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Bundesamt für Naturschutz

Podarcis muralis - Mauereidechse

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1256
Artengruppierung
Reptilien
Status Rote Liste Deutschland
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): V (Vorwarnliste)
Status Rote Liste Europa
(Cox 2009): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich

Beschreibung

Kletterkünstlerin in warmen Hanglagen und Weinbergen

Die Mauereidechse besiedelt offene, wärmebegünstigte Lebensräume wie Stein- und Felshänge, Schotterbetten von Gleisanlagen, aber auch insbesondere Weinberge, die geprägt sind durch ein kleinräumiges Mosaik an Sonnen-, Versteck- und Eiablageplätzen, Nahrungsgründen sowie Winterquartieren. Durch Flächenverlust, Verlust an kleinräumig gegliederten Lebensräumen und Nutzungssteigerung im Weinbau ist sie besonders gefährdet.

Merkmale Mauereidechse

Mauereidechsen haben einen schlanken, abgeflachten Körper mit kräftigen Beinen und langen Zehen. Der ebenfalls abgeflachte Kopf ist lang und läuft spitzt zu.

Lebensraum

Mauereidechsen besiedeln wärmebegünstigte Stein- und Felslebensräume, die eine kleinräumige Gliederung an geeigneten Sonnen-, Versteck- und Eiablageplätzen, sowie Nahrungsgründen und Winterquartieren aufweisen.

In Deutschland findet man sie insbesondere auch in durch den Menschen geprägten Gebieten wie Weinbergslagen, Bahndämmen, alten Gemäuern, Steinbrüchen und Kiesgruben.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Mauereidechse besiedelt offene, wärmebegünstigte Lebensräume wie Stein- und Felshänge aber auch insbesondere durch den Menschen geprägte Lebensräume wie Weinberge, Bahndämme, alte Gemäuer, Steinbrüche und Kiesgruben. Allen ist ein kleinräumiges Mosaik an Sonnen-, Versteck- und Eiablageplätzen, Nahrungsgründen und Winterquartieren gemeinsam. Die Nahrung der Mauereidechse setzt sich insbesondere aus Spinnen, verschiedenen Insekten und deren Larven sowie Asseln zusammen (Günther et al. 1996, Laufer et al. 2007, Schulte 2008).

Die Überwinterung erfolgt in bis zu 2 m tiefen, frostfreien Fels- oder Boden- bzw. Mauerspalten in denen die Temperatur während der Überwinterung nicht unter 5°C fällt (Schulte 2008).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Die jährliche Hauptaktivitätszeit beginnt meist Anfang März, wobei zunächst die Männchen die Winterquartiere verlassen und nach der ersten Häutung mit Revierkämpfen beginnen. Die Weibchen folgen drei bis vier Wochen später. Auch halbwüchsige Tiere erscheinen tendenziell später (April/Mai). Die Paarungszeit beginnt mit dem Erscheinen der Weibchen und reicht bis in den Juni hinein. Die Eiablage erfolgt etwa vier Wochen nach der Paarung. Je nach Alter des Weibchens werden 2-10 Eier abgelegt. Hierfür werden i.d.R. bewuchsarme bis -freie Flächen mit grabfähigem Bodengrund, meist unterhalb von Felsen bzw. Weinbergsmauern aufgesucht und die Eier 10-20 cm tief vergraben. Vereinzelt werden auch klimatisch günstig gelegene Mauerfugen oder Hohlräume unter Steinen genutzt. Der Schlupf der Jungtiere erfolgt je nach Wetterverlauf nach 6-11 Wochen Anfang Juli bis Mitte August/Anfang September. In Deutschland legen die Weibchen, ebenfalls abhängig vom vorherrschenden Wetter, i.d.R. bis zu zwei Gelege pro Jahr (Günther et al. 1996). Das Aufsuchen der Winterquartiere erfolgt zwischen Ende September und Anfang November (Günther et al. 1996, Laufer et al. 2007, Schulte 2008). Neben den Außentemperaturen ist hier insbesondere auch das Vorhandensein ausreichender Energiereserven entscheidend. In milden Wintern kann es durchaus vorkommen, dass Mauereidechsen auch in den Wintermonaten aktiv werden. Entscheidend hierfür ist offenbar das Erwärmen der Versteck- und Sonnenplätze auf über 10°C (Günther et al. 1996).

Die Mauereidechse ist besonders durch eine verstärkte Nutzung im Weinanbau und der damit verbundenen Rebflurbereinigung gefährdet. Gerade der Verlust von Trockenmauern mit geeignetem Lückensystem als Versteck- und Überwinterungsplätze sowie die Zerstörung geeigneter Eiablageplätze spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Aber auch der vermehrte Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln und der hieraus resultierende Verlust an Nahrungsgrundlagen hat negativen Einfluss auf die Art.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Ein Mauereidechsenvorkommen, das ein nach Geländebeschaffenheit und Lebensraumausstattung (u.a. Struktur) räumlich klar abgrenzbares Gebiet umfasst, ist als lokale Population anzusehen. Wenn dieses Gebiet mehr als 2.000 m vom nächsten besiedelten Bereich entfernt liegt oder von diesem durch unüberwindbare Strukturen (verkehrsreiche Straßen, stark genutztes Ackerland u.ä.) getrennt ist, dann ist von einer schlechten Vernetzung der Vorkommen und somit von getrennten lokalen Populationen auszugehen (Groddeck 2006). Schmale Vernetzungselemente wie Bahndämme oder Straßenböschungen können allerdings den Austausch zwischen solchen Individuengemeinschaften ermöglichen, auch wenn sie eine weniger gute Lebensraumqualität besitzen. Es reichen hier allerdings schon kleine Barrieren (z.B. Tunnel oder stark bewirtschaftete Äcker) aus, um den Kontakt zwischen benachbarten Populationen zu unterbinden. Ebenso stellen Land- oder Kreisstraßen, große Landwirtschaftsflächen und Fließgewässer eine große Barriere zwischen Mauereidechsenvorkommen dar.

Die Abgrenzung der lokalen Population ist einerseits sehr schwierig, da die Art stellenweise sehr große, zusammenhängende Gebiete besiedelt (z.B. Weinbaugebiete im Mittelrheintal), andererseits aber auch kleinräumig, isoliert (z.B. Steinbrüche) zu finden ist. Als lokale Population sind in jedem Fall Vorkommen zu kennzeichnen, die aufgrund veränderter Flächennutzung (z.B. flächendeckende Bebauung) und/oder Nutzungssteigerung der Landwirtschaft isoliert wurden und somit nicht mehr an den regionalen Lebensraumverbund angeschlossen sind.

Gefährdung

Die Mauereidechse ist hauptsächlich durch Flächenverlust, Verlust an kleinräumig gegliederten Lebensräumen und Nutzungssteigerung im Weinbau gefährdet.

Landwirtschaft

Folgende Maßnahmen des Weinbaus können sich nachhaltig auf Vorkommen der Mauereidechse auswirken:

  • Nutzungsänderung bzw. Nutzungsaufgabe (z.B. bei Steillagen im Weinbau)
  • Vernichtung der Nahrungsgrundlagen/Pflanzengemeinschaften (Deckungsbereiche) durch vermehrten Einsatz von Schädlings- und Unkrautvernichtungsmittel (z.B. im Weinbau)

Sonstige

  • Landschaftsveränderungen (z.B. Rebflurbereinigung mit Abriss von Trockensteinmauern, Neuanlage von Straßen, Wegen, Wirtschaftswegen u.a.)
  • Flächenverlust bzw. Flächenfragmentierung durch
    • Rekultivierung von Ersatzlebensräumen (z.B. Steinbrüchen)
    • Verfugung von Trockenmauern/Verlust dieser und/oder Ersatz durch Betonmauern
    • Verbuschung und Wiederbewaldung von Trockenhängen, Weinbergbrachen und Felsstandorten
  • Tourismus (Klettersport)
  • Gebäudesanierung

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Mauereidechse

Die Mauereidechse wird nutzungsbedingt vor allem durch den Weinanbau beeinträchtigt. Um dies zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Weinbau

  • Keine Ausbringung von Schädlingsvertilgungsmitteln per Hubschrauber (nur per Hand), um zum einen die Saumstrukturen durch Wildkräuterbekämpfungsmittel nicht zu zerstören und zum anderen die Nahrungsgrundlage der Mauereidechse nicht zu reduzieren. Kein Einsatz von Schädlingsvertilgungsmitteln in den besiedelten Lebensraumelementen.
  • Erhalt & Entwicklung von Krautsäumen von mind. 1,5 m Breite an Mauerfuß und Mauerkrone
  • Erhalt der (Saum-)Strukturen (Qualität und Quantität) bei Rebflurbereinigung
  • Erhalt von Trockensteinmauern bei Rebflurbereinigung
  • Sanierung von Trockenmauern „nach altem Vorbild“ (kein Verfugen, keine spaltenlosen Betonmauern)
  • Freistellung/Offenhaltung von besiedelten Felsstandorten und Weinbergbrachen
  • Freistellung/Offenhaltung der Weinbergsmauern, dabei aber einen teilweisen Bewuchs von etwa 10 % als Versteckmöglichkeiten erhalten (Brombeere, Efeu).

Sonstige Maßnahmen

  • Mahd von Böschungen und (Wald-)Säumen nur im Winter
  • Mahd der Mauersäume nur im Winter

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig - unzureichend
  • Kontinentale Region: günstig
  • Alpine Region: ungünstig - schlecht

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
  • Vertragsnaturschutzprogramme der Länder (z.B. Agrarumweltmaßnahmen in Bayern), Förderwegweiser für Agrarumweltmaßnahmen in Bayern
  • Internetseite zu Artenhilfsprogrammen des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz
  • Hessisches Programm für Agrarumwelt und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM)

Projekte im Internet

Projekt „Wärmestandorte im Mittleren Rurtal“ der Biologischen Station Düren

Schutz der Mauereidechse (Podarcis muralis) und ihrer Lebensräume im hessischen Rheingau. AGAR-Projektinfo 2003, S. 3.

Literaturhinweise

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen

  • Haese, U. (1990): Artenhilfsprogramm Mauereidechse (Lacertidae: Podarcis muralis). – Merkblätter zum Biotop- und Artenschutz Nr. 86 – Recklinghausen (Landesamt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung NW): 4 S.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dipl.-Biol. Ulrich Schulte
Universität Trier
Fakultät für Geographie/Geowissenschaften
Fachbereich Biogeographie
Am Wissenschaftspark 25-27
54296 Trier

Autoren

Dirk Alfermann, Manfred Henf

Unter Mitarbeit von

Ina Blanke, Lutz Dalbeck, Johannes Hill, Rudolf Klepsch, Matthias Kuprian, Maren Laube, Sigrid Lenz, Andreas Malten, Matthias Simon, Karola Szeder, Thomas Widdig, Sibylle Winkel, Annette Zitzmann

Weiterhin danken wir Herrn Michael Waitzmann für seine wertvollen Hinweise.

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