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Bundesamt für Naturschutz

Pelobates fuscus - Knoblauchkröte

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1197
Artengruppierung
Amphibien
Synonyme
Kartoffelkröte, Landunke, Wasserkröte, Braune Brotze, Marmorierte Brotze, Teichunke
Status Rote Liste Deutschland
(Kühnel et al. 2009): 3 (Gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Cox 2009): LC (Nicht gefährdet)

Beschreibung

Kröte mit Biss!

Kommt man der Knoblauchkröte zu nahe, kann man Zeuge besonderer Verhaltensweisen zur Feindabwehr werden. Die kleine und gedrungene Kröte kann sich nicht nur blitzschnell eingraben oder aufblähen, sondern auch ein übel riechendes Sekret absondern, dessen Geruch an Knoblauch oder verbrannten Schwefel erinnert. Außerdem wurden bereits Sprünge mit geöffnetem Maul gegen den Angreifer sowie Stöße und Bisse in Verbindung mit lauten Rufen beobachtet.
Die „angriffslustige“ Knoblauchkröte ist ein typischer Kulturfolger und besiedelt überwiegend landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Tiefland, kann aber auch im direkten Umfeld des Menschen auftreten (z.B. städtische Brachflächen, Gärten oder Abbaugebiete). Sie gilt bundesweit als „gefährdet“, v.a. durch Verlust geeigneter Laichgewässer (z.B. aufgrund von Verfüllungen, Schadstoffeinträgen, Entwässerung, Änderung der Nutzung). Auch die zunehmende Zerschneidung der Lebensräume ist ein wichtiger Gefährdungsfaktor.

Merkmale der Knoblauchkröte

Knoblauchkröten weisen eine gedrungene Körperform mit einem relativ großen Kopf auf. Auffällig sind der Scheitelhöcker und die stark hervortretenden Augen sowie die stumpfe, knollenförmige Schnauze.

Lebensraum

Die idealen Lebensstätten der Knoblauchkröte sind die offenen Agrarlandschaften und Heidegebiete mit grabfähigen Böden und einem guten Angebot an krautreichen, nährstoffreichen Weihern und Teichen.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Knoblauchkröte besiedelt als ursprünglicher Steppen-Bewohner bevorzugt offene Lebensräume mit lockeren, grabfähigen Böden. Diese findet sie als typischer Kulturfolger vorwiegend in landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Gebieten, Heidegebieten und Sandgruben. Aber auch auf schweren Lehmböden sowie in lichten Kiefern-Wäldern ist sie anzutreffen (Nöllert 1990, Nöllert & Günther 1996). 

Zur Fortpflanzung wird ein breites Spektrum an Gewässern aufgesucht – vorausgesetzt, sie sind ausreichend besonnt. Wichtig ist auch ein ausgeprägter Sumpf- und Wasserpflanzenbewuchs zur Befestigung der Laichschnüre. Weiterhin werden, wenn vorhanden, nährstoffreiche Gewässer bevorzugt. Als Larvalgewässer dienen beispielsweise Weiher, Teiche, Sölle, Altarme, Druckwassertümpel oder Überschwemmungsflächen. Da die Larven in großer Dichte auftreten und aufgrund ihres enormen Wachstums einen hohen Nahrungsbedarf aufweisen (sie erreichen Körpergrößen von 8-10 cm, im Extremfall bis 18 cm !), wird die Bevorzugung nährstoffreicher, biologisch produktiver Larvalgewässer verständlich. 

Am Tage gräbt sich die Knoblauchkröte im Boden in einer Tiefe von 10 bis 20 cm ein oder nutzt Spaltenverstecke. Den Winter verbringen die Tiere tief eingegraben im Boden. Eingrabtiefen von bis zu 60 cm wurden nachgewiesen.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Je nach Witterung verlassen die Knoblauchkröten bereits Anfang, meist aber Ende März bis Anfang April ihre Winterquartiere, also in einem Zeitraum, in dem die Frühjahrsbestellung auf den Äckern und die Pflege des Grünlands durchgeführt werden. Etwa ab Mitte April beginnen die Männchen am Laichgewässer mit dem Paarungsverhalten. Insgesamt erstreckt sich die Laichperiode bis Ende Mai. Aus einigen Gebieten ist bekannt, dass Knoblauchkröten eine zweite Laichperiode (Nebenlaichphase) zwischen Juni und August aufweisen (Nöllert 1990). 

Im Unterschied zu anderen heimischen Amphibien rufen die Tiere meist unter Wasser. Außerdem sind sie hierbei nicht an die Abendstunden gebunden – die überaus leisen Paarungsrufe sind den ganzen Tag über zu hören. Die Abgabe und Befruchtung der Laichschnüre geschieht nachts. Diese werden um senkrecht im Wasser stehende Pflanzenstängel gewickelt. Die Anzahl abgegebener Eier schwankt zwischen 1.200 und 3.400 (Nöllert & Günther 1996). In der Regel bleiben die Weibchen nur 14 Tage am Gewässer. Danach suchen sie die Landlebensräume auf.

Die Larven schlüpfen nach 4-14 Tagen. Je nach Wassertemperatur erfolgt die Umwandlung zur lungenatmenden Kröte innerhalb von 70-150 Tagen – die Unterschiede innerhalb eines Gewässers können aber sehr groß sein. So kommt es vor, dass Kaulquappen der Knoblauchkröte gelegentlich überwintern (Nöllert 1990). Zwischen Juli und August verlassen die Jungtiere die Laichgewässer. Die Winterruhe beginnt bei den Kröten bereits im Zeitraum Ende September bis Mitte Oktober und somit vergleichsweise früh (Laufer & Wolsbeck 2007). 

Da sich sowohl die Larvalgewässer als auch die Sommerlebensstätten und Winterquartiere zum großen Teil in ackerbaulich genutzten Flächen befinden, sind Knoblauchkröten das ganze Jahr über von den Arbeiten auf den Feldern (Feldbestellung, Düngung, Spritzmitteleinsatz, Ernte etc.) betroffen.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Der Kenntnisstand hinsichtlich der Mobilität und des Ausbreitungsverhaltens der Knoblauchkröte ist relativ gering. Außerdem erscheint eine Differenzierung der Situation zwischen den Schwerpunktvorkommen in Ostdeutschland und den stark verinselten Beständen am westlichen Rand des Verbreitungsgebietes angebracht.

Die zwischen Laichgewässern und Landlebensräumen maximal festgestellten Entfernungen betragen 1,2 km (im Extrem 2,8 km), i.d.R. liegen sie bei 400-600 m (Laufer & Wolsbeck 2007). Für kleine Populationen wird angenommen, dass sie nur einen eingeschränkten Aktionsradius von ca. 200-300 m aufweisen. Generell verfügen Knoblauchkröten über ein gutes Neubesiedlungspotenzial. 

Bei den gut vernetzten und kopfstarken ostdeutschen Vorkommen ist dann von einer lokalen Population auszugehen, wenn ein besiedelter Gewässerverbund mehr als 2.000 m vom nächsten Vorkommen entfernt liegt. Sind Barrieren, wie etwa verkehrsreiche Straßen vorhanden, ist dieser Richtwert nach unten zu korrigieren.

Für die stärker isolierten Vorkommen am westlichen Verbreitungsrand sollte der Richtwert zur Abgrenzung der lokalen Population bei 400-500 m liegen.

Gefährdung

Gefährdungsursachen

Die Knoblauchkröte ist hauptsächlich durch die Veränderung und Zerstörung ihrer Lebensstätten (Laichgewässer und Landlebensräume) und die Verinselung der Vorkommen gefährdet.

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft 

Folgende Maßnahmen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft können sich nachhaltig auf Vorkommen der Knoblauchkröte auswirken:

  • Aufgabe der extensiven Weidenutzung (geringer Viehbesatz, moderate Düngergaben)
  • Moderne, hochtechnisierte Landwirtschaft mit engen Fruchtfolgen, großen Schlägen sowie Mehrschnittwiesen (= mehr als 2 Schnitte im Jahr, Silagewirtschaft)
  • Einsatz von Spritzmitteln in der Landwirtschaft
  • Bodenbearbeitungs- und Erntemethoden (Kartoffelroden, Spargelstechen)
  • Am westlichen Rand des Verbreitungsgebietes fehlen geeignete Landlebensräume aufgrund geänderter Nutzungsweisen, Rückgang der Wintergründüngung, Abnahme des Sommergetreides und der Hackäcker, Abnahme der benötigten Rohböden; im Osten sind diese Faktoren weniger entscheidend
  • Wegfall der Stilllegungsflächen – früher häufig in temporär überstauten Ackersenken
  • Besatz auch kleinster Gewässer mit Fischen
  • Geänderte Teichbewirtschaftung: Bindung der Knoblauchkröte in Teichanlagen an Karpfen-Aufzuchtteiche (= K1-Teiche) – aktuell vermehrte Aufgabe der Fischbrutproduktion z.B. in der Lausitz aufgrund des Wegfalls von EU- bzw. Landes-Förderung

Sonstige

  • Deutliche Unterschiede zwischen Ost und West: im Westen Lebensraumzerschneidung wahrscheinlich bedeutendste Gefährdung. Damit einhergehend bewirken die herabgesetzte Fitness und der eingeschränkte Fortpflanzungserfolg der kleinen Restvorkommen Bestandseinbußen.
    Der Sicherung der verbliebenen Vorkommen kommt deshalb die höchste Priorität zu (Reihenfolge: Lebensraumsicherung, Neuanlage, bzw. Optimierung von Gewässern in der Nähe, Vernetzung der Restvorkommen)
  • Entwässerung/Grundwasserabsenkung: führt in Heidegebieten (Tümpel, Kleinweiher) zum frühzeitigen Austrocknen; diese Situation wird durch den Klimawandel noch verschärft (z.B. ausgeprägte Frühjahrstrockenphase 2007 oder 2010) 
  • Bebauung von Brachen und landwirtschaftlich genutzten Flächen
  • Isolation durch die hohe Barrierewirkung des Straßennetzes (z.B. durch Betonleitwände, Lärmschutzeinrichtungen oder Hochborde)
  • Schnelle Verlandung der meist nährstoffreichen Gewässer
  • (Verbotene) Kirrungen (Wildfütterungen) im direkten Gewässerumfeld, die Schwarzwild, Entenvögel und Ratten anlocken
  • Tod durch Straßenverkehr

Erhaltungsmaßnahmen

  • Vernetzung der Vorkommen, insbesondere der kleinen Vorkommen
  • Jagd – keine Kirrungen (Wildfütterungen) in Gewässernähe (nach den Jagdgesetzen zwar verboten, aber immer wieder praktiziert – Umsetzungs- bzw. Kontroll- und Ahndungsdefizit, Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit)
  • Besserer Rückhalt der Winterniederschläge in der Landschaft
  • Kleinräumiges Abschieben des vergrasten Oberbodens zur Freilegung des grabfähigen Sandbodens im Umfeld des Laichgewässers in degenerierten Heideflächen.

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig - schlecht,
  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsinstrument der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
  • Überblick über Agrarumweltmaßnahmen in Deutschland

Projekte im Internet

  • Abgeschlossenes E+E Vorhaben „Naturschutzfachliche Optimierung des großflächigen Ökolandbaus am Beispiel des Demeterbetriebes Ökodorf Brodowin“(BB): Umfangreiche Projekthomepage des 5-jährigen Vorhabens, welches die Wechselwirkungen zwischen großflächigem Ökolandbau und Naturschutz untersucht und gleichzeitig Konflikte und Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.
  • NABU-Projekt "Ein König sucht sein Reich" Artenhilfs- und Kleingewässerschutzprojekt mit Artenportraits

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Hauke Drews
Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein
Eschenbrook 4
24113 Molfsee

Norbert Schneeweiß
Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV)
Naturschutzstation Rhinluch
Nauener Str. 68
16833 Linum

Thomas Bobbe
Büro für Gewässerökologie
Liebigstr. 67
64293 Darmstadt

Autoren

Benjamin T. Hill, Burkhard Beinlich, Katharina Mautes

Unter Mitarbeit von

Thomas Bobbe, Holger Buschmann, Christian Chmela, Martin Dieterich, Hauke Drews, Arno Geiger, Dieter Glandt, Kurt Grossenbacher, Andreas Kronshage, Alexander Kupfer, Hubert Laufer, Uwe Manzke, Martin Schlüpmann, Norbert Schneeweiß, Matthias Simon, Karola Gießelmann, Burkhard Thiesmeier, Heiko Uthleb

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