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Bundesamt für Naturschutz

Hypsugo savii - Alpenfledermaus

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
5365
Artengruppierung
Fledermäuse
Synonyme
Pipistrellus savii
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): R (Extrem selten)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Felsverbunden

Die Alpenfledermaus ist eine stark felsgebundene Fledermaus, die allerdings zunehmend in Städten nachgewiesen wird. Sie kommt bis in 3.300 m Höhe vor und hält damit den Höhenrekord für Fledermausnachweise in Europa. Dennoch ist ihr Name irreführend, da sie im Mittelmeerraum auch auf Meereshöhe beobachtet wird und nicht nur in den Alpen vorkommt.
In Deutschland galt die Alpenfledermaus lange Zeit als ausgestorben, wurde allerdings in den letzten Jahren gelegentlich im Bundesgebiet nachgewiesen. Auch wenn einige dieser Nachweise auf Verfrachtungen zurückzuführen sind, scheint sie in Ausbreitung nach Norden begriffen zu sein.

Merkmale der Alpenfledermaus

Die Alpenfledermaus ist eine vergleichsweise bunt wirkende, kleine Fledermaus, deren braunes, langes Rückenfell meist einen gelben bis goldenen Schimmer hat und deutlich von der weißen Unterseite abgesetzt ist.

Lebensraum

Die Alpenfledermaus besiedelt Lebensräume von mediterranen Küstenlagen bis in alpine Bereiche (3.300 m Höhe) (Dietz et al. 2007, Garrido-Garcia 2000, Horáček & Benda 2011, Hutson et al. 2008). Im mediterranen Bereich findet man sie überwiegend in Karstgebieten mit einer kleinräumig gegliederten, an Gebüschen (Macchia, Garrigue) reichen Kulturlandschaft. Sie jagt vor Felswänden, über Almen, Wiesen, Baumkronen, Gewässern und in Auen. Ihre Vorkommen liegen meist wenigstens in der Nähe felsiger Bereiche. In einigen Gegenden (Italien, Balkanhalbinsel) ist sie regelmäßig in Siedlungsbereichen und in Großstädten anzutreffen und dort zum Teil eine der häufigsten Fledermäuse (Dietz et al. 2007, Horáček & Benda 2011, Masson 1999, Reiter et al. 2010). Die zunehmende Besiedlung von Städten könnte nach Reiter et al. (2010) eine Erklärung für die Ausbreitung der Art nach Norden sein. Hier liegen wahrscheinlich Sommer- und Winterlebensräume ausreichend nahe beieinander, was außerhalb von Siedlungen eventuell nicht gegeben ist.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Wochenstuben-, Paarungs- und Sommerquartiere der Alpenfledermaus befinden sich zum weitaus überwiegenden Teil in Spalten in Felswänden, Steinbrüchen und oberhalb großer Höhleneingänge. Direkt in Höhlen ist sie seltener anzutreffen. Im Mittelmeerraum findet sie sich nicht selten unter Dachziegeln, aber auch in Mauerritzen und Fugen an Hochhäusern. Gelegentlich werden Brücken und Gewölbe oder Verstecke hinter Fensterläden und in Dachkonstruktionen genutzt (Boye 2004, Dietz et al. 2007, Horáček & Benda 2011, Masson 1999, Meschede & v. Helversen 2004). Wochenstuben der Alpenfledermaus sind recht klein und bestehen mitunter nur aus bis zu 15 Tieren (Bulgarien). Die größten Kolonien umfassen 40-70 Tiere (Kroatien und Italien) (Dietz et al. 2007, Meschede & v. Helversen 2004, Schober & Grimmberger 1998). Größere Kolonien scheinen sich aus klar getrennten Untergruppen zusammenzusetzen (Horáček & Benda 2011). 

Die Alpenfledermaus jagt zum Teil schon sehr früh, mitunter vor Sonnenuntergang oder gar am Nachmittag (Boye 2004, Dietz et al. 2007). Dabei fliegt sie alleine oder in kleinen Gruppen an Felswänden, über Baumkronen und dünn bewachsenen Flächen oder um Straßenlampen. In geringerer Höhe über dem Boden jagt sie nur selten. Es werden vor allem kleinere, offenbar in besonderem Maße in Schwärmen auftretende Insekten gefressen. Nachtfalter, Wanzen, Zikaden, Hautflügler, Blattläuse oder Zweiflügler können dabei in der Nahrung überwiegen. Alpenfledermäuse stellen sich offenbar sehr flexibel auf die aktuelle Nahrungsverfügbarkeit ein und die Zusammensetzung des Beutespektrums verändert sich unter Umständen innerhalb einer Nacht stark. So wurden sie z.B. bei der Jagd nach schwärmenden Ameisen direkt über einem Ameisenhügel beobachtet. Abends suchen sie häufig Trinkstellen auf (Beck 1995, Boye 2004, Dietz et al. 2007, Horáček & Benda 2011).

Als Winterquartiere nutzt die Alpenfledermaus Felshöhlen, Spalten und vermutlich auch Baumhöhlen in tiefer gelegenen Tälern (Schober & Grimmberger 1998). In Deutschland wurde nur ein Quartier bei Mittenwald bekannt. Dieses befand sich im Dachstuhl eines Hauses (Boye 2004).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

In der einzigen in Deutschland bekannt gewordenen Wochenstube der Alpenfledermaus wurden die Weibchen am 24. Mai angetroffen (Boye 2004). Es ist also davon auszugehen, dass sie spätestens im April ihre Winterquartiere verlassen und im Mai ihre Wochenstubenquartiere beziehen. Die Geburten erfolgen zwischen Mai und Ende Juli. Mitunter sind auch im August noch Weibchen trächtig. Es werden meist zwei Junge geboren (Boye 2004, Dietz et al. 2007, Schober & Grimmberger 1998). In Gefangenschaft aufgezogene Jungtiere waren nach vier Wochen ausgewachsen und nach 35-40 Tagen flugfähig. In den Wochenstuben verbleiben sie wahrscheinlich bis August oder September. Nach Gefangenschaftsbeobachtungen erfolgt die Paarung ab September, Anfang November beginnt der Winterschlaf (Dondini & Vergari 2007). Allerdings sind Alpenfledermäuse bei milder Witterung im Winter häufig aktiv (Boye 2004).

Aufgrund der Nutzung von Gebäuden oder Felsspalten als Quartiere kommt es diesbezüglich zu keinen Beeinträchtigungen durch Landnutzungsaktivitäten. Da die Alpenfledermaus auch in der traditionell genutzten Kulturlandschaft jagt, ist jedoch die Reduktion des Insektenreichtums durch eine Verstärkung der Nutzung (häufigere Mahd, stärkere Beweidung, Umbruch von Grünland in Ackerland) vor allem während der Jungenaufzucht sicherlich problematisch. Auch der Einsatz von Insektiziden kann sich direkt durch die Verringerung der Nahrungsgrundlage oder mittelbar durch die Vergiftung der Fledermäuse nachteilig auswirken. Allgemein sind, da die Art nur selten in größeren Waldgebieten jagt, keine großen Überschneidungen mit forstwirtschaftlichen Aktivitäten zu erwarten. Es ist unklar, inwiefern die Alpenfledermaus sich beim Flug an Leitelementen orientiert, so dass zu deren Bedeutung nichts gesagt werden kann.

Gefährdung

Allgemeine Gefährdungsursachen

Als bedeutendster Faktor bei den historischen Rückgängen der Art werden klimatische Veränderungen angesehen (Boye 2004). Diese sollen dazu geführt haben, dass die natürlichen Quartiere der Art während kalter Perioden zu kalt wurden, um eine ausreichende Fortpflanzung zu gewährleisten. Da die Art aber offenbar zunehmend Gebäude besiedelt, sind Gebäudesanierungen als bedeutender Gefährdungsfaktor anzunehmen. Hier besteht die Gefahr, dass Quartiere zerstört oder durch Verwendung ungeeigneter Holzschutzmittel beeinträchtigt werden. Darüber hinaus ist eine Gefährdung durch eine Reduktion der Nahrungsgrundlage durch Pestizideinsatz oder Verstärkung landwirtschaftlicher Nutzung möglich (Boye 2004, Dietz et al. 2007).

  • Verlust von Wochenstubenquartieren und Winterquartieren in Felsen durch Freizeitnutzung (Klettern o.ä.), Abbau in Steinbrüchen und dergleichen mehr
  • Verlust von Quartieren in Siedlungen durch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten in und an Gebäuden
  • Vergiftung der Tiere in Gebäudequartieren durch Behandlung von Dachstühlen etc. mit giftigen Holzschutzmitteln
  • Direkte Verfolgung oder Quartierverlust durch Verschluss von Quartieren, wegen besonderer Abneigung gegenüber Ansammlungen von Fledermäusen oder deren Exkrementen
  • Beeinträchtigung des Quartiers durch Anstrahlen der Ein- und Ausflugöffnungen (häufig z.B. an historischen Gebäuden) und durch Lichtanlagen in Winterquartieren (z.B. Dauerbeleuchtung in Tunneln)
  • Eventuelle Beeinträchtigung von Quartieren durch die Anlage von Radwegen in alten, nicht mehr genutzten Eisenbahntunneln, die als Winterquartiere, im Sommer aber auch als Männchen- oder Paarungsquartiere genutzt werden können (Meinig et al. 2009, Skiba 2010)
  • Verlust insektenreicher Landschaftsbestandteile als Jagdgebiete durch Reduzierung von Hecken, Feldgehölzen und Säumen
  • Verlust der Nahrungsgrundlage und Vergiftung der Fledermäuse (Anreicherung der Giftstoffe im Körper der Tiere) durch den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden im Gartenbau oder in der Pflege öffentlicher Anlagen
  • Durch ihre Neigung zu hohem Flug ist eine Gefährdung der Art durch Schlagopfer an Windenergieanlagen nicht unwahrscheinlich (Dürr 2011, Lehmann & Engemann 2007)

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

  • Suche nach und Schutz von Quartieren (vgl. Dietz & Weber 2000), wobei allerdings keinerlei Erfahrungen mit der Sanierung von Quartieren für die Alpenfledermaus vorliegen (Reiter & Zahn 2006)
  • Schutz der Kolonien durch Verwendung fledermausfreundlicher Holzschutzmittel
  • Erhaltung einer kleinräumigen Kulturlandschaft als Jagdgebiet
  • Naturnahe und -verträgliche Bearbeitung von Privat- und Obstgärten, die mit ihrem Blütenreichtum das Insektenvorkommen steigern
  • Zulassen der Einrichtung von Fahrradwegen in Eisenbahntunneln nur dann, wenn diese nachweislich nicht von Alpenfledermäusen als Sommer-, Winter- oder Paarungsquartier genutzt werden
  • Vermeidung der Anlage von Windenergieanlagen in potenziell oder tatsächlich von der Alpenfledermaus besiedelten Gebieten

Erhaltungszustand

Kontinentale Region: unbekannt

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Mag. Dr. Guido Reiter
Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich (KFFÖ)
Fritz-Störk-Str. 13
A-4060 Leonding

Autoren

Matthias Simon, Karola Gießelmann, Heiko Köstermeyer, Sandra Brand

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