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Bundesamt für Naturschutz

Myotis myotis - Großes Mausohr

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1324
Artengruppierung
Fledermäuse
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): * (Ungefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): In hohem Maße verantwortlich

Beschreibung

Die Kirchenmaus

Das Große Mausohr ist ein typischer Untermieter in Kirchendachböden und anderen großen Dachstühlen. Dort befinden sich die meisten der, oft sehr großen, Wochenstuben. Die Tiere nutzen häufig ein Leben lang dasselbe Wochenstubenquartier.
Zur Jagd werden unterwuchsarme Wälder aufgesucht. Als Nahrung dienen dem Großen Mausohr vor allem große flugunfähige Laufkäfer, von denen zur Deckung des täglichen Nahrungsbedarfs ungefähr 20 bis 40 Individuen benötigt werden. Auch andere Insekten und Spinnen werden nicht verschmäht.
Bei der Jagd am Boden nimmt das Große Mausohr seine Beute nicht durch Echoortung wahr, sondern hört auf von der Beute verursachte Geräusche. Im Nahbereich jagt die Fledermaus mit Hilfe ihres Geruchssinns. Oft wird das Beutetier im Flug vom Boden aufgesammelt.

Verbreitung

Das große Mausohr ist eine europäische Art mit Vorkommen vom Mittelmeer bis nach Norddeutschland. Die östlichen Verbreitungsgrenze verläuft durch Weißrussland und die Ukraine.

Lebensraum

Das wärmeliebende Große Mausohr kommt im Sommer, außer in wärmebegünstigten Zonen, kaum über 800 m Höhe vor (Dietz et al. 2007). Als Jagdgebiet bevorzugt es unterwuchsarme Waldtypen, in erster Linie Laub- und Laubmischwälder (Audet 1990, Dietz et al. 2007, Dolch 2002, Güttinger 1997, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004, Simon et al. 2004). Außerdem nutzt es regelmäßig Nadelwälder ohne oder mit nur geringem Bodenbewuchs (Dietz et al. 2007, Güttinger 1997, Kulzer 2003). Bei entsprechender Beschaffenheit eignen sich auch Parks, Wiesen, Weiden und Ackerflächen zur Jagd (Arlettaz 1996, Dietz et al. 2007, Dolch 2002, Güttinger 1997, Simon & Boye 2004). Auf dem Weg vom Wochenstubenquartier, das sich meist auf Dachböden von Kirchen oder anderen exponierten Gebäuden befindet, in die Jagdgebiete orientiert sich das Große Mausohr an Hecken, Bächen, Waldrändern, Gebäuden und Feldrainen (Kulzer 2003).

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Das Große Mausohr ist eine typische Gebäudefledermaus. Die Wochenstubenquartiere befinden sich meist in störungs- und zugluftfreien, mittelgroßen bis großen Dachräumen vor allem alter Gebäude (Kirchen, Schlösser, Klöster etc.) (Dietz et al. 2007, Dolch 2002, Kulzer 2003, Reiter & Zahn 2006, Simon & Boye 2004, Simon et al. 2004). Selten werden Brückenhohlräume, Baumhöhlen oder warme unterirdische Räume genutzt (Dietz et al. 2007, Dolch 2002, Kulzer 2003, Reiter & Zahn 2006). Während Schlechtwetterperioden übertagen die Wochenstubentiere mitunter vorübergehend in Baumhöhlen in Jagdgebietsnähe (Simon & Boye 2004). Die Weibchen kehren zum größten Teil jährlich in ihre Geburtswochenstube zurück (Simon & Boye 2004). Eine hohe Quartiertreue gilt sowohl für die Wochenstubenquartiere als auch für die Männchen-, Paarungs- und Winterquartiere (Dietz et al. 2007, Kulzer 2003). Das Große Mausohr kennt neben dem Wochenstubenquartier häufig noch ein Ausweichquartier (Horáček 1985, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004, Simon et al. 2004, Zahn & Dippel 1997). Des Weiteren gibt es relativ regelmäßig einen Austausch zwischen verschiedenen Wochenstuben (Simon et al. 2004). Im Sommerquartier hängen Große Mausohren üblicherweise frei in einer oder mehreren Gruppen, sogenannten „Clustern“. 

Die Männchen halten sich im Sommer üblicherweise an verschiedenen Hangplätzen auf (Zahn & Dippel 1997). Diese Plätze sind ebenfalls oft in Dachböden von Kirchen oder anderen großen Gebäuden zu finden (Haensel 1990, Horáček 1985, Kulzer 2003, Reiter & Zahn 2006, Zahn & Dippel 1997). Außerdem halten sie sich in Hohlräumen an Gebäuden, hinter Fensterläden, in Höhlen, Stollen, Baumhöhlen, Nistkästen oder Fledermauskästen auf (Dietz et al. 2007, Kulzer 2003, Reiter & Zahn 2006, Schmidt 1995, Simon & Boye 2004). 

Die Hauptbeute des Großen Mausohrs stellen bodenbewohnende, große Laufkäferarten dar (Arlettaz 1996, Dietz et al. 2007, Kolb 1958, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004, Wolz 2002). Abhängig von der Verfügbarkeit wird auch andere Nahrung wie Maikäfer, Mistkäfer, Falter und ihre Raupen, Wiesenschnaken und Spinnen angenommen (Arlettaz 1996, Dietz et al. 2007, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). Die Beute wird überwiegend vom Boden erfasst, während die Jagd im freien Luftraum eine deutlich geringere Rolle spielt (Arlettaz 1996, Güttinger 1997, Kulzer 2003). Daher bevorzugt das Große Mausohr als Jagdgebiet Bereiche, in denen der Boden frei zugänglich ist (Arlettaz 1996, Güttinger 1997, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). 

Männchenquartiere können auch als Paarungsquartiere genutzt werden. Die Weibchen suchen die Männchen dort auf, legen dabei Distanzen von bis zu 70 km (regelmäßig) bzw. bis zu 150 km (in Einzelfällen) vom Wochenstubenquartier zurück (Schmidt 2003, Simon & Boye 2004, Simon et al. 2004) und bleiben dort einige Tage.

Bereits Ende August zur spätsommerlichen Schwärmzeit tauchen die ersten Tiere in den Winterquartieren auf, die bis zu 200 km von den Sommerquartieren entfernt liegen können (Simon & Boye 2004). Die Winterquartiere liegen in Felshöhlen, Grotten, Stollen, Kasematten, tiefen Kellern und Tunneln (Bogdanowicz & Urbanczyk 1983, Daan & Wichers 1968, Dietz et al. 2007, Eisentraut 1934, Haensel 1974, Horáček 1985, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004, Spitzenberger 1988), in denen die Tiere oft frei an Decke, Vorsprüngen oder Wänden hängen (Horáček 1985, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). In Quartieren mit stärkeren Luftbewegungen verkriechen sie sich in Nischen, Spalten und Hohlräumen (Horáček 1985, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). Im Verlauf des Winters erwachen die Tiere gelegentlich und verändern ihren Hangplatz den Temperaturverhältnissen entsprechend. In den Winterquartieren finden sich überwiegend Einzeltiere oder kleinere Gruppen (Dietz et al. 2007).

Für Große Mausohren wird ein Höchstalter von 25 Jahren angegeben, wobei noch 18 Jahre alte Weibchen erfolgreich Junge aufziehen können (Dietz et al. 2007, Simon & Boye 2004).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Die Großen Mausohren verlassen ihr Winterquartier in der Regel ab März, mitunter auch erst gegen Ende April (Simon & Boye 2004). Ab dieser Zeit erscheinen dann die ersten Tiere in den Sommerquartieren (Braun 1989, Horáček 1985, Kulzer 2003, Reiter & Zahn 2006). Im April, oder spätestens im Mai, sind die Wochenstuben komplett (Braun 1989, Dietz et al. 2007, Horáček 1985, Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). Es gibt Nachweise von über 2.000 Tieren in einer Wochenstube, allerdings sind es meist weniger als 150 erwachsene Weibchen (Boye et al. 1999, Simon & Boye 2004). Die Geburten finden zwischen Ende Mai und Anfang Juli statt (Dietz et al. 2007, Horáček 1985, Kulzer 2003). Üblicherweise wird nur ein Jungtier pro Weibchen geboren, Zwillingsgeburten sind selten (Kulzer 2003, Simon & Boye 2004). Die Geburtstermine hängen sehr von den klimatischen Bedingungen ab, wobei eine Tragzeit von 60-70 Tagen angenommen wird (Kulzer 2003). Ab August, in besonders warmen Sommern bereits Ende Juli, verlassen die Weibchen die Wochenstube. Bis Oktober haben sich die Wochenstuben dann weitgehend aufgelöst, lediglich einige Jungtiere verbleiben mitunter noch länger (Braun 1989, Dietz et al. 2007, Horáček 1985, Kulzer 2003). Die Paarungszeit reicht von August bis Oktober mit einem Schwerpunkt in der zweiten August- und der ersten Septemberhälfte (Horáček 1985, Kulzer 2003, Zahn & Dippel 1997). Es kommt aber auch noch über den Winter hinweg zu Paarungen (Simon & Boye 2004). Die Phase der Überwinterung beginnt ab September oder Oktober (Horáček 1985, Simon & Boye 2004). Der eigentliche Winterschlaf dauert ungefähr bis Februar (Horáček 1985).

Zur Jungenaufzucht benötigen die Großen Mausohren ausreichend nahrungsreiche Jagdgebiete, die sie über traditionelle Flugrouten erreichen. Zusammenhänge mit der Landnutzung ergeben sich daher bei allen forst- oder landwirtschaftlichen Nutzungen, die auf die vom Großen Mausohr benötigten offenen bzw. niedrig bewachsenen, insektenreichen Bodenflächen in Wäldern und im Offenland einen Einfluss haben. Darüber hinaus ist der Verlust der als Leitelemente und Jagdgebiete genutzten Landschaftsbestandteile (Hecken, Waldränder etc.) durch Vergrößerung der Ackerschläge zu nennen. Außerdem ist die Reduzierung des Insektenreichtums durch den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden auf landwirtschaftlichen Flächen und im Wald (Maikäferbekämpfung) problematisch. Schließlich können durch den Anbau nicht standortheimischer Baumarten Jagdgebiete im Wald in ihrem Insektenreichtum eingeschränkt oder durch forstliche Nutzung, insbesondere Kahlschläge, zahlreiche Quartiere zerstört werden.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nach Gruppen von Fledermäusen, die in einem lokalen Maßstab eine räumlich abgrenzbare Funktionseinheit (zu bestimmten Jahreszeiten) bilden, die wiederum für die Art von Bedeutung ist. 

Als lokale Population des Großen Mausohrs ist im Sommer die Wochenstube anzusehen. Meist liegt die Koloniegröße bei unter 150, in Einzelfällen aber auch bei über 2.000 Weibchen (Boye et al. 1999, Simon & Boye 2004). Die Wochenstuben sind im Grundsatz einfach gegeneinander abgrenzbar und werden von Dietz et al. (2006) als Grundeinheit bei der Bewertung des Zustandes von Populationen angesehen. Nutzt eine Wochenstube zusätzlich zu ihrem Wochenstubenquartier ein Ausweichquartier, so sind alle Individuen der genutzten Quartiere Angehörige einer lokalen Population. Eine Ermittlung der Koloniegröße als lokale Population ist in der Regel nur durch eine fachgutachterliche Untersuchung möglich. Hierzu muss überprüft werden, ob Wechselbeziehungen mit anderen Quartieren (Ausweichquartieren) bestehen.

Neben den Wochenstuben sind im Sommer die Männchenvorkommen und im Spätsommer Gruppen von Männchen und Weibchen in Paarungsquartieren als lokale Population anzusehen. Diese sind meist verstreut verteilt und lassen sich aufgrund fehlender Kenntnisse der Quartiere nur schwer als lokale Population abgrenzen. Häufig ist die Abgrenzung nur über die Ermittlung geeigneter Lebensräume (z.B. alle Individuen einer Ortslage oder in einem Waldgebiet) möglich.

Im Winter ziehen sich die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen in die Winterquartiere zurück. Da sich Tiere verschiedener Kolonien in einem Winterquartier versammeln können, entspricht die lokale Population im Winter nicht mehr der sommerlichen lokalen Population. Winterquartiere können sowohl während eines Winters, als auch im Verlauf der Jahre gewechselt werden. Daher bezieht sich je nach Winterquartiervorkommen die Abgrenzung der lokalen Population punktuell auf das einzelne Winterquartier oder auf den Raum eng (etwa < 100 m) beieinander liegender Winterquartiere.

Gefährdung

Da das Große Mausohr eng an Gebäudequartiere gebunden ist, ist die Zerstörung oder Beeinträchtigung dieser Quartiere durch Renovierung, Ausbau, Abriss, Einsatz ungeeigneter Holzschutzmittel oder Verschluss die größte Gefahr (Dietz et al. 2007, Dolch 2002, Güttinger 1997, Kulzer 1986, 2003, Kulzer et al. 1987, Reiter & Zahn 2006). Eine weitere Hauptgefährdung der Art besteht durch bestimmte forstwirtschaftliche Maßnahmen, da Wälder der Art als Hauptjagdgebiete dienen und Baumhöhlen nicht nur von Männchen, sondern phasenweise auch von Weibchen intensiv genutzt werden.

Land- und Forstwirtschaft

  • Lebensraumverlust durch Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Flächen zu größeren Äckern, die zum Verschwinden von Hecken und Säumen, die als Leitelemente dienen, führen und kleinräumig gegliederte, insektenreiche Kulturlandschaften zerstören
  • Reduzierung des Insektenangebotes durch Medikamenteneinsatz in der Viehhaltung (Entwurmung von Weidevieh) (vgl. Petermann 2011)
  • Umwandlung regelmäßig genutzter Wiesen oder Weiden, die zumindest phasenweise, wenn die Pflanzendecke kurz genug ist, von den Großen Mausohren als Jagdgebiete genutzt werden, in Ackerflächen (Grünlandumbruch)
  • Insektizid-/Herbizideinsatz im Wald (Maikäferbekämpfung) oder in der Landwirtschaft, der die Nahrungsgrundlage gefährdet oder zerstört und zur Giftanreicherung im Körper der Tiere führt
  • Anbau/Förderung nicht standortheimischen Baumarten (z.B. Douglasie (Goßner 2004)), die zu einer Verarmung der Artengemeinschaft (z.B. Insekten und Spinnen) führen
  • Starke Auflichtungen von Wäldern, die zur Verkrautung des Waldbodens oder zu sehr starker Naturverjüngung führen, können für das hauptsächlich am Boden jagende Große Mausohr zu Verlusten von Jagdgebieten führen
  • Verlust von Baumhöhlen (Quartierverlust), insbesondere auch an forstlich betrachtet „minderwertigen“ Bäumen wie stehendem Totholz, absterbenden Bäumen, Bäumen mit Schadstellen jeglicher Art

Sonstige

  • Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten durch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden und Großbrücken
  • Quartierverlust durch einen Verschluss der Ein- und Ausflugöffnungen an Quartiergebäuden zur Verhinderung der Einflugmöglichkeiten von Tauben, Dohlen u.a.
  • Beeinträchtigung des Quartiers durch Anstrahlen der Ein- und Ausflugöffnungen (v.a. an historischen Gebäuden mit Mausohrkolonien) und durch Lichtanlagen auf Dachböden und in Winterquartieren (z.B. Dauerbeleuchtung da Ausschalten vergessen wird, Schaltung über Bewegungsmelder)
  • Direkte Verfolgung oder Quartierverlust durch Verschluss von Quartieren, wegen besonderer Abneigung gegenüber Ansammlungen von Fledermäusen oder deren Exkrementen
  • Vergiftung der Tiere durch Holzschutzmittelbehandlungen in Dachstühlen
  • Beeinträchtigung der Sommer- oder Winterquartiere durch Störungen, wie touristische Führungen in Dachstühlen historischer Gebäude, Dacharbeiten, Reinigungsarbeiten zur Wochenstubenzeit, Höhlentourismus (u.a mit künstlichem Licht, wie Fackeln, Kerzen, Taschenlampen) und Vandalismus in Stollen und Höhlen im Herbst und Winter
  • Quartierverlust durch den Einfluss von Räubern (insbesondere Steinmarder und Schleiereulen), die durch ihre Anwesenheit eine Meidung der angestammten Quartiere verursachen
  • Beeinträchtigung oder Verlust von Winterquartieren, zum Beispiel durch Verschluss der Eingänge oder Veränderungen der klimatischen Situation im Quartier
  • Ein zunehmend an Bedeutung gewinnender Sonderfall der Beeinträchtigung von Quartieren ist die Anlage von Radwegen inkl. Beleuchtung in alten, nicht mehr genutzten Eisenbahntunneln. Diese werden auch von Großen Mausohren als Winterquartiere genutzt (Meinig et al. 2009, Skiba 2010).
  • Verlust zumindest zeitweise als Jagdgebiet genutzter Wiesen, Weiden und Streuobstwiesen durch Siedlungserweiterungen
  • Verlust von Landschaftsbestandteilen wie Hecken, Waldsäume, Feldgehölze, die als Leitelemente zur Orientierung genutzt werden
  • Verluste im Straßenverkehr (Kollision) und Zerschneidung von Lebensräumen durch Straßenbau

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population des Großen Mausohrs

Um Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs durch land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Erhaltung und Entwicklung kleinräumig gegliederter Landschaften mit insektenreichen Wiesen, Weiden, Ackerrandstreifen, Streuobstwiesen als zumindest vorübergehende Jagdgebiete und Hecken, Feldgehölzen u.ä. als Leitelemente
  • Reduktion des Insektizid- und Herbizideinsatzes (z.B. Förderung des Ökolandbaus oder integrierten Pflanzenschutzes) zur Sicherung der Nahrungsgrundlage und Vermeidung von Giftanreicherungen im Körper der Fledermäuse
  • Erhaltung des Nahrungsangebotes des Großen Mausohrs durch die Verringerung/Vermeidung des Einsatzes von Entwurmungsmitteln in der Weideviehhaltung durch den Gebrauch von Produkten mit geringerer Toxizität auf Nicht-Zielarten oder andere Alternativen zur „klassischen“ Entwurmung (vgl. Petermann 2011)

Forstwirtschaft

  • Erhaltung und Entwicklung unterwuchsarmer Wälder, v.a. Buchenhallenwälder mit höhlenreichem Altbaumbestand, stehendem Totholz, geringer Bodendeckung als Jagdgebiete, eventuell in geringem Maße Waldweide
  • Erhaltung/Kennzeichnung aller (lebender & toter) Quartier- und Höhlenbäume, insbesondere von für die Forstwirtschaft wertloser Bäume mit Quartierpotenzial (z.B. mit Zwiesel, Schadstellen)
  • Erhaltung und Entwicklung naturnah aufgebauter, insektenreicher Waldränder als Jagdgebiete und Flugrouten
  • Vermeidung des Insektizideinsatzes im Wald (Maikäferbekämpfung)
  • Vermeidung waldbaulicher Maßnahmen (z.B. starke Auflichtung, starke Durchforstung etc.) in Jagdgebieten des Großen Mausohrs, die zum Quartierverlust und zur Auflichtung und damit zur starken Förderung der Bodendeckung führen, um die Zugänglichkeit des Waldbodens für die bodenjagenden Mausohren zu sichern
  • Entnahme nicht standortheimischer Gehölze (z.B. Douglasie)

Sonstige Maßnahmen

  • Auffinden von Sommerquartieren und Sicherung derselben durch geeignete Steuerung von Baumaßnahmen und eine Betreuung der Quartiere und der Quartierbesitzer durch Fledermaussachverständige
  • Wiederherstellung von Sommerquartieren und Schaffung neuer Quartiermöglichkeiten (vgl. Biedermann et al. 2007, Dietz & Weber 2000, Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen 2009)
  • Vermeidung von Veränderungen der Einflugsituation und klimatischer Bedingungen in Wochenstubenquartieren, kein Einsatz fledermausschädlicher Holzschutzmittel, sondern nach Möglichkeit physikalische Holzschutzmaßnahmen.
  • Falls erforderlich Quartierschaffung durch Baumschädigung (z.B. gezieltes Fräsen von Höhleninitialen, Risse) vor allem in Bereichen mit Männchen- oder Paarungsquartieren
  • Suche nach Winterquartieren und deren Sicherung durch geeigneten Verschluss und Verhinderung von Störungen während der Winterruhe (z.B. durch Fledermausgitter); Betreuung der Quartiere.
  • Die Einrichtung von Fahrradwegen in Eisenbahntunneln sollte nur dann vorgenommen werden, wenn der Tunnel nachweislich nicht von Fledermäusen genutzt wird. Die Sicherung der Funktion als Quartier kann nicht dadurch erreicht werden, dass die Nutzung als Radweg auf den Sommer beschränkt wird, da viele Arten auch im Sommer diese Quartiere besuchen und nutzen. Außerdem erfordert die Anlage eines solchen Radweges meist weitere Umbaumaßnahmen (Verkehrssicherung, Beleuchtung etc.), die die Quartiereignung beeinträchtigen.
  • Erhaltung und Entwicklung von Hecken, gegliederten Waldrändern, Feldgehölzen und dergleichen mehr als Flugrouten
  • Akzeptanzsteigerung bestehender Vorkommen (Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärungsarbeit) um unabsichtliche oder absichtliche Beeinträchtigung oder Tötung der Tiere zu verhindern.

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig – unzureichend
  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend
  • Alpine Region: günstig

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+

Projekte im Internet

  • "Artenhilfsprogramm Fledermäuse und Höhlenbäume" des Landes Schleswig-Holstein zur Reduzierung des Bestandsrückgangs der Fledermäuse durch Schaffung und Sicherung günstiger Lebensräume für die verschiedenen Arten.Das Land fördert verschiedene Maßnahmen zur Erfassung, zur biologischen Forschung und zum Schutz der Fledermäuse.
  • Initiative "Artenschutz im Steigerwald". Verschiedene Initiativen zur Erhaltung, Optimierung, Neuschaffung von Quartieren, Jagdgebieten usw. für Fledermäuse.
  • Artenhilfsprogramm "Hauptstadt der Fledermäuse" der Stadt Berlin. Schaffung und Erhaltung von Quartieren, vor allem Winterquartieren, und Versorgung von Findlingen.
  • Artenhilfsprogramm Fledermaus des Bayrischen Landesamtes für Umwelt zur Erhaltung und Entwicklung von Fledermausquartieren an Gebäuden.
  • Artenschutzprojekt "Waldfledermäuse in Bayern - ein Monitoringprojekt" zur Erhaltung der Fledermäuse in Waldbereichen in Bayern durch Kartierung von Höhlenbäumen und Anbringen von Fledermauskästen durch die Stiftung Unternehmen Wald.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Matthias Simon
Luise-Berthold-Str. 24
35037 Marburg

Karl Kugelschafter
ChiroTEC - Verhaltenssensorik und Umweltgutachten
Hollersgraben 27
35102 Lohra

Dr. Andreas Zahn
Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern
Herrmann-Löns Str. 4
84478 Waldkraiburg

Bernd-Ulrich Rudolph
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Ref. 54, Arten- und Lebensraumschutz
Bürgermeister-Ulrich-Str. 160
86179 Augsburg

Autoren

Matthias Simon, Heiko Köstermeyer, Karola Gießelmann

Unter Mitarbeit von

Lothar Bach, Martin Biedermann, Robert Brinkmann, Sandra Brand, Markus Dietz, Patrick Dohm, Matthias Hammer, Christine Harbusch, Andreas Kiefer, Karl Kugelschafter, Gerhard Mäscher, Hinrich Matthes, Frauke Meier, Angelika Meschede, Henrik Pommeranz, Wolfgang Rackow, Ulf Rahmel, Sabine Schade, Jürgen Schicker, Janna Smit-Viergutz, Dagmar Stiefel, Marco Zimmermann

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