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Bundesamt für Naturschutz

Myotis mystacinus - Kleine Bartfledermaus

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1330
Artengruppierung
Fledermäuse
Synonyme
Vor 1970 keine artliche Trennung der Großen und Kleinen Bartfledermaus, beide als Bartfledermaus bezeichnet; weitere in Südosteuropa mit diesem Namen angesprochene Arten heute als M. aurascens und M. alcathoe
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): * (Ungefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Der heimliche Doppelgänger

Die Kleine Bartfledermaus zählt mit rund 4 cm Körperlänge zu den kleinsten Arten der Gattung Myotis in Mitteleuropa. Sie ist sehr anpassungsfähig und besiedelt vor allem kleinräumig gegliederte Kulturlandschaften, Wälder und Siedlungsbereiche. Als Jagdgebiete nutzt sie Wälder, Waldränder, Gewässerufer, Hecken und Gärten. Für ihre Wochenstuben nutzt sie als typische spaltenbewohnende Fledermaus vor allem Quartiere in Hohlräumen in und an Gebäuden hinter Fensterläden, Wandverkleidungen, in Fugen oder Rissen, weiterhin auch in Baumhöhlen oder hinter abstehender Borke. Die Winterquartiere liegen in unterirdischen Stollen, Kellern und aufgelassenen Bergwerken. Die Kleine Bartfledermaus ernährt sich hauptsächlich von fliegenden Insekten, kann aber auch Insekten und Spinnen von Pflanzen absammeln.
Aufgrund ihrer versteckten und heimlichen Lebensweise und der Schwierigkeit, dass sie akustisch nicht von der Großen Bartfledermaus (Myotis brandtii) zu unterscheiden ist, ist der Bestand der Kleinen Bartfledermaus im Allgemeinen nur schwer zu beurteilen.

Merkmale der Kleinen Bartfledermaus

Die Kleine Bartfledermaus hat ein krauses, nuss- bis graubraunes Rückenfell und helles bis dunkelgraues Bauchfell. Die Schnauze, Ohren und Flughäute sind komplett schwarzbraun. Die Art ist leicht mit der Großen Bartfledermaus, der Zwerg- und der Nymphenfledermaus zu verwechseln.

Lebensraum

Die Kleine Bartfledermaus ist eine typische Siedlungsfledermaus. Es gibt allerdings regelmäßig Nachweise von Kolonien im Wald oder in Waldnähe außerhalb von Siedlungen, wenn ein entsprechendes Angebot an Baumhöhlen oder Borkenspalten vorhanden ist (Cordes 2004, Häussler 2003). Die Kleine Bartfledermaus erweist sich hinsichtlich ihrer Jagdlebensräume als sehr anpassungsfähige Art. Ihre Jagdgebiete finden sich sowohl im Wald, als auch in der halboffenen, kleinräumig gegliederten und gehölzreichen Kulturlandschaft. Eine weitere Vorliebe zeigt sie offenbar für Fließgewässer mit Uferrandbewuchs (Cordes 2004, Taake 1984, Taake 1992).

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Kleine Bartfledermaus ist eine ortstreue Art. Ihre Sommerquartiere befinden sich in Spalten und Hohlräumen in und an Gebäuden z.B. hinter Fensterläden, Wandverkleidungen, in Fugen oder Rissen z.B. auch in Brücken, aber ebenso in Baumhöhlen oder hinter abstehender Borke (Dietz 2005, Godmann 1995, Zöphel & Wilhelm 1999). Wochenstuben bevorzugen offenbar Quartiere mit hohen Innentemperaturen. Selbst bei Temperaturen von 48°C halten sich die Tiere noch auf der Sonnenseite ihres Quartiers auf (Hübner 2001). Die Wochenstuben umfassen regelmäßig 10-70 Weibchen (Dietz et al. 2007, Schober & Grimmberger 1998), es werden aber auch immer wieder Wochenstuben mit mehr als hundert Weibchen gefunden (Häussler 2003, Müller 1993). Das Wochenstubenquartier wird von den Kolonien häufig gewechselt (Franke 1997, Simon et al. 2004). Die Männchen verweilen den Sommer über meist einzeln in Gebäudequartieren, Nistkästen oder Baumhöhlen und -spalten (häufig in der Nähe der Wochenstubenquartiere) (Häussler 2003). 

Der Jagdflug der Kleinen Bartfledermaus ist mäßig schnell (10-15 km/h), aber wendig und kurvenreich. Sie jagt entlang von Wäldern, Waldrändern, Gewässerufern und Hecken, auf Flächen mit lockerem Baumbestand wie Streuobstwiesen und Gärten (Godmann 1995, Taake 1984). Die Kleine Bartfledermaus nutzt, wie andere Fledermausarten, jahreszeitlich verschiedene Jagdgebiete. In der Wochenstubenzeit, von Mai bis Juli, jagt sie vermehrt in Wäldern. Hierbei fliegt sie sowohl sehr niedrig über dem Boden, als auch in 15 m Höhe zwischen den Baumkronen (Häussler 2003). Ab Ende Juli ist die Kleine Bartfledermaus bei der Jagd dann häufiger in eher offenem Gelände z.B. entlang von Gehölzen und an Gewässern zu finden (Zahn & Maier 1997). Besonders bei der Jagd an Gewässern sinkt ihre Flughöhe auf 1-3 m (Häussler 2003). Dabei werden vor allem Stillgewässerbereiche und Kleingewässer aufgrund ihres höheren Insektenvorkommens bevorzugt. In der Regel wird auf fliegende Insekten Jagd gemacht. Die Kleine Bartfledermaus kann diese nah am Pflanzenbewuchs erbeuten oder von der Oberfläche der Pflanzen direkt absammeln. Die Nahrung ist durchaus vielfältig, besteht aber vor allem aus Insekten wie Zweiflüglern (Schnaken, Fenstermücken, Stechmücken, Zuckmücken), Nachtfaltern, Hautflüglern und Netzflüglern (Rindle & Zahn 1997, Taake 1992). Andere Insektengruppen z.B. Käfer wurden ebenfalls nachgewiesen, die lokal größere Anteile der Beute ausmachen können (Beck 1995, Taake 1992). 

Die Paarung erfolgt in den Männchen- oder in den Winterquartieren. Nistkästen werden ebenfalls als Paarungsquartiere genutzt (Meschede & Heller 2000, Taake 1984). 

Zwischen den Sommer- und den Winterquartieren wird meistens nur eine Distanz von unter 50 km zurückgelegt. Die weiteste festgestellte Wanderung erfolgte über 240 km (Feldmann 1979). Die Winterquartiere befinden sich in frostfreien Höhlen, Stollen und Kellern mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt (0-10°C) und mit hoher Luftfeuchtigkeit (Kraus & Gauckler 1972, Taake 1984). Dort halten sich die Tiere meist einzeln (nur selten sind Quartiere mit über 100 Tieren bekannt) in Spalten und Bohrlöchern an Wänden und Decken auf (Vierhaus 1994, Zöphel & Wilhelm 1999).

Das Höchstalter der Kleinen Bartfledermaus liegt bei über 24 Jahren (Kock 1994). Meistens ist das nachgewiesene Alter jedoch wesentlich niedriger und liegt bei 3,5-5 Jahren (Dietz et al. 2007, Tupinier & Aellen 2011).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Nach dem Winterschlaf bezieht die Kleine Bartfledermaus im Mai ihr Wochenstubenquartier. Die Weibchen finden sich dort in Wochenstuben zusammen. Sie bringen jeweils ein Junges zur Welt, nur in sehr seltenen Fällen finden Zwillingsgeburten statt. Die Geburt der Jungtiere erfolgt bis Ende Juni (Dietz et al. 2007, Häussler 2003). Mitte bis Ende August, nach der Jungenaufzucht, lösen sich die Wochenstuben wieder auf. Im Herbst und Winter bis ins zeitige Frühjahr hinein erfolgt die Paarung der Tiere. Ab November bis Anfang Mai bezieht die Kleine Bartfledermaus ihre Winterquartiere.

Besonders in der Zeit der Jungenaufzucht benötigen die adulten Weibchen eine gute Nahrungsgrundlage und somit insektenreiche Jagdgebiete. Hierfür nutzen sie vor allem halboffene, kleinräumig gegliederte Kulturlandschaften, Wälder, Waldränder, Gewässerufer, Klein- und Stillgewässer, Hecken und Gärten. 

Die Kleine Bartfledermaus ist daher besonders z.B. durch Flurbereinigung und stärkere landwirtschaftliche Nutzung, die zur Abnahme von kleinräumig gegliederten Kulturlandschaften mit ausreichend insektenreichen Landschaftselementen führen, beeinträchtigt. Da die Wochenstubenquartiere häufig im Siedlungsbereich liegen, benötigt die Kleine Bartfledermaus eine Anbindung der Siedlungsbereiche an das Umland. Diese kann vor allem durch die Entnahme und Pflege von Hecken, Obstbäumen und Feldgehölzen, z.B. bei der Zusammenlegung kleiner Parzellen zu großen Schlägen, verringert werden. Der Einsatz von Insektiziden reduziert ebenfalls die Nahrungsgrundlage der Kleinen Bartfledermaus (Dietz et al. 2007, Häussler 2003). Maßnahmen wie die Trockenlegung von Kleingewässern und Grabenräumungen in Gebieten landwirtschaftlicher Nutzung und in Waldbereichen entziehen der Kleinen Bartfledermaus eine wichtige Nahrungsgrundlage. 

Da sich nicht nur die Jagdgebiete in Wäldern befinden, sondern auch immer wieder Wochenstuben in Waldgebieten nachgewiesen werden, ist der Hauptgefährdungsfaktor hier die verstärkte forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder, insbesondere die Entfernung von Altbaumbeständen und Höhlenbäumen. Besonders in der Wochenstubenzeit werden Wälder als Jagdgebiete genutzt. Daher können Insektizideinsätze, Trockenlegung von Kleingewässern oder feuchten Wäldern ebenfalls eine wichtige Nahrungsgrundlage der Kleinen Bartfledermaus verringern.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nach Gruppen von Fledermäusen, die in einem lokalen Maßstab eine räumlich abgrenzbare Funktionseinheit (zu bestimmten Jahreszeiten) bilden, die wiederum für die Art von Bedeutung ist. 

Als lokale Population der Kleinen Bartfledermaus ist im Sommer die Wochenstube anzusehen. Meist liegt die Koloniegröße bei 10-70 (Dietz et al. 2007, Schober & Grimmberger 1998), es werden aber auch immer wieder Wochenstuben mit mehr als hundert Weibchen gefunden (Häussler 2003, Müller 1993). Die Wochenstuben sind im Grundsatz einfach gegeneinander abgrenzbar und werden von Dietz & Simon (2006) als Grundeinheit bei der Bewertung des Zustandes von Populationen angesehen. Bei der Kleinen Bartfledermaus können häufige Wechsel zwischen verschiedenen Wochenstubenquartieren beobachtet werden (Franke 1997, Kiefer 1996, Simon et al. 2004). Nutzt eine Wochenstube mehrere Quartiere, so bezeichnet man die Gesamtheit der genutzten Quartiere als Quartierverbund. Im Regelfall ist dieser räumlich klar abgrenzbar (z.B. innerhalb einer kleinen Ortslage oder eines Waldgebietes). Alle Individuen eines solchen Verbundes sind als Angehörige einer lokalen Population anzusehen. Aufgrund der Nutzung solcher Quartierverbunde und der versteckten Lebensweise der Tiere, ist eine Ermittlung der Koloniegröße als lokale Population in der Regel nur durch eine fachgutachterliche Untersuchung möglich. 

Neben den Wochenstuben sind im Sommer die Männchenvorkommen und im Spätsommer Gruppen von Männchen und Weibchen in Paarungsquartieren als lokale Population anzusehen. Diese sind meist verstreut verteilt und lassen sich aufgrund fehlender Kenntnisse der Quartiere nur schwer als lokale Population abgrenzen. Häufig ist die Abgrenzung nur über die Ermittlung geeigneter Lebensräume (z.B. alle Individuen einer Ortslage oder in einem Waldgebiet) möglich.

Im Winter ziehen sich die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen in die Winterquartiere zurück. Da sich Tiere verschiedener Kolonien in einem Winterquartier versammeln können, entspricht die lokale Population im Winter nicht mehr der sommerlichen lokalen Population. Winterquartiere können sowohl während eines Winters, als auch im Verlauf der Jahre gewechselt werden. Daher bezieht sich je nach Winterquartiervorkommen die Abgrenzung der lokalen Population punktuell auf das einzelne Winterquartier oder auf den Raum eng (etwa < 100 m) beieinander liegender Winterquartiere.

Gefährdung

Eine Gefährdungsursache für die Kleine Bartfledermaus kann eine Abnahme von Leitelementen wie Hecken, Feldgehölzen oder Baumreihen in einer halboffenen Kulturlandschaft sein, da dadurch die Verbindung zwischen den Jagdgebieten und Wochenstubenquartieren verschlechtert wird oder insektenreiche Landschaftsbestandteile, die als Jagdgebiete genutzt werden, wegfallen. Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die verstärkte forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder, insbesondere die Entfernung von Altbaumbeständen und Höhlenbäumen.

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

  • Lebensraumverlust durch Zusammenlegung von Flächen zu größeren Äckern, die zum Verschwinden von Hecken, Säumen, usw. führen und kleinräumig gegliederte, insektenreiche Kulturlandschaften zerstören
  • Verschlechterung des Nahrungsangebotes durch Verringerung des Bracheanteils aufgrund der Wiederaufnahme der Bewirtschaftung von insektenreichen Brachen (z.B. Energiepflanzenanbau)
  • Jagdgebietsverlust durch Trockenlegung von Feuchtgebieten und Kleingewässern in Wäldern sowie in der Kulturlandschaft
  • Der Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in der Land- und Forstwirtschaft reduziert die Nahrungsgrundlage der Kleinen Bartfledermaus und vergiftet die Tiere durch Anreicherung der Giftstoffe in ihren Körpern
  • Verlust von Jagdgebieten durch Reduktion naturnaher, stufenreicher Waldränder und stufenreicher Wälder
  • Hindernis/Verletzungsgefahr bei der Jagd an mit Netzen überspannten Fischteichen

Sonstige

  • Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten in Siedlungen durch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden
  • Vergiftung der Quartiere durch Holzschutzmittelbehandlungen in Dachstühlen
  • Direkte Verfolgung oder Quartierverlust durch Verschluss von Quartieren, wegen besonderer Abneigung gegenüber Ansammlungen von Fledermäusen oder deren Exkrementen
  • Beeinträchtigung des Quartiers durch Anstrahlen der Ein- und Ausflugöffnungen (häufig z.B. an historischen Gebäude mit Kolonien der Kleinen Bartfledermaus) und durch Lichtanlagen in Winterquartieren (z.B. Dauerbeleuchtung)
  • Verlust von Jagdgebieten durch Reduktion natürlicher oder naturnaher, breiter (mehr als 5 m) Gewässerrandstreifen mit Gehölzen und Einzelbäumen
  • Jagdgebietsverlust durch Siedlungserweiterungen, da z.B. dörfliche Obstgärten und Streuobstwiesen durch die Erschließung von Neubaugebieten verloren gehen
  • Verlust linearer Landschaftsbestandteile als Orientierungsmöglichkeit z.B. bei Flügen in die Jagdgebiete und als Jagdgebiete an sich durch die Verringerung von Hecken, Feldgehölzen und Säumen
  • Verschlechterung der Nahrungsverfügbarkeit und Gefährdung der Art durch Anreicherung der Giftstoffe im Körper der Tiere durch den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden im Gartenbau
  • Beeinträchtigung von Quartieren durch die Anlage von Radwegen in alten, nicht mehr genutzten Eisenbahntunneln, die häufig als Winterquartiere, im Sommer aber auch als Männchen- oder Paarungsquartiere genutzt werden (Meinig et al. 2009)
  • Quartierverlust durch Brückensanierungen
  • Gefährdung der Art durch häufige Störungen in den Winterquartieren (Stollen, aufgelassene Bergwerke, Keller) durch Höhlentourismus/Vandalismus
  • Kollisionsgefahr an Verkehrswegen

Erhaltungsmaßnahmen

Um Beeinträchtigungen der Kleinen Bartfledermaus durch Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Erhaltung/Entwicklung kleinräumig gegliederter Kulturlandschaften mit breiten blütenreichen Säumen (Ackerrand- und Brachestreifen), Hecken und Feldgehölzen, die einen großen Insektenreichtum bieten
  • Erhaltung/Entwicklung von Feuchtgebieten in landwirtschaftlichen Gebieten zur Sicherung der Nahrungsgrundlage
  • Aufrechterhaltung der Nutzung von Obstbaumgürteln und Streuobstwiesen in Siedlungsnähe und als Landschaftselemente in der Kulturlandschaft
  • Minimierung des Insektizid- und Herbizideinsatzes in der Landwirtschaft zur Sicherung der Nahrungsgrundlage der Kleinen Bartfledermaus
  • Erhaltung/Entwicklung von Gebieten mit halboffenen Landschaftselementen und einer hohen Anzahl an Blütenpflanzen; die Bepflanzung ganzer Landstriche mit Monokulturen sollte vermieden werden

Forstwirtschaft

  • Erhaltung/Entwicklung blüten- und stufenreicher Waldränder (möglichst natürlich) und gebüschreicher Wälder mit hohem Altholzanteil zur Sicherung attraktiver Jagd- und Quartiergebiete
  • Erhaltung von starkem stehendem Totholz z.B. schlechtwüchsige oder andere Bäume geringer Wertigkeit besonders im Bereich von Gewässern sowie von Au- und Feuchtwäldern zur Verbesserung der Quartiersituation der Wochenstuben-, Männchen- und Paarungsquartiere (mindestens ein bis zwei Bäume pro Hektar bis zum Zerfall stehen lassen)
  • Verzicht auf den Einsatz von Insektiziden, solange dieser nicht zur Bekämpfung einer den Waldbestand gefährdenden Massenvermehrung von Forstschädlingen notwendig ist 
  • Erhaltung/Entwicklung von Kleingewässern und Feuchtgebieten in Wäldern als Jagdgebiete

Fischereiwirtschaft

  • Kein Überspannen von Kleingewässern/Fischteichen mit Netzen zur Vermeidung von Gefahrenquellen für die Fledermäuse auf der Jagd
  • Anlage von Schönteichen (ohne Fischbesatz) zusätzlich zu den Fischteichen zur Verbesserung der Nahrungsgrundlage in Jagdgebieten der Kleine Bartfledermaus
  • Erhaltung/Entwicklung naturnaher Gewässer im Bereich von Wäldern zur Sicherung der Nahrungsgrundlage

Sonstige Maßnahmen

  • Erhaltung/Neuschaffung von Quartieren vor allem Spaltenquartieren in und an Gebäuden zur Verbesserung der Quartiermöglichkeiten besonders auch an Gebäuden im Wald und in Waldnähe (z.B. Jagdkanzeln, Forsthütten) (vgl. Dietz & Weber 2000)
  • Erhaltung/Entwicklung von fledermaustauglichen Fassadenverkleidungen und Erhaltung von Holzfensterläden zum Quartierschutz
  • Schutz der Kolonien durch Verwendung fledermausfreundlicher Holzschutzmittel
  • Akzeptanzsteigerung für bestehende Fledermausvorkommen bei der Bevölkerung durch Quartierbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit durch Fledermaussachverständige
  • Einrichtung von Fahrradwegen in Eisenbahntunneln nur dann, wenn dieser nachweislich nicht von Fledermäusen als Quartier (Sommer-, Winter- oder Paarungsquartier) genutzt werden
  • Erhaltung/Neuschaffung von Quartieren vor allem Spaltenquartieren in und an Brücken zur Verbesserung der Quartiermöglichkeiten
  • Erhaltung/Entwicklung einer kleinräumig gegliederten und abwechslungsreichen Kulturlandschaft zur besseren Anbindung von Siedlungen an das Umland
  • Erhaltung/Entwicklung von Streuobstwiesen, Hecken, Feldgehölzen zur Sicherung der Nahrungsgrundlage
  • Verzicht auf Insektizide und Herbizide im Gartenbau
  • Erhaltung und Neuanlage von Hecken, Gehölzsäumen und Streuobstwiesen besonders in Siedlungsnähe als verbindende Elemente von Teillebensräumen
  • Erhaltung naturnaher Gewässerverläufe, die die Landschaft erschließen mit möglichst breiten Gewässerrandstreifen mit Büschen, Baumgruppen und Einzelbäumen
  • Erhaltung/Öffnung von Stollen und Bergwerken, so dass sie für Fledermäuse zugänglich sind, zur Verbesserung der Winterquartiersituation
  • Schutz der Tiere in den unterirdischen Winterquartieren durch geeignete Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugtes Betreten zur Vermeidung von Störungen (durch z.B. Fledermausgitter).
  • Vermeidung von Verkehrsopfern durch Grünbrücken über Autobahnen, Unterführungen, Schutzwänden, Straßentunneln etc. (Haensel & Rackow 1996)
  • Vermeidung von Straßenneubau mit Trassenführungen, die zur Zerschneidung der Jagdgebiete und somit zu Verkehrsopfern führen

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: unbekannt
  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend
  • Alpine Region: günstig

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+

Projekte im Internet

  • "Artenhilfsprogramm Fledermäuse und Höhlenbäume" des Landes Schleswig-Holstein zur Reduzierung des Bestandsrückgangs der Fledermäuse durch Schaffung und Sicherung günstiger Lebensräume für die verschiedenen Arten.Das Land fördert verschiedene Maßnahmen zur Erfassung, zur biologischen Forschung und zum Schutz der Fledermäuse.
  • Initiative "Artenschutz im Steigerwald". Verschiedene Initiativen zur Erhaltung, Optimierung, Neuschaffung von Quartieren, Jagdgebieten usw. für Fledermäuse.
  • Artenschutzprojekt "Waldfledermäuse in Bayern - ein Monitoringprojekt" zur Erhaltung der Fledermäuse in Waldbereichen in Bayern durch Kartierung von Höhlenbäumen und Anbringen von Fledermauskästen durch die Stiftung Unternehmen Wald.
  • Artenhilfsprogramm Fledermaus des Bayrischen Landesamtes für Umwelt zur Erhaltung und Entwicklung von Fledermausquartieren an Gebäuden.
  • Artenhilfsprogramm "Hauptstadt der Fledermäuse" der Stadt Berlin. Schaffung und Erhaltung von Quartieren, vor allem Winterquartieren, und Versorgung von Findlingen.

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen

  • Hammer, M. (2002): Fledermäuse in der Stadt Hof - Kontrolle potenzieller Sommerquartiere, Praktische Maßnahmen zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Fledermäusen in der Stadt Hof. Bund Naturschutz in Bayern e.V. - Kreisgruppe Hof, Hof.
  • Meschede, A. & Rudolph, B.-U. (2010): 1985-2009: 25 Jahre Fledermausmonitoring in Bayern. UmweltSpezial Arten- und Lebensraumschutz. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg.
  • Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (2008): "Gemeinsam für Knoblauchkröte, Abendsegler & Co." - Artenhilfsprogramm Schleswig-Holstein 2008, Kiel. Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Kiel.
  • Reiter, G. & Zahn, A. (2006): Leitfaden zur Sanierung von Fledermausquartieren im Alpenraum. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, München.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Matthias Simon
Luise-Berthold-Str. 24
35037 Marburg

Autoren

Matthias Simon, Karola Gießelmann, Heiko Köstermeyer, Sandra Brand

Unter Mitarbeit von

Lothar Bach, Martin Biedermann, Robert Brinkmann, Markus Dietz, Patrick Dohm, Matthias Hammer, Christine Harbusch, Andreas Kiefer, Karl Kugelschafter, Gerhard Mäscher, Hinrich Matthes, Frauke Meier, Angelika Meschede, Henrik Pommeranz, Wolfgang Rackow, Ulf Rahmel, Sabine Schade, Jürgen Schicker, Janna Smit-Viergutz, Dagmar Stiefel, Marco Zimmermann

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