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Bundesamt für Naturschutz

Phryganophilus ruficollis - Rothalsiger Düsterkäfer

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
4021
Artengruppierung
Käfer
Status Rote Liste Deutschland
(Geiser 1998): 0 (Ausgestorben)
Status Rote Liste Europa
(Nieto & Alexander 2010): NT (Vorwarnliste)
Verantwortlichkeit
Bisher keine Bearbeitung

Beschreibung

Seltenes Urwaldrelikt

Der Rothalsige Düsterkäfer ist eine extrem seltene Art, die europaweit nur vereinzelt gefunden wird, dann meist nur einzelne Tiere und häufig auch erst wieder nach einigen Jahrzehnten. So auch im Süden Bayerns, der einzigen Region Deutschlands in der die Art bisher nachgewiesen wurde. Lange galt die Art hier als ausgestorben, 1999 gelang aber ein Wiederfund bei Garmisch-Partenkirchen.
Die Larven des Rothalsigen Düsterkäfers entwickeln sich über mehrere Jahre unter der Rinde in faulweichem, von Pilzgeflecht durchsetztem Totholz, das sich in urständigen, naturnahen Wäldern im Flachland und im niederen Bereich der Gebirge findet. Die Käfer werden offenbar nur ein bis zwei Wochen alt. In dieser kurzen Zeit nutzen die tagaktiven Tiere warme Tage für ihre Suche nach neuen Brutbäumen. Werden sie entdeckt oder gefangen, reagieren sie mit einem stark ausgeprägten Totstellreflex. In Europa wird der Rothalsige Düsterkäfer auf der Vorwarnliste geführt, denn nur noch wenige naturnahe Waldbestände mit „Urwaldcharakter“, wie sie die Art offenbar benötigt, sind hier vorhanden.

Merkmale des Rothalsigen Düsterkäfers

Die Art ist 14-16 mm groß und besitzt starke Kiefertaster mit großem, messerförmigem Endglied. 

Lebensraum

Über die Entwicklung und Lebensweise des Rothalsigen Düsterkäfers ist nur wenig bekannt. Kenntnisse in diesem Bereich stammen im Wesentlichen von Palm (1940). Der Käfer besiedelt offenbar nur naturnahe Wälder mit Urwaldcharakter und nutzt dabei verpilztes Totholz verschiedener Laub- und Nadelbäume.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Rothalsige Düsterkäfer ist offenbar eine Art, die Wälder mit Urwaldcharakter besiedelt (Horion 1956). Es ist also von hohen Ansprüchen der Art an die Totholzqualität und/oder –quantität auszugehen. Entsprechende Baumstrukturen verschiedener Alters- und Zerfallsphasen müssen anscheinend kontinuierlich vorhanden sein. Käfer und Larven wurden in morschem, umgestürztem Eichenholz (Schweden, Banat), in alten anbrüchigen Buchen (Beskiden, Kärnten), in Birke und Fichte (im Norden Fennoskandiens) gefunden. In Finnland konnte die Art auch an stehendem Totholz von Zitterpappel (Horion 1956, Lundberg 1993, Fuchs & Bussler 2010) nachgewiesen werden. Lundberg (1993) vermutet zudem, dass oberflächlich verbranntes Holz günstig für die Art ist, da sich hier die für eine Besiedlung geeignete morsche Konsistenz besser entwickelt. Weitere Funde gelangen auch in Flugfensterfallen und zufällig auf Hauswänden, Zaunpfählen und Wanderwegen.

Über die Auswahl der Brutbäume ist bisher nur wenig bekannt. Larven und Puppen wurden von Palm (1940) in einer toten Eiche etwa 2-3 cm innerhalb der Stammoberfläche in der Grenzzone von innen festem, frischen Holz und in äußeren Teilen weichfaulem Holz entdeckt. Der Baum war offenbar über mehrere Jahre besiedelt gewesen, da sich zeitgleich verschieden große Larvenstadien und junge sowie ältere Larvengänge und Puppenwiegen fanden. Weil die Larven von morschem, mit Pilzmyzel durchsetztem Holz leben, können sie, auch wenn sie häufiger auftreten sollten, keinen negativen Einfluss auf benachbarte forstwirtschaftlich genutzte Bestände haben. An folgenden Pilzen wurde bisher Larvenfraß beobachtet: Trametesspec. und Polyporus spec. (Lundberg 1993) und Fomitopsis pinicola (Borowski & Wegrzynowicz 2001 zitiert nach Fuchs & Bussler 2010).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Die vollständige Entwicklung des Rothalsigen Düsterkäfers dauert anscheinend mindestens 2-3 Jahre (Palm 1940). Die Art überwintert als Larve und Puppe, während die Käfer ab dem späten Frühjahr erscheinen und eine nur ein- bis zweiwöchige Lebensdauer haben (ebd.). In diesem Zeitraum müssen die Paarung, die Suche nach neuen Brutbäumen und die Eiablage erfolgen. Der Käfer erscheint in Südschweden zwischen Ende Mai bis Mitte Juni (ebd.), in den bayerischen Alpen wahrscheinlich von Ende Juni bis Mitte Juli (Fuchs & Bussler 2010). Für Schwarmflüge nutzt er offenbar warme Tage.

Da über die genauen Ansprüche des Rothalsigen Düsterkäfers kaum etwas bekannt ist, ist eine detaillierte Einschätzung von auftretenden Konflikten mit land-, forst- und fischereiwirtschaftlicher Bodennutzung nicht möglich. Von einem direkten Einfluss der Waldbewirtschaftung auf die Art ist allerdings auszugehen, da diese nur in naturnahen Wäldern mit Urwaldcharakter nachgewiesen wird.

Gefährdung

Allgemeine Gefährdungsursachen

  • Entfernen potenzieller Brutbäume (Totholz und absterbende Bäume)
  • Verlust des Lebensraumes (Urwälder mit Totholz)

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

  • Unterschutzstellung aktuell besiedelter Lebensräume, die offenbar noch geeignete Bedingungen für die Entwicklung der Art bieten

Für konkrete Empfehlungen zum Management sind die Ansprüche der Art nicht ausreichend bekannt.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Heinz Bussler
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
SG Naturschutz
Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1
85354 Freising

Autoren

Andrea Matern, Heinz Bussler

Unter Mitarbeit von

Thorsten Aßmann, Jörn Buse, Jörg Gebert, Lars Hendrich, Thomas Müller, Matthias Simon

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