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Bundesamt für Naturschutz

Vögel, Windenergie und Signifikanzbewertung

Die naturverträgliche Ausgestaltung der Energiewende stellt ein zentrales Ziel der Bundesregierung dar. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, wurden entscheidende Rechtsgrundlagen angepasst. Auch im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wurden hierzu in Bezug auf die regelmäßige Betroffenheit von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten beim Betrieb von Windenergieanlagen an Land bundeseinheitliche Regelungen getroffen, um eine Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren zu erreichen.

Regelungen zur Signifikanzprüfung

Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen ist regelmäßig die Prüfung des Tötungs- und Verletzungsverbots nach § 44 Absatz 1 Nummer 1 BNatSchG relevant. Anhand des von der Rechtsprechung entwickelten und mit § 44 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 BNatSchG auch gesetzlich aufgegriffenen Signifikanzansatzes wird insoweit bewertet, ob das Tötungs- und Verletzungsrisiko der jeweils betroffenen Arten signifikant erhöht wird. Mit signifikanter Risikoerhöhung ist eine deutliche Steigerung des Tötungsrisikos gemeint, welches ohnehin in einer vom Menschen gestalteten Landschaft besteht.

Im Zuge der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im Sommer 2022 wurde eine bundeseinheitliche Standardisierung dieser Signifikanzprüfung für kollisionsgefährdete Brutvogelarten eingeführt. Geregelt wird etwa eine abschließende Liste der zu prüfenden Brutvogelarten, verbindliche Prüfabstände sowie Vorgaben zu Schutzmaßnahmen und Habitatpotentialanalyse. Die neuen Regelungen erfassen insbesondere nicht das Störungsverbot, die Errichtung von Windenergieanlagen sowie Ansammlungen wie Kolonien oder bedeutenden Brut- und Rastgebieten. Hier gelten die Vorgaben bzw. Empfehlungen der Bundesländer fort.

Regelungsinhalte

Regelungsinhalte der bundeseinheitlich standardisierten Signifikanzprüfung für kollisionsgefährdete Brutvogelarten.

Die Vorschriften zur bundeseinheitlichen Signifikanzprüfung beziehen sich auf 15 kollisionsgefährdete Brutvogelarten, die abschließend in Anlage 1 Abschnitt 1 zum Bundesnaturschutzgesetz festgelegt werden. Die fachliche Beurteilung, ob das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare dieser Arten durch den Betrieb von Windenergieanlagen signifikant erhöht ist, erfolgt insbesondere anhand von gesetzlichen Regelvermutungen in einem neuen § 45b BNatSchG, die an verbindliche Prüfabstände der Anlagen zu den jeweiligen Brutplätzen anknüpfen.

Mittels HPA kann der Vorhabenträger die in § 45b BNatSchG festgelegten Regelvermutungen zum signifikant erhöhten Tötungsrisiko widerlegen. Hierfür wird mit der HPA geprüft, ob die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von kollisionsgefährdeten Brutvögeln am Standort der Windenergieanlage aufgrund entsprechender Flugaktivitäten deutlich erhöht und infolge dessen das Tötungs- und Verletzungsrisiko signifikant erhöht ist. Für die Abarbeitung der HPA soll eine bundeseinheitliche Methode per Rechtsverordnung eingeführt werden. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Vergleichbar mit der HPA können die Regelvermutungen des § 45b BNatSchG auch durch eine Raumnutzungsanalyse (RNA) widerlegt werden, die aber nur freiwillig auf Verlangen des Vorhabenträgers durchzuführen ist. 

Eine hinreichende Minderung des Kollisionsrisikos kann durch die Anordnung insbesondere der gemäß Anlage 1 Abschnitt 2 zum Bundesnaturschutzgesetz fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen erreicht werden. Nach § 45b Absatz 3 Nummer 2 BNatSchG ist für die betreffende Art in der Regel die Anordnung von Antikollisionssystemen, Abschaltungen bei landwirtschaftlichen Ereignissen, die Anlage attraktiver Ausweichnahrungshabitate oder phänologiebedingte Abschaltungen hinreichend zur Minderung des Kollisionsrisikos geeignet. Die Maßnahmen müssen zudem zumutbar sein, siehe § 45b Absatz 6 Satz 2 BNatSchG betreffend der Abschaltungen von Windenergieanlagen.

Signifikanz und artenschutzrechtliche Ausnahme

Lässt sich eine signifikante Risikoerhöhung durch fachlich anerkannte Schutzmaßnahmen nicht hinreichend mindern oder ist die Umsetzung der Maßnahmen für den Vorhabenträger unzumutbar, kann der Vorhabenträger eine artenschutzrechtlichen Ausnahme gemäß § 45 Absatz 7 BNatSchG beantragen. Um die Erteilung der Ausnahmen zu vereinfachen und rechtsicher zu gestalten, wurden im Sommer 2022 mit den neuen § 45b Absatz 8 und 9 BNatSchG mehrere Maßgaben für diese Prüfung im Hinblick auf den Betrieb von Windenergieanlagen eingeführt. 

Insbesondere wird für den erforderlichen Ausnahmegrund klargestellt, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Weiterhin wird die Prüfung von Standortalternativen regelmäßig auf solche Gebiete beschränkt, die für Windenergie ausgewiesen sind. Schließlich enthält die Reform standardisierende Maßgaben für die Prüfung des Verschlechterungsverbotes, wonach sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art nicht verschlechtern darf. Dabei werden Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands nicht ausgeschlossen.
 
Wird eine artenschutzrechtliche Ausnahme nach diesen Maßgaben zugelassen, ohne dass Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der betreffenden Art durchgeführt werden, hat der Träger des Vorhabens gemäß § 45d BNatSchG eine Zahlung in Geld zu leisten. Die vereinnahmten Mittel sind für Maßnahmen zur Sicherung oder Verbesserung des Erhaltungszustands der durch den Betrieb von Windenergieanlagen betroffenen Arten zu verwenden. Hierfür stellt das Bundesamt für Naturschutz nationale Artenhilfsprogramme zum dauerhaften Schutz dieser Arten auf und ergreift die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser.

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