Castor fiber - Biber
Beschreibung
Der Burgherr mit der Kelle
Der Biber ist das größte einheimische Nagetier, er erreicht eine Gesamtlänge (mit Schwanz) von bis zu 1,35 m. Der abgeplattete Schwanz (Kelle) erreicht eine Länge von bis zu 40 cm. Biber zählen zu den wenigen Tierarten, die ihren Lebensraum nachhaltig selbst gestalten. Durch die Anlage von Dämmen stauen die Tiere Wasser auf. Hierdurch erhöhen sie den Wasserstand und sichern so die Eingänge ihrer Bauten (Burgen), die unter Wasser liegen. Durch die Vergrößerung der Wasserfläche und die Verringerung der Fließgeschwindigkeit schaffen sie so Lebensraum für viele andere gewässergebundene Arten. Den gewünschten Wasserstand regulieren die Tiere entsprechend der jeweils durchströmenden Wassermenge. Auch durch ihr Fressverhalten schaffen die Tiere neue, reich gegliederte Lebensräume für andere Arten. Biber ernähren sich hauptsächlich von krautigen Pflanzen, Blättern und Baumrinde, überwiegend von Laubbäumen. Letztere werden auch zur Anlage der Biberdämme genutzt. So entstehen um die Biberansiedlungen herum offene Lebensräume (Biberwiesen), die z.B. von Rehen und Hirschen zur Nahrungssuche genutzt werden.
Verbreitung
Ursprünglich war der Biber in Gesamtdeutschland verbreitet. Aufgrund intensiver Verfolgung war die Art in der Mitte des letzten Jahrhunderts nur noch auf einen kleinen Bereich an der Mittelelbe beschränkt. Der wichtigste Faktor für das Vorkommen des Bibers ist das Vorhandensein eines Gewässers, dessen direktes Umfeld die Tiere kaum verlassen. Bei der Wahl seines Wohngewässers ist der Biber nicht wählerisch, zumal er sich sein Umfeld nach seinen Wünschen gestalten kann. Rauschendes Wasser mögen die Tiere nicht, weshalb sie Abläufe von Gewässern oft auch unter großen Anstrengungen abzudichten versuchen. Biber sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktive Vegetarier, sie ernähren sich von krautigen Pflanzen, Blättern und Baumrinde.
Der Biber hatte Mitte des 20. Jahrhunderts nur in drei Gebieten überdauert: Rhonedelta, Mittelelbe und Südnorwegen. Mittlerweile ist die Art durch Wiederansiedlungen wieder weiter verbreitet. In Deutschland befindet der Biber sich weiterhin in Ausbreitung. Die Art ist ein Charaktertier großer Flussauen, in denen sie bevorzugt Weichholzaue und Altarme besiedelt.
Lebensraum
Biber können sowohl in stehenden als auch in fließenden Gewässern leben. Biberbaue werden häufig in Uferböschungen angelegt. Wenn dies nicht möglich ist, bauen sich die Tiere aber auch selbst aus Ästen und Reisig ihre Burgen. Ansiedlungen des Bibers sind meist gut daran zu erkennen, dass in ihrem Umfeld die Stämme und Äste von Weiden, Pappeln und anderen Ufergehölzen auf charakteristische Art und Weise abgenagt sind. Liegen die Ansiedlungen im Wald und bestehen bereits längere Zeit, so haben sich im Aktionsraum des Bibers in Folge der Nageaktivitäten der Tiere meist ausgedehnte artenreiche Feuchtwiesen entwickelt.
Fortpflanzung/Biologie
Biber besiedeln neue Reviere meist bereits verpaart (Heidecke 1984). Hierzu wandern sie i.d.R. entlang von Gewässern, bis sie ein ihnen zusagendes freies Revier mit entsprechendem Nahrungsangebot gefunden haben. Die Tiere leben monogam. Ende Mai bis Anfang Juni kommen die Jungen zur Welt. Bereits nach drei Wochen nehmen die Jungtiere krautige Pflanzen und Blätter als Nahrung zu sich. Stärkere Äste werden aber erst im Alter von ca. 10 Monaten benagt. Die Jungtiere verbleiben bis zum Alter von zwei Jahren, bis zu ihrer eigenen Geschlechtsreife, im elterlichen Revier (Dolch & Heidecke 2004). Der Aktionsraum der Tiere beschränkt sich auf das direkte Gewässerumfeld, nur selten bewegen sich die Tiere weiter als 50 m von der Uferlinie weg. Wenn in einem Revier keine ausreichenden Nahrungsreserven für den kommenden Winter vorhanden sind, siedeln auch erwachsene Biber, meist im Spätsommer in neue Gebiete um. Biber fressen sich einen Winterspeck an, daneben werden aber auch in Baunähe für die nahrungsarme Winterzeit Vorräte in Form von Ästen unter Wasser angelegt.
Lokale Population
Beim Biber stellen nach abgestimmter Expertenmeinung verpaarte Tiere bzw. das Familienrevier eine lokale Population dar. Der tatsächliche Raumbedarf ist dabei abhängig von der jeweiligen Lebensraumqualität, insbesondere von der Ausstattung des Gebietes mit Winteräsung (geeignete Laubbäume, Gebüsche). In der Regel benötigen Ansiedlungen des Bibers 1-5 km Uferstrecke (Dolch & Heidecke 2004). Bis zu 100 m Entfernung zum Ufer werden zur Nahrungssuche genutzt (der Biber frisst rund 235 verschiedene, krautige Pflanzen sowie Gehölze), meist bewegen sich die Tiere aber nur in einen Saum bis 50 m Entfernung vom Ufer. Für den Erhalt eines Vorkommens der Art ist auf lange Sicht hinsichtlich der Landnutzung das Vorhandensein geeigneter Winteräsung am wichtigsten. Der Zustand einer Biberpopulation gilt ab 30 besetzten Revieren pro 100 km als hervorragend (Schumacher et al. 2006).
Gefährdung
Der Biber ist vor allem durch die Zerstörung seines Lebensraumes (Gewässerausbau, Landschaftsfragmentierung) sowie durch die Verunfallung auf Straßen und Bahngleisen gefährdet (Dolch & Heidecke 2004).
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft
- Lebensraumverlust durch Nutzungsänderung in Auen
- Landwirtschaftliche Bewirtschaftung bis an das Gewässerufer
- Anthropogene Eingriffe in Biberreviere (z.B. Zerstörung von Dämmen wegen drohender Vernässung) auf Grund von Konflikten zwischen natürlicher Lebensweise des Bibers und menschlicher Landnutzung
- Reusenfischerei (Ertrinken in den Reusen)
Sonstige
- Zerstörung des Lebensraumes (Gewässerausbau, Bau von Siedlungs- und Gewerbeflächen in Auenstandorten)
- Veränderung des Abflussverhaltens durch Begradigung und Vertiefung von Fließgewässern
- Landschaftsfragmentierung durch Verkehrswegebau
- Verkehrstod auf Straßen und Bahngleisen
- Illegale direkte Zerstörung von Bauen und Dämmen
- Bisam- und Nutria-Bekämpfung mittels Schlagfallen
Schutz
Der Straßenneu- oder -ausbau sollte in ufernahen Bereichen und Feuchtgebieten, die vom Biber besiedelt sind oder besiedelt werden könnten, unterbleiben. Bei der Gewässerunterhaltung sind die Belange des Bibers zu beachten. Bei Schifffahrtsstraßen und Kanälen sind Trittsteinbiotope notwendig.
Erhaltungsmaßnahmen
- Bibergerechte Ausstattung von Gewässerdurchlässen zur Vermeidung des Verkehrstodes
- Keine Anlage von Siedlungs- und Gewerbegebieten in Flussauen mit Bibervorkommen
- Konsequente Bekämpfung/Verhinderung weiterer Ausbreitung des nicht heimischen Kanadischen Bibers (Castor canadensis) in den Ausbreitungsgebieten in Rheinland-Pfalz, da dieser den Europäischen Biber ansonsten verdrängt
Erhaltungszustand
- Atlantische Region: ungünstig - unzureichend
- Kontinentale Region: günstig
- Alpine Region: günstig
Handlungsempfehlung
Der Biber ist vor allem durch die Zerstörung seiner Lebensräume gefährdet. Um Beeinträchtigungen durch Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
Landwirtschaft
- Anlage 20-30 m breiter Uferstreifen mit hohem Strauchanteil (30 % Weiden und Pappeln) und standortgerechten Bäumen. Dadurch sind sowohl Konflikte zwischen Biberschutz und Landnutzung vermeidbar als auch die Uferbaue geschützt, die zu über 90 % in diesem Bereich liegen. Dies gilt sowohl für landwirtschaftlich als auch für forstwirtschaftlich genutzte Flächen
- In Niederungsbereichen extensive Grünland- statt Ackernutzung (2 malige Mahd pro Jahr oder 0,5 Großvieheinheiten je Hektar), so dass gelegentliche Überflutungen nicht zu wirtschaftlichen Schäden führen
- Verzicht auf den Anbau von für Biber attraktive Pflanzen (z.B. Mais, Zuckerrüben, Getreide, Raps, Sonnenblumen) in unmittelbarer Ufernähe
- Förderung naturnaher Auen (Weichholzauen und extensive Grünlandnutzung)
Forstwirtschaft
- Bei forstwirtschaftlicher Nutzung (Einschlag) belassen eines 50 m breiten Uferstreifens (weitere Angaben s. unter Landwirtschaft)
Fischereiwirtschaft
- Ausschließlicher Einsatz von Fischreusen, die ein Einschwimmen des Bibers sicher verhindern
Allgemein gilt
- Keine landwirtschaftliche Nutzung bis in den direkten Uferbereich
- Belassen und Förderung von naturnahen Ufersäumen mit Weichholzarten
- Keine Zerstörung von Biberburgen und -dämmen
- Reusenfischerei nur mit bibersicherem Gerät
Programme und Projekte
- Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
- Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
Projekte im Internet
- Bayerische Seite zum Bibermanagement
- Bibermanagement in Nordrhein-Westfalen
- Schutz und Management des Bibers in Rheinland-Pfalz, Broschüre: Biber Informations- und Lehrmappe. Biberzentrum Rheinland-Pfalz (Hrsg., 2009).
- Broschüre "Biber - Baumeister der Wildnis", Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
- Informationen zu Lebensweise, Bestand und Management des Bibers in Bayern Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
- Umfangreiche Informationssammlung zum Thema Biber des BUND Naturschutz in Bayern e.V.
- Vorkommen und Management des Bibers in der Schweiz