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Bundesamt für Naturschutz

Aldrovanda vesiculosa - Wasserfalle

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1516
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Synonyme
Wasserfalle, Aldrovande
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): 0 (Ausgestorben oder verschollen)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): DD (Daten ungenügend)
Verantwortlichkeit
(Metzing et al. 2018): Daten ungenügend, evtl. erhöhte Verantwortlichkeit zu vermuten

Beschreibung

Vorsicht Falle! Auf ihrem Speiseplan stehen Insekten

Ihren Namen trägt die Wasserfalle durchaus zu recht. Sie besitzt Klappfallen, die kleinen Tieren – Wasserflöhen, aber auch Insektenlarven – zum Verhängnis werden können. Die fleischfressende Wasserpflanze treibt an der Wasseroberfläche von sommerlich warmen Gewässern. Sie ist die einzige Art der Gattung Aldrovanda und in Deutschland vom Aussterben bedroht. Ihren heutigen Verbreitungsschwerpunkt hat sie in den Tropen und Subtropen.

Die Wasserfalle lebt oftmals in den gleichen Gewässern wie die weniger seltenen verschiedenen Wasserschlaucharten (Utricularia minorU. australisU. ochroleuca).

Lebensraum

Die Wasserfalle besiedelt vorzugsweise geschützte Buchten von Stillgewässern oder Schlenken von Flach- und Zwischenmooren. In Deutschland trat die Art auch in lichten Schilfröhrichten auf. In Nachbarländern findet man sie in verschieden zusammengesetzten Pflanzengemeinschaften. Wichtig ist für die Wasserfalle in jedem Fall, dass der Bewuchs sehr offen ist, da sie sich nicht gegen höher wüchsige Pflanzen durchsetzen und bei völliger Beschattung nicht überleben kann.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Wasserfalle schwebt direkt unter der Wasseroberfläche in Seen, Flussdeltas oder stehenden Gewässern. In Deutschland lebt sie in geschützten, sich sommerlich stark erwärmenden Buchten von Stillgewässern mit mittlerer bis guter Nährstoffversorgung oder in Schlenken von Flach- und Zwischenmooren.

Typischerweise findet man sie nahe am Ufer in weniger als einen Meter tiefen Bereichen, lose umgeben von anderen Pflanzen. Es wurde sogar nachgewiesen, dass die Gesellschaft anderer Arten, wie z.B. Schilf, Seggen oder auch Rohrkolben das Wachstum der Wasserfalle durch die Abgabe chemischer Substanzen fördert (Adamec 2005, Breckpot 1997). Voraussetzung dafür, dass sich die Nachbarschaft anderer Arten positiv auf die Wasserfalle auswirken kann, ist jedoch, dass die Pflanzendecke offen bleibt – die Wasserfalle kann sich nämlich nicht gegen höher wüchsige Pflanzen durchsetzen!

Die seit über 15 Jahren nicht mehr nachgewiesenen Vorkommen in Brandenburg (Choriner Endmoränenbogen) sind/bzw. waren die letzten Standorte der Art in Deutschland. Dort war die Wasserfalle in mittel-nährstoffreichen Schlenken im schütteren Schilfröhricht mit verschiedenen Wasserschlaucharten (Utricularia minorU. australisU. ochroleuca) vergesellschaftet (Herrmann 2002).

Die Pflanze bevorzugt zudem Gewässer mit leicht saurem pH-Wert und einer mittleren Nährstoffverfügbarkeit. Zu hohe Nährstoffkonzentrationen stellen eine Gefährdung dar, aber auch in nährstoffarmen Gewässern kann die Wasserfalle nicht leben (Kaminski 1987).

Als fleischfressende Pflanze ist die Wasserfalle zudem auf Beute angewiesen, welche sie mit zu Fallen umgebildeten Blättern fängt und zersetzt. Da diese Fangblätter sehr empfindlich auf Strömungen reagieren und sich schnell schließen, kommt die Wasserfalle nur in relativ unbewegten Gewässerbereichen vor. In fließendem Gewässer würden sich die Fallen immer wieder unnötigerweise schließen und zudem die wurzellose Pflanze leicht in ungünstigere Wasserbereiche weggetrieben. Frühere Vorkommen der Wasserfalle in Deutschland befanden sich immer an der Westseite von Gewässern, welche wärmebegünstigt sind und nur geringen Wellenschlag zeigen. Ein hohes Vorkommen von tierischen Kleinstlebewesen, wie etwa Wasserflöhen, Insektenlarven oder Einzellern, ist überlebenswichtig für die Wasserfalle.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Im Frühjahr treiben aus den Überwinterungsknospen der Wasserfalle beblätterte Sprosse aus. An der sich verlängernden Endknospe bilden sich immer neue Wirtel von Blättern aus, während am entgegen gesetzten Ende der Achse ein ausgewachsener Wirtel nach dem anderen abstirbt und sich schließlich ablöst. Dieser Alterungsprozess wird beschleunigt, wenn die Sprosse von Algen überwachsen werden, oder sich im Wasser gelöste Teilchen auf den Sprossen absetzen (Adamec 1995). Daher ist es für die Wasserfalle wichtig, dass das Wasser relativ klar ist und wenig gelöste Teilchen vorhanden sind. Unter für die Art optimalen Bedingungen kann die Wasserfalle sogar 1-2 neue Wirtel pro Tag ausbilden und sich reichlich verzweigen. Im Herbst bildet die Wasserfalle anstelle neuer Wirtel an den Enden der Verzweigungen Überdauerungsknospen (Turionen). Diese sind im Gegensatz zur Pflanze widerstandsfähig gegen Frost (Adamec 2003/4). Ihre Aufgabe besteht darin, im Herbst ins wärmere Wasser am Grund des Gewässers abzusinken und im Frühjahr wieder an die Oberfläche aufzusteigen und auszutreiben. Für das Absinken und Wiederauftauchen im Frühjahr haben sich der Huminsäuregehalt des Wassers und die Wassertemperaturen als entscheidende Faktoren herausgestellt (Kaminski 1987). Die Überdauerungsknospen sind relativ unempfindlich gegenüber dem Trockenfallen eines Gewässers – ganz im Gegensatz zur Pflanze selbst. In unserer Region kommt die Wasserfalle in der Regel auch unter optimalen Bedingungen nicht zum Blühen und Fruchten.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die letzten deutschen Vorkommen in Brandenburg sind seit über 15 Jahren ohne aktuellen Nachweis. Jedes Standgewässer mit neu entdecktem Vorkommen wäre daher von anderen Populationen äußerst isoliert und als lokale Population zu betrachten.

Gefährdung

Die Wasserfalle ist hauptsächlich durch Nährstoffeintrag und Wasserstandsschwankungen, sowie zu starke Beschattung durch Ufergehölze gefährdet.

Land- und Forstwirtschaft

Folgende Bewirtschaftungsmaßnahmen können sich nachhaltig auf Vorkommen der Wasserfalle auswirken:

  • Nährstoffeintrag in die Gewässer durch intensive Land- und Forstwirtschaft in der Umgebung, dadurch:
    • Verschlechterung der Wasserqualität
    • Erhöhung der Konkurrenz durch andere Wasserpflanzen
  • Zu starke Beschattung der Wuchsorte durch angrenzende Ufergehölze

Sonstige

  • Verlandung der besiedelten Gewässer
  • Wasserstandsschwankungen [traf allerdings nicht auf (ehemalige) Wuchsorte in Deutschland zu]
  • Wasserbauliche Maßnahmen (Regulierung der Gewässer, Verbau von Ufern etc.)
  • Zu starke Nährstoffeinträge über Luft, Intensivierung der Gewässernutzung oder Abwasser

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Wasserfalle

Nutzungsbedingte Beeinträchtigungen der Wasserfalle entstehen indirekt durch Nährstoffeinträge aus der landwirtschaftlichen Nutzung in der Umgebung von Wuchsorten. Um Beeinträchtigungen durch die Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Umstellung der Landwirtschaft von konventionellem zu ökologischem Landbau im Umfeld der (ehemaligen) Vorkommen der Wasserfalle
  • Vermeidung von Nährstoffeinträgen in potentiell geeignete Gewässer

Forstwirtschaft

  • Forstliche Nutzung von Waldbeständen in unmittelbarer Umgebung zu den (ehemals) besiedelten Gewässern sollte weiterhin unterbleiben

Allgemein gilt für bewirtschaftete Flächen

  • Die (landwirtschaftliche) Extensivierung (Verzicht auf den Einsatz von Düngemitteln) der Nutzung im Einzugsbereich der Gewässer ist anzustreben
  • Das gesamte Stillgewässer und seine Umgebung müssen in die Schutzbemühungen einbezogen werden

Sonstige Maßnahmen

  • Mit Naturschutzbehörden abgestimmte Pflegemaßnahmen; z.B. Traufauflichtung im Uferbereich um die Beschattung der Gewässer zu verringern
  • Weitere konsequente Nachsuche an und im Umfeld der letzten beiden nachgewiesenen Vorkommen (inklusive Nachsuche nach Überwinterungsknospen in Schlenken mit Kleinwasserschlauchgesellschaften)
  • Falls Vorkommen gefunden werden: Anlage von Erhaltungskulturen der deutschen Vorkommen in botanischen Gärten
  • Schaffung optimaler Bedingungen für potenzielle Wiederansiedlung. Positives Beispiel: die Umstellung auf ökologischen Landbau im Umfeld ehemaligen Vorkommens am Parsteiner See ist bereits auf großen Flächen erfolgt
  • Gegebenenfalls Neuansiedlung von Populationen im Bereich ehemaliger Vorkommen mit Material aus den letzten Populationen in Polen [Langzeitstudien zu erfolgreichen Neuansiedlungen mit aus der Region gewonnenem Material gibt es aus Tschechien (Adamec 2005, 1999)]

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: ungünstig - schlecht

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie.
  • Internetseite der Europäischen Union zur Förderung des Umwelt- und Naturschutzes und von entsprechenden Projekten.
  • Förderwegweiser des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)
  • Förderwegweiser von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV): Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA).

Literaturhinweise

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen

Wiederansiedlungsversuche von Aldrovanda vesiculosa in Gewässern Tschechiens:

  • Adamec, L. (2005): Ten years after the introduction of Aldrovanda vesiculosa to the Czech Republic. – Acta Botanica Gallica 152: 239-245.
  • Adamec, L. & Lev, J. (1999): The introduction of the aquatic carnivorous plant Aldrovanda vesiculosa to new potential sites in the Czech Republic: A five-year investigation. – Folia Geobotanica 34: 299-305.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Frank Zimmermann
Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Ref. Ö2
Seeburger Chaussee 2
14476 Potsdam

Autoren

Juliane Drobnik, Frank Zimmermann, Peter Poschlod

Unter Mitarbeit von

Christina Meindl

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