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Bundesamt für Naturschutz

Najas flexilis - Biegsames Nixenkraut

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1833
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Synonyme
Caulinia flexilis
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): 0 (Ausgestorben oder verschollen)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): VU (Gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Metzing et al. 2018): In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich (Vorkommen an der unteren Isar)

Beschreibung

Im Reich der Wassernymphen

Das Biegsame Nixenkraut ist eine einjährige, zarte Wasserpflanze mit niederliegendem, biegsamem Stängel. Es wächst vor allem im Flachwasser von nährstoffarmen oder mäßig nährstoffreichen Seen. Oft sind Teile der Pflanze von Schlammablagerungen überdeckt und nur die Triebspitzen mit den Blüten ragen hervor. Dadurch wird die Art leicht übersehen. Die Bestäubung der Blüten findet unter Wasser statt und ist eine Besonderheit bei Pflanzen. In Deutschland gilt das Biegsame Nixenkraut als verschollen, da der letzte Nachweis vom Bodensee fast 40 Jahre zurückliegt. Im Norddeutschen Tiefland, wo die Art sehr selten zu finden war, ist sie ebenfalls seit langem ausgestorben.

Lebensraum

Das Biegsame Nixenkraut besiedelt in Deutschland bevorzugt nährstoffarme, kalkreiche Stillgewässer. Dort wächst es hauptsächlich in den flachen Gewässerzonen und Buchten, kann aber bei guten Lichtverhältnissen auch noch in tieferen Bereichen (bis zu 2 m, seltener bis zu 6 m Tiefe) vorkommen. Aus anderen Ländern werden auch Vorkommen in relativ kalkarmen Gewässern mit Dominanz von Isoetes spec., Litorella unifloraJuncus bulbosus oder Myriophyllum alterniflorum angegeben (z.B. Wingfield et al. 2005, 2006). Das Biegsame Nixenkraut wächst niederliegend am Boden von Seen und kann dort bei günstigen Bedingungen dichte Unterwasser-Wiesen ausbilden. Häufig sind große Teile der Pflanze von Schlamm bedeckt und nur die etwas aufsteigenden Triebe sind sichtbar.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Das Biegsame Nixenkraut findet man vor allem in nährstoffarmen bis mäßig nährstoffreichen (oligo- bis mesotrophen) Stillgewässern. Die Nährstoffversorgung kann offenbar weitgehend über das Wurzelsystem erfolgen (Carignan 1982), wodurch die Pflanze weniger von den Nährstoffkonzentrationen im Freiwasser abhängig ist. Bemerkenswert ist, dass das Biegsame Nixenkraut trotz der Bevorzugung von kalkreichen Gewässern ausschließlich freies CO² als Kohlenstoffquelle verwenden kann (Hough & Fornwall 1988).

Es bevorzugt flache Gewässerabschnitte und -buchten mit einer Wassertiefe von 30 cm bis 1 m. Bei guten Lichtverhältnissen wächst die Art allerdings auch noch in zwei bis sechs Metern Tiefe. Aus Nordamerika wurde eine außergewöhnliche maximale Tiefe von 12-14 m berichtet (Pip & Simmons 1986). Die Wurzeln der Pflanze sind im meist basen- bzw. kalkreichen, humosen, sandigen oder schlammigen Untergrund verankert. Oft sind ganze Teile der Pflanze von Bodensatz überlagert und nur wenige aufsteigende Triebe sichtbar (Casper & Krausch 1980). Dadurch wird die Pflanze leicht übersehen.

Unter günstigen Bedingungen ist das Biegsame Nixenkraut in der Lage, dichte Unterwasser-Rasen auszubilden, meist liegt es aber eher locker ausgebreitet im Wasser. In nährstoffreicheren Gewässern wird das empfindliche Nixenkraut durch konkurrenzkräftigere Pflanzen schnell verdrängt. In ihrem derzeitigen Hauptverbreitungsgebiet in Nordamerika zeigt die Art mitunter ein ausgeprägtes Pionierverhalten nach Störungen (Wingfield et al. 2004) und wurde sogar zum Problemfall durch Massenentwicklungen (Tazik et al. 1982).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Das Biegsame Nixenkraut verbringt seinen ganzen Lebenszyklus untergetaucht im Wasser. Auch zur Blütezeit erreichen die Triebe mit den unscheinbaren Blüten nicht die Wasseroberfläche. Die Bestäubung der Blüten findet somit vollständig unter Wasser statt (sog. Hydrophilie), was eine seltene Erscheinung unter den im Wasser lebenden Samenpflanzen darstellt (Huang et al. 2001, Sculthorpe 1967). Die Pflanzen sind monözisch, d.h. es kommen jeweils männliche und weibliche Blüten gemeinsam auf einer Pflanze vor. Gemischtgeschlechtliche Blüten gibt es allerdings nicht. Eine vegetative Vermehrung der Pflanzen spielt keine Rolle (Hutchinson 1975), weswegen die Art auf die Verbreitung ihrer Samen angewiesen ist. Die Samen des Biegsamen Nixenkrautes dienen der Pflanze zur Überwinterung. Als einjährige Art stirbt das Biegsame Nixenkraut im Herbst nach der Fruchtreife ab. Die Samen treiben erst auf dem Wasser bis sie schließlich zu Boden sinken, wo sie in den oberen Schichten des Bodens überwintern. Über Wasservögel können die Samen auch in benachbarte Gewässer transportiert werden. Im Frühjahr entwickeln sich aus den Samen Pflanzen, die etwa im Juli zur Blüte gelangen. Keimungsversuche mit schottischem Pflanzenmaterial zeigten, dass die Samen am besten nach einer mehrmonatigen Kälteperiode im Licht unter sauerstofffreien Bedingungen und Temperaturen > 16°C keimen (Wingfield et al. 2004). Eine geringere Keimung erfolgte allerdings auch im Dunkeln bei niedrigeren Temperaturen sowie in 10 cm Bodentiefe. Die Blütezeit erstreckt sich bis in den August hinein. Die Samen sind vermutlich in der Lage, auch längere Zeit im Boden zu überdauern und eine sogenannte Samenbank aufzubauen. Die genaue Überlebensdauer ist bislang noch nicht ausreichend untersucht worden. Ein Überleben der Samen auf dem Trockenen (z.B. bei Tiefwasserständen) ist ebenfalls möglich (Tazik 1982). Das Zusammenspiel von Pflanzeneigenschaften, wie etwa die einjährige Lebensspanne, das Fehlen vegetativer Vermehrung, die untergetauchte Lebensweise und die ungerichtete Bestäubung der Blüten durch das Wasser, machen die Art äußerst empfindlich gegenüber Einflüssen von außen und Lebensraumveränderungen. Eingriffe in den Lebensraum bzw. den Lebenszyklus dieser Art durch Landnutzungsaktivitäten, wie etwa durch das Einleiten von Abwasser, landwirtschaftliche Einträge, die Versauerung der Gewässer durch sauren Regen und andere Verschmutzungen, können zum Ausfall der Samenproduktion und zu geringerem Wachstum der Pflanzen führen (Wingfield et al. 2006).

Gefährdung

In Deutschland ist das Verschwinden des Biegsamen Nixenkrauts wahrscheinlich hauptsächlich dem Eintrag von Nährstoffen in die Gewässer zuzuschreiben (Hauke 2003). Dadurch werden vor allem konkurrenzstarke Arten gefördert, die dann konkurrenzschwächere Arten verdrängen.

  • Im Bodensee sind die letzten Vorkommen der Art in einem Zeitraum kurz vor Erreichen der höchsten Nährstoffgehalte im Wasser Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts vermerkt (Lang 1973). Erst seit den 80er Jahren nimmt dort die Nährstoffbelastung wieder ab (Roßknecht 2006). Ähnliches gilt für den Parsteiner See, der im selben Zeitraum durch intensive Landwirtschaft und Karpfenzucht ungünstig verändert wurde (Nixdorf et al. 2004)
  • Nachteilig für Najas flexilis als ausschließlicher Kohlendioxid-Verwerter ist auch die mit Nährstoffeintrag einhergehende Alkalisierung der Gewässer, da bei höheren pH-Werten zunehmend Bicarbonat bzw. Carbonat anstatt freiem Kohlendioxid vorliegt (Wingfield et al. 2006). Bicarbonat kann zudem von den meisten konkurrierenden Wasserpflanzenarten genutzt werden
  • Eine verstärkte Algenbildung im Wasser wie auch auf den Wasserpflanzen selbst führt zur zunehmenden Beschattung der Pflanzen und zu Konkurrenz um Nährstoffe
  • Eine mögliche Versauerung des Lebensraums kann sich ungünstig auf die Samenproduktion und damit auf die Überlebensfähigkeit der einjährigen Pflanze auswirken (Titus & Hoover 1993). In den deutschen, gut gepufferten (durch die Einleitung basischer Abwässer) Siedlungsgewässern spielt diese Problematik allerdings keine Rolle

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

In Deutschland können derzeit keine direkten Maßnahmen zur Erhaltung der Art durchgeführt werden, da einheimisches Pflanzenmaterial in Form von Samen oder Erhaltungskulturen nicht verfügbar ist. Um gegebenenfalls eine Wiederansiedlung der Art zu ermöglichen, wären folgende Maßnahmen empfehlenswert:

  • Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der früheren Siedlungsgewässer mit entsprechend nährstoffarmen Gewässerbedingungen
  • Gezieltes Nachsuchen an den alten Standorten, da die Art leicht zu übersehen ist
  • Untersuchung von Bodenproben, um ein mögliches Potenzial für eine erneute Ausbreitung des Biegsamen Nixenkrauts aus einer vorhandenen Samenbank zu überprüfen

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Benedikt Beck
Amalienstr. 89
80799 München

Autoren

Christina Meindl, Benedikt Beck, Peter Poschlod

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