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Bundesamt für Naturschutz

Saxifraga hirculus - Moor-Steinbrech

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1528
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Synonyme
Bocks-Steinbrech, Goldblumiger Steinbrech
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): 0 (Ausgestorben oder verschollen)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): DD (Daten unzureichend)
Verantwortlichkeit
Allgemeine Verantwortlichkeit

Beschreibung

Verschollen im Moor

Der Moor-Steinbrech macht seinem Namen alle Ehre. Er ist eine typische Pflanze von Lebensräumen, die das ganze Jahr über gleichmäßig nasse Bodenbedingungen aufweisen, wie zum Beispiel Flach- oder Zwischenmoore. In Deutschland kam der Moor-Steinbrech nur in den nördlichen Bundesländern sowie im Bereich der Alpen vor. Bis vor wenigen Jahren war noch ein Fundort im Murnauer Moos in Bayern bekannt. Dort wurde er in den vergangenen Jahren jedoch nicht mehr wiedergefunden.

Lebensraum

Wie der Name schon sagt, ist der Moor-Steinbrech vor allem in Zwischen- und Flachmooren zu finden. In Mitteleuropa wächst er auf nassen, mäßig nährstoffreichen und mäßig sauren Torfschlammböden, gerne mit quelligem Einfluss. In Deutschland siedelte er in Moorwiesen, schlammigen Schwingrasen, Torfmoospolstern und Kleinseggenrasen, gilt aber mittlerweile als ausgestorben.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Moor-Steinbrech ist eine mehrjährige, krautige Sumpfpflanze. Er bevorzugt nasse, konkurrenzarme und besonnte Standorte. Solche Bedingungen treten vor allem dort auf, wo der Grundwasserspiegel dauerhaft nahe der Bodenoberfläche ansteht oder oberflächennah ziehendes, kaltes Wasser vorhanden ist. Die Bodeneigenschaften sind am günstigsten, wenn der pH-Wert neutral oder leicht sauer ist und Stickstoffmangel vorherrscht (Vittoz et al. 2006). Die Wurzeln des Moor-Steinbrechs verlaufen sehr flach unter der Bodenoberfläche (1 bis 3 cm, bevorzugt in einer dicken Schicht aus Moosen) und hauptsächlich waagrecht. Dies ist typisch für viele Pflanzen von Feuchtgebieten, denn damit vermeiden sie, dass ihre Wurzeln direkt im Wasser stehen und werden trotzdem dauerhaft von Kapillarwasser feucht gehalten. Auf ein Austrocknen seiner Wuchsorte reagiert der Moor-Steinbrech sehr empfindlich (Hauke 2003).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

An den kühlen und feuchten Standorten des Moor-Steinbrechs treiben die Pflanzen relativ spät aus und gelangen erst im Spätsommer von Juli bis September zur Blüte (Hauke 2003). Als wichtigste Bestäuber des Moor-Steinbrechs gelten Schwebfliegen und andere Zweiflügler. Um Selbstbestäubung weitgehend auszuschließen, verfügt die Blüte über einen speziellen Mechanismus, bei dem zuerst der eigene Pollen freigegeben wird und sich anschließend erst die Narbe öffnet und mit Fremdpollen bestäubt wird. Die Samen reifen im Herbst und keimen nach der zwingend notwendigen Winterruhe im Frühjahr. Zu dieser Zeit sind geeignete Keimstellen äußerst wichtig. Am besten keimt die Art vermutlich an unbewachsenen oder wenig bewachsenen Stellen mit durchgängig feuchten Bodenbedingungen. Neben dieser geschlechtlichen Art der Vermehrung sind die Pflanzen auch in der Lage klonal (durch Ausläufer) Pflanzen zu erzeugen. Mit Hilfe von Ausläufern, die sich mit der Zeit bewurzeln, können so an geeigneten Standorten relativ schnell größere Bestände aufgebaut werden (Hauke 2003). Zudem verhindern sie mit diesen Ausläufern ein Überwachsen durch andere kleinwüchsige Pflanzen, besonders durch Moose.

Viele seiner Lebensräume wurden bereits durch Drainage und den Abbau von Torf zerstört. Das Einwandern höherwüchsiger Pflanzen gefährdet den Moor-Steinbrech zusätzlich. Für das Überleben dieser Art erscheinen moderate Beweidung oder Mahd der Standorte am besten, um Konkurrenzpflanzen möglichst fern zu halten. Durch den Tritt der Weidetiere werden Offenbodenstellen für die Keimung geschaffen und das Eindringen von Licht in die Pflanzengemeinschaft erleichtert. Bei fehlender Beweidung oder Mahd nehmen die Höhe der Pflanzengesellschaft sowie die Menge an Biomasse zu und es wird langfristig das Einwandern von Gehölzen gefördert. Zu starke Beweidung kann dagegen ungünstig sein, da sie zu große Störungen der Wuchsorte und Schädigungen der Pflanzen hervorruft.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Für den Rückgang bzw. das Aussterben des Moor-Steinbrechs in Deutschland waren hauptsächlich Veränderungen im Wasserhaushalt, Torfabbau und Nährstoffeinträge verantwortlich:

Gefährdung

Gefährdungsursachen

  • Einwanderung von konkurrenzkräftigeren Arten
  • Trockenlegung großer Durchströmungsmoore in Norddeutschland (Meliorationen, Succow & Jeschke 1986).
  • In Süddeutschland: saurer Regen und zunehmende Versauerung der Lebensräume (Wagner & Wagner 2001).
  • Voranschreitende Klimaerwärmung verändert die Lebensbedingungen des Moor-Steinbrechs. Er gilt als Überbleibsel einer während der Eiszeit typischen Pflanzengesellschaft. Vor allem das Erlöschen der Vorkommen im südlichen Verbreitungsgebiet spricht mehr und mehr dafür (Hauke 2003).

Erhaltungsmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

Trotz des guten Erhaltungszustandes des Murnauer Mooses und der regelmäßigen Pflege und Kontrolle der Bestände konnte der Moor-Steinbrech an seinem letzten Standort in Deutschland nicht überleben. Derzeit gilt er in Deutschland als verschollen bzw. bereits als ausgestorben. Die Möglichkeit, inwieweit vorhandene Samen des Moor-Steinbrechs im Boden seines letzten Standorts wieder zur Keimung aktiviert werden könnten, wurde noch nicht überprüft.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Autoren

Christina Meindl, Peter Poschlod

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