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Bundesamt für Naturschutz

Spermophilus citellus - Ziesel

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
Artengruppierung
Sonstige Säugetiere
Synonyme
Schlichtziesel
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 0 (Ausgestorben)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): VU (Gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Meinig et al. 2020): Allgemeine Verantwortung

Beschreibung

Zieselflink unterwegs

Das Ziesel ist eine am Boden lebende Hörnchenart, also mit Eichhörnchen und Murmeltieren verwandt. Die beigefarbenen Tiere graben sich selbst ausgedehnte Bausysteme, vor denen sie große Aufwurfhaufen aufschichten. Hauptsächlich ernähren sich Ziesel von grünen Pflanzenteilen sowie ölhaltigen Samen, aber auch Insekten und kleine Wirbeltiere werden nicht verschmäht.
Ursprünglich ist das Ziesel ein Steppentier, das während der Eiszeit, als ausgedehnte Kaltsteppen Mitteleuropa bedeckten, von Osten nach Europa eingewandert ist. Der westlichste Verbreitungspunkt der Art in geschichtlicher Zeit lag bis in die 1980er Jahre im Erzgebirge (Sachsen). Seit dieser Bestand erloschen ist, ist die Art in Deutschland ausgestorben.

Der zentrale Bestandteil im Lebensraum eines Ziesels ist der Bau. Außerhalb der Zeit der Jungenaufzucht besetzt jedes Ziesel einen Bau für sich alleine, von dem es sich meist nicht weiter als 60-80 m entfernt. Bei zunehmender Trockenheit und damit einhergehender Nahrungsverknappung im Sommer verlassen Ziesel die direkte Bauumgebung und können sich bis zu einigen 100 Metern entfernen, um in benachbarten Feldern oder anderen feuchteren Flächen zu leben, in denen das Nahrungsangebot besser ist. Hier werden kleinere Schutzbauten angelegt. In Serbien fressen Ziesel bevorzugt die Knollen vom Zwiebel-Rispengras (Poa bulbosa) sowie die grünen Pflanzenteile von Wolfsmilcharten, Schafgarbe, Kleearten und Löwenzahn. Daneben werden auch Insekten wie Feldgrillen und Mistkäfer gefressen. Im Spätsommer ernährt sich das Ziesel auch von Kulturpflanzen wie Weizen, Gerste, Roggen, Hafer und Hirse sowie Zuckerrüben, Gurken und Tomaten (alle Angaben nach Ruzic 1978).

Neben einem grasigen Pflanzenbewuchs sind eine gute Wasserzügigkeit des Bodens und ein niedriger Grundwasserspiegel für Ansiedlungen des Ziesels bedeutsame Vorbedingungen, weil nur auf solchen Flächen gewährleistet ist, dass auch nach starken Regenfällen die Gang- und Bautensysteme nicht überflutet werden.

Merkmale des Ziesels

Ziesel sind mit einer Körperlänge von 17-24 cm knapp eichhörnchengroß. Der durchgängig kurz behaarte Schwanz misst 4-8 cm. Die Tiere sind hell beigefarben, wobei die Unterseite etwas heller ist als die Oberseite. Besonders auffällig ist, dass die Tiere häufig „Männchen machen“ um ihre Umgebung auf mögliche Freßfeinde wie Iltisse und Greifvögel zu kontrollieren, vor denen sie schnell in ihre ausgedehnten Bausysteme flüchten. Ziesel siedeln gesellig in Kolonien, so dass meist mehrere Tiere in unmittelbarer Nähe sichtbar sind.

Das Ziesel wird in Abgrenzung zu dem in Polen, Rumänien und Russland vorkommenden Perlziesel (Spermophilus suslicus) auch als Schlichtziesel bezeichnet.

Lebensraum

Ursprünglich besiedelt das Ziesel weite und offene, meist schütter bewachsene Graslandschaften mit nur wenig Gebüschen und Bäumen. Im stark vom Menschen geprägten Mitteleuropa sind solche Landschaften selten geworden. In Tschechien lebt das Ziesel heute meist auf Brachen, Feldrändern, Straßen- und Schienenböschungen aber auch auf Fußballfeldern und (Amateur-)Flugplätzen mit steppenähnlichem Pflanzenbewuchs (Hanzal 1997, Cepáková & Hulová). Im östlichen Österreich können Ziesel auch in den dort flachen Weinanbauflächen leben (Spitzenberger 2001).

Fortpflanzung/Biologie

Ziesel halten fast ein halbes Jahr lang Winterschlaf in ihrem Bau. Während dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung zu sich, sondern leben ausschließlich von dem Körperfett, das sie sich während des vorangegangenen Halbjahres angefressen haben. Ende März/Anfang April wachen die Tiere auf und beginnen sofort mit der Fortpflanzung. Nach 25-28 Tagen werden je Weibchen 5-8 Junge geboren (Ruzic 1978). Während der ersten 10 Tage bleiben die Weibchen bei den Jungen, dann ziehen sie in einen benachbart gelegenen Bau um und kommen nur noch zum Säugen zu den Jungen zurück. Die Weibchen bringen den Jungen später auch Futter, bis diese selbständig den Bau verlassen und mit der Nahrungssuche beginnen können. Bereits in der zweiten Augusthälfte ziehen sich die Alttiere zurück und beginnen mit dem Winterschlaf. Die Jungtiere dagegen sind meist noch bis Ende Oktober aktiv, weil sie ihr Wachstum noch nicht abgeschlossen haben und ihre Fettreserven für den Winterschlaf noch auffüllen müssen. Im Freiland können Ziesel ein Alter von über drei Jahren erreichen (alle Angaben nach Ruzic 1978).

Wesentlich für den Erhalt von Ansiedlungen des Ziesels ist, dass die von ihnen genutzten Flächen nicht in forst- oder landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt werden, sondern in ihrem Zustand belassen werden. Das Ziesel geht in weiten Teilen seines Verbreitungsgebietes durch die Ausdehnung landwirtschaftlicher Nutzflächen (auch gefördert durch EU-Programme) und Aufforstungen stark zurück (Coroiu et al. 2008). Außerdem werden die ursprünglich nährstoffarmen, von der Art besiedelbaren Flächen durch den aus der Landwirtschaft und dem privaten und industriell bedingten Einsatz fossiler Energieträger bedingten Eintrag von Stickstoff durch die Luft überdüngt.

Lokale Population

Da die ausgestorbene Art in Deutschland nur durch ein einziges, durch Wiederansiedlung entstandenes Vorkommen vertreten ist, ist die fachliche Abgrenzung einer lokalen Population sehr schwierig. Flächen, von denen Nachweise des Ziesels vorliegen sind als Lebensraum einer lokalen Population anzusehen. Die Abgrenzung der Lebensräume einer lokalen Population kann anhand von Strukturen und Landnutzung erfolgen. Ungeeignete Lebensräume (z.B. große Siedlungs- und Gewerbeflächen oder ausgedehnte wenig gegliederte Ackerlandschaften) sowie lineare Ausbreitungsbarrieren (z.B. breite Fließgewässer, Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen) stellen die Grenzen dar.

Gefährdung

Das Ziesel ist durch Umwandlung der von ihm besiedelbaren Flächen in land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen gefährdet. Viele Ansiedlungen der Art auf Fußball-, Golf-, Camping- oder Amateurflugplätzen sind von der Toleranz der menschlichen Nutzer abhängig.

Erhaltungsmaßnahmen

  • Keine Umwandlung von Flächen mit Zieselvorkommen in land- oder forstwirtschaftliche Nutzflächen

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Wolfgang Riether
BUND Sachsen
Henriettenstr. 5
09112 Chemnitz

Autoren

Holger Meinig

Unter Mitarbeit von

Karola Gießelmann

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