschaftsplanung im Zusammenspiel mit der Raum- und Bauleitplanung verstärkt genutzt werden, um auf regionaler und kommunaler Ebene konkrete Standortvergleiche zu Siedlungserweiterungen und anderen Bauvorhaben durchzuführen. Dies dient zugleich der Erfüllung der Anforderungen der Strategischen Umweltprüfung (SUP) für Raum- und Bauleitpläne. Damit können Argumente für Flächen-Recycling und eine Reduzierung der Neuinanspruchnahme insgesamt untermauert und die gesamt- und bauleitplanerischen Abwägungen qualifiziert werden. Andererseits können für die bauleitplanerische Abwägung aber auch Informationen aufbereitet werden, die deutlich machen, wo eine weitere bauliche Innenentwicklung aus ökologischer Sicht nicht mehr stattfinden sollte. Eine solche Qualifizierung aus umwelt- und naturschutzfachlicher Sicht wird auch dann zunehmend erforderlich sein, wenn ökonomische Instrumente die Siedlungsentwicklung zunehmend in den Innenbereich lenken sollen. Dazu ist es erforderlich, dass in regelmäßig zu aktualisierenden Landschaftsplanungen den Siedlungsgebieten und dem Innenbereich noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Die Landschaftsplanung gewährleistet, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege in der räumlichen Gesamtplanung und in Fachplanungen qualifiziert berücksichtigt werden können. Dies wird besonders dann gelingen, wenn die Landschaftsplanung eine umfassende Akzeptanz als Vorsorgeplanung für eine ressourcenschonende und nachhaltige Entwicklung bei allen Akteuren findet. Dabei gilt es, neue Formen von Kooperation und Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Ziel- und Interessengruppen zu entwickeln und vorhandene Strukturen sowie neue Möglichkeiten der Datenverarbeitung und -aufbereitung sowie Geoinformationssysteme zu nutzen.
Ablauf
Für die einzelnen Faktoren des Naturhaushaltes wird im Rahmen der Landschaftsplanung die aktuelle Leistungsfähigkeit ermittelt, bewertet und dargestellt. Aus Leitbild- und Entwicklungskonzeptionen werden Erfordernisse und Maßnahmen abgeleitet, die von Planungsträgern und von Naturschutzverwaltungen zur Erfüllung ihrer naturschutzfachlichen Aufgaben umzusetzen sind.
Beteiligung in der Landschaftsplanung
Die Beteiligung und Information der Öffentlichkeit an umweltbezogenen Entscheidungen und bei umweltrelevanten räumlichen Planungen hat deutlich an Bedeutung gewonnen. Dazu gehört auch die Landschaftsrahmenplanung. Ein Regelverfahren, wie eine umfassende Mitwirkung und Beteiligung der Öffentlichkeit erreicht werden kann, gibt es allerdings nicht. In den letzten Jahren hat sich hierzu eine Vielzahl von Methoden entwickelt.