Maßnahmen zum Schutz von Walen, Seevögeln, Sandbänken und Riffen verabschiedet
Bundesumweltministerin Svenja Schulze. "Das ist ein wichtiger Fortschritt für den Schutz der Meeresnatur in der Nordsee. Gemeinsam mit allen Akteuren können wir nun konkrete Schutzmaßnahmen umsetzen. Die Nordsee wird intensiv wirtschaftlich genutzt. Umso mehr braucht sie unseren Schutz. Mit den Managementplänen wollen wir sicherstellen, dass die Naturschutzgebiete der Nordsee auch tatsächlich Orte sind, an denen sich unsere Meeresnatur vom Seehund bis zum Schweinswal so gut wie möglich entwickeln kann."
BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel: "Die Maßnahmen der Managementpläne wurden auf der Grundlage umfangreicher Datenanalysen entwickelt und umfassen insgesamt sieben Bereiche. Darunter sind Maßnahmen zum Wiederaufbau von Riffen der europäischen Auster, aber auch von Steinriffen, zur Reduzierung von Schadstoffeinträgen und dem Umgang mit Abfall und Kampfmittelaltlasten. Auch der Unterwasserlärm soll deutlich reduziert werden, um vor allem die Schweinswale zu schützen. Zusätzlich bauen wir das Meeresmonitoring und die Überwachung der Meeresschutzgebiete aus. Bei der Umsetzung werden die weiteren zuständigen Behörden und Institutionen sowie die Verbände eingebunden".
Dier Zuständigkeit des Bundes erstreckt sich auf die sogenannte ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) Deutschlands, die sich an das 12 Seemeilen breite deutsche Küstenmeer anschließt. Für das Management der Meeresschutzgebiete in der AWZ ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN) verantwortlich. Das BfN hat die Gebietsmanagementpläne seit 2017 in engem Austausch mit der Öffentlichkeit, den zuständigen Behörden und Interessenverbänden erarbeitet. Das Bundesumweltministerium hat die Vorschläge unter anderem mit dem Bundesverkehrs-, dem Bundeslandwirtschafts- und dem Bundeswirtschaftsministerium abgestimmt. Die Umsetzung der Managementpläne beginnt bereits in den kommenden Monaten mit der Installation eines Austern-Pilotriffes auf dem Borkum Riffgrund in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegner-Institut für Meeresforschung.
In einem "Natura 2000-Schutzgebiet" im Meer sind nicht grundsätzlich alle menschlichen Aktivitäten verboten, sondern müssen so stattfinden, dass die geschützten Pflanzen und Tiere im Gebiet sich positiv entwickeln und prosperieren können. Deshalb sind bestimmte menschliche Aktivitäten wie etwa die Aquakultur in den Naturschutzgebieten ausgeschlossen. Andere Vorhaben, die potenziell negative Auswirkungen auf die marine Umwelt haben können, werden vor ihrer Genehmigung oder auch Ablehnung einer strengen Prüfung unterzogen. Die veröffentlichten Managementpläne ergänzen die bisher schon geltenden gesetzlichen Regelungen durch konkrete Schutzmaßnahmen und unterstützen damit die positive Entwicklung der Meeresschutzgebiete.
Die Regelung der Berufsfischerei findet demgegenüber im Rahmen der europäischen Gemeinsamen Fischereipolitik statt und wird nur nachrichtlich in die Pläne aufgenommen. Auch die Freizeitfischerei ist außerhalb der Gebietsmanagementpläne geregelt, nämlich in den Schutzgebietsverordnungen.
Auch für die küstenfernen Meeresschutzgebiete in der deutschen Ostsee hat das BfN bereits Managementpläne entworfen. Für diese beginnt demnächst das Beteiligungsverfahren mit den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder sowie der interessierten Öffentlichkeit.
Hintergrund
Für die Umsetzung des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 an Land und in den Hoheitsgewässern innerhalb der 12-Seemeilen-Zone sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands (AWZ) ist hingegen der Bund, vertreten durch das BfN und das BMU für Natura 2000 verantwortlich.
Die Mitgliedstaaten der europäischen Union verständigten sich bereits 1978 für alle europäischen Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie) und im Jahr 1992 für die besonders gefährdeten europäischen Lebensräume und Arten (FFH-RL) auf umfangreiche gesetzliche Schutzmaßnahmen und die Einrichtung eines Netzwerkes von sogenannten Natura 2000-Schutzgebieten. Dieser Schutz der europäischen Biodiversität gilt an Land und im Meer. Ausschlaggebend für die Auswahl der Natura 2000-Gebiete im Meer sind das Vorkommen und die Verbreitung spezieller Arten der Seevögel, Meeressäugetiere und Fische sowie der besonders schützenswerten, international bedeutsamen Lebensraumtypen "Sandbänke" und "Riffe". Ziel der Ausweisung ist der Schutz dieser besonderen und gefährdeten Lebensräume und Arten.
Deutschland war für die Umsetzung im Meer ein europäischer Vorreiter und konnte bereits bis 2004 bedeutende Teile der Nord- und Ostsee für Natura 2000 nominieren, die dann 2008 auch von der EU-Kommission anerkannt wurden. Diese Gebiete umfassen ca. 43 Prozent des etwa 41.000 km² großen Anteils Deutschlands an der Nordsee.
Im September 2017 wurden die insgesamt 10 Gebiete durch sechs Schutzgebietsverordnungen national unter Schutz gestellt. Seitdem sind die sechs Meeresnaturschutzgebiete "Doggerbank", "Borkum Riffgrund" und "Sylter Außenriff - Östliche Deutsche Bucht" in der Nordsee sowie "Fehmarnbelt", "Kadetrinne" und "Pommersche Bucht - Rönnebank" in der Ostsee auch nach nationalen Vorschriften rechtlich gesichert.