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Bundesamt für Naturschutz

Myotis emarginatus - Wimperfledermaus

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1321
Artengruppierung
Fledermäuse
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 2 (Stark gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Fliegenfänger in Kuhställen

Die Verbreitung der sehr seltenen Wimperfledermaus konzentriert sich in Deutschland auf die wärmebegünstigten Gebiete, vor allem auf das Rheintal und Südost-Oberbayern inkl. dem Rosenheimer Becken. Als Gebäude bewohnende Art bezieht die Wimperfledermaus im Sommer ihr Wochenstubenquartier auf großen Dachböden.
Eine besondere Strategie erhöht ihre Bindung an ländliche Gebiete: die Jagd nach Fliegen in Kuhställen. Außerdem werden Laubwälder sowie Hecken, Obstwiesen und Feldgehölze in Siedlungsnähe zur Jagd aufgesucht.
Die Beutetiere, vor allem Zweiflügler und Spinnen, werden von Blättern oder Stallwänden im Flug abgesammelt.
Ihren Namen verdankt die Wimperfledermaus einzelnen, gekrümmten Härchen („Wimpern“) an ihrer Schwanzflughaut.

Merkmale der Wimperfledermaus

Die Wimperfledermaus ist eine mittelgroße Fledermausart mit langem, dreifarbigem Rückenfell (von grau an der Basis über strohgelb bis rostbraun/fuchsrot an den Spitzen). Die Art kann leicht unter anderem mit der Fransenfledermaus und mit Bartfledermäusen verwechselt werden.

Verbreitung

Die Wimperfledermaus ist von Nordafrika über das südliche Europa und Kleinasien bis nach Israel, die Kaukasusregion und Afghanistan verbreitet.

Lebensraum

Die Wimperfledermaus kommt hauptsächlich in laubwaldreichen, wärmebegünstigten Gebieten vor. Zu den bevorzugten Lebensräumen gehören vor allem unterwuchsreiche Laubwälder. Ihre Wochenstubenquartiere bezieht die Wimperfledermaus meist in Dachstühlen von Gebäuden, im Süden des Verbreitungsgebietes, also außerhalb Deutschlands, auch in Höhlen (Dietz et al. 2007). Als Jagdgebiete werden Laubwälder, Auwälder, Obstwiesen, Hecken, Gehölzstreifen entlang von Gewässern, Parks und Gärten genutzt (Dietz et al. 2007, Zahn et al. 2010). Darüber hinaus werden regelmäßig Kuhställe zur Jagd nach Fliegen aufgesucht. Auf dem Weg in ihre Jagdgebiete fliegt die Wimperfledermaus entlang von Leitelementen wie Hecken, linearen Feldgehölzen, Baumreihen und Ufergehölzen (Zahn et al. 2010).

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Als Wochenstubenquartier nutzt die Wimperfledermaus vor allem größere Dachstühle von Kirchen und größeren Gebäuden, die relativ hell sind und konstante, mäßig warme Temperaturen aufweisen (Friemel & Zahn 2004). Dort hängt sie sich, meist in dichten Gruppen mit engem Körperkontakt, frei an Balken und Bretter (Zahn & Henatsch 1998). Im Laufe der Wochenstubenzeit wird der Hangplatz häufig gewechselt. Als Ein- und Ausflugöffnung bevorzugt die Wimperfledermaus Fenster oder andere Öffnungen, die einen freien Durchflug ermöglichen. Andere Quartiertypen, wie Spaltenquartiere an Gebäuden, nutzt die Art so gut wie gar nicht. Die Wimperfledermaus hat häufig nur ein Wochenstubenquartier, kann aber auch mehrere Wochenstubenquartiere gleichzeitig nutzen, zwischen denen dann Quartierwechsel stattfinden (Reiter & Zahn 2006). Einige wenige, getrennt hängende Männchen können ebenfalls in den Wochenstubenquartieren angetroffen werden. Die meisten Männchen leben jedoch einzeln, getrennt von den Wochenstuben in Sommerquartieren. Neben Dachböden sind Einzelfunde aus Nistkästen und Baumhöhlen (Kretzschmar 2003), hinter abstehender Borke oder aus Ställen, Heuschobern und Holzschuppen bekannt (Holzhaider 1998, Krull 1988).

Die Jagdgebiete der Weibchen liegen während der Wochenstubenzeit meist innerhalb einer Distanz von ca. 8 km vom Wochenstubenquartier entfernt (Zahn et al. 2010). Sie befinden sich vor allem in unterwuchsreichen Laubwäldern, Waldrändern, entlang von Gehölzstreifen an Fließgewässern, Obstwiesen und in Kuhställen (Dietz et al. 2007, Zahn et al. 2010). In Siedlungsnähe sind die Jagdgebiete (Kuhställe, Obstwiesen, Gärten, Parks) der Wimperfledermaus im Vergleich zu den Gebieten im Wald relativ klein (Brinkmann et al. 2001). Auf dem Weg dorthin werden in der Regel Leitelemente wie Hecken, Baumreihen und Gewässer begleitende Gehölze zur Orientierung genutzt (Brinkmann et al. 2001, Krull et al. 1991, Zahn et al. 2010). Die Wimperfledermaus gehört zu den Fledermausarten, die ihre auf dem Untergrund sitzenden Beutetiere im Flug absammeln. Hierbei werden neben Schmetterlingen, Käfern, Fliegen und Netzflüglern sonstige Insekten und Spinnen erbeutet (Friemel & Zahn 2004, Goiti et al. 2011, Steck & Brinkmann 2006). Die Jagdphasen innerhalb einer Nacht sind meist sehr lang. Sofern das Wetter es erlaubt, wird nur wenige Minuten pro Nacht pausiert (Huet et al. 2002).

Paarungen können im Spätsommer vereinzelt im Wochenstubenquartier stattfinden (Brinkmann et al. 2001). Außerdem berichten Brinkmann et al. (2001) vom Fund dreier Weibchen und eines Männchens im August unter einem Balkon. Eventuell finden auch Paarungen im Winterquartier statt. 

Die Wimperfledermaus ist eine ortstreue Fledermausart. Es finden keine weiten Wanderungen zwischen Sommer- und Winterquartier statt. Die weiteste Strecke zwischen Fang- und Wiederfundort beträgt 106 km (Topál 2011). Die Winterquartiere der Wimperfledermaus befinden sich in Höhlen und Stollen mit konstanter Temperatur, in denen die Tiere frei hängen (Dietz et al. 2007). Innerhalb der Stollen werden wärmere Bereiche von 7,2°C bis 11,9°C mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit bevorzugt (Kretzschmar 2003). 

Das nachgewiesene Höchstalter der Wimperfledermaus liegt bei 16 Jahren (Schober & Grimmberger 1998).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Nach dem Winterschlaf sammeln sich die Wimperfledermäuse ab Anfang Mai in den Wochenstubenquartieren. Die Größe der Wochenstuben kann stark variieren. Es wurden in Deutschland sehr kleine Wochenstuben von 2-20, häufig mittelgroße von 50-200 Tieren und immer wieder Wochenstuben mit weit über 300 erwachsenen Weibchen nachgewiesen (Friemel & Zahn 2004, Kretzschmar 2003). Diese hängen dicht in Clustern frei auf dem Dachboden. Die Geburten, meist nur ein Jungtier pro Weibchen, finden von Mitte Juni bis Mitte Juli statt. Mit Beginn des Flüggewerdens der Jungtiere ab Anfang bis Mitte August lösen sich die Wochenstuben wieder auf. Teilweise halten sich in großen Wochenstubenquartieren noch bis September Tiere auf. In manchen Wochenstubenquartieren können zur Wochenstubenzeit auch wenige, getrennt hängende Männchen angetroffen werden (Friemel & Zahn 2004). Die meisten Männchen leben jedoch einzeln, getrennt von den Weibchen in Sommerquartieren (Kretzschmar 2003). Im Spätsommer finden vereinzelt Paarungen im Wochenstubenquartier statt. Einzelne Paarungsgruppen hängen dann an den ehemaligen Hangplätzen der Männchen. Im August und September schwärmen die Wimperfledermäuse an den Winterquartieren. Ab diesem Zeitpunkt finden die Paarungen statt. Bereits ab Oktober werden die Winterquartiere in Stollen und Höhlen bezogen. Der sehr lange Winterschlaf kann bis Mai andauern (Kretzschmar 2003).

In der Zeit der Jungenaufzucht nutzen die Wimperfledermäuse vor allem Jagdgebiete in der näheren Umgebung des Wochenstubenquartiers: Streuobstbestände, Hecken, Baumreihen, Waldränder und Viehställe. Die landwirtschaftliche Nutzung, auch der angrenzenden Flächen, spielt für die Qualität dieser Lebensraumelemente eine entscheidende Rolle. Siedlungsnahe, kleinflächig gegliederte Lebensräume sorgen für eine gute Nahrungsgrundlage für die Wimperfledermaus. Ein weiterer Zusammenhang mit der Landnutzungsaktivität ergibt sich bei der Reduzierung von Landschaftselementen wie z.B. Waldrändern oder Hecken (Flurbereinigung), da sich die Wimperfledermaus beim Flug stark an diesen Leitelementen orientiert und diese auch zur Jagd nutzt, also zur Sicherung ihrer Nahrungsgrundlage benötigt.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nach Gruppen von Fledermäusen, die in einem lokalen Maßstab eine räumlich abgrenzbare Funktionseinheit (zu bestimmten Jahreszeiten) bilden, die wiederum für die Art von Bedeutung ist. 

Als lokale Population der Wimperfledermaus ist im Sommer die Wochenstube anzusehen. Meist liegt die Koloniegröße bei 50-200, manchmal weit unter 50 oder sogar weit über 300 Weibchen (Friemel & Zahn 2004, Kretzschmar 2003). Die Wochenstuben sind im Grundsatz einfach gegeneinander abgrenzbar und werden von Dietz et al. (2006) als Grundeinheit bei der Bewertung des Zustandes von Populationen angesehen. 

Bei der Wimperfledermaus wurden regelmäßig kleinräumige Wechsel zwischen verschiedenen Wochenstubenquartieren beobachtet (Reiter & Zahn 2006). Nutzt eine Wochenstube mehrere Quartiere, so bezeichnet man die Gesamtheit der genutzten Quartiere als Quartierverbund. Im Regelfall ist dieser räumlich klar abgrenzbar (z.B. innerhalb einer kleinen Ortslage). Alle Individuen eines solchen Verbundes sind demnach als Angehörige einer lokalen Population anzusehen. Aufgrund der Nutzung solcher Quartierverbunde und der versteckten Lebensweise der Tiere, ist eine Ermittlung der Koloniegröße als lokale Population in der Regel nur durch eine fachgutachterliche Untersuchung möglich. 

Neben den Wochenstuben sind im Sommer die Männchenvorkommen und im Spätsommer Gruppen von Männchen und Weibchen in Paarungsquartieren als lokale Population anzusehen. Diese sind meist verstreut verteilt und lassen sich aufgrund fehlender Kenntnisse der Quartiere nur schwer als lokale Population abgrenzen. Häufig ist die Abgrenzung nur über die Ermittlung geeigneter Lebensräume (z.B. alle Individuen einer Ortslage) möglich.

Im Winter ziehen sich die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen in die Winterquartiere zurück. Da sich Tiere verschiedener Kolonien in einem Winterquartier versammeln können, entspricht die lokale Population im Winter nicht mehr der sommerlichen lokalen Population. Winterquartiere können sowohl während eines Winters, als auch im Verlauf der Jahre gewechselt werden. Daher bezieht sich je nach Winterquartiervorkommen die Abgrenzung der lokalen Population punktuell auf das einzelne Winterquartier oder auf den Raum eng (etwa < 100 m) beieinander liegender Winterquartiere.

Gefährdung

Die Wimperfledermaus ist hauptsächlich durch die Zerstörung von Quartieren und den zunehmenden Verlust kleinräumig gegliederter Lebensräume gefährdet. Seit den 1950er Jahren hat der Lebensraumverlust und Pestizideinsatz vermutlich zu einem starken Rückgang der Art, vor allem im Norden ihres Verbreitungsgebietes, geführt (Dietz et al. 2007, Friemel & Zahn 2004).

Land- und Forstwirtschaft

  • Verlust von Jagdgebieten und Flugrouten durch Zusammenlegung landwirtschaftlicher Flächen zu größeren Schlägen, die zum Verschwinden von Hecken und Säumen führen und kleinräumig gegliederte, insektenreiche Kulturlandschaften zerstören
  • Der Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in der Land- und Forstwirtschaft reduziert die Nahrungsgrundlage der Wimperfledermaus und vergiftet die Tiere durch Anreicherung der Giftstoffe in ihren Körpern
  • Verschlechterung des Lebensraumes durch Reduktion von Laubwälder z.B. durch Aufforstung mit nicht standortheimischen Baumarten (z.B. Douglasie (Goßner 2004)), die zu einer Verarmung der Artengemeinschaft (z.B. Insekten und Spinnen) führen
  • Verlust von Jagdgebieten und Flugrouten durch Reduktion natürlicher oder naturnaher Waldränder
  • Strukturwandel in der Landwirtschaft durch Rückgang der Milchviehwirtschaft

Sonstige

  • Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten in Siedlungen durch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden und damit einhergehende Veränderungen im oder am Quartier wie z.B. an der Ein- und Ausflugöffnung
  • Vergiftung der Tiere durch Holzschutzmittelbehandlungen in Dachstühlen
  • Direkte Verfolgung oder Quartierverlust durch Verschluss von Quartieren, wegen besonderer Abneigung gegenüber Ansammlungen von Fledermäusen oder deren Exkrementen
  • Beeinträchtigung des Quartiers durch Anstrahlen der Ein- und Ausflugöffnungen (häufig z.B. an historischen Gebäuden mit Wimperfledermauskolonien) und durch Lichtanlagen in Winterquartieren (z.B. Dauerbeleuchtung)
  • Lebensraumverlust durch Altholz- und Totholzentnahme, insbesondere in Bayern wird in Waldbeständen (wie Hangschluchtwäldern und Auwäldern), in denen sich bisher keine Holznutzung lohnte, verstärkt Holznutzung für Brennholz betrieben
  • Verlust von geeigneten Winterquartieren (Bergwerke, Stollen) durch nicht fledermausgerechten Verschluss der Eingänge als Sicherungsmaßnahme gegen unbefugtes Betreten
  • Lebensraumverlust durch Siedlungserweiterungen am Ortsrand und damit Verlust von Streuobstwiesen, Hecken, Baumreihen und gewässerbegleitenden Gehölzreihen, die sowohl als Jagdgebiet als auch als Flugroute dienen
  • Jagdgebiets- und Flugroutenverlust durch Reduzierung insektenreicher Landschaftsbestandteile wie Hecken, Feldgehölze, Säume oder Brachen z.B. bei Flurbereinigungen
  • Verlust von Jagdgebieten durch Reduktion natürlicher oder naturnaher, breiter (mehr als 5 m) Gewässerrandstreifen mit Gehölzen und Einzelbäumen
  • Gefährdung des Quartier- und Nahrungsangebotes durch die Modernisierung oder Aufgabe von traditionellen Kuhställen
  • Klebende Fliegenfänger in Stallungen als tödliche Falle für Wimperfledermäuse bei der Jagd
  • Gefährdung der Art durch Störung (Lärm, Blitzlichter von Fotoapparaten, Vandalismus) durch Tourismus in Höhlen und Stollen, da die Wimperfledermaus meist größere Stollen und Höhlen aufsucht, die besonders attraktiv für Höhlentouristen sind
  • Aufgrund der eng an Leitelemente gebundenen, bodennahen Flugweise der Wimperfledermaus besteht eine erhöhte Kollisionsgefahr an Verkehrswegen, an breiteren Straßen entsteht ein Barriereeffekt, da diese nicht gequert werden

Erhaltungsmaßnahmen

Um Beeinträchtigungen der Wimperfledermaus durch land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung zu verhindern oder zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Erhaltung/Entwicklung kleinräumig gegliederter Kulturlandschaften mit Hecken, Feldgehölzen, Alleen, Solitärbäumen und Gewässer begleitenden Gehölzen, die einen großen Insektenreichtum bieten und gleichzeitig Vernetzungselemente darstellen
  • Aufrechterhaltung der Nutzung von Obstbaumgürteln und Streuobstwiesen, v.a. mit Hochstämmen, in Siedlungsnähe als Jagdgebiete und verbindende Landschaftselemente in der Kulturlandschaft
  • Minimierung des Insektizid- und Herbizideinsatzes in der Landwirtschaft zur Sicherung der Nahrungsgrundlage der Wimperfledermaus und zur Vermeidung von Vergiftungen
  • Erhaltung und Förderung von Hecken und Feldgehölzen mit Waldanschluss (mit 20 m Mindestabstand zu Verkehrswegen) als Leitelemente und zur besseren Verbindung von Quartier und Jagdgebiet

Forstwirtschaft

  • Erhaltung und Entwicklung von Laubwäldern mit mehrschichtigem Bestandsaufbau mit dichter Unterschicht (Begünstigung von Unter- und Zwischenbestand bis zu einem Deckungsgrad von 20-30 % (Trappmann & Boye 2004)) zur Verbesserung des Lebensraumes im 8 km Umkreis um Wochenstuben
  • Erhaltung und Förderung von natürlichen bzw. naturnahen, vielfältigen, stufenreichen Waldrändern als Jagdgebiete und Vernetzungselemente
  • Verzicht auf Insektizid- und Herbizideinsatz in der Forstwirtschaft in Wäldern mit Vorkommen der Wimperfledermaus

Sommerquartiere in Bäumen sind eine Ausnahme. Folgende Maßnahmen gelten für die entsprechenden Fälle von waldbewohnenden lokalen Populationen der Wimperfledermaus:

  • Kennzeichnung und Erhaltung von Quartierbäumen
  • Aufbau eines Netzes von potenziellen Höhlenbäumen, die die aktuellen Quartierbäume in Zukunft ersetzen sollen und daher forstwirtschaftlich nicht genutzt werden
  • Erhaltung eines hohen Angebots an Specht- und Fäulnishöhlen durch Förderung von Alt- und Totholz → Bäume mit Fäulnis- und Spechthöhlen vollständig erhalten (Ausnahme: Wegesicherung)
  • Erhaltung von Höhlenbäumen, Tot- und Altholz (mind. 20 Bäume mit geeigneten Quartiermöglichkeiten wie Spechthöhlen, Stammrisse, starke Zwiesel etc. oder 10 Spechthöhlen pro Hektar)
  • Zusätzlich zur Anreicherung von Baumhöhlenvorkommen auf der ganzen Fläche, Entwicklung von Altholzparzellen (ab 140 Jahre) auf 10 % der Waldfläche mit Übernahme in die Forsteinrichtungsplanung

Sonstige Maßnahmen

  • Erhaltung/Neuschaffung von Quartieren in und an Gebäuden zur Verbesserung der Quartiermöglichkeiten (vgl. Dietz & Weber 2000)
  • Vermeidung der Zerstörung von Quartieren durch Abriss, Sanierung, Dämmung → wenn Vermeidung nicht möglich, Ersatz durch Quartiermöglichkeiten in angrenzenden Gebäuden
  • Erhaltung und Förderung der traditionellen Kuhställe mit Zugänglichkeit, so dass sie zur Jagd genutzt werden können
  • Verzicht auf Klebfallen (Fliegenfänger) im Kuhstall oder Anbringung von Drahtgittern mit Maschenweite 16-23 mm um die Klebfallen herum
  • Schutz der Kolonien durch Verwendung fledermausfreundlicher Holzschutzmittel bei Gebäudesanierungen
  • Akzeptanzsteigerung bestehender Fledermausvorkommen in der Bevölkerung durch Quartierbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit
  • Erhaltung und Neuanlage von Hecken, Gehölzsäumen und Streuobstwiesen als verbindende Elemente von Teillebensräumen
  • Schutz von Winterquartieren (Gruben, Stollen usw.) vor Störungen im Winter, Sicherung durch geeignete Türen (Einflugspalten von 20x30 cm, die einen freien Einflug ermöglichen (Friemel & Zahn 2004)), Betreuung der Quartiere durch Fledermaussachverständige
  • Verzicht auf Neubau größerer Straßen im Radius von ca. 8 bis 15 km um bekannte Wochenstuben (Brinkmann et al. 2004), um einen Zerschneidungseffekt für die eng an Leitelemente gebundene Art zu vermeiden

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig - schlecht
  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend
  • Alpine Region: ungünstig - unzureichend

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+

Projekte im Internet

  • Initiative "Artenschutz im Steigerwald". Verschiedene Initiativen zur Erhaltung, Optimierung, Neuschaffung von Quartieren, Jagdgebieten usw. für Fledermäuse.
  • Artenhilfsprogramm Fledermaus des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zur Erhaltung und Entwicklung von Fledermausquartieren an Gebäuden.

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen

  • Brinkmann, R., Hensle, E. & Steck, C. (2001): Artenschutzprojekt Wimperfledermaus - Untersuchungen zu Quartieren und Jagdhabitaten der Freiburger Wimperfledermauskolonie als Grundlage für Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen. Gutachten im Auftrag der Landesanstalt für Umweltschutz, Karlsruhe: 50 S.
  • Hammer, M. (2002): Fledermäuse in der Stadt Hof - Kontrolle potenzieller Sommerquartiere, Praktische Maßnahmen zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Fledermäusen in der Stadt Hof. Bund Naturschutz in Bayern e.V. - Kreisgruppe Hof, Hof.
  • Meschede, A. & Rudolph, B.-U. (2010): 1985-2009: 25 Jahre Fledermausmonitoring in Bayern. UmweltSpezial Arten- und Lebensraumschutz. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg.
  • Reiter, G. & Zahn, A. (2006): Leitfaden zur Sanierung von Fledermausquartieren im Alpenraum. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, München.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Friedrich Kretzschmar
Regierungspräsidium Freiburg Ref. 56 - Naturschutz und Landschaftspflege
Bissierstr. 7
79114 Freiburg

Dr. Robert Brinkmann
Freiburger Institut für angewandte Tierökologie GmbH
Egonstr. 51-53
79106 Freiburg

Autoren

Matthias Simon, Heiko Köstermeyer, Karola Gießelmann, Janna Smit-Viergutz, Sandra Brand

Unter Mitarbeit von

Lothar Bach, Martin Biedermann, Robert Brinkmann, Markus Dietz, Patrick Dohm, Matthias Hammer, Christine Harbusch, Andreas Kiefer, Karl Kugelschafter, Gerhard Mäscher, Hinrich Matthes, Frauke Meier, Angelika Meschede, Wolfgang Rackow, Sabine Schade, Jürgen Schicker, Dagmar Stiefel, Marco Zimmermann

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