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Bundesamt für Naturschutz

Bison bonasus - Wisent

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
2647*
Artengruppierung
Sonstige Säugetiere
Synonyme
Flachlandwisent
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 0 (Ausgestorben)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): VU (Gefährdet)

Beschreibung

Wolliges Schwergewicht

Der Wisent ist das letzte noch in Europa vorkommende Wildrind und das größte Landsäugetier des Erdteils. Ursprünglich besiedelte die Art die Wälder fast ganz Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Als der Mensch vor ca. 6.000 Jahren begann die Wälder für Ackerbau und Viehzucht zu roden, begann der Lebensraum des Wisents zu schrumpfen. In Deutschland starb die Art vor dem Jahr 1700 aus. Mitte des 19. Jahrhunderts lebte nur noch in Ostpolen im Urwald von Białowieża eine größere Anzahl von Tieren. Durch eine eingeschleppte Viehseuche und Wilderei nach dem Ende des 1. Weltkrieges verschwand auch dieser Bestand. Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts lebten nur noch 29 Bullen und 25 Kühe in Zoologischen Gärten. Auf 12 dieser Tiere gehen alle heute lebenden Wisente zurück. Der größte freilebende Bestand der Art mit über 500 Tieren lebt heute wieder im Urwald von Białowieża. Wiedereinbürgerungsprojekte laufen vor allem in den Karpaten (Slowakei) und in Deutschland im Rothaargebirge.

Der Wisent ist ein massig wirkendes dunkelbraunes Rind mit einer Schulterhöhe von 1,60-2,00 Metern. Die Bullen sind mehr als ein Drittel größer als die Kühe. Besonders charakteristisch sind der von vorne nahezu dreieckig wirkende Kopf mit den kurzen Hörnern und das zottelige, dicke Fell am Hals.

Lebensraum

Wisente leben in Laub- und Mischwaldbeständen, besonders bevorzugt werden Feuchtwälder wie Erlenbrüche. Der Lebensraum im Urwald von Białowieża weist mit ca. 20 % einen weit höheren Totholzanteil (sowohl stehend als auch liegend) als die forstwirtschaftlich geprägten Wälder Mitteleuropas auf (Nigge & Schulze- Hagen 2004). In diesen lichten Wäldern bietet sich dem Wisent eine reichhaltige Nahrungsgrundlage. Der Nahrungsbedarf eines Tieres liegt zwischen 30 und 60 kg Futter am Tag (Krasinska & Krasinski 2008). Bevorzugt werden krautige Pflanzen, Gräser, Blätter von Bäumen und junge Triebe gefressen, im Herbst auch Bucheckern und Eicheln. Zum Ende des Winters fressen Wisente auch die Rinde von Laubbäumen.

Fortpflanzung/Biologie

Kühe und Bullen erreichen meist im dritten Lebensjahr die Geschlechtsreife. Unter natürlichen Bedingungen beteiligen sich aber nur die Bullen im Alter von sechs bis zwölf Jahren an der Brunft. Nach einer Tragzeit von knapp 9 Monaten werden im Mai die Kälber geboren. Diese folgen der Mutterkuh und werden 6-8 Monate gesäugt. Der Wisent hat kaum natürliche Feinde außer Braunbär und Wolf (Pucek 1986). Auch steigende Wolfsbestände scheinen keinen Einfluss auf die Bestandsentwicklung der Art zu haben (Krasinska & Krasinski 2008). Wesentlich für den Wisent ist ein sowohl altersmäßig als auch von seiner Artenzusammensetzung her sehr unterschiedlicher Waldaufbau mit größeren offenen Flächen (größere Lichtungen nach Windwürfen, Waldverjüngungsflächen), auf denen er seine Nahrung finden kann.

Wisente sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Ihre Hauptbeschäftigung besteht in der Nahrungsaufnahme: 6 Stunden Nahrungssuche und 18 Stunden Wiederkäuen. Meist leben Wisente in kleinen Herden. Diese umfassen meist Gruppen von Mutterkühen mit ihren Jungen unter Leitung einer erfahrenen Leitkuh sowie kleinere Bullenherden. Die alten Bullen leben manchmal aber auch als Einzelgänger. Während der Brunftzeit im August leben 7-10 Kühe zusammen mit jeweils einem Bullen. Das Alter freilebender Bullen erreicht selten das Höchstalter von 15 Jahren. Kühe werden im Schnitt zehn Jahre älter.

Lokale Population

In Mitteleuropa sind heute nur noch wenige große, nur in geringem Maße durch Verkehrswege durchschnittene Waldgebiete als Lebensraum für den Wisent geeignet. Eine generelle Gefährdung der verschiedenen lokalen Wisentbestände im Freiland aber auch in Gehegen besteht in der Möglichkeit der Ansteckung mit Viehseuchen aus der Haustierhaltung.

Gefährdung

Der Verlust des Lebensraums durch die Ausbreitung menschlicher Siedlungen sowie der Land- und Forstwirtschaft waren neben Jagd und Wilderei die Hauptursachen für den Rückgang und das Verschwinden der Art zum Beginn des 20. Jahrhundert. Heute sind die hohe menschliche Siedlungsdichte und befürchtete Konflikte mit der Land- und Forstwirtschaft vor allem im Westen Europas der Hauptgrund für die geringe Verbreitung. Daneben führte die Populationsgröße zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer geringen genetischen Variabilität, wodurch es zu Inzuchtdepressionen kommen kann. Diese könnten auch für die Anfälligkeiten des Wisents für Infektionskrankheiten verantwortlich sein. 

Schutz

Die langfristige Erhaltung überlebenfähiger, freilebender Wisentpopulationen als Bestandteil natürlicher Wald- und Wald-Offenland Ökosysteme in Zentral- und Osteuropa muss vorrangiges Ziel der Schutzmaßnahmen sein. Daneben gilt es durch kontrollierte Zucht in Gefangenschaft den bestehenden Genpool zu erhalten und damit eine Basis für Wiederansiedlungsprojekte zu schaffen.

Erhaltungsmaßnahmen

  • Verzicht auf Erschließung großer Waldgebiete durch neue Verkehrstraßen
  • Ausrichtung der Forstwirtschaft auf naturnahe Waldbestände mit unterschiedlichem Altersaufbau unter Verzicht auf Altersklassenwälder und Aufforstung in Reinbeständen

 

 

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: unbekannt

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Margret Bunzel-Drüke
Arbeitsgemeinschaft Biologischer
Umweltschutz im Kreis Soest e.V.
Teichstr. 19
59505 Bad Sassendorf-Lohne

Wisent-Welt Wittgenstein e.V.
Poststr. 40
57319 Bad Berleburg

Autoren

Holger Meinig

Unter Mitarbeit von

Karola Gießelmann, Matthias Simon

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