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Bundesamt für Naturschutz

Trichomanes speciosum - Prächtiger Dünnfarn

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1421*
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Synonyme
Europäischer Dünnfarn, Prächtiger Hautfarn
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): * (Ungefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Metzing et al. 2018): In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich

Beschreibung

Spezialist in dunklen Ecken

Immer wieder wurde der Prächtige Dünnfarn in Ländern Europas bereits für ausgestorben erklärt - und dann in so mancher dunklen Ecke wiederentdeckt. So wurden auch in Deutschland in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder Fundorte registriert. Besonders verwunderlich ist das keineswegs, schließlich erreicht dieser Farn in Deutschland die Grenzen seines Verbreitungsgebietes und kommt nicht in der prächtigen Form mit schönen Farnwedeln vor, sondern lediglich als unscheinbares, moosartiges Polster. Dieses kann leicht übersehen werden. Zur Ausbildung der namensgebenden, farnwedeltragenden Generation fehlen ihm bei uns die klimatischen Grundvoraussetzungen. Als Relikt früherer Wärmeperioden ist es ihm an seinen Wuchsorten hier zu trocken und zu kalt. Um heutzutage am Rande seines Verbreitungsgebietes weiterbestehen zu können, ist er auf die Erhaltung ganz spezieller Umweltbedingungen in seiner Umgebung angewiesen.

Lebensraum

Der Gametophyt (die in Deutschland ausschließlich vorkommende, farnwedellose Form) des Prächtigen Dünnfarns ist ein wahrer Überlebenskünstler hinsichtlich seines Lichtbedarfs. Er kann Nischen besiedeln, die die meiste Zeit des Tages weniger als 0,01 % des Sonnenlichts abbekommen (Johnson et al. 2000). Ansprüche, wenn auch niedrigere als der Farnwedel tragende Sporophyt, stellt der Gametophyt an die Feuchtigkeit seiner Umgebung. Die benötigte hohe Luftfeuchtigkeit findet er in windstillen Höhlen, Felsüberhängen, -spalten oder -nischen. Die besiedelten Gesteine befinden sich zumeist umgeben von Wald in der Nähe von Sickerquellen oder Bächen.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Prächtige Dünnfarn besiedelt in Deutschland Spalten und Höhlungen silikatischer Felswände sowie Unterseiten von Blöcken in Blockfeldern. Er wächst bevorzugt auf Sandstein, aber auch auf Granit, Quarz und devonischen Schiefern (Waitzmann & Schweizer 2009). Er stellt hohe Ansprüche an die klimatischen Verhältnisse seiner Standorte. Während die Ausrichtung der Standorte eine untergeordnete Rolle spielt, ist eine konstant luftfeuchte Umgebung mit gleichmäßigen Temperaturen besonders wichtig. Diese Bedingungen findet er in windgeschützten Spalten und Höhlungen, welche zusätzlich meist in schattigen Wäldern und in der Nähe von Bächen oder Sickerquellen liegen. Gleichzeitig zeichnen sich diese Standorte durch extreme Lichtarmut aus. Angepasst ist der Gametophyt an diese Lichtarmut durch einen stark verlangsamten Stoffwechsel (Makgomol & Sheffield 2001).

Der Prächtige Dünnfarn gilt als sehr konkurrenzschwach. Da seine Standorte vor allem aufgrund der Lichtarmut Extrembedingungen aufweisen, sind sie für höhere Pflanzen ungeeignet. Daher kommt er dort teilweise als einzige Pflanzenart vor oder nur in Gesellschaft mit Moosen. Die besiedelten Felsstandorte liegen überwiegend in naturnahen Wäldern, während Felsformationen in mit Kiefern oder Fichten aufgeforsteten Parzellen nicht besiedelt sind (Huck & Michel 2002).

Bei den deutschen Vorkommen handelt es sich um Reliktvorkommen, welche unter den Klimabedingungen des Atlantikums/Subatlantikums (wärmste Periode der jüngsten geologischen Epoche der Erdgeschichte zwischen ca. 8.000 v. Chr. und ca. 4.000 v. Chr.) ein größeres, zusammenhängendes Gebiet besiedelten und seitdem an den heutigen Standorten überdauerten. In Mitteleuropa ist es dem Farn unter heutigen Klimabedingungen an seinen Standorten zu kalt, zu trocken und zu dunkel um den farnwedeltragenden Sporophyten und damit Sporen auszubilden. Statt dem Sporophyten kommt nur der hinsichtlich des Klimas etwas weniger anspruchsvolle Gametophyt vor (Johnson et al. 2000).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Der Lebenszyklus von Farnen ist geprägt durch einen sogenannten Generationswechsel. Hierbei wechseln sich der unscheinbare Gametophyt und der „eigentliche“ Farn, der die weithin bekannten Farnwedel ausbildet, ab. In Deutschland kommt der Prächtige Dünnfarn nur als unscheinbarer, moosartiger Gametophyt vor. Dieser ist aus Sporen entstanden, welche unter günstigeren Klimabedingungen (vermutlich zuletzt in der Warmzeit des Atlantikums/Subatlantikums ca. zwischen 8.000 v. Chr. und 4.000 v. Chr.) vom farnwedel-tragenden Sporophyten gebildet und ausgebreitet wurden. Da unter heutigen Bedingungen in Deutschland keine Sporophyten und damit Sporen mehr ausgebildet werden, kann kein genetischer Austausch zwischen den Vorkommen mehr stattfinden. Der Gametophyt vermehrt sich ausschließlich ungeschlechtlich über Brutkörper, die abfallen und neue Pflanzen bilden. Unter günstigen Bedingungen kann ein Gametophyt so jedoch Flächen von mehreren Quadratmetern einnehmen und einen Standort langfristig besiedeln. Damit die Möglichkeit zur dauerhaften Besiedlung gegeben ist, müssen die mikroklimatischen Bedingungen stimmen. Das heißt, die Standorte müssen hinsichtlich Beschattung und Luftfeuchte in ihrem jetzigen Zustand bestehen bleiben und jede Änderung ist zu vermeiden.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Ein durchgehender Felsbereich oder ein durchgehendes Blockfeld sind nach Experteneinschätzung als eine lokale Population zu betrachten. Ausnahmsweise kann eine Trennung von Vorkommen innerhalb eines durchgehenden Felsbereichs erfolgen, wenn zwischen zwei Vorkommen lediglich eine glatte Felswand liegt, welche keine Lebensräume (Spalten oder Höhlungen) für den Prächtigen Dünnfarn bietet.

Gefährdung

Der Prächtige Dünnfarn ist hauptsächlich durch Veränderungen der kleinräumigen klimatischen Bedingungen an seinen Standorten gefährdet. Wichtig für die Erhaltung der Bedingungen ist an erster Stelle die Erhaltung der umgebenden Wälder. Diese wirken ausgleichend auf das kleinräumige Klima der Felsstandorte. An zweiter Stelle steht die Aufrechterhaltung der hohen Feuchte an den Standorten und damit des Wasserhaushaltes. Die nötige Luftfeuchte liefern an den Standorten zumeist nahe gelegene Bachläufe und quellige Bereiche.

Forstwirtschaft

Folgende Bewirtschaftungsmaßnahmen der Forstwirtschaft können sich nachhaltig auf Vorkommen des Prächtigen Dünnfarns auswirken:

  • Die forstliche Nutzung des umgebenden Waldes stellt die größte Gefährdung dar, da sich dabei Veränderungen des Bestands- und Mikroklimas ergeben können, z.B. durch Gehölzauflichtungen
  • Veränderung des Wasserhaushaltes durch Gewässerbegradigung und -ausbau sowie Quellfassungen

Sonstige

  • Gesteinsabbau oder Höhlensanierung
  • Touristische Aktivitäten (Kletterei, Lagerplätze)

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population des Prächtigen Dünnfarns

Nutzungsbedingte Beeinträchtigungen des Prächtigen Dünnfarns gehen von allen Aktivitäten aus, welche die Bedingungen an den Wuchsstandorten verändern. Um Beeinträchtigungen durch Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Forstwirtschaft

  • Weitgehender Nutzungsverzicht im direkten Umfeld der Felsen, Pufferzonen sollten so groß gewählt werden, dass je nach Wuchsort das Mikroklima nicht gestört wird
  • Keine Kahlschläge
  • Plenterung oder Einzelstammentnahme in Abstimmung mit Naturschutzbehörden ist jedoch möglich
  • Förderung von Laubholz, kein Einbringen von Nadelholz
  • Rückführung von Nadelwaldbeständen in Laubmischbestände, jedoch ohne Kahlschlag

Sonstige Maßnahmen

  • Besucherlenkung zur Vermeidung von Beeinträchtigung
  • Keine Veränderungen des Wasserregimes: Bachläufe und quellige Bereiche in der Nähe der Standorte sollten unverändert bleiben

Erhaltungszustand

Kontinentale Region: günstig

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie.
  • Internetseite der Europäischen Union zur Förderung des Umwelt- und Naturschutzes und von entsprechenden Projekten.
  • Förderwegweiser des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)
  • Förderwegweiser von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV): Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA).

Projekte im Internet

  • Artsteckbriefe für die Zielarten der Europäischen Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) in Rheinland-Pfalz.
  • Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz - Artensteckbrief für den Prächtigen Dünnfarn.
  • Flyer und Internetseite mit Informationen zu Verbreitung, Biologie, Gefährdung und Schutz des Braungrünen Streifenfarns und des Prächtigen Dünnfarns in Sachsen. Herausgeber: Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (2007).
  • Internetseiten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg mit Informationen zum Prächtigen Dünnfarn.
  • Internetseiten der Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen mit Informationen zum Prächtigen Dünnfarn.

Literaturhinweise

Literaturhinweise zu Artenhilfsprogramme

  • Eichler, M. & Kempf, M. (2010): Artgutachten 2009 - Bundes- und Landesmonitoring 2009 des Prächtigen Dünnfarns (Trichomanes speciosum) (Art des Anhangs II und IV der FFH-Richtlinie) in Hessen sowie Nachuntersuchungen zur Verbreitung der Art. Auftraggeber Land Hessen.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Karsten Horn
Frankenstr. 2
91077 Dormitz

Autoren

Juliane Drobnik, Christina Meindl, Peter Poschlod

Unter Mitarbeit von

Karsten Horn, Matthias Dolek, Burkhard Beinlich

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