Öffnet eine externe Seite Link zur Startseite

Bundesamt für Naturschutz

Sicista betulina - Birkenmaus

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1343
Artengruppierung
Sonstige Säugetiere
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 2 (Stark gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Im besonderen Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich

Beschreibung

Seltener Winterschläfer im Halmwald

Die Birkenmaus ist eine der kleinsten und zugleich seltensten Nagetierarten Deutschlands. Erst 1936 wurde entdeckt, dass die Art in Deutschland vorkommt. Seitdem liegen ungefähr 20 Nachweise aus nur drei weit auseinander liegenden Regionen vor. Aufgrund ihrer Seltenheit gilt die Birkenmaus nach der Roten Liste Deutschlands als vom Aussterben bedroht.
Sieben Monate im Jahr verbringen die Tiere im Winterschlaf. Während der Sommermonate klettern die Tiere durch hohe Grasbestände und Gebüsche hauptsächlich auf der Suche nach Insekten. Im Herbst steigt der pflanzliche Anteil an der Nahrung.

Die seltene Birkenmaus wird manchmal mit der Brandmaus verwechselt. 

Die Birkenmaus wird zur Unterscheidung von der Steppenbirkenmaus (Sicista subtilis), die von Ungarn aus ostwärts verbreitet ist, auch als Waldbirkenmaus bezeichnet.

Lebensraum

Die Birkenmaus besiedelt bevorzugt feuchte Lebensräume mit dichtem Bodenbewuchs. Grenzelemente zwischen Wald und Offenland scheinen besonders bevorzugt zu werden. In Nordjütland (Dänemark) lebt die Art zum Teil auch in trockenen Krähenbeerheiden an der Nordseeküste, jedoch werden im nördlichen Teil des Verbreitungsgebietes feuchtere Standorte wie brach liegende Feuchtwiesen, Moore und Moorwälder und naturnahe Gewässerufer bevorzugt (Borkenhagen 2002, Møller 2007). Das Vorhandensein von Gehölzen (Wälder, Hecken etc.) scheint dabei für die Birkenmaus von Bedeutung zu sein. In den Alpen lebt die Birkenmaus auf Wiesen auf denen auch Heidelbeere, Preiselbeere und Besenheide wächst (Hable 1978). Möglicherweise verlagern Waldbirkenmäuse ihren Aufenthaltsort zum Winter hin aus den Offenlandlebensräumen in angrenzende dichtere Gehölz- und Waldbestände (Ajrapetjants 1969, zit. in Møller 2007).

Obwohl die Birkenmaus in Deutschland drei weit auseinander liegende Landschaftsräume besiedelt, ähneln sich die genutzten Lebensräume in struktureller Hinsicht sehr. Alle weisen eine relativ hohe Feuchtigkeit und eine dichte Boden- und Strauchschicht auf. Nach Telemetrie-Untersuchungen in Dänemark werden Hecken und unbeweidetes Grünland gegenüber anderen Lebensräumen bevorzugt (Møller et al., in Vorbereitung). Geschlossene Waldgebiete ohne Gras- und Krautvegetation, wie dies z.B. in Fichtenreinbeständen gegeben ist, werden gemieden (Nikiforov 1962, zit. in Møller 2007). Die Tiere klettern geschickt, unter Zuhilfenahme ihres langen Schwanzes, durch die Pflanzen, auch tagsüber. Die Birkenmaus ernährt sich hauptsächlich von Insekten. Daneben wurden auch Schnecken und Grassamen als Nahrung festgestellt (Popov 1960, zit. in Pucek 1982). Gemessen an ihrer geringen Körpergröße ist die von Waldbirkenmäusen genutzte Fläche sehr groß. Aus Dänemark wurden durchschnittlich Lebensräume mit einer Größe von mehr als 6.000 m² beschrieben (Møller 2007). Waldbirkenmäuse legen Nester an, in denen sie ihre Ruhephasen verbringen. Diese werden zwischen morschem Holz, zwischen Wurzeln, in Moos oder dichten Grasbeständen angelegt. In Dänemark wurde ein Nest in 40 cm Tiefe im Boden gefunden (Møller 2007). Daneben nutzen Birkenmäuse auch die Nester anderer Kleinsäuger wie Zwergmaus (Micromys minutus) oder Feldmaus (Microtus arvalis) (Møller et al., in Vorbereitung).

Fortpflanzung/Biologie

Die Birkenmaus hält Winterschlaf. In Mitteleuropa dauert dieser meist von Anfang Oktober bis Ende April (7 Monate), in Abhängigkeit vom jeweiligen Witterungsverlauf. Die Tiere sind ab ihrem zweiten Lebenssommer fortpflanzungsfähig. Die Weibchen bringen einmal im Jahr zwischen Mai und Mitte Juni 4-6 Junge zur Welt. Mit diesen leben sie in ihren Nestern gemeinsam, auch dann noch, wenn sich die Jungen bereits vollständig selbst versorgen können. Auch während des Sommers können Birkenmäuse bei kühler Witterung ihre Körpertemperatur und ihre Herzschlagrate herabsetzen, um Energie zu sparen. Während des Winterschlafs sind Waldbirkenmäuse besonders durch alle Aktivitäten gefährdet, bei denen ihre Neststandorte zerstört werden. In Schleswig-Holstein zählen hierzu insbesondere Gehölzrodungen. In Gewässernähe oder in Mooren können auch winterliche Überflutungen und hohe Grundwasserstände zu Verlusten führen. Während des Sommers sind hier wahrscheinlich großflächige und intensiv durchgeführte Grabenräumungen und andere Unterhaltungsmaßnahmen an Gewässerufern bedeutende Gefährdungsfaktoren. In den bayerischen Vorkommensgebieten sind es insbesondere forstliche Aktivitäten, wie Abräumen von Holzpoltern oder Räumungsarbeiten auf Windwürfen, die zu Verlusten führen können.

Lokale Population

Auf Grund der geringen Nachweisdichte der Art in Deutschland ist die fachliche Abgrenzung einer lokalen Population sehr schwierig. Flächen, von denen Nachweise der Birkenmaus vorliegen sind als Lebensraum einer lokalen Population anzusehen. Die Abgrenzung einer lokalen Population kann anhand von Strukturen und der Landnutzung erfolgen. Ungeeignete Lebensräume (z.B. große Siedlungs- und Gewerbeflächen oder ausgedehnte wenig gegliederte Ackerlandschaften) sowie lineare Ausbreitungsbarrieren (z.B. breite Fließgewässer, Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen) stellen die Grenzen dar.

Gefährdung

In ihrem geographisch kleinen Vorkommensgebieten ist die Birkenmaus vor allem durch großflächige Nutzungsänderungen mit Vernichtung der Pflanzendecke oder Veränderung der Pflanzenartenzusammensetzung und Veränderungen des Grundwasserspiegels gefährdet.

Land- und Forstwirtschaft

  • Rodungen von Gehölzen
  • Entwässerungen von Mooren (ggf. aber auch ein Anstau im Winter)
  • Umbruch von durchgewachsenem Grünland
  • Grabenunterhaltungsmaßnahmen oder -verfüllung
  • Flächige Räumung von Windwürfen
  • Großflächige Aufforstung insbesondere mit Nadelholzreinbeständen von Fichten und Douglasien
  • Entfernen von Unterholz in Wäldern
  • Entfernen von Totholz aus Wäldern
  • Kahlschläge > 1 ha

Sonstige

  • Straßen- und Siedlungsbau
  • Fang durch streunende Hauskatzen
  • Feuer (Wald- oder Moorbrände)
  • Winterliche Hochwassersituationen

Erhaltungsmaßnahmen

  • Renaturierung und behutsame Wiedervernässung von Mooren
  • Verzicht auf großflächiges Entfernen von Bäumen und Sträuchern im Rahmen von Projekten der Moorrenaturierung; nur abschnittsweise mit Erhaltung von Gehölzinseln
  • Renaturierung von Ufern

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: unbekannt
  • Alpine Region: unbekannt

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+

Projekte im Internet

  • Projekt zur Bestandsaufnahme der Birkenmaus in Schleswig-Holstein
    Stiftung Naturschutz in Schleswig Holstein, Faunistisch-ökologische Arbeitsgemeinschaft: Schleswig-Holstein sucht die Birkenmaus.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Peter Borkenhagen
Schrevendorf 42
24253 Probsteierhagen

Dr. Richard Kraft
Zoologische Staatssammlung München
Münchhausenstr. 21
81247 München

Autoren

Holger Meinig, Christoph Herden

Unter Mitarbeit von

Sven Büchner, Dietrich Dolch, Julia Eggermann, Malte Götz, Susanne Jokisch, Gesa Kluth, Ute Köhler, Matthias Simon, Karola Gießelmann, Jens Teubner, Manfred Trinzen, Ulrich Weinhold, Marco Zimmermann

Zurück nach oben