Numenius arquata - Brachvogel
Beschreibung
Der Brachvogel ist die größte in Deutschland vorkommende Limikolenart und erreicht Flügelspannweiten von 89-106 cm. Charakteristisch ist der lange, abwärts gebogene Schnabel. Dieser fällt bei den Weibchen länger aus als bei den Männchen. Das recht gleichmäßig gestreifte, graubraune Gefieder weist keine auffälligen Merkmale auf. Lediglich im Flug ist ein weißer Rückenkeil markant. Die etwas wehmütig flötenden Rufe sind laut und weit tragend (Svensson 2023).
Verbreitung
Die Verbreitung des Brachvogels erstreckt sich von Westeuropa ostwärts über Zentralsibirien bis nach Nordwest-China. Die europäischen Brutgebiete reichen von der skandinavischen und russischen Tundra im Norden bis nach Frankreich und zum Schwarzen Meer im Süden.
Brachvögel brüten in Deutschland vor allem im Binnenland, während die Bestände an den Küsten nur einen geringen Teil ausmachen und küstennahe Marschen nicht besiedelt werden. Schwerpunkte der Verbreitung bilden das Norddeutsche Tiefland und in Süddeutschland das Altmühltal und Nördlinger Ries sowie das Donau- und Isartal. Höchste Dichten werden auf den Ostfriesischen Inseln, im Emsland, in der Grafschaft Bentheim, im Oldenburger und Westfälischen Münsterland und in der Diepholzer Moorniederung erreicht. In Richtung Osten dünnen die Bestände aus, das Vorkommen setzt sich aber noch bis in die Altmark, die Prignitz und in das Havelland fort. Im übrigen Teil des Nordostdeutschen Tieflands sind nur verstreute Vorkommen bekannt. Kleinere Vorkommen bestehen auch in der Mittelgebirgsregion, z.B. in der Wetteraue und der Oberrheinebene (Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
Brachvögel besiedeln vor allem weitgehend offene Niederungslandschaften, insbesondere Kleinseggensümpfe in Niedermooren. Auch baumlose Hochmoore, Heiden sowie im Küstenbereich feuchte Dünentäler werden als Bruthabitat genutzt. Durch Reviertreue kann es bei Nutzungsänderungen auch zu Bruten auf Ackerland kommen. Die höchsten Brutdichten finden sich in Deutschland heute auf ausgedehnten Grünlandflächen in den Niederungen. Für die Ansiedlung sind hoch anstehende Grundwasserstände von besonderer Bedeutung. Zur Nahrungssuche werden kurzrasige Pflanzenbestände mit „stocherfähigen“ Böden sowie Kleingewässer mit schlammigen Ufern aufgesucht (Südbeck et al. 2005, Gedeon et al. 2014).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
In Deutschland brütende Brachvögel sind überwiegend Kurzstreckenzieher, manche harren jedoch auch den Winter über aus. Der Herbstzug von Nicht-Brütern und Weibchen beginnt bereits ab Mitte Juni, während die Männchen ab Mitte Juli und Jungvögel Mitte August folgen. Der Abzug erfolgt in südwestlicher Richtung nach Frankreich, auf die Iberische Halbinsel und bis nach Marokko. Außerhalb der Brutzeit werden vor allem Watt und Sandbänke in der Gezeitenzone, Flussmündungen sowie steinige oder sandige Küstenabschnitte genutzt. Nahrungsgebiete und Schlafplätze können dabei bis über 50 km voneinander entfernt liegen. Der Heimzug beginnt bereits Mitte/Ende Februar und zieht sich bis Ende April (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012, Bairlein et al. 2014, Gejl 2019).
Fortpflanzung/Biologie
Brachvögel brüten ab einem Alter von zwei Jahren. Bei saisonaler Monogamie wird eine Jahresbrut durchgeführt, Nachgelege sind jedoch möglich. Das Nest der Bodenbrüter wird im offenen Grasland vornehmlich auf trockenem, teils jedoch auch auf feuchtem Untergrund, meist in niedriger Vegetation angelegt. Eine flache Mulde wird dabei mit trockenem Gras ausgelegt und im Laufe der Brutsaison ergänzt. Die Ablage der 3-4 Eier erfolgt ab Mitte März bis Ende Mai mit Hauptlegezeit Mitte April. Beide Eltern brüten für 30 Tage und führen anschließend die Jungvögel, die bereits nach 1-2 Tagen laufen können. Mit etwa 35 Tagen werde diese flügge (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012, Gejl 2019).
Gefährdung
Lebensraumverluste durch Änderungen der Nutzungsform oder Bewirtschaftungsaufgabe sind bedeutende Gefährdungsfaktoren. Gehölzentwicklung und Aufforstung haben ebenfalls negative Folgen auf die Habitateignung. Frühe Mahd und Ernte sowie Viehvertritt können zu hohen Gelege- und Jungvogelverlusten führen. Hinzu kommen natürliche Verluste durch Prädation und Witterungseinflüsse – teils begünstigt durch Fehlentwicklungen der Landwirtschaft. Auch die Biozidbelastung sowie Störungen durch Freizeitaktivitäten stellen Gefährdungen dar (Bauer et al. 2012). Der Brachvogel wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Zu den Schutzmaßnahmen für den Brachvogel gehören vor allem Lebensraumverbesserungen durch Wiedervernässung und Renaturierung verbliebener Flussniederungen und Restmoore unter Einbeziehung benachbarter Grünlandflächen, um ein ausreichendes Nahrungsangebot sicherzustellen. Dabei ist großflächiges Gebietsmanagement mit Offenhaltung der Habitate von besonderer Bedeutung. Der Nährstoffeintrag sollte reduziert werden, um Fettwiesen auszuhagern. Wichtig ist auch der Erhalt des Mikroreliefs der Lebensräume, insbesondere von Bodenvertiefungen. In Brutgebieten sollten Störungen vermieden werden, insbesondere durch Modellflug (Bauer et al. 2012).