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Bundesamt für Naturschutz

Larus canus - Sturmmöwe

Artengruppierung
Vögel
Status Rote Liste Deutschland
(Ryslavy et al. 2020): V (Vorwarnliste)
Status Rote Liste Europa
(Bird Life International, 2021): LC (Nicht gefährdet)

Beschreibung

Sturmmöwen ähneln mit ihrer dunkelgrauen Oberseite und dem gelben Schnabel von den in Deutschland häufigen Möwenarten lediglich Silbermöwen, sind jedoch wesentlich kleiner. Auch anhand ihrer deutlich höheren Rufe können Sturmmöwen von Silbermöwen unterschieden werden. Im Vergleich zu den Großmöwen ist ihr Kopf runder, mit kleinerem, schlankerem Schnabel. Die insgesamt zierliche Gestalt der Sturmmöwen schlägt sich auch in einer leichten, aktiven Flugweise nieder, bei der die schmalen Flügel oft tief und energisch geschlagen werden. Im marinen Bereich können Sturmmöwen mit Dreizehenmöwen verwechselt werden, lassen sich jedoch u.a. durch einen auffälligen weißen Spiegel an der Flügelspitze sowie gelbgrüne Beine von diesen unterscheiden. Im Schlichtkleid ist der sonst rein weiße Kopf grau gestrichelt. Bei Sturmmöwen im Jugendkleid sind Kopf und Brust graubraun, die Oberseite ist braun geschuppt und der in den übrigen Kleidern weiße Schwanz zeigt eine breite, scharf begrenzte Endbinde (Mendel et al. 2008, Svensson 2023). Die früher als Unterart behandelte amerikanische Form wird heute als separate Art Kurzschnabel-Sturmmöwe (Larus brachyrhynchus) betrachtet (Gill et al. 2024).

Verbreitung

Sturmmöwen sind im nördlichen Eurasien von Island und Schottland, Skandinavien und den Küsten von Nord- und Ostsee lückenlos über Zentralsibirien bis zur Pazifikküste verbreitet.

In Deutschland bilden die Küsten von Nord- und Ostsee einen Verbreitungsschwerpunkt. An der Wattenmeerküste werden vor allem Düneninseln und Sände besiedelt. Eine besonders große Kolonie besteht mit über 3000 Paaren am Unterlauf der Elbe, wo sich das Küstenvorkommen bis nach Hamburg fortsetzt. Die Vorkommen der Ostseeküste verteilen sich auf wenige große Kolonien an der Schleimündung, am Graswarder bei Fehmarn, in der Wismarbucht und im Kubitzer Bodden. Abseits der Küste brüten Sturmmöwen in Schleswig-Holstein in der Geest sowie im östlich angrenzenden Hügelland an großen Binnenseen sowie in wiedervernässten Hochmooren. Im Binnenland werden meist Abgrabungsgewässer besiedelt, etwa im Bitterfelder Braunkohlerevier, der Leipziger Tieflandsbucht und der Niederlausitz. In Niedersachsen werden zwischen Dümmer und Weser auch großflächig wiedervernässte Hochmoore als Brutplatz genutzt. Weitere Vorkommen befinden sich am Niederrhein. In Süddeutschland existieren nur punktuelle Vorkommen weniger Paare, z.B. in der Oberrheinischen Tiefebene und an der Mittleren Isar (Gedeon et al. 2014, Mitschke et al. 2024).

Lebensraum

Brutgebiet

Dünengebiete und Salzwiesen bilden an den Küsten von Nord- und Ostsee geeignete Bruthabitate, während im Binnenland hauptsächlich Inseln großer Seen und Flüsse sowie wiedervernässte Hochmoore von der Sturmmöwe besiedelt werden. Auch Sekundärlebensräume wie Kiesgruben, Spülflächen und Gewerbegebiete werden genutzt. Häufig brüten Sturmmöwen mit Silber- oder Heringsmöwen vergesellschaftet. Die Nahrungsgebiete liegen im Umfeld von bis zu 20 km um die Kolonien im Watt, sowie auf Grünland und Äckern (Südbeck et al. 2005, Mendel et al. 2008, Gedeon et al. 2014).

Zugweg und Überwinterungsgebiet

Unter Sturmmöwen gibt es sowohl Standvögel als auch Kurzstreckenzieher. Die Zugneigung nimmt in östlicher Richtung zu. Die norddeutschen Brutvögel überwintern von der südlichen Nordsee bis zur Atlantikküste der Iberischen Halbinsel. Altvögel ziehen vor den Jungvögeln ab und verlassen die Brutgebiete bereits Mitte Juli bis Anfang August. Der Heimzug beginnt Anfang März, die Kolonien werden im Norden ab Mitte März besetzt, in Süddeutschland Anfang April. Nichtbrüter verbleiben zum Teil im Überwinterungsgebiet (Südbeck et al. 2005, Mendel et al. 2008).

Fortpflanzung/Biologie

Die Geschlechtsreife erreichen Sturmmöwen mit 2-4 Jahren. Es werden monogame Saisonehen eingegangen, wegen hoher Nistplatztreue sind Paare jedoch meist über Jahre stabil. Das Nest wird auf trockenem Untergrund an möglichst prädationssicheren Standorten gebaut. Mitunter werden auch Kopfbäume, Büsche und Flachdächer genutzt. Im Vergleich zur Lachmöwe sind die Nester sorgfältiger verarbeitet, wobei die verbaute Materialmenge stark variiert. Alte Nester werden regelmäßig wiederverwendet. Sowohl Einzelbruten als auch Großkolonien mit mehreren Tausend Paaren kommen vor. Die meist 3 Eier werden Ende April bis Mitte Mai gelegt und für 23-28 Tage von beiden Partnern bebrütet. Es findet eine Jahresbrut statt, bei frühen Verlusten sind jedoch bis zu zwei Nachgelege möglich. Etwa vier Tage nach dem Schlupf verlassen die Küken das unmittelbare Nestumfeld und werden anschließend weiter von beiden Eltern gefüttert. Die Flugfähigkeit wird nach 28-33 Tagen erreicht. Kurz danach sind die Jungvögel selbständig (Südbeck et al. 2005, Mendel et al. 2008, Bauer et al. 2012, Moskoff et al. 2021).

Gefährdung

Veränderungen der landwirtschaftlichen Nutzung können sich negativ auf das Nahrungsangebot auswirken. Grundwasserabsenkung, Entwässerung, Aufforstung und natürliche Sukzession können zum Verlust von Brutplätzen der Sturmmöwe führen. Durch Tourismus und Industrie kann es während der Brutzeit zu Störungen kommen. An Nord- und Ostsee können direkte Verluste durch Verölung vorkommen. Erhebliche Verluste von Gelegen und Jungvögeln gibt es durch Prädation. Auch eine interspezifische Nistplatzkonkurrenz mit Großmöwen kann sich negativ auswirken (Mendel et al. 2008, Bauer et al. 2012). Bei schlechten Sichtbedingungen kann es aufgrund der hohen Flugaktivität und entsprechenden Flughöhe zu Kollisionen mit Windenergieanlagen kommen (Langgemach & Dürr 2023). Die Sturmmöwe wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.

Schutz

Bestehende Küstenkolonien der Sturmmöwe sollten vor allem vor Prädatoren geschützt werden. Durch den Erhalt und den Schutz von Feuchtgebieten sowie die Wiedervernässung von Mooren können geeignete Bruthabitate im Binnenland gesichert oder wiederhergestellt werden. Störungen an Nest- und Rastplätzen, z.B. durch Freizeitaktivitäten, sollten bestmöglich vermieden werden (Bauer et al. 2012, Moskoff et al. 2021).

Autor*in

Texte: Christopher König

Datenbereitstellung: Bettina Gerlach

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