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Bundesamt für Naturschutz

Bolbelasmus unicornis - Vierzähniger Mistkäfer

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
4011
Artengruppierung
Käfer
Status Rote Liste Deutschland
(Geiser 1998): 1 (Vom Aussterben bedroht)
Status Rote Liste Europa
Bis Oktober 2010 noch nicht veröffentlicht; Nach Szwalko (2009) ist die Art im gesamten Verbreitungsgebiet im Rückgang
Verantwortlichkeit
Bisher keine Bearbeitung

Beschreibung

Heimlicher Feinschmecker

Der Vierzähnige Mistkäfer ist ein Gourmet unter den Blatthornkäfern, denn er ernährt sich von Trüffeln und anderen unterirdischen Pilzen. Sehr zurückgezogen verbringt er den Großteil seines Lebens im Erdboden und erscheint nur im späten Frühjahr bis frühen Sommer für kurze Zeit abends im Dunkeln, um sich zu paaren und neue Futterplätze zu finden. Hier verrät sich der Käfer dann durch ein kräftiges Zirpen, das die Partnersuche erleichtern soll.
Aufgrund der verborgenen Lebensweise und des im gesamten Verbreitungsgebiet nur sporadischen Auftretens der Art ist nur wenig mehr über sie bekannt. Der Vierzähnige Mistkäfer gilt als wärmeliebend, da er in lichten Wäldern an warmen, sonnigen Hängen und in verschiedenen locker gegliederten Eichenwäldern vorkommt. Die Naturbelassenheit des Lebensraumes und das Vorkommen einer intakten unterirdischen Pilzgemeinschaft sind offenbar entscheidend. Man nimmt an, dass die Art in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet im Rückgang ist, in Deutschland ist sie ausgestorben.

Lebensraum

Der Lebensraum des Vierzähnigen Mistkäfers sind licht- und wärmebegünstigte Wälder, vor allem Eichenwälder. Dort findet der Käfer unterirdische Pilze, u.a. auch Trüffel, von denen sich die Larve des Käfers ernährt. Die Gefährdung des Vierzähnigen Mistkäfers ist vermutlich auf den Verlust von licht- und wärmebegünstigten Wäldern und auf die Empfindlichkeit seiner Nahrungsgrundlage gegenüber chemischer Umweltbelastung zurückzuführen.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Vierzähnige Mistkäfer ist eine äußerst seltene, zentraleuropäische Art der Waldsteppe und anderer Steppenlebensräume. Der wärmeliebende Käfer wurde bisher in lichten Eichen- und Kiefernwäldern auf verschiedenen Böden gefunden (Sajo 1910 zitiert nach Horion 1958, Krikken 1977), so auch an warmen Löss- und Kalksteinhängen mit lichtem Bewuchs und in sonnigen, trockenen Wäldern mit Eiche, Buche und Haselsträuchern (Szwalko 2009). Im zentralen Mitteleuropa wird er verhältnismäßig oft auf offenen Trocken- und Halbtrockenrasen in Auen angetroffen (Horion 1958, Paill 2007). Aufgrund seiner Nahrungsgrundlage (Mykorrhizapilze) könnte eine gewisse Nähe zu abgestorbenen Bäumen und das Vorhandensein bodenoffener oder zumindest wenig bewachsener Stellen dort für ihn von Bedeutung sein (Paill 2007). In Süddeutschland lebt die Art in geringer Höhenlage, dem Flach- und Hügelland, in trockenwarmen Lebensräumen, die sich im Idealfall aus einem Mosaik von lichten Trockenwäldern und Magerrasen zusammensetzen. Lichte Kiefernwälder dürften hier keine Rolle spielen, da sie natürlicherweise in Süddeutschland kaum vorkommen. Dagegen sind alte, forstwirtschaftlich wenig bewirtschaftete Laubwälder auf schwachwüchsigen Standorten mit gut wasserdurchlässigen Böden umso bedeutsamer. Man geht davon aus, dass im gesamten Verbreitungsgebiet der Art nur wenige lokale, voneinander isolierte Vorkommen des Käfers existieren.

Larven und Käfer leben unterirdisch und ernähren sich von verschiedenen (Mykorrhiza-)Pilzen, einschließlich Trüffeln (Krikken 1977). In Ungarn gehört Endogone macrocarpa zum Nahrungsspektrum der Art (Bratek et al. 1992 zitiert nach Juřena et al. 2008, Nádai 2006).

Oberirdisch erscheinen die Käfer nur für sehr kurze Zeiträume um z.B. neue Futterplätze zu suchen und sich zu paaren. Dies geschieht in den frühen Abendstunden (Sajo 1910 zitiert nach Horion 1958, Krikken 1977) in der Regel zwischen Ende Mai bis Anfang Juli (Juřena et al. 2008). Nach Juřena et al. (2008) dauert die Flugperiode nur 15 bis 30 Minuten und beginnt ungefähr 45 Minuten nach Sonnenuntergang. In dieser Zeit können die Käfer auf dem Boden oder bis in etwa 50 cm Höhe fliegend beobachtet werden. Neben Zufallsfunden und –beobachtungen ist es möglich, die Art in Bodenfallen auf Magerrasen und in lichten Trockenwäldern nachzuweisen. Während des abendlichen Fluges kommen die Käfer auch an künstliche Lichtquellen.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Über die Entwicklung des Vierzähnigen Mistkäfers ist kaum etwas bekannt, da er nicht nur sehr selten ist, sondern auch den überwiegenden Teil seines Lebens unter der Erde verbringt. Oberirdisch erscheinen die Käfer ab Ende Mai bis Anfang Juli, wo sie abends jeweils nur für eine kurze Zeitspanne auf Paarungssuche sind. Anscheinend fliegen zu Paarungszwecken vor allem die Männchen, während die Weibchen am Boden warten (Sajo 1910 zitiert nach Horion 1958). Um Partner zu finden, zirpen die Weibchen so laut wie die größten Bockkäfer und Walker. Begattete Weibchen graben gezielt Gänge zu unterirdischen Pilzen, wo sie ihre Eier einzeln ablegen (Nádai 2006).

Da weder das genaue Nahrungsspektrum von Larven und Käfern noch die Entwicklungsdauer sowie weitere Ansprüche der unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Art bekannt sind, ist der Einfluss verschiedener Landnutzungsaktivitäten durch Land- und Forstwirtschaft nicht abzuschätzen. Sämtliche Maßnahmen, die die unterirdische Pilzflora beeinträchtigen, haben allerdings ein hohes Gefährdungspotenzial.

Gefährdung

Allgemeine Gefährdungsursachen

  • Verlust der Nahrungsgrundlage (naturbelassene, unterirdische Pilzgemeinschaft) durch zunehmende (v.a. chemische) Umweltbelastung (z.B. durch Düngemittel, Pestizide, industrielle Immissionen)
  • Verlust geeigneter Lebensräume u.a. durch Nutzung der Flächen (Zerschneidung, Versiegelung, Überbauung, Umwandlung in Nutzflächen)
  • Zunehmender Bewuchs mit Sträuchern und Bäumen auf offenen Magerrasenstandorten infolge Nutzungsauflassung oder Nutzungsänderung, aber auch Zunahme des Unterwuchses in Wäldern, die zu einer dichten oder hohen Bedeckung des Waldbodens führt

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

  • Schutz und Pflege der besiedelten Halbtrockenrasen-, Trockenrasen- oder Trockenwaldstandorte durch Verhinderung einer Nutzungsänderung und einer Verbuschung des Standortes. Es wurde bisher nicht untersucht, welche Nutzungen besonders geeignet sind
  • Unterschutzstellung aktuell besiedelter und angrenzender potenziell geeigneter Lebensräume (z.B. naturbelassene, lichte Eichenwälder mit unterirdischer Pilzgemeinschaft)

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Joachim Schulze
Fachgruppe Entomologie Berlin
Sprecher der BAG Lamellicornia (Blatthornkäfer, Hirschkäfer) des NABU
Mahlsdorfer Straße 98c
12555 Berlin

Autoren

Andrea Matern

Unter Mitarbeit von

Thorsten Aßmann, Jörn Buse, Jörg Gebert, Lars Hendrich, Thomas Müller, Eckehard Rößner, Matthias Simon

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