Rhinolophus hipposideros - Kleine Hufeisennase
Beschreibung
Die Verhüllungsmeisterin
Mit einer Größe von einem Daumen und einem Gewicht von nur 5-9 g ist die Kleine Hufeisennase die kleinste der fünf europäischen Hufeisennasen und somit die kleinere der beiden in Deutschland vorkommenden Hufeisennasen.
In Deutschland ist sie seit dem Bestandseinbruch in den 1950er und 1960er-Jahren eine seltene Fledermausart. In Mitteleuropa bewohnt sie vorwiegend Dachböden, in Süd- und Osteuropa Höhlen (Karstgebiete). Sie bevorzugt warme, verwinkelte Quartiere und übertagt anders als die meisten europäischen Fledermausarten einzeln hängend und in ihre Flügel eingehüllt.
Auch während des Winterschlafes hüllt sie sich zum Schutz in ihre Flughäute.
Verbreitung
Die Kleine Hufeisennase ist von Irland über das südliche Europa bis nach Kirgistan und Kashmir im Osten und Nordafrika, den Sudan und Äthiopien im Süden verbreitet.
Lebensraum
Die bevorzugten Lebensräume der Kleinen Hufeisennase bestehen aus waldreichen und naturnahen Regionen mit einem hohen Anteil an linearen Elementen (z.B. Hecken, Gehölzreihen und Streuobstwiesen), insbesondere in der unmittelbaren Quartierumgebung. Diese werden als Orientierungshilfe zu den Jagdgebieten genutzt (Schofield 1999, Zöphel & Wilhelm 1999). Die Kleine Hufeisennase jagt bevorzugt in Wäldern, wobei Laub- und Laubmischwaldbestände dominieren (Biedermann et al. 2001, Bontadina et al. 2002, Reiter 2004, Zahn et al. 2008, Zöphel & Frank 2009). Generell dienen wärmebegünstigte Lagen, wie tiefer gelegene Regionen und südexponierte Talhänge als Lebensräume. Die Keine Hufeisennase besiedelt, vermutlich durch die Verstärkung der landwirtschaftlichen Nutzung in den Niederungen, immer höher gelegene Regionen (Spitzenberger 1993). Wie die aktuelle Besiedelung des Alpenraumes zeigt, werden kühlere Lagen toleriert (Zahn & Weiner 2004).
Fortpflanzung/Biologie
Ökologie der Art
Zur Wochenstubenzeit beziehen die Weibchen der Kleinen Hufeisennase in Mitteleuropa ihre Quartiere nahezu ausnahmslos auf Dachböden von Wohnhäusern und größeren Gebäuden wie Kirchen und Schlössern, aber auch in Heizungskellern (Biedermann et al. 2001, Reiter et al. 2004, Spitzenberger 1993, Zöphel & Wilhelm 1999). In Süd- und Osteuropa werden (sommerwarme) Höhlen bevorzugt und auch Stollen besiedelt (Reiter et al. 2004). Aus Thüringen ist die Nutzung einer Karsthöhle als Wochenstube bekannt (Dietz et al. 2007). Es werden warme und zugluftfreie Wochenstubenquartiere ausgewählt, die meist, z.B. durch Zwischendecken, einen hohen Verwinklungsgrad aufweisen (Bontadina et al. 2006). Die Größe der Wochenstube variiert zwischen kleinen Gruppen von unter 10 Tieren bis zu größeren Ansammlungen von 200 Individuen (Dietz et al. 2007). In Sachsen wurde eine Wochenstube mit 450 Tieren nachgewiesen (Zöphel & Frank 2009). Dabei hängen die Weibchen meist einzeln im Dachbereich oder an der Decke. Sinken die Temperaturen bilden die trächtigen Weibchen Trauben (Seckerdieck 2004). In den Wochenstubenquartieren können bis zu einem Anteil von 30 % Männchen und nicht reproduzierende Weibchen leben (Zahn & Weiner 2004).
Die Männchen nutzen verschiedene Quartiere wie Höhlen, Stollen, Dachräume und größere Felsspalten als Sommerquartiere (Dietz et al. 2007). Kleinklimatische Vielfalt, Ein- und Ausflugsöffnungen von mindestens 25 x 15 cm Größe und Störungsarmut sind entscheidende Faktoren für die Auswahl der Quartiere (Richarz 1989, Zahn & Weiner 2004, Zöphel & Wilhelm 1999). Bäume spielen in Mitteleuropa lediglich als nächtliche Ruheplätze eine Rolle (Meschede & Heller 2000).
Die Jagdgebiete der Kleinen Hufeisennase befinden sich überwiegend in der Nähe ihres Quartiers. Als maximale Entfernung zwischen einem Wochenstubenquartier und dem Jagdgebiet sind bislang 4,2 km nachgewiesen, wobei die Tiere etwa die Hälfte ihrer Aktivitätszeit innerhalb eines Umkreises von 600 m um das Quartier verbringen (Bontadina et al. 2002). Auf ihrem Weg vom Quartier zu den Jagdgebieten orientiert sie sich an linearen Landschaftselementen wie Hecken und Baumreihen (Meschede & Heller 2000). Größere offene Flächen werden offenbar nur sehr selten überflogen (Motte & Libois 2002). Wälder, vor allem Laubwälder, besitzen eine wichtige Bedeutung als Jagdgebiete für die Kleine Hufeisennase (Bontadina et al. 2002). Zahn & Weiner (2004) haben festgestellt, dass mehrschichtige Wälder mit dichtem Unterwuchs zur Jagd genutzt werden. Gewässer, insbesondere Ufer- und Flachwasserbereiche, stellen ebenso einen Bestandteil der Jagdgebiete dar, wie beispielsweise Auwälder und Gewässerrandbewuchs (Dietz et al. 2007, Meschede & Heller 2000).
Die Kleine Hufeisennase erbeutet ihre Nahrung in einem sehr wendigen jedoch vergleichsweise langsamen (ca. 12 km/h) Flug (Gaisler 1979). Sie jagt zwischen den Ästen und Blättern des Unterholzes in etwa 1-4 m Höhe (Biedermann & Boye 2004, Motte & Libois 2002) sowie im Kronenbereich der Bäume (Biedermann et al. 2001, Zahn & Weiner 2004). Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Zweiflüglern, wie Zuck- und Stechmücken, aber auch aus Nachtfaltern und Netzflüglern (Arlettaz et al. 2000, Beck 1995, Kayikçiğlu & Zahn 2005). Die Abgabe der Ultraschalllaute erfolgt bei den Hufeisennase im Gegensatz zu anderen Fledermausarten durch den Nasenaufsatz, daher kann die Kleine Hufeisennase auch mit Beute im Mund weiter orten (Zahn & Weiner 2004).
Aufgrund von Ringwiederfunden wird die Kleine Hufeisennase als ortstreue Art angesehen (Felten & Klemmer 1960, Gaisler & Hanák 1969b, Harmata 1971, Hutterer et al. 2005, Roer 1960). Die Entfernung zwischen Sommer- und Winterquartieren beträgt meist nicht über 10 bis 20 km (Hutterer et al. 2005, Roer & Schober 2011, Schofield 1999). Der weiteste bekannte Überflug wurde in Frankreich mit 153 km beobachtet (Hutterer et al. 2005, Schofield 1999).
Zum Überwintern sucht die Kleine Hufeisennase unterirdische Räume wie Karsthöhlen, Felsspalten, Stollen und Keller auf (Biedermann et al. 2001, Bontadina et al. 2001, Felten & Klemmer 1960, Kulzer 2003, Meschede & Heller 2000). Anders als die meisten anderen europäischen Fledermausarten hängen die Kleinen Hufeisennasen getrennt voneinander (Dietz et al. 2007, Eisentraut 1934). Zahn und Weiner (2004) berichten von aktuellen Winterquartieren, die lediglich von einzelnen bis maximal drei Tieren besiedelt werden. Es sind jedoch auch Quartiere mit mehreren hundert Tieren bekannt (Dietz et al. 2007).
Das nachgewiesene Höchstalter liegt bei 21 Jahren (Harmata 1982). Das Durchschnittsalter wird jedoch mit 4-5 Jahren angegeben (Dietz et al. 2007).
Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten
Die Winterquartiere werden ab März verlassen, wobei auch im April noch Tiere im Winterquartier angetroffen wurden (Zahn & Weiner 2004). Im April bis spätestens Mai beziehen die Kleinen Hufeisennasen die Wochenstubenquartiere (Biedermann & Boye 2004, Roer 1960). Die Weibchen bekommen ihre Jungen zwischen Mitte Juni und Mitte Juli (Kulzer 2003, Roer 1960, Zahn & Weiner 2004). In der Regel wird nur ein Jungtier pro Muttertier geboren, Zwillingsgeburten sind sehr selten (Biedermann & Boye 2004, Gaisler 1979). Bereits nach 4-6 Wochen sind die Jungtiere flugfähig und selbständig. Im Spätsommer lösen sich die Wochenstuben auf und von Mitte September bis November (Biedermann & Boye 2004, Zahn & Weiner 2004) findet die Paarung in den Paarungsquartieren oder im Winterquartier statt (Dietz et al. 2007). Sowohl im Frühjahr als auch im Herbst werden regelmäßig Zwischenquartiere bezogen (Gaisler & Hanák 1969a). Diese können unter anderem in Ställen, versteckten Felsspalten, unter Brücken oder zerfallenen Unterständen liegen (Bontadina et al. 2006). In den Monaten Oktober bis April hält sich die Kleine Hufeisennase in den Winterquartieren auf (Biedermann & Boye 2004, Harmata 1971).
Da die Kleine Hufeisennase zur Jagd gerne sehr kleine Gebiete in Wäldern und an Waldrändern nutzt (Biedermann et al. 2001), besteht ein besonderer Zusammenhang des Lebenszyklus mit der forstwirtschaftlichen Nutzung. Sie orientiert sich beim Überflug vom Quartier zum Jagdgebiet stark an Leitelementen wie Waldrändern, Säumen oder Hecken. Deshalb kann die Verminderung solcher Leitelemente zu Beeinträchtigungen führen. Das Trockenlegen von Gewässern und Feuchtgebieten beeinflusst den Insektenreichtum negativ und hat somit ebenfalls Auswirkungen auf die Attraktivität der Jagdgebiete. Durch den Einsatz von Insektiziden bei der Bekämpfung von Forstschädlingen wird nicht nur der Insektenreichtum minimiert, er führt auch zu einer Anreicherung der Wirkstoffe im Körper der Fledermäuse und damit langfristig zu einer Vergiftung der Tiere (Braun 1986).
Lokale Population
Abgrenzung der lokalen Population
Die Abgrenzung der lokalen Population erfolgt nach Gruppen von Fledermäusen, die in einem lokalen Maßstab eine räumlich abgrenzbare Funktionseinheit (zu bestimmten Jahreszeiten) bilden, die wiederum für die Art von Bedeutung ist.
Als lokale Population der Kleinen Hufeisennase ist im Sommer die Wochenstube anzusehen. Die Koloniegröße kann einige wenige Weibchen bis zu 200 Tiere (Dietz et al. 2007) in Einzelfällen auch bis zu 450 Individuen (Zöphel & Frank 2009) umfassen. Die Wochenstuben sind im Grundsatz einfach gegeneinander abgrenzbar und werden von Dietz et al. (2006) als Grundeinheit bei der Bewertung des Zustandes von Populationen angesehen. Bei der Kleinen Hufeisennase wurde ein kleinräumiger Wechsel zwischen verschiedenen Wochenstubenquartieren beobachtet. Nutzt eine Wochenstube mehrere Quartiere, so bezeichnet man die Gesamtheit der genutzten Quartiere als Quartierverbund (Zahn & Weiner 2004). Im Regelfall ist dieser räumlich klar abgrenzbar (z.B. innerhalb einer kleinen Ortslage). Alle Individuen eines solchen Verbundes sind als Angehörige einer lokalen Population anzusehen. Aufgrund der Nutzung solcher Quartierverbunde und der versteckten Lebensweise der Tiere, ist eine Ermittlung der Koloniegröße als lokale Population in der Regel nur durch eine fachgutachterliche Untersuchung möglich.
Neben den Wochenstuben sind im Sommer die Männchenvorkommen und im Spätsommer Gruppen von Männchen und Weibchen in Paarungsquartieren als lokale Population anzusehen. Diese sind meist verstreut verteilt und lassen sich aufgrund fehlender Kenntnisse der Quartiere nur schwer als lokale Population abgrenzen. Häufig ist die Abgrenzung nur über die Ermittlung geeigneter Lebensräume (z.B. alle Individuen einer Ortslage) möglich.
Im Winter ziehen sich die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen in die Winterquartiere zurück. Da sich Tiere verschiedener Kolonien in einem Winterquartier versammeln können, entspricht die lokale Population im Winter nicht mehr der sommerlichen lokalen Population. Winterquartiere können sowohl während eines Winters, als auch im Verlauf der Jahre gewechselt werden. Daher bezieht sich je nach Winterquartiervorkommen die Abgrenzung der lokalen Population punktuell auf das einzelne Winterquartier oder auf den Raum eng (etwa < 100 m) beieinander liegender Winterquartiere.
Gefährdung
Insbesondere in den 1950er und 1960er-Jahren haben die Vorkommen der Kleinen Hufeisennase in Europa stark abgenommen. Die Faktoren dieses Bestandseinbruchs sind nicht eindeutig geklärt, der Einsatz von Pestiziden spielte neben dem Quartierverlust jedoch eine wesentliche Rolle. Inzwischen kann ein leichter Bestandsanstieg der verbliebenen Populationen durch Schutzmaßnahmen an Quartieren und den Verzicht auf DDT verzeichnet werden (Meschede & Rudolph 2010, Petermann 2011).
Land- und Forstwirtschaft
- Verringerung des Insektenangebotes und Verlust von Flugrouten entlang von Leitelementen durch das Zusammenlegen von landwirtschaftlichen Flächen zu größeren Schlägen, die zum Verschwinden von Hecken, Säumen, usw. führen
- Verringerung der Insektenvorkommen durch Medikamenteneinsatz in der Viehhaltung (Entwurmung von Weidevieh) (vgl. Petermann 2011)
- Verringerung des Insektenangebotes durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten und Kleingewässern
- Verringerung des Insektenangebotes und Beeinträchtigung der Gesundheit der Tiere (z.B. Schwächung, geringere Fruchtbarkeit) durch den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in der Land- und Forstwirtschaft
- Verlust von Jagdgebieten durch Reduktion naturnaher Laubwaldbestände mit Unterwuchs, inselartigen Lichtungen und natürlicher oder naturnaher, stufen- und gehölzreicher Waldränder, sowie natürlicher oder naturnaher, breiter Gewässerrandstreifen mit Gehölzen und Einzelbäumen
- Verringerung des Insektenangebotes durch Umwandlung von Laub- und Laubmischwald zu Nadelwald
Sonstige
- Verlust insektenreicher Landschaftselemente als Jagdgebiete und Orientierungsmöglichkeit durch Reduzierung von Hecken, Feldgehölzen und Säumen (Bontadina et al. 2006)
- Verlust von Streuobstwiesen mit lückenloser Anbindung an den Quartierstandort und an den Wald durch Rodung, Überbauung oder Verbrachung
- Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten durch Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden (Zerstörung der Hangplätze, Einflugöffnungen), sowie Abriss von Gebäuden
- Direkte Verfolgung oder Quartierverlust durch Verschluss von Quartieren, wegen besonderer Abneigung gegenüber Ansammlungen von Fledermäusen oder deren Exkrementen
- Beeinträchtigung des Quartiers durch Anstrahlen der Ein- und Ausflugöffnungen (häufig an historischen Gebäude mit Kolonien der Kleinen Hufeisennase) und durch Lichtanlagen in Winterquartieren
- Verlust von Quartieren und Quartiermöglichkeiten durch den Verschluss der Einflugmöglichkeiten von Dachböden, Höhlen und Stollen
- Beeinträchtigung der Gesundheit der Tiere (z.B. allgemeine Schwächung, geringere Fruchtbarkeit) durch den Einsatz von giftigen Holzschutzmitteln in den Quartieren und dem Einsatz von Pestiziden im Lebensraum (Zahn & Weiner 2004)
- Beeinträchtigung der empfindlichen Art durch menschliche Störungen innerhalb der Quartiere (Schober & Wilhelm 1984, Zahn & Weiner 2004)
- Beeinträchtigung der Tiere in den Winterquartieren durch Tourismus (geregelter Tourismus: Besucherbergwerk; ungeregelter Tourismus: fehlende Absperrungen) oder durch unerlaubtes Befahren von Höhlen (Petermann 2011)
- Beeinträchtigung des Nahrungsangebotes durch Einsatz von Insektiziden [z.B. Bekämpfung von Stechmücken mit Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) auf der Herreninsel im Chiemsee (Petermann 2011, Zahn & Weiner 2004), Bespritzen von Obstplantagen in Sachsen]
- Zerschneidung der Jagdgebiete und Flugrouten sowie Erhöhung der Kollisionsgefahr durch den Bau von Verkehrswegen
Schutz
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Erhaltungsmaßnahmen
Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Kleinen Hufeisennase
In Bayern, Thüringen, Österreich, England und der Schweiz wird ein Zusammenhang zwischen dem Überleben der Kleinen Hufeisennase und der Intensität der Landwirtschaft vermutet (Zahn & Weiner 2004). Um Beeinträchtigungen des Lebensraumes durch die Bewirtschaftung zu verhindern oder zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
Landwirtschaft
- Erhaltung/Entwicklung kleinräumig gegliederter Kulturlandschaften mit Leitelementen zum Jagdgebiet in Form von kleinen Parzellen, breiten blütenreichen Säumen, Brachflächen, Hecken und Feldgehölzen innerhalb eines 4 km Radius um bekannte Quartiere (Meschede & Heller 2000)
- Erhaltung von Obstbaumgürteln und Streuobstwiesen in Siedlungsnähe als Jagdgebiete und verbindende Landschaftselemente in der Kulturlandschaft
- Minimierung des Einsatzes von Insektiziden und Herbiziden in der Landwirtschaft zur Sicherung der Nahrungsgrundlage und zur Erhaltung der Gesundheit der Tiere
- Erhaltung des Nahrungsangebotes der Kleinen Hufeisennase durch die Verringerung/Vermeidung des Einsatzes von Entwurmungsmitteln in der Weideviehhaltung wie z.B. durch (vgl. Petermann 2011):
- Verringerung/Verzicht auf den Gebrauch von Entwurmungsmitteln durch Verringerung des Parasitendrucks [u.a. durch Weiderotation, Hygiene (in der Herde, Umgebung und im Viehstall), Parasitenmonitoring, Mähen von Weiden] und durch die Erhaltung der Tiergesundheit (Nutzung natürlicherweise resistenterer Tierrassen, gemischte Herden, niedrige Besatzrate von < 1 GVE/ha)
- Verzicht auf den Einsatz von Entwurmungsmitteln (Avermectinen) in einem 4 km-Radius um die Wochenstubenquartiere zum Schutz der Jagdgebiete
- Förderung der Anwendung nicht-chemischer Behandlungsmethoden wie z.B. Kieselalgenerde oder pflanzliche Ergänzungsmittel
- Sofern kein Verzicht auf Entwurmungsmittel erfolgt: Anwendung gering toxischer Mittel [keine Bolusgaben, d.h. Verzicht auf die Gabe eines einmalig verabreichten Entwurmungsmittels, das über einen Zeitraum von mehreren Monaten kontinuierlich seine Wirkstoffe an das Tier abgibt), Medikamentengabe außerhalb der Insektenhauptflugzeit (keine Behandlung mit Entwurmungsmitteln zwischen 1. März und 31. August), einmonatige Stallhaltung der Tiere nach der Behandlung]
Forstwirtschaft
- Erhaltung naturnaher Waldgebiete mit Prozessschutz und Unterholz, insbesondere der Laub- und Laubmischwaldbestände innerhalb eines 4 km Radius um bekannte Quartiere (Meschede & Heller 2000)
- Erhaltung/Entwicklung naturnaher bzw. natürlicher, stufiger Waldränder und Gehölzstreifen als Jagdgebiete und Flugrouten
- Erhaltung/Entwicklung von insektenreichen Baumarten, wie Stiel- und Traubeneiche sowie Weichhölzern
- Erhaltung/Entwicklung von bachbegleitenden Gehölzen und Auwäldern
- Minimierung des Einsatzes von Insektiziden und Herbiziden in der Forstwirtschaft zur Sicherung der Nahrungsgrundlage und zur Erhaltung der Gesundheit der Tiere
Sonstige Maßnahmen
- Erhaltung/Neuschaffung von räumlich stark verwinkelten Quartieren, beispielsweise mit Zwischendecken in Gebäuden zur Verbesserung der Quartiermöglichkeiten mit einem großen Angebot an Kleinklimata (vgl. Dietz & Weber 2000, Petermann 2011, Zahn & Weiner 2004), insbesondere bei bestehenden Jagdhütten und Forsthäusern im Wald und in waldnahen Gebäuden
- Fallweise Verbesserung des Mikroklimas von Wochenstubenquartieren durch die zeitweilige Ausstattung mit elektrischer Beheizung (Biedermann 1997, Petermann 2011, Richarz 1989)
- Erhaltung/Entwicklung von Gewässern und Gewässerrändern
- Schutz von Winterquartieren vor Störungen im Winter, Sicherung z.B. durch Fledermausgitter, aber mit mindestens 25 x 15 cm großen Öffnungen, da die Kleine Hufeisennase nicht durch Spalten kriecht (Zöphel & Wilhelm 1999)
- Wiederherstellung von freien Einflugmöglichkeiten an potenziellen Quartieren (Reiter et al. 2004)
- Optimierung der Quartierbeschaffenheit durch den Verzicht der Nutzung von Fassadenbeleuchtung an den Quartiergebäuden
- Akzeptanzsteigerung für bestehende Fledermausvorkommen bei der Bevölkerung durch Quartierbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit durch Fledermaussachverständige
- Erhaltung/Entwicklung von Alleen und Parks als Verbindungselemente vom Quartier zum Jagdgebiet (Meschede & Heller 2000)
- Verzicht auf die Bekämpfung von Stechmücken innerhalb eines 4 km Radius um die Quartiere
Erhaltungszustand
- Kontinentale Region: ungünstig - schlecht
- Alpine Region: ungünstig - schlecht
Programme und Projekte
Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen
- Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
- Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
Projekte im Internet
- "Thüringen ist Hufiland" ist ein Teil des, von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten, Projekts "Förderung der europäischen Zusammenarbeit im Fledermausschutz". Auf der Internetseite wird der Bestand der Kleinen Hufeisennasen in Thüringen aufgezeigt, ein Überblick über Lebensweise und Gefährdung der Art gegeben sowie Projekte zum Schutz der Kleinen Hufeisennase beschrieben.
- Bei der Internetseite "Fledermausschutz in Thüringen" handelt es sich um eine gemeinsame Website der Interessensgemeinschaft Fledermausschutz und -forschung in Thüringen und der Koordinationsstelle für Fledermäuse in Thüringen. Hier findet man Informationen über Einrichtungen und Fledermausschutz.
- Das Teilprojekt "Förderung der Kleinen Hufeisennase in Bayern" des INTERREG IIIB Projektes Lebensraumvernetzung stellt Verbesserungen und Neuschaffungen von Quartieren für die Kleine Hufeisennase dar.
- Das Projekt zur Lebensraumvernetzung für Fledermäuse im Alpenraum (INTERREG IIIB Lebensraumvernetzung) beinhaltet u.a. einen Sanierungsleitfaden für Quartiere der Kleinen Hufeisennase.
- Im Rahmen der Artenvielfalt- und Tierschutzfonds unterstützt die Umweltstiftung Greenpeace das Projekt, die Kleine Hufeisennase wieder in der Kirche St. Otto in Reundorf (Oberpfalz) anzusiedeln.
- Artenschutzprojekt Kleine Hufeisennase (Schweiz, Kanton Obwalden).
- Ausbau des Kraftwerkshauses Feistritz zum 1. Österreichischen Fledermaushaus, welches seit vielen Jahren von der Kleinen Hufeisennase besiedelt wird.
Literaturhinweise zu Artenhilfsprogrammen
- Meschede, A. & Rudolph, B.-U. (2010): 1985-2009: 25 Jahre Fledermausmonitoring in Bayern. UmweltSpezial Arten- und Lebensraumschutz. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg.
- Reiter, G. & Zahn, A. (2006): Leitfaden zur Sanierung von Fledermausquartieren im Alpenraum. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege, München.