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Bundesamt für Naturschutz

Artemisia laciniata - Schlitzblättriger Beifuß

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1916
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): 0 (Ausgestorben)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): DD (Daten ungenügend)
Verantwortlichkeit
(Metzing et al. 2018): Besondere Verantwortlichkeit für hochgradig isolierte Vorposten

Beschreibung

Ein Spezialist für außergewöhnliche Lebensräume

Die Heimat des Schlitzblättrigen Beifußes sind die kontinental geprägten Klimaregionen Zentralasiens. An kurze Wachstumsphasen, geringe Niederschläge und lange Frostperioden ist er gut angepasst. In Mitteleuropa herrschen allerdings andere klimatische Verhältnisse, die das Wachstum von konkurrenzkräftigeren Arten fördern. Der sensible Schlitzblättrige Beifuß kann sich daher nur an Extremstandorten durchsetzen, wie etwa in wechselfeuchten Salzwiesen. Das letzte mitteleuropäische Vorkommen befindet sich am Neusiedler See in Österreich. In Deutschland ist die Art bereits seit 1900 ausgestorben.

Lebensraum

Der Schlitzblättrige Beifuß stammt aus der mongolisch-sibirischen Region und besiedelt dort staudenreiche, frische Lärchenwälder sowie Birken- und Espenwälder, Wiesen und Wiesensteppen. Er ist gut an das raue kontinentale Klima dieser Region angepasst, dort herrschen kurze Wachstumsperioden, Permafrostböden und Niederschläge vor allem im Sommer vor. Unter den in Mitteleuropa vorherrschenden Klimabedingungen ist der Schlitzblättrige Beifuß äußerst konkurrenzschwach und wird leicht von anderen Pflanzen verdrängt. Daher findet man ihn hier ausschließlich auf Sonderstandorten, wie etwa salzhaltigen, wechselfeuchten Magerwiesen. Derzeit gibt es in Mitteleuropa noch ein letztes Vorkommen in Österreich am Neusiedler See (Adler et al. 1994). Hierbei handelt es sich um eine wechselfeuchte, leicht salzbeeinflusste Pfeifengraswiese. In Deutschland fand man die Art in den feuchten Salzwiesen der mitteldeutschen Trockengebiete, sie ist dort aber bereits seit 1900 ausgestorben.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Schlitzblättrige Beifuß kommt typischerweise im kontinentalen Osteuropa und den Steppengebieten Zentralasiens vor (Hegi 1987). Dort ist die Art relativ häufig und in ihrer Existenz ungefährdet. In Mitteleuropa dagegen sind viele ursprüngliche Vorkommen mittlerweile ausgestorben. Sie waren meist Bestandteil von Sonderstandorten, wie etwa den natürlicherweise seltenen Binnenlandsalzstellen (Hauke 2003). Derzeit existiert nur mehr ein Fundpunkt in Mitteleuropa. Diese Reliktpopulation liegt ca. 3.000 km vom Hauptverbreitungsgebiet entfernt. Am nordöstlichen Ufer des Neusiedler Sees im Burgenland siedelt die Art in einer wechselfeuchten, leicht salzbeeinflussten Pfeifengraswiese. Das nur mehr wenige Individuen umfassende Vorkommen dort reagiert sehr empfindlich auf ein Trockenfallen der feuchten bzw. wechselfeuchten Wiesenstandorte und verschwindet daher bei Absenkungen des Grundwassers sehr schnell (Ellmauer 2005).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Der Schlitzblättrige Beifuß besitzt ein unterirdisches Ausläufersystem, aus dem sich im Frühjahr die mehrjährige, sommergrüne Staude entwickelt. Die Blütentriebe der Pflanzen können mit bis zu 75 cm relativ hoch werden und besitzen zahlreiche Blütenköpfchen. Die Ausbildung des rispenartigen Blütenstandes ist in Mitteleuropa vermutlich stark von äußeren Bedingungen und dem Standort abhängig. Nimmt der Bewuchs im Lebensraum infolge unzureichender oder fehlender Pflege bzw. Veränderungen des Grundwasserhaushaltes zu, bleibt die Bildung eines Blütenstandes aus. Langfristig kann die Verbuschung der Lebensräume somit zum Verschwinden eines Vorkommens führen. Mit der Fähigkeit zur Bildung von Tochterindividuen ist die Art gut an Lebensräume angepasst, die regelmäßig gemäht werden. Die Blütezeit fällt in den Spätsommer bzw. Herbst und findet damit erst relativ spät im Jahr statt. Richtig gewählte Mahdzeitpunkte spielen daher eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Ausbildung der Samen. In der noch existenten österreichischen Population erfolgt die Vermehrung der Art in erster Linie vegetativ (Ellmauer 2005). Aufgrund der relativ unauffälligen Blütenköpfchen findet die Bestäubung der Blüten wohl hauptsächlich durch den Wind statt. Eine Bestäubung durch Insekten ist allerdings nicht grundlegend ausgeschlossen. Die Früchte werden hauptsächlich über kurze Strecken durch den Wind ausgebreitet, wobei größere Entfernungen und damit neue Lebensräume möglicherweise durch das Anhaften der Früchte an das Fell von Tieren erreicht werden könnten. Allerdings ist eine Wiederbesiedelung deutscher Standorte auf natürlichem Wege wohl weitgehend ausgeschlossen.

Gefährdung

Allgemeine Gefährdungsursachen

Für den Rückgang bzw. das Aussterben des Schlitzblättrigen Beifußes waren hauptsächlich das Trockenfallen von feuchten bzw. wechselfeuchten Wiesenstandorten durch Grundwasserabsenkung und das starke Besammeln durch Botaniker verantwortlich (Jäger 1987).

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

In Deutschland können derzeit keine Maßnahmen zum Erhalt der Art durchgeführt werden, da einheimisches Pflanzenmaterial in Form von Samen oder Erhaltungskulturen nicht verfügbar ist.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Autoren

Christina Meindl, Peter Poschlod

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