Öffnet eine externe Seite Link zur Startseite

Bundesamt für Naturschutz

Maculinea teleius - Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1059
Artengruppierung
Schmetterlinge
Synonyme
Phengaris teleius, Glaucopsyche teleius, Lycaena euphemus, Großer Moorbläuling, Heller Flachmoor-Bläuling, Seggenmoor-Bläuling, Großer Ameisenbläuling
Status Rote Liste Deutschland
(Reinhardt & Bolz 2011): 2 (Stark gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(van Swaay et al. 2009): VU (Gefährdet)

Beschreibung

Knotenameisen und Großer Wiesenknopf

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist eine wichtige Zeigerart für nährstoffarme, frische bis (wechsel-)feuchte Wiesen mit dem Großen Wiesenknopf, der Eiablagepflanze. Nur wenn die Mahd in diesen Wiesen spät genug erfolgt, können sich die Raupen in den Blütenköpfen des Großen Wiesenknopfs fertig entwickeln. Auf zweischürigen Wiesen muss ein früher erster Schnitt das Nachwachsen der Eiablagepflanze bis zur Flugzeit ermöglichen. Später verlassen die Raupen die Pflanze und vollziehen den Rest ihrer Entwicklung in Ameisennestern. Gut funktioniert dies nur bei einer einzigen Ameisenart, der Knotenameise Myrmica scabrinodis. In deren Nestern kann sich in der Regel nur eine Raupe pro Nest entwickeln. Daher müssen für den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling ausreichend große Wiesen zur Verfügung stehen.

Verbreitung

Die Art geht in Europa etwas weiter nach Südwesten als der Dunkle Wiesnknopf-Ameisenbläuling. Die größten und bedeutendsten Vorkommen in Deutschland sind in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz zu finden. Ebenso wie bei der etwas häufigeren Schwesterart handelt es sich um eine Art des Feuchtgrünlands.

Lebensraum

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist ein typischer Schmetterling der frischen und (wechsel-)feuchten Wiesen, aber nur wenn dort auch der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) und als Wirt geeignete Knotenameisen (hauptsächlich Myrmica scabrinodis) vorkommen. Fehlt der Wiesenknopf oder die Ameise, kann es auch keinen Wiesenknopf-Ameisenbläuling geben! Besiedelt wird das gesamte Spektrum unterschiedlicher Grasländer mit Wiesenknopfbeständen, insbesondere Pfeifengraswiesen und frische bis (wechsel-)feuchte Glatthafer- und Goldhaferwiesen, Wiesenknopf-Silgenwiesen, Feuchtwiesen und Hochstaudenfluren. Das Nutzungsspektrum umfasst ein- bis zweischürige Wiesen und junge, nicht verfilzte Brachestadien, z.T. auch schwach beweidete Flächen. Gemeinsam ist allen Lebensräumen, dass sie in der Regel nicht bzw. kaum gedüngt werden. Weitere Voraussetzung für das Vorkommen der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge ist ein geeignetes Mahd- und Nutzungsregime.

Fortpflanzung/Biologie

Das Weibchen versenkt die Eier in das Blütenköpfchen des Großen Wiesenknopfs. Nach ca. 8 Tagen schlüpft die Raupe, die bis Mitte September am Boden von der Wirtsameise aufgenommen wird. Im Gegensatz zur Schwesterart kann pro Nest jeweils nur eine Larve aufwachsen. Nach etwa 330 Tagen Larven- und 25 Tagen Puppenphase schlüpft der Falter, der ca. 10 Tage lebt.

Ökologie der Art

Das Überleben des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist an Wiesengebiete mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfs (Sanguisorba officinalis) gebunden. In die Blütenköpfe legen die Falter ihre Eier und in diesen entwickeln sich auch die Jungraupen. Anschließend werden die Raupen von Wirtsameisen adoptiert und in deren Bauten eingetragen. Dort ernähren sie sich bis zur Verpuppung von der Ameisenbrut.

Regional kann es sehr unterschiedlich sein, welche Frisch- und Feuchtwiesen hauptsächlich genutzt werden (z. B. Völkl et al. 2008). Außerhalb des Alpenvorlandes sind dies v.a. artenreiche Wirtschaftswiesen frischer bis mäßig feuchter Standorte, im Alpenvorland v.a. einschürige, spät gemähte Streuwiesen wechselfeuchter Standorte, daneben aber auch Feuchtwiesen und feuchte Hochstaudenfluren in verschiedenen Regionen.

Die Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfs stellen die einzige Nahrung der Jungraupen dar. Deshalb muss diese Pflanze vorhanden sein, zur Flugzeit junge Knospen zur Eiablage aufweisen und sich weiter entwickeln bis die Raupen die Blütenköpfe verlassen. Die Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfs dienen zudem - wie auch beim verwandten Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling - als wichtige Nektarquelle für die Falter. Häufig finden auch Balz und Paarung auf den Blütenköpfen statt.

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling nutzt als Nektarquelle häufiger als der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling auch verschiedene andere Pflanzen (Drews 2003, Schulte et al. 2007). Dies sind v.a. Blutweiderich (Lythrum salicaria) und Vogel-Wicke (Vicia cracca), aber auch Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense), Sumpf-Kratzdistel (C. palustre), Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare) sowie Kriechender Günsel (Ajuga reptans) und je nach Verfügbarkeit weitere Pflanzenarten.

Der Große Wiesenknopf ist damit das offensichtlich prägende Element des Lebensraums des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings. Dennoch ist er nur in seltenen Ausnahmefällen der limitierende Faktor für das Überleben der Art. Ursächlich sind in der Regel ungeeignete Mahdtermine oder das Fehlen der Wirtsameisen in ausreichender Dichte (z.B. Geißler-Strobel 1999).

Die Wirtsameisenbindung des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist komplex. Ursprünglich wurde die Knotenameise Myrmica scabrinodis für die einzige Wirtsameise gehalten. In einigen Regionen Europas wurden inzwischen Raupen und Puppen aber auch bei anderen Myrmica-Arten gefunden. Innerhalb Deutschlands ist nach aktuellem Kenntnisstand M. scabrinodis die Haupt-Wirtsameise. Es liegen jedoch auch Beobachtungen von anderen Myrmica-Arten als Wirtsameisen vor (M. rubra, M. ruginodis, M. vandeli; in Bayern), deren Bedeutung für den Erhalt der Art noch nicht abgeschätzt werden kann (Völkl et al. 2008; vgl. auch Dierks & Fischer 2009). M. scabrinodis besiedelt vor allem lockerwüchsige Grünlandbestände. Sobald diese stärker gedüngt werden oder mehrere Jahre brach fallen, tritt die Ameise weniger häufig auf. Entsprechend ist in Lebensräumen des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings die Erhaltung bzw. die Entwicklung eines günstigen, lückigen Aufbaus der Pflanzendecke durch regelmäßige Mahd und weitgehenden Verzicht auf Düngung von großer Bedeutung.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

In den meisten Vorkommensregionen Deutschlands fliegt der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling von etwa Ende Juni/Anfang Juli bis Anfang/Mitte August. Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede. Eine Sonderstellung nimmt das Alpenvorland ein: Im südlichen Teil des Voralpinen Hügel- und Moorlandes beginnt die Flugzeit schon ab Mitte Mai, im nördlichen Teil kann sich die Flugzeit gebietsweise stark unterscheiden (Völkl et al. 2008). In den weiter nördlich anschließenden Naturräumen Bayerns beginnt die Flugzeit bis zu 4 Wochen später.

Während der Flugzeit legen die Weibchen ihre Eier einzeln an die jungen Blütenknospen des Großen Wiesenknopfs. Dabei werden die Eier mit Hilfe einer Legeröhre tief in die jeweiligen Blütenköpfchen versenkt. Damit Blütenköpfe für die Eiablage zur Verfügung stehen, ist eine frühe Mahd in den meisten Fällen nur bis 1. Juni, manchmal bis 15. Juni möglich (regional und z.T. jahrweise unterschiedlich). Stettmer et al. (2008) geben einen Abstand von ca. 3 Wochen bis zum Flugzeitbeginn an. Dies kann witterungsbedingt variieren. In Regionen mit früh fliegenden Vorkommen (Alpenvorland) ist eine frühe Mahd nicht verträglich.

Die Raupen schlüpfen nach etwa acht Tagen und fressen dann für ca. 3 Wochen in den Blütenköpfen. Jegliche Nutzung (Beweidung, Mahd) während dieses Zeitraums zerstört die komplette Nachkommenschaft. Gezielte Untersuchungen in Bayern haben gezeigt, dass auch eine Mahd am 1. September dort noch zu erheblichen Individuenverlusten führt (Völkl et al. 2008). Allgemein sollte die Spätsommermahd erst ab 15. September stattfinden, da dann sicher gestellt ist, dass der Hauptteil der Raupen die Pflanzen verlassen hat.

Ihre weitere Entwicklung vollziehen die Raupen im Ameisennest der spezifischen Wirtsameisenart, wo sie sich räuberisch von der Ameisenbrut ernähren. Die Ameisennester sind klein und der Nahrungsbedarf groß – meist kann nur eine Schmetterlingsraupe pro Ameisennest überleben. Für ein Vorkommen des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings reicht es daher nur, wenn die lokale Wirtsameise hohe Nestdichten aufbauen kann oder der Lebensraum sehr groß ist.

Entscheidend für ein Vorkommen des Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist das Mahdregime. Dieses muss gewährleisten, dass die Pflanzen rechtzeitig zur Blüte kommen und während der Flugzeit der Falter und solange sich die Raupen noch in den Blütenköpfen des Großen Wiesenknopfs befinden, nicht gemäht werden. Im Wirtschaftsgrünland sind deshalb oft klein parzellierte Nutzungsmosaike mit verschiedenen Bewirtschaftern ausschlaggebend für eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit, dass in jedem Jahr zumindest einzelne Flächen mit zur Entwicklung geeigneten Mahdzeitpunkten als Lebensraum zur Verfügung stehen. Auch für die Vorkommen der Wirtsameisen ist das Mahdregime entscheidend.

Das langfristige Überleben des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist nur bei regelmäßiger Mahd möglich. Die Mahdhäufigkeit muss an die Produktivität des Standorts angepasst werden, mehr als zwei Schnitte pro Jahr sind aber nicht möglich. Für schwach produktive Streuwiesen am Alpenrand reicht eine Streumahd im Herbst. Hier kommt ohnehin die früh fliegende Form vor, die einem frühen Schnitt entgegen steht. In Wirtschaftswiesen ist eine zweischürige Mahd erforderlich; Ausnahme bilden sehr schwach produktive Magerwiesen; hier genügt ggf. eine Frühmahd oder ein Wechsel aus ein bis zweischüriger Nutzung. Für die meisten Standorte sind zwei Schnitte zwingend notwendig, da ansonsten eine (oft unauffällige) Veränderung der Pflanzendecke stattfindet (inkl. Verfilzung in der Streuschicht), die den Lebensraum für die Wirtsameisen schnell verschlechtert.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling gilt in der Literatur allgemein als „sehr standortstreu“ (vgl. Settele & Reinhardt 1999). Wie bei den meisten dieser Arten wurden jedoch im Einzelfall auch größere Flugdistanzen nachgewiesen. Die längste dokumentierte Distanz, die von einem Falter im Rahmen von Fang-Wiederfang-Untersuchungen zurückgelegt wurde, liegt bei knapp 2,5 km im nördlichen Steigerwald (Stettmer et al. 2001, Settele 1998). Es gab jedoch nur einzelne Flüge mit mehr als 1 km, dies sind maximal 10 % der beobachteten Flüge. Der Großteil gewanderter Distanzen betrug weniger als 400 m.

Typisch für diese Art sind vielfach auf mehrere gut miteinander verbundene Teilflächen verteilte Vorkommen. Dies scheint nach Experteneinschätzung bis etwa 400 m Entfernung der Fall zu sein. Andere Vorkommen bestehen aus stärker isolierten Teilvorkommen, die jedoch immer noch einen Austausch von Faltern zeigen. Je nach Falteraustausch und lokalen Gegebenheiten können sie bereits als eigene lokale Populationen betrachtet werden. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, welche Lebensräume durchquert werden müssen: Wald, Straßen und Siedlungen werden meist als deutlich stärker trennend betrachtet als Grünland.

Bei Leopold et al. (2006) heißt es: „Als Gesamtbestand können z.B. besiedelte Teilflächen zusammengefasst werden, die weniger als 0,5–1 km auseinander liegen und nicht ausschließlich durch unüberwindbare Nichthabitate voneinander getrennt sind.“

Die Erfahrungen und Beurteilungen sind offensichtlich unterschiedlich. Insgesamt ist eine Abgrenzung der lokalen Population noch schwierig; eine relevante Größenordnung dürften oft Entfernungen von ca. 400 m zum nächsten Vorkommen sein.

Gefährdung

Hauptgefährdungsursachen für die Art sind z. B. Trockenlegung, mehrschürige Nutzung feuchter Wiesen, Einsatz schwerer Maschinen, intensive Beweidung, zu tiefer Grasschnitt, Düngung, Herbizideinsatz. Die Art reagiert empfindlicher auf Nutzungsänderungen des Feuchtgrünlands als der Dunkle Wiesnknopf-Ameisenbläuling und ist dadurch stärker gefährdet.

Gefährdungsursachen

Die Gefährdung für den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling liegt hauptsächlich in der Verstärkung der Grünlandbewirtschaftung. Je nach Region sind maximal ein bis zwei Schnitte pro Jahr verträglich, alles was darüber hinaus geht, führt zum Verschwinden des seltenen Schmetterlings. Zusätzlich müssen die Schnitte so terminiert sein, dass der Entwicklungszyklus ungestört erfolgen kann. Aber auch das Brachfallen wenig produktiver Standorte sowie die Umwandlung von artenreichem Grünland mittlerer Standorte in Maisäcker auch in den höheren Lagen der Mittelgebirge sind wesentliche Gefährdungsfaktoren.

Land- und Forstwirtschaft

  • Mahdtermine, die nicht an den Entwicklungszyklus der Art angepasst sind: Ungünstige Mahdtermine sind je nach Region, Erscheinungszeit der Falter und Produktivität der Standorte sehr unterschiedlich. Mahdtermine im Juli und August sind immer ungünstig
  • Verstärkung der Grünlandbewirtschaftung: Entwicklung von drei- bis mehrschürigen Nutzungen aus ein- oder zweischüriger Mahd; in Verbindung mit verstärkter Düngung
  • Im zweischürigen Wirtschaftsgrünland Verlust der Nutzungs-(Mahd-)Vielfalt durch Bildung großer Bewirtschaftungseinheiten. In manchen Talräumen (z.B. in Nordbayern) sind massive Rückgänge parallel mit der Aufgabe zahlreicher kleiner landwirtschaftlicher Betriebe zu beobachten
  • Zu geringe Mahdnutzung, wie z.B. Mahd im mehrjährigen Abstand auf Streuwiesen oder einmalige Mahdnutzung auf produktiveren Standorten. Zum Teil auch aus Naturschutzgründen: Zum Beispiel führt dauerhafte einschürige Spätmahd auf produktive(re)n Standorten zur Verdrängung der Futterpflanzen sowie zur Verschlechterung der Siedlungsbedingungen für die Wirtsameise
  • Brachfallen von geeigneten Flächen (z.B. Aufgabe der Streumahd im Alpenvorland)
  • Vermutlich nur von untergeordneter Bedeutung ist die Bodenverdichtung aufgrund des Einsatzes schwerer Maschinen
  • Düngung der Flächen. Grundsätzlich ist eine Bewirtschaftung ohne Düngung besser. Lediglich im Wirtschaftsgrünland kann ggf. die Erlaubnis für eine Erhaltungsdüngung auf bereits vergleichsweise mageren Standorten (z.B. Festmist in mehrjährigen Abständen) wichtige Voraussetzung für die Bereitschaft der Landwirte zur Teilnahme an entsprechenden Förderprogrammen sein. Diese sehr schwache Düngung muss sich dann am Entzug orientieren (unter Berücksichtigung der Einträge aus der Luft, evtl. Seiteneinflüsse). Alles was darüber hinaus geht, ist negativ zu bewerten, da so die Grasschicht dichter wird und sich die Siedlungsbedingungen für die Wirtsameisen verschlechtern
  • Grünlandumbruch, aktuell vermehrt für den Anbau von Energie-Mais
  • Aufgabe der Nieder- und Mittelwaldnutzung mit ausgeprägten Pfeifengraslichtungen auf wechselfeuchten Standorten (Steigerwald)

Sonstige

  • Trockenlegung (stärker als beim Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling), insbesondere da dies meist mit einer schleichenden Verstärkung der Nutzung (Düngung, Erhöhung der Mahdfrequenz) einhergeht
  • Fehlende, unflexible oder für die Landwirte nicht auskömmliche Förderinstrumente - hier bestehen z.T. erhebliche Defizite (mittlerweise erste Lösungen, z.B. in Bayern durch Bewirtschaftungsruhe zwischen 15. Juni und 15. September)
  • Erhöhter Nutzungsdruck durch Energiepflanzenanbau, der regional bedeutsame Flächenanteile besetzt, und damit die Futtergewinnung für die Viehwirtschaft auf die weniger produktiven Standorte mit Wiesenknopf-Ameisenbläulingen abdrängt oder direkt zum Flächenumbruch mit nachfolgendem Maisanbau führt
  • Extremhochwässer bei gleichzeitigem Mangel an Rückzugsräumen außerhalb der Hochwasserlinie (z.B. Bodensee)
  • Zielkonflikte im Naturschutz: Mahdtermine für Wiesenbrüterflächen werden häufig während der Flugzeit der Falter angesetzt
  • Nach Modellrechnungen besteht ein sehr hohes Risiko durch den Klimawandel (Settele et al. 2008). Häufungen extremer Witterungsverläufe haben in den vergangenen Jahren mehrfach zu erheblichen Verschiebungen der Mahdtermine mit daraus resultierenden gravierenden Bestandseinbrüchen geführt (Oberrhein). Gezielte Untersuchungen liegen jedoch nicht vor
  • Beschattung von Lebensräumen: Neben Gehölzaufwuchs kann auch die Beschattung durch Gebäude o.ä. (z.B. Brückenpfeiler, Autobahnbau) eine Gefährdung darstellen

Schutz

Das Mahdregime muss den Lebenszyklus der Bläulinge berücksichtigen. Nach Möglichkeit sollte die Mahd vor Ende Mai und nach Mitte September erfolgen. Je nach Standort sollte auf Düngung verzichtet werden. Für die Art ist eine Förderung nur durch ein großflächigeres Nutzungsmosaik mit ausreichender Vernetzung von Larven- und Falterhabitaten möglich.

Erhaltungsmaßnahmen

Landwirtschaft

  • Mahdtermine müssen an die regionalen Gegebenheiten angepasst sein; es ist immer eine lokale Abstimmung erforderlich, hier kann nur ein grober Rahmen vorgegeben werden: Ab etwa 3 Wochen vor Flugzeitbeginn bis zum Ende der Raupenentwicklung darf keine Mahd erfolgen. Späte Mahdtermine können unbedenklich ab 15. September durchgeführt werden, die frühe Mahd sollte je nach Phänologie der Falter zwischen dem 1. und 15. Juni erfolgt sein, (Ausnahme: früh fliegende Vorkommen; hier kein früher Mahdtermin). Ggf. abweichende Mahdtermine sollten über Erfolgskontrollen auf ihre Eignung in den jeweiligen Regionen geprüft werden
  • Die Häufigkeit der Mahd muss sich nach der Produktivität der Fläche richten. Auf produktiveren Flächen ist eine zweischürige Mahd notwendig, auf sehr schwach produktiven Magerwiesen genügt teilweise eine einschürige Frühjahrsmahd oder ein Wechsel aus ein- bis zweischüriger Nutzung, auf Streuwiesen eine Herbstmahd (Details für Bayern bei Stettmer et al. 2008)
  • Der 2. Mahdtermin kann regional auch durch einen späten Weidegang ersetzt sein (Bsp. Westerwald)
  • Die Flächen müssen in Nutzung bleiben und dürfen nicht längerfristig brach fallen. Je nach Ausprägung können auf Standorten geringer Produktivität kurzfristige, nicht verfilzte Brachen ebenfalls geeignete Lebensräume darstellen. Sie müssen nach einem bis wenigen Jahren aber wieder in ein geeignetes Nutzungsregime eingebunden werden
  • Das Mähgut muss stets abtransportiert werden, keine Mulchmahd
  • Düngung sollte unterbleiben, eine düngerfreie Nutzung ist für den Lebensraum besser. In begründeten Einzelfällen kann im Wirtschaftsgrünland auf sehr wenig produktiven Standorten ggf. eine Erhaltungsdüngung zugelassen werden (unter Berücksichtigung des Eintrags aus der Luft und evtl. Seiteneinflüssen; keine mineralische oder Gülle-Düngung), dabei Rückkopplung der Effekte auf den Lebensraum (Monitoring!). Es ist äußerste Vorsicht geboten, auch schwache Düngung hat schon in vielen Fällen zur Zerstörung von Lebensräumen geführt
  • In vielen Lebensräumen, insbesondere im Wirtschaftsgrünland, sind kleinräumige Unterschiede in der Nutzung (insbesondere unterschiedliche Mahdtermine) wichtige Voraussetzung für das langfristige Überleben des Schmetterlings
  • Großflächige Bewirtschaftungseinheiten ohne unterschiedliche Schnittzeitpunkte sollten durch Saumstreifen unterteilt werden, die erst beim Herbstschnitt genutzt werden. Deren Lage sollte je nach Produktivität in Abständen von 2 bis 5 Jahren verlegt werden, um eine Verfilzung der Pflanzendecke zu vermeiden
  • In jedem Grünlandkomplex müssen die magersten Standorte ungedüngt und ein- bis zweischürig erhalten werden (als erster Richtwert: mind. 10 % der Fläche). Auch (für die Art) funktionierende Beweidungssysteme müssen erhalten werden
  • Erhalt artenreichen Grünlands, keine Vielschnittnutzung mit Düngung oder Umbruch zu Ackerland

Forstwirtschaft

  • Erhaltung und Förderung der Mittel- und Niederwaldwirtschaft, mit ausgeprägten Pfeifengraslichtungen, dort keine Anpflanzungen

Sonstige Maßnahmen

  • Entwicklung ausreichend flexibler (und für die Landwirte auskömmlicher) Förderinstrumente; hier bestehen z.T. erhebliche Defizite: Nur so können Vorkommen auch in Jahren mit (witterungsbedingten) Verschiebungen der Mahdtermine gesichert werden; bereits einmalige, flächendeckend zum falschen Zeitpunkt durchgeführte Mahd kann zum Zusammenbruch auch großer Populationen führen (Beispiele für Populationen mit geschätzten Populationsgrößen von mehr als 500 Individuen liegen aus der Oberrheinebene vor)
  • Erfolgskontrolle der durchgeführten Pflegemaßnahmen (Monitoring, langfristige Begleituntersuchungen) insbesondere hinsichtlich der Eignung vertraglich festgelegter Mahdtermine (Entwicklung der Pflanzendecke, Größe des Vorkommens) und einer eventuellen Düngung
  • Bei gleichzeitigem Vorkommen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (was häufig auftritt) sind z.B. alternierende Brachestreifen (max. 1 bis 2 Jahre) oder einschürige Wechselmahdstreifen mit einzurichten (z.B. in Säumen oder als Flächenanteil); dies ist für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling wichtig, für den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling können Brachen je nach Rahmenbedingungen schnell schädlich sein
  • Brachestreifen müssen in geeigneter Weise vor der (versehentlichen) Nutzung durch den später mähenden Nachbarn geschützt werden. Sie können z.B. in der Mitte der Fläche angelegt werden. Da beim Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling jedoch gelegentlich festgestellt wurde, dass die Zentralbereiche gegenüber den Randlagen der Lebensräume bevorzugt werden, muss diese Differenzierung berücksichtigt werden. Solange die Ursachen noch nicht herausgearbeitet sind (z.B. Wirtsameisenverteilung, bessere Streuung der Eier, Aufbau der Pflanzendecke, Konkurrenzvermeidung gegenüber dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling), muss mit Vorsicht gehandelt werden
  • Für nasse Frühjahre, in denen die Heugewinnung im unbedenklichen Zeitfenster aus Witterungsgründen nicht stattfinden kann, ist in die Bewirtschaftungsverträge eine Klausel aufzunehmen (z.B. Aussetzen der 1. Mahd, Mahd nur auf Teilflächen), damit die Mahd durch die Bewirtschafter nicht in kritische Zeiträume hinein (Flugzeit!) verlagert wird
  • Abstimmung von Zielkonflikten im Naturschutz: Mahdtermine in Wiesenbrütergebieten z.B. in verschiedene Parzellen einteilen
  • Im Wirtschaftsgrünland sollten vorrangig standörtlich besonders geeignete Parzellen durch Vertragsnaturschutz mit Anpassung der Mahdtermine an den Entwicklungszyklus gesichert werden

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: ungünstig - schlecht,
  • Alpine Region: ungünstig - unzureichend

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsinstrument der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
  • Vertragsnaturschutzprogramme der Länder (z.B. Agrarumweltmaßnahmen in Bayern/Förderwegweiser für Agrarumweltmaßnahmen in Bayern)
  • Vertragsnaturschutzprogramme in Rheinland-Pfalz ("PAULa")

Projekte im Internet

  • Ökonomische Analyse und Umsetzung von Instrumenten des Naturschutzes am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ
    Neue Instrumente: Ökologisch-ökonomische Modellierung, um Biodiversität in Planungs- und Managementfragen besser zu berücksichtigen
  • BUND Rhein-Sieg-Kreis. Der Ameisenbläuling.

Literaturhinweise

verändert nach:
Drews, M. (2003): Glaucopsyche teleius (Bergsträsser, 1779). In: Petersen, B., Ellwanger, G., Biewald, G., Hauke, U., Ludwig, G., Pretscher, P., Schröder, E., und Ssymank, A. (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. - Bonn-Bad Godesberg (Landwirtschaftsverlag) - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69(1): 502-510.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Birgit Binzenhöfer
Landschaftsökologische Gutachten und Kartierungen
Friedhofstr. 1
97475 Zeil am Main

Dr. Matthias Dolek
Ökologische Forschung und Planung
Obere Dorfstr. 16
82237 Wörthsee

Dr. Sabine Geißler-Strobel
Freie Landschaftsökologin (BVDL)
Jahnstr. 15
72070 Tübingen

Dr. Patrick Gros
Haus der Natur - Museum für Natur und Technik
Biodiversitätszentrum
Museumsplatz 5
A-5020 Salzburg

Andreas C. Lange
Aarblick 25
65307 Bad Schwalbach-Hettenhain

Holger Loritz
Büro ABL - Arten, Biotope, Landschaft
Nägeleseestr. 8
79102 Freiburg (Brsg.)

Andreas Nunner
BIOPLAN
Institut für angewandte Biologie und Planung
Grabenstr. 40
72070 Tübingen

Rolf Reinhardt
Burgstädter Str. 80a
09648 Mittweida - Sachsen

Bernhard Reiser
IVL - Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie, Zweigbüro Zeil
Friedhofstr. 1
97475 Zeil am Main

Dr. Axel Schmidt
Struktur- und Genehmigungs-Direktion Nord Koblenz (SGD Nord)
Ref. 42 Obere Naturschutzbehörde
Stresemannstr. 3-5
56068 Koblenz

Carola Seifert
Im Brünnelinsgraben 20
77955 Ettenheim

Dr. Josef Settele
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Dept. Biozönoseforschung
Theodor-Lieser-Str. 4
06120 Halle

Alexander Wenzel
Rennweg 4
35091 Cölbe-Bürgeln

Autoren

Matthias Dolek & Sabine Geißler-Strobel

Unter Mitarbeit von

Christian Anton, Burkhard Beinlich, Markus Bräu, Stefan Brunzel, Steffen Caspari, Klaus Fischer, Adi Geyer, Patrick Gros, Stefan Hafner, Gabriel Hermann, Michael Krämer, Kathrin Landsdorfer, Andreas Lange, Patrick Leopold, Rolf Reinhardt, Erwin Rennwald, Axel Schmidt, Carola Seifert, Matthias Simon, Rainer Ulrich, Karola Gießelmann, Volker Wachlin, Thomas Widdig

Zurück nach oben