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Bundesamt für Naturschutz

Bufotes viridis - Wechselkröte

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
Artengruppierung
Amphibien
Synonyme
Grüne Kröte, Gelbäugige Kröte, Veränderliche Kröte
Status Rote Liste Deutschland
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): 2 (Stark gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Cox 2009): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Kröte, wechsele dich

Die kontrastreiche Zeichnung mit den scharf abgesetzten grünlichen Flecken auf der gesamten Oberseite macht die Wechselkröte unter den einheimischen Krötenarten mehr oder weniger unverwechselbar. Ihr Name leitet sich von der Fähigkeit ab, je nach Licht, Temperatur oder „Stimmung“ den Kontrast des Fleckenmusters zu verändern. So entsteht ein mal hellerer oder auch dunklerer Gesamteindruck.
Heimat der Wechselkröte sind offene, trockenwarme Lebensräume mit grabbaren, unbewachsenen Böden. Zur Fortpflanzung nutzt sie gut besonnte, nicht oder kaum mit Pflanzen bewachsene Laichgewässer mit längerer Wasserführung und flachen Ufern. Durch die Rekultivierung von Abgrabungen, deren Wiederbewaldung nach Nutzungsaufgabe und den Verlust der strukturellen Vielfalt in der Agrarlandschaft gilt die Wechselkröte als gefährdet. 

Das deutliche Fleckenmuster ist das charakteristische Erkennungsmerkmal für die Wechselkröte.

Lebensraum

Als ursprünglicher Steppenbewohner bevorzugt die Wechselkröte trocken-warme und offene Kulturlandschaften mit grabbaren Böden und lückigem bzw. niedrigem Pflanzenbewuchs.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Als Steppenbewohner ist die Wechselkröte vor allem in der trocken-warmen und offenen Kulturlandschaft mit grabbaren Böden und lückigem bzw. niedrigem Pflanzenbewuchs beheimatet (Günther & Podloucky 1996). Besiedelt werden dort Brachflächen, Felder und Abbaugebiete, aber auch Industriebrachen und militärische Übungsplätze. Vielfach kommt die Wechselkröte in den gleichen Gebieten wie die Kreuzkröte vor, nutzt aber oft andere Lebensstätten. Als Kulturfolger ist die Wechselkröte häufiger in Ackerlandschaften sowie in Siedlungen („Dorfkröte“) anzutreffen als ihre Schwesterart. Während letztere bei den besiedelten Abbaustellen einen Schwerpunkt in Sand- und Kiesgruben aufweist, kommt die Wechselkröte durchaus auch in Steinbrüchen und Tongruben vor. Als ausgesprochene Pionierart kann die Art spontan neu entstandene Lebensräume annehmen. 

Das Spektrum genutzter Laichgewässer ist vergleichsweise groß, wobei wenig bewachsene, voll besonnte, flache und fischfreie Gewässer bevorzugt werden. Vielfach handelt es sich um Tümpel und Pfützen – im Vergleich zur Kreuzkröte (Bufo calamita) sind es jedoch häufiger dauerhaft wasserführende, größere Gewässer (Tiefe > 20 cm). 

Die Tagesverstecke finden sich meist auf offenen, unbeschatteten Flächen und liegen während der Fortpflanzungszeit meist in Gewässernähe unter Steinen, in Mauern, Erd- oder Felsspalten sowie Kleinsäugerbauten, wo manchmal ganze Gruppen von Kröten anzutreffen sind. In lockeren Böden können sich die Tiere auch eigene Höhlen graben, die dann über einen längeren Zeitraum genutzt werden. Als Winterquartier dienen ähnliche frostsichere Elemente im Boden. Die Geschlechtsreife erreichen die Tiere meist erst nach dem dritten Winter.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Etwa im März begeben sich die ersten Wechselkröten auf Wanderschaft zu den Laichgewässern. Hier erschallen ab Anfang April die trillernden Rufe der Männchen, die Günther & Podloucky (1996) mit dem Gesang von Kanarienvögeln vergleichen. 

Die Wanderung zu den Laichgewässern fällt in den Zeitraum, in dem die Frühjahrsbestellung auf den Äckern durchgeführt und das Grünland gepflegt und gedüngt wird. 

Der Laich wird in Schnüren mit 5.000 bis 10.000 Eiern abgelegt. Nach Beendigung des Fortpflanzungsgeschehens verlassen die erwachsenen Tiere das Gewässer und entfernen sich wenige 100 m, aber auch 1.000 m und mehr vom Gewässer. 

Die Fortpflanzungszeit erstreckt sich bis Mitte Juni. 

Je nach Wassertemperatur schlüpfen 3 bis 6 Tage nach Eiablage die Larven. In Abhängigkeit von den Standortfaktoren (Temperatur, Konkurrenz, Nahrungsangebot) erfolgt die Umwandlung der Larve zur Kröte meist nach 2 bis 3 Monaten. Findet ein übermäßiger Nährstoffeintrag in das Gewässer statt (z.B. durch Düngemittel), können sich die Gewässerqualität und somit die Lebensbedingungen für die Larven maßgeblich verschlechtern. Aus der Landwirtschaft eingetragene chemische Substanzen können das Wachstum der Larven beeinflussen und sogar zu Missbildungen führen. Ab Juli/August verlassen die Jungkröten das Gewässer. 

Die Winterquartiere werden in der Regel spätestens Ende Oktober aufgesucht.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Wechselkröten sind als Pionierart vergleichsweise mobil und gehören zu den wanderfreudigsten heimischen Amphibien. So können Jungtiere Distanzen von > 2 km zurücklegen, um neue Lebensräume zu erschließen (Günther & Podloucky 1996). Auf ihren Wanderungen orientieren sich die Tiere oft an linienhaften Elementen wie Gräben, Säumen, Wegrändern (Blab et al. 1991) oder Bahntrassen.

Trotz der Wanderfreudigkeit verbleiben die meisten Tiere im Nahbereich der Laichgewässer. Der Aktionsradius kleiner Populationen (< 20 Tiere) beträgt i.d.R. ca. 500 m, bei großen Populationen auch 4 km (max. 8-10 km, vgl. Geil 1962).

Nach Expertenmeinung ist dann von getrennten lokalen Populationen auszugehen, wenn ein Gewässerverbund mehrerer Teilpopulationen mehr als 4.000 m vom nächsten Vorkommen entfernt liegt. Schmidt (2006) gibt 2.000-3.000 m als gute Vernetzung zwischen Vorkommen an. Bei kleinen Populationen ist bereits ab 500 m eine ungenügende Vernetzung getrennter Rufgruppen nach Ansicht der Autoren anzunehmen. Die lokale Population ist in solch einem Fall entsprechend kleinräumiger abzugrenzen.

Bei der Abgrenzung sollte berücksichtigt werden, dass die Hauptvorkommen der Art sich i.d.R. außerhalb der Flächen mit landwirtschaftlicher Nutzung auf Sonderstandorten befinden.

Gefährdung

Gefährdungsursachen

Bei den heute von der Wechselkröte schwerpunktmäßig besiedelten Lebensräumen handelt es sich um vom Menschen geschaffene Ersatzlebensräume wie Ackerlandschaften und Bodenabgrabungen. Dort stellen die modernen Formen der Landbewirtschaftung sowie der fortschreitende Bewuchs (fehlende Dynamik) und Umnutzung (Rekultivierung) in den aufgegebenen Abgrabungen die Hauptgefährdungsursachen dar.

Land- und Forstwirtschaft

Insbesondere folgende Maßnahmen der Landwirtschaft und des Weinbaus wirken sich nachteilig auf Vorkommen der Wechselkröte aus:

  • Verlust und Entwertung von Laichgewässern (z.B. durch Verfüllung oder Nährstoffeintrag)
  • Mineralische Düngung (mit Kalkammonsalpeter, Kali-Phosphor) bzw. Einsatz von Pestiziden im weiteren Umfeld der Laichgewässer
  • Zunehmend eingeschränkte Fruchtfolgen im Ackerbau mit immer größeren, maschinengerechten Schlägen und damit einhergehender Vereinheitlichung der Standortbedingungen (Verlust von Nassstellen) und Verarmung an Lebensraumelementen, Austrag von Nährstoffen in die Gewässer
  • Aufgabe der Viehhaltung oder Übergang zur Stallhaltung
  • Erhöhte Sterberaten durch maschinelle Bearbeitung der an die Laichgewässer angrenzenden Ackerflächen (z.B. Rübenernte)
  • Aufgabe des kleinflächigen Weinbaus unter andern als Folge der Flurbereinigung
  • Rückgang geeigneter Offenlandflächen im Landlebensraum, zunehmende Beschattung und Verlust von Offenbodenstellen durch aufkommenden hochwüchsigen Kraut- und Baumbewuchs

Sonstige

  • In Abbaustellen als bedeutendem Ersatzlebensraum:
    • Rekultivierung (meist Wiederverfüllung, Aufforstung oder Flutung) stillgelegter Flächen ohne Schaffung von Ausweichlebensräumen in der unmittelbaren Nachbarschaft
    • Fortschreitende natürliche Entwicklung des Gras-, Kraut- und Gehölzaufwuchses nach Nutzungsaufgabe, kein neues Entstehen von Kleingewässern
    • Art und Weise des Abbauvorgangs (keine Kleinabgrabungen, Zunahme der Abbaugeschwindigkeit, Tiefabbau bzw. Nassbaggerungen) 
  • Zerstörung der natürlichen Lebensräume in den Flussauen und Küstenlebensräumen
  • Verstärkter Laich- und Larvenfraß durch künstlichen Fischbesatz
  • Vernichtung von Kleingewässern, u.a. im Siedlungsbereich, durch Bebauung, Ablagerungen etc.
  • Bordsteine mit Gullis (Falleneffekt im Siedlungsbereich)

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Wechselkröte

Die größten nutzungsbedingten Beeinträchtigungen der Wechselkröte gehen von der Landwirtschaft aus. Darüber hinaus fehlt in der Regel die lebensnotwendige Kleingewässerdynamik, die immer wieder neue Pionierstandorte als Laichgewässer bereitstellt. Um Beeinträchtigungen durch die Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Beweidung (kurzrasig) des Gewässerumfeldes (Weidetümpel) mit Rindern, Pferden oder Schafen ohne Düngung/Spritzmitteleinsatz, ohne Weidepflege und mit geringer Besatzdichte
  • Erhaltung der Bewirtschaftung (= Keine Nutzungsaufgabe)
  • Verzicht auf Ausbringen von Flüssig- und Kunstdünger während der Wanderbewegungen
  • Förderung von kleinen Lebensraumelementen in Agrarlandschaften (z.B. Lesesteine, Holzhaufen, südexponierte Erdhaufen)
  • Schaffung und Erhaltung von Rohbodenstellen
  • Erhaltung und Förderung von Ruderal- und Brachlandflächen, Magerbiotopen, Randstreifen entlang von landwirtschaftlichen Wegen, auf bewirtschafteten Flächen (z.B. Ackerrandstreifenprogramme) als linienhafte räumlich-funktionale Biotopverbundelemente
  • Förderung von zeitweilig wasserführenden Kleingewässern (Nassstellen) auf landwirtschaftlichen Flächen (Ackersenken, Weidetümpel etc.)
  • Keine Entwässerung feuchter Standorte bzw. Wiedervernässung zur Sicherstellung von Larvallebensräumen (Kleinstgewässer)
  • Punktuell sollten Grabenböschungen stark abgeflacht und breit ausgezogen werden, so dass dort gewässernah eine ackerbauliche Nutzung möglich wird. Im Frühjahr sind die Flächen flach überstaut und können als Laichgewässer dienen. Nach dem Abtrocknen stellt die landwirtschaftliche Nutzung sicher, dass Rohbodenbereiche erhalten werden
  • Pflege von Laichgewässern in landwirtschaftlichen Flächen, z.B. manuelle Entfernung von aufkommendem Schilf und Rohrkolben oder Wasserpflanzen während der Wachstumsperiode der Pflanzen; Entnahme und Beseitigung von beschattendem Gehölzaufwuchs

Weinbau

  • Freihalten der Regenrückhaltebecken (Besonnung)
  • Keine Komplettbegrünung zwischen den Reben (zumindest kleinflächige Erhaltung von Rohboden)
  • Erhaltung von Trockenmauern

Fischereiwirtschaft

  • Kein Fischbesatz in bislang fischfreien Gewässern und keine Verpachtung und Nutzung (auch potenzieller) Laichgewässer als Angelgewässer
  • Bei fischereilich genutzten Gewässerkomplexen: Verzicht auf Nutzung und Fischbesatz wenigstens eines Gewässers. Die Fischfreiheit dieses Gewässers ist zu gewährleisten

Sonstige Maßnahmen

  • Verbot bzw. Genehmigungspflicht des Verfüllens auch kleiner Flächen (Nassstellen), Einführung eines Kontrollinstruments bei diesbezüglich gefährdeten Gebieten
  • Anlage besonnter Geländekanten in Wechselkröten-Lebensräumen
  • Organisation des Folgemanagements in Abbaugebieten (den Abbau nicht behindernde, rotierende Kleingewässersysteme mit zu definierender Mindestgewässeranzahl je ha Abbaufläche), notfalls Neuansiedlung in geeigneten, aber nicht besiedelten Abbaugebieten
  • Unterbinden der fortschreitenden Verbuschung in Abbaustellen durch geeignete Maßnahmen (rotierendes Gewässermanagement mit Schaffung von Rohbodenflächen und Entfernung des Aufwuchses)
  • Keine Aufforstung ehemaliger Abbaugebiete 
  • Erhaltung bzw. Wiederherstellung des natürlichen Auenreliefs sowie Förderung der Gewässerdynamik 
  • Erhaltung des Wasserregimes im Umfeld der Laichgewässer (keine Beeinträchtigung durch Entwässerungsmaßnahmen)

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig - schlecht
  • Kontinentale Region: ungünstig - schlecht
  • Alpine Region: ungünstig - schlecht

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Richard Podloucky
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Aufgabenbereich Landesweiter Arten- und Biotopschutz
Göttinger Chaussee 76 A
30453 Hannover

Hauke Drews
Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein
Eschenbrook 4
24113 Molfsee

Christian Chmela
Biologische Station Bonn e.V.
Auf dem Dransdorfer Berg 76
53121 Bonn 

Autoren

Benjamin T. Hill, Katharina Mautes, Burkhard Beinlich

Unter Mitarbeit von

Thomas Bobbe, Holger Buschmann, Christian Chmela, Martin Dieterich, Hauke Drews, Arno Geiger, Dieter Glandt, Kurt Grossenbacher, Stefan Hafner, Andreas Kronshage, Alexander Kupfer, Hubert Laufer, Uwe Manzke, Richard Podloucky, Martin Schlüpmann, Norbert Schneeweiß, Matthias Simon, Karola Gießelmann, Burkhard Thiesmeier, Heiko Uthleb

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