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Bundesamt für Naturschutz

Rhinolophus ferrumequinum - Große Hufeisennase

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1304
Artengruppierung
Fledermäuse
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 1 (Vom Aussterben bedroht)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): NT (Vorwarnliste)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Immer der Nase nach

Die einzige bekannte Wochenstube der Großen Hufeisennase in Deutschland befindet sich in der Oberpfalz (LBV 2011). Winterfunde sind aus derselben Region und vor allem aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Südbaden in den grenznahen Bereichen zur Schweiz und zu Luxemburg hin bekannt. Einzelne Winterfunde stammen aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. In den 1950er Jahren erlitt die Große Hufeisennase in Deutschland einen starken Bestandseinbruch, der beinahe zum Aussterben der Art geführt hätte.
Ein charakteristisches Merkmal ist der sattelförmige Nasenaufsatz der Großen Hufeisennase, der auch als Namensgeber dient. Dieser Nasenaufsatz ermöglicht den Hufeisennasen eine gezielte Abgabe der Ultraschalllaute. Aus diesem Grund können sie mit ihrer Beute im Maul zum Fraßplatz fliegen und benötigen diesen nicht wie andere Arten zur Abgabe ihrer Ultraschall-Echoorientierungslaute.

Verbreitung

Die Große Hufeisennase ist von Europa und Nordwestafrika über Kleinasien und die Kaukasusregion bis nach Nordindien, China und Japan verbreitet.

Lebensraum

Die Große Hufeisennase tritt in Mitteleuropa ausschließlich in wärmebegünstigten Gegenden auf. Die Art bevorzugt reich gegliederte und vielfältige Lebensräume. Hierzu gehören vor allem Laubwälder, Waldränder, Waldwiesen, lichte Altkiefernwälder, fließgewässerbegleitende Gehölze, Hecken, Baumreihen, Weiden und Obstwiesen (Bontadina 2002, Dietz et al. 2007, Duvergé 1996, Geiger 1996). Da die Große Hufeisennase ihr Wochenstubenquartier auf Dachböden von Gebäuden bezieht und bevorzugt in der Umgebung ihres Quartiers in bis zu 3,5 km Entfernung jagt, besteht eine hohe Bindung der Art an Siedlungen und an ortsnahe, kleinflächig gegliederte Lebensräume (Bontadina 2002, Geiger 1996). Auf dem Weg vom Quartier ins Jagdgebiet ist die Große Hufeisennase auf lineare Landschaftselemente wie Hecken, Baumreihen und Waldränder zur Orientierung angewiesen.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Große Hufeisennase nutzt als Wochenstubenquartier in Südeuropa überwiegend sommerwarme Höhlen und Stollen. In Mitteleuropa sucht die wärmeliebende Art v.a. große Dachböden zur Jungenaufzucht auf (Dietz et al. 2007). In Deutschland waren in den 1950er und 1960er Jahren insgesamt drei Wochenstuben der Großen Hufeisennasen bekannt [im Altmühltal (Issel & Issel 1960) im Nahetal und in Südbaden (Helversen et al. 1987)], die alle bis 1970 verschwanden. Erst 1992 wurde eine neue, bis heute existierende Wochenstube dieser seltenen Art in der Oberpfalz auf einem Dachboden entdeckt (Helversen et al. 1993). 

Die als Wochenstubenquartier genutzten Dachböden sind warm mit einem ausgeglichenen Raumklima und weisen mehrere Hangplätze auf, so dass die Tiere je nach Witterung einen für sie optimalen Hangplatz wählen können. Die Große Hufeisennase nutzt schwerpunktmäßig ein Wochenstubenquartier, daneben werden weitere Zwischen-, Tages- und Nachtquartiere aufgesucht (Bontadina 2002, Duvergé 1996, Geiger 1996). Neben den sich fortpflanzenden Weibchen treten junge, nicht geschlechtsreife Männchen und Weibchen in den Wochenstubenquartieren auf (Meschede & Rudolph 2010). Einzeltiere (Männchen und Weibchen) nutzen weitere Tages- und Nachtquartiere auf Dachböden in der Umgebung des Wochenstubenquartiers (Bontadina 2002, Duvergé 1996, Meschede & Rudolph 2010). 

Die Jagdgebiete der Großen Hufeisennase liegen zum überwiegenden Teil in der direkten Umgebung des Wochenstubenquartiers in bis zu 3,5 km Entfernung (Bontadina 2002, Helversen et al. 1993). Untersuchungen in Mitteleuropa zeigen, dass die Große Hufeisennase vor allem Laubwälder, fließgewässerbegleitende Gehölze, Waldränder, -wiesen und -lichtungen, Hecken, Baumreihen, Weiden und Obstwiesen als Jagdgebiete nutzt (Bontadina 2002, Duvergé 1996, Geiger 1996). Die einzige bekannte Wochenstube in Deutschland (Oberpfalz) sucht zur Jagd einen im wesentlichen von großen, extensiven Grünlandbereichen, Hecken, Gehölzen und von einem lichten Altkiefernbestand mit Magerrasen und Felsköpfen geprägten Truppenübungsplatz auf (Geiger 1996). Da die Jagd immer in Verbindung mit Gehölzen erfolgt, sind besonders kleinräumig gegliederte Lebensräume mit langen Wald/Gehölz-Offenlandgrenzen wichtig für die Große Hufeisennase. Auf diese Weise kann sie ihre artspezifische Jagdstrategie, die Wartenjagd, erfolgreich umsetzen (Bontadina 2002). Hierbei hängt sich die Fledermaus an exponierte Stellen, wie einem Ast, und wartet bis sie ein größeres Beutetier wie Mai- und Junikäfer ortet, das dann im Flug, an einem Fraßplatz oder an der Warte verzehrt wird. Zudem sammeln sich im Windschatten von Gehölzen zahlreiche Insekten, die von der Großen Hufeisennase in einem sehr manövrierfähigen, schmetterlingsähnlichen und langsamen Flug erbeutet werden. Zu ihrem Hauptbeutespektrum gehören Mist-, Dung-, Mai-, Juni- und Gartenlaubkäfer und Schmetterlinge, aber auch Schnaken, Mücken, Fliegen und Spinnen (Dietz et al. 2007, Liegl 2004). 

Die Paarungsquartiere der Männchen befinden sich in Dachstühlen, Höhlen und Stollen. Hier paaren sich die Weibchen über Jahre hinweg mit denselben Männchen (Rossiter et al. 2000, Rossiter et al. 2005).

Die Winterquartiere liegen bis zu 35 km vom Wochenstubenquartier entfernt (Pir et al. 2004). Gleichzeitig befinden sich die Winterquartiere in der Nähe geeigneter Jagdgebiete, die in warmen Nächten im Frühjahr und Herbst aufgesucht werden (Liegl 2004). Winterquartiere der Großen Hufeisennase befinden sich in geräumigen Höhlen oder Stollen mit einer hohen Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 5 und 10°C (Dietz et al. 2007, Liegl 2004, Park et al. 1999, 2000). Überwinternde Tiere hängen einzeln oder häufig in Gruppen von 50 bis 60 Tieren frei in den Höhlen (Liegl 2004). Anders als fast alle anderen Fledermausarten schlagen sich Große Hufeisennasen während des Winterschlafes teilweise in ihre Flügel ein (Dietz et al. 2007).

Große Hufeisennasen erreichen ein relativ hohes Alter. In Deutschland konnte ein Höchstalter von 22,5 Jahren nachgewiesen werden (Liegl 2004).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Nach dem Winterschlaf beziehen Große Hufeisennasen im April ihr Wochenstubenquartier. Während der Schwangerschaft und der Jungenaufzucht bilden meist 30 bis 200 (bis maximal 400) Tiere die Wochenstuben (Aulagnier et al. 2008). Die einzige bekannte Wochenstube in Deutschland umfasste im Jahr 2011 40 Weibchen und 30 Jungtiere (LBV 2011). Die Geburten erfolgen ab Ende Juni bis Ende Juli. In der Regel wird ein Jungtier pro Weibchen geboren. Mit drei bis vier Wochen sind die Jungtiere flügge. Die Auflösung der Wochenstube erfolgt langsam und zieht sich bis in den Oktober hin (Liegl 2004). Im Spätsommer beginnen die Männchen die Paarungsquartiere in Dachstühlen, Höhlen und Stollen zu besetzen (Rossiter et al. 2000, Rossiter et al. 2005). Die Paarung erfolgt ab September bis in den Winter hinein und kann auch vereinzelt im Frühjahr beobachtet werden (Dietz et al. 2007). Ab Oktober werden die Winterquartiere aufgesucht (Liegl 2004).

Die langlebigen Tiere weisen eine hohe Treue gegenüber ihren Sommer- und Winterquartieren auf (Bihari 2001, Issel & Issel 1960). Eine landwirtschaftliche Nutzung, die besonders in der Umgebung des Wochenstubenquartiers eine kleinräumig gegliederte Kulturlandschaft erhält und entwickelt, bildet eine optimale Lebensgrundlage für die Große Hufeisennase. Ein weiterer Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzung ergibt sich durch die Dungkäfer, die zu den Hauptbeutetieren der Großen Hufeisennase (v.a. im Sommer und Herbst) gehören. Durch die Erhaltung von beweideten Flächen im Umkreis ihrer Quartiere wird ihre Nahrungsgrundlage gesichert, da sich in Dung viele Käfer entwickeln. Jedoch ist zu beachten, dass die medizinische Behandlung von Weidevieh gegen Parasiten zu einer verringerten Insektenentwicklung im Tierkot führt (Petermann 2011) und die Nahrungsgrundlage der Großen Hufeisennase reduziert. Des Weiteren ist die Große Hufeisennase auf ein Nebeneinander von großen extensiven Grünlandbereichen (v.a. Weiden), Hecken und sonstigen Feldgehölzen angewiesen (Geiger 1996). Die räumliche Anbindung dieser Lebensraumelemente an einen Laubwald ist für die Art wesentlich, da sie hier vor allem im Frühjahr nach Käfern jagt. Durch den Einsatz von Insektiziden in der Land- und Forstwirtschaft (z.B. bei der Bekämpfung von Maikäfern) werden zum einen die Verfügbarkeit von Großinsekten, zum anderen die Insektendichte und der Insektenreichtum minimiert. Außerdem kommt es zu einer Anreicherung der Wirkstoffe in den Fledermäusen und damit langfristig zu einer Vergiftung der Tiere (Braun 1986).

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nach Gruppen von Fledermäusen, die in einem lokalen Maßstab eine räumlich abgrenzbare Funktionseinheit (zu bestimmten Jahreszeiten) bilden, die wiederum für die Art von Bedeutung ist.

Als lokale Population der Großen Hufeisennase ist im Sommer die Wochenstube anzusehen. Die Koloniegröße umfasst zwischen 30 und 200 (bis maximal 400) Tiere (Aulagnier et al. 2008). Die Große Hufeisennase wurde in den „Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten“ von Schnitter et al. (2006) nicht berücksichtigt, da deutschlandweit lediglich eine Wochenstube dieser Art bekannt ist (Geiger 1996, LBV 2011). Diese Wochenstube umfasste im Jahr 2011 40 Weibchen und 30 Jungtiere (LBV 2011). Die Große Hufeisennase nutzt schwerpunktmäßig ein Wochenstubenquartier, daneben werden zusätzlich weitere Tages- und Nachtquartiere genutzt (Bontadina 2002, Duvergé 1996, Geiger 1996). Falls die Wochenstube mehrere Quartiere nutzt, so bezeichnet man die Gesamtheit der genutzten Quartiere als Quartierverbund. Im Regelfall ist dieser räumlich klar abgrenzbar (z.B. innerhalb einer kleinen Ortslage). Alle Individuen eines solchen Verbundes wären demnach als Angehörige einer lokalen Population anzusehen. Aufgrund der möglichen Nutzung solcher Quartierverbunde und der versteckten Lebensweise der Tiere, ist eine Ermittlung der Koloniegröße als lokale Population in der Regel nur durch eine fachgutachterliche Untersuchung möglich. Das Auftreten von Quartierverbunden bei der Großen Hufeisennase ist im Einzelfall möglich, bisher aber noch nicht bekannt.

Neben den Wochenstuben sind im Sommer die Vorkommen einzelner Männchen und im Spätsommer Gruppen von Männchen und Weibchen in Paarungsquartieren als lokale Population anzusehen. Diese sind meist verstreut verteilt und lassen sich aufgrund fehlender Kenntnisse der Quartiere nur schwer als lokale Population abgrenzen. Häufig ist die Abgrenzung nur über die Ermittlung geeigneter Lebensräume (z.B. alle Individuen einer Ortslage) möglich.

Im Winter ziehen sich die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen in die Winterquartiere zurück. Da sich Tiere verschiedener Kolonien in einem Winterquartier versammeln können, entspricht die lokale Population im Winter nicht mehr der sommerlichen lokalen Population. Je nach Winterquartiervorkommen bezieht sich die Abgrenzung der lokalen Population punktuell auf das einzelne Winterquartier oder auf den Raum eng (etwa < 100 m) beieinander liegender Winterquartiere.

Gefährdung

Die Große Hufeisennase verzeichnete in den 1950er Jahren in Deutschland starke Bestandseinbrüche, so dass es fast zum Aussterben der Art gekommen wäre. Der Einsatz von Insektiziden und Pestiziden sowie die Verwendung von Holzschutzmitteln gehören vermutlich zu den Hauptverursachern des drastischen Rückgangs der Art. Zudem stellen Lebensraumverluste, vor allem im siedlungsnahen Bereich, und Quartierverluste in Gebieten mit Vorkommen der Großen Hufeisennase aktuelle Gefährdungsursachen dar.

Land- und Forstwirtschaft

  • Lebensraumverlust durch Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Flächen zu größeren Bewirtschaftungseinheiten, die zum Verschwinden von Hecken und Säumen führen und kleinräumig gegliederte, insektenreiche Kulturlandschaften zerstören
  • Lebensraumverlust durch Reduktion von Streuobstwiesen mit Anbindung an Dorf/Wald als verbindende Elemente zwischen Quartieren und Jagdgebieten (z.B. durch Rodung, Verbrachung)
  • Jagdgebietsverlust durch Aufgabe der Beweidung und durch starke Verbuschung
  • Jagdgebietsverlust durch Umbruch von Dauergrünland in Acker
  • Verringerung der Insekten durch Medikamenteneinsatz in der Viehhaltung (Entwurmung von Weidevieh, vgl. Petermann (2011))
  • Der Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in der Land- und Forstwirtschaft reduziert die Nahrungsgrundlage der Großen Hufeisennase und vergiftet die Tiere durch Anreicherung der Giftstoffe in ihren Körpern
  • Lebensraumverlust durch Reduktion natürlicher oder naturnaher, stufenreicher und unterholzreicher Waldränder, lichter Wälder, Waldwiesen und durch Reduzierung der Länge der Wald-Offenlandgrenze sowie natürlicher oder naturnaher, breiter Gewässerrandstreifen mit Gehölzen und Einzelbäumen
  • Jagdgebietsverlust durch Reduktion naturnaher Laubwaldbestände mit Unterwuchs und inselartigen Lichtungen
  • Verringerung der Insekten- und Spinnenfauna in Wäldern und an Waldrändern durch Vereinheitlichung der Wälder (z.B. Verlust von Baumartenvielfalt und Anpflanzung nicht standortgerechter Gehölze (z.B. Douglasie (Goßner 2004)), durch Trockenlegung und Entwässerung und Verlust von Kleingewässern
  • Verlust der Nahrungsgrundlage und Beeinträchtigung der Gesundheit der Tiere (z.B. Schwächung, geringere Fruchtbarkeit) durch Insektizideinsatz auf intensiv genutzten Obstplantagen und im Weinbau

Sonstige

  • Lebensraumverlust durch Reduktion naturnaher, breiter Gewässerrandstreifen mit Gehölzen, Feldgehölzen, Hecken, Baumreihen, Alleen, mit Anbindung an Dorf/Wald als verbindende Elemente zwischen Quartieren und Jagdgebieten
  • Verlust von Quartieren durch Umnutzung bzw. nicht sachgemäße Sanierung von Winterquartieren
  • Veränderung des Umfeldes von Felsbildungen und unterirdischen Hohlräumen (Winterquartiere) im Wald durch Bodenverdichtung, Verfüllung, Freistellung, Aufforstung
  • Besonders starke Störung der Tiere durch ihr auffälliges, exponiertes Überwinterungsverhalten (frei hängend) durch touristische Nutzung im Winter in Höhlen, Kellern, (geregelter Tourismus: Besucherbergwerk; ungeregelter Tourismus: fehlende Absperrungen) oder durch unerlaubtes Befahren von Höhlen (Petermann 2011)
  • Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten im Siedlungsbereich durch nicht abgestimmte, unsachgemäße Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden/Feldscheunen und durch Verschluss/Verkleinerung der Einflugöffnungen, wodurch der freie Durchflug dann nicht mehr möglich ist
  • Quartierverlust durch Umnutzung oder Abriss von potenziellen Gebäudequartieren (Männchenquartiere etc.) im Wald
  • Quartierverlust durch den Einfluss von Räubern (insbesondere Steinmarder und Schleiereulen), da bei der Präsenz der Beutegreifer angestammte Quartiere gemieden werden. Da Große Hufeisennasen relativ große Einflugsöffnungen am Quartier benötigen (freie Durchflugsmöglichkeit), ist der Einfluss von Beutegreifern erhöht.
  • Zerschneidung der Jagdgebiete und Flugrouten sowie Erhöhung der Kollisionsgefahr durch den Bau von Verkehrswegen; hier besteht eine besondere Gefährdung aufgrund des langsamen, strukturgebundenen und niedrigen Fluges der Großen Hufeisennase

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Großen Hufeisennase

Die Große Hufeisennase nutzt insbesondere im siedlungsnahen Bereich kleinräumig gegliederter Lebensräume in der Kulturlandschaft. Diese müssen eine Anbindung aufweisen an Laubwald und/oder lichte Altkiefernwälder mit gewässerbegleitenden Gehölzen, Hecken, Feldgehölzen, Baumreihen, Obstwiesen, Weiden, die einen großen Insektenreichtum bieten. Um Beeinträchtigungen des Lebensraumes durch die Bewirtschaftung zu verhindern oder zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Erhaltung/Entwicklung kleinräumig gegliederter Kulturlandschaft; die Fläche der geeigneten Lebensräume muss mehr als 30 % der Fläche im Umkreis von 3,5 km um das Wochenstubenquartier umfassen (Bontadina 2002)
  • Erhaltung/Förderung von extensiven Weiden, Wiesen, Wiesennutzung mit gestaffeltem Mahdregime
  • Erhaltung/Anlage von Obstbaumgürteln und Streuobstwiesen in Siedlungsnähe als Jagdgebiete und verbindende Landschaftselemente in der Kulturlandschaft
  • Umwandlung von Äckern in Dauergrünland (2-schürige Mahd oder Beweidung < 1 GVE/ha)
  • Verbesserung der Nahrungsgrundlage (Erhöhung der Dungkäferdichte) durch die Initialisierung/Förderung von Rinderbeweidung im Umkreis von Quartieren der Großen Hufeisennase (LBV 2011) 
  • Erneute Weidenutzung ehemals beweideter und nun verbuschter bzw. wiederbewaldeter Flächen
  • Erhaltung bzw. Anlage von einem mindestens 10 m breiten Dauergrünlandstreifen (Wiese oder Weide) entlang von Waldrändern und Hecken (Bontadina 2002).
  • Minimierung des Insektizid- und Herbizideinsatzes in der Landwirtschaft zur Sicherung der Nahrungsgrundlage der Großen Hufeisennase
  • Erhaltung des Nahrungsangebotes der Großen Hufeisennase durch die Verringerung/Vermeidung des Einsatzes von Entwurmungsmitteln in der Weideviehhaltung wie z.B. durch (vgl. Petermann 2011):
    • Verringerung/Verzicht auf Entwurmungsmittelgebrauch durch Verringerung des Parasitendrucks [u.a. durch Weiderotation, Hygiene (in der Herde, Umgebung und im Viehstall), Parasitenmonitoring, Mähen von Weiden] und durch die Erhaltung der Tiergesundheit (Nutzung natürlicherweise resistenterer Tierrassen, gemischte Herden, niedrige Besatzrate von < 1 GVE/ha)
    • Verzicht auf den Einsatz von Entwurmungsmitteln in einem 3,5 km-Radius um die Wochenstubenquartiere zum Schutz der Jagdgebiete der Großen Hufeisennasen
    • Förderung der Anwendung nicht-chemischer Behandlungsmethoden wie z.B. Kieselalgenerde oder pflanzliche Ergänzungsmittel
    • Sofern kein Verzicht auf Entwurmungsmittel erfolgt: Anwendung gering toxischer Mittel [keine Bolusgaben, d.h. Verzicht auf die Gabe eines einmalig verabreichten Entwurmungsmittels, das über einen Zeitraum von bis zu 5 Monaten kontinuierlich seine Wirkstoffe an das Rind abgibt), Medikamentengabe außerhalb der Insektenhauptflugzeit (keine Entwurmungsmittel zwischen 1. März und 31. August), einmonatige Stallhaltung der Tiere nach der Behandlung]

Forstwirtschaft

  • Erhaltung naturnaher, unterwuchsreicher Laubwaldbestände mit Prozessschutz innerhalb eines 3,5 km Radius um bekannte Quartiere (Bontadina 2002) mit Anbindung über lineare Lebensraumelemente, wie Hecken, Baumreihen, an eine Siedlung
  • Erhaltung/Entwicklung naturnaher bzw. natürlicher, stufiger, auch gebuchteter Waldränder und Gehölzstreifen als Jagdgebiete und Flugrouten 
  • Räumlicher Verbund von alten Laubwaldflächen (Waldverbundsystem)
  • Einführung von Plenterwaldnutzung
  • Erhaltung lichter Altkiefernwälder
  • Verzicht auf Entwässerung und Förderung von Kleingewässern
  • Entfichtung/Förderung/Wiederherstellung von Ufergehölzen (z.B. in Bachtälern)
  • Verzicht auf Insektizide zur Sicherung der Nahrungsgrundlage der Großen Hufeisennase

Weinbau

  • Verzicht auf Insektizide und Herbizide

Sonstige Maßnahmen

  • Anlage/Förderung/Erhaltung von Obstgärten, Solitärbäumen, Hecken, bachbegleitender Gehölzsäume, Alleen und Baumreihen (auch als Verbindungselemente vom Quartier zum Jagdgebiet), Gärten, Parks, Fassadenbegrünung
  • Pflege von Obstbaumgürteln in Siedlungsnähe
  • Pflegemaßnahmen wie Entbuschung, um eine Erhaltung offener Grünlandflächen zu gewährleisten (Hammer & Matt 1996)
  • Erhaltung/Neuschaffung von Quartieren in und an Gebäuden zur Verbesserung der Quartiermöglichkeiten (vgl. Dietz & Weber 2000), insbesondere als Dachbodenkomplexe in landwirtschaftlichen Gebäuden, v.a. in Waldnähe
  • Keine Fassadenbeleuchtung der Quartiergebäude
  • Ggf. Optimierung der Hangplatzsituation im Wochenstubenquartier durch Installation einer Wärmeplatte aus Marmor, die konstant auf 28°C warm gehalten wird (Dobner 2011)
  • Wiederherstellung von freien Durchflugmöglichkeiten an potenziellen Quartieren, da die Große Hufeisennase auf einen freien Einflug in ihre Quartiere angewiesen ist (Petermann 2011), Betreuung der Quartiere durch Fledermaussachverständige.
  • Verzicht von Holzschutzmitteln auf Dachböden.
  • Schutz von Winterquartieren vor Störungen im Winter, Sicherung z.B. durch Fledermausgitter, die aber einen freien Einflug der Großen Hufeisennase ermöglichen

Erhaltungszustand

Kontinentale Region: ungünstig - schlecht

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+

Projekte im Internet

  • Auf der Website des „Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.“ wird die erfolgreiche, im Jahr 2011 abgeschlossene Sanierung des Wochenstubenquartieres der Großen Hufeisennase beschrieben.
  • Darüber hinaus wird ein EU-LIFE-Projekt zur Sicherung des Lebensraumes der Kolonie vorgestellt.
  • Erhaltung eines bedeutenden Winterquartiers
  • Sanierung von Fledermausquartieren 
  • Initiativen zur Erhaltung, Optimierung, Neuschaffung von Quartieren für Fledermäuse

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen

  • Hammer, M. & Matt, F. (1996): Artenschutzkonzept für die Population der Großen Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum, SCHREBER 1774) in der Oberpfalz. Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag von: Koordinationsstelle für Fledermausschutz Nordbayern (Erlangen): 36 S.
  • Meschede, A. & Rudolph, B.-U. (2010): 1985-2009: 25 Jahre Fledermausmonitoring in Bayern. UmweltSpezial Arten- und Lebensraumschutz. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg.
  • Ransome, R. D. & Hutson, M. (2000): Action plan for the conservation of the Greater Horseshoe Bat in Europe (Rhinolophus ferrumequinum). - Nature and environment 109: 61 S.
  • Reiter, G. & Zahn, A. (2006): Leitfaden zur Sanierung von Fledermausquartieren im Alpenraum. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, München.
  • Petermann, R. (2011): Fledermausschutz in Europa II - Beschlüsse der 5. und 6. EUROBATS-Vertragsstaatenkonferenz und Berichte zum Fledermausschutz in Deutschland 2003-2009. BfN-Skripten 296: 419 S.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Rudolf Leitl
Schwaigerstr. 9
92224 Amberg

Jacques B. Pir
57, Rue des Carrefours
L-8015 Strassen/Luxemburg

Bernd-Ulrich Rudolph
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Ref. 54, Arten- und Lebensraumschutz
Bürgermeister-Ulrich-Str. 160
86179 Augsburg

Dr. Markus Dietz
Institut für Tierökologie und Naturbildung
Hauptstr. 30
35321 Laubach

Autoren

Matthias Simon, Karola Gießelmann, Heiko Köstermeyer, Janna Smit-Viergutz

Unter Mitarbeit von

Lothar Bach, Martin Biedermann, Sandra Brand, Robert Brinkmann, Markus Dietz, Patrick Dohm, Matthias Hammer, Christine Harbusch, Andreas Kiefer, Karl Kugelschafter, Gerhard Mäscher, Hinrich Matthes, Frauke Meier, Angelika Meschede, Wolfgang Rackow, Jürgen Schicker, Dagmar Stiefel, Marco Zimmermann

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