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Bundesamt für Naturschutz

Triturus cristatus - Kammmolch

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1166
Artengruppierung
Amphibien
Synonyme
Nördlicher Kammmolch, Sumpfmolch, Großer Wassersalamander
Status Rote Liste Deutschland
Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): 3 (Gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Cox 2009): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
In hohem Maße verantwortlich

Beschreibung

Der Wasserdrache im heimischen Teich

Der Kammmolch ist ein wahrer Riese unter den heimischen Molchen – die Männchen können bis 15, die Weibchen bis 18 cm lang werden! Da die scheuen Tiere an Land meist nachtaktiv sind und eine versteckte Lebensweise führen, werden sie häufig übersehen. Auch deshalb ist den meisten Menschen nicht bekannt, welch prächtige Hochzeitstracht sich die Männchen während der Fortpflanzungszeit zulegen. Sie bilden einen hohen, unregelmäßig gezackten Hautkamm aus, an den Flanken finden sich silbrige Punkte, und der Schwanz ist beidseitig mit einem breiten silbernen Streifen verziert.
Im Gegensatz zu anderen Molcharten verbringt der Kammmolch einen großen Teil des Jahres im Wasser. Bei entsprechender Witterung wandert er bereits im Februar ins Gewässer ein und bleibt dort bis in den August. Das optimale Kammmolchgewässer weist einen ausgeprägten Ufer- und Unterwasserbewuchs auf und ist frei von räuberischen Fischen. Wichtig sind eine gute Besonnung und ein reich gegliederter Gewässergrund. Der Landlebensraum befindet sich idealerweise in unmittelbarer Nachbarschaft der Laichgewässer und ist reich an Versteckmöglichkeiten unter Holz- oder Steinhaufen, im Wurzelbereich der Bäume oder auch in Kleinsäugerbauen.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des Kammmolches erstreckt sich von Frankreich bis zum Ural. In Deutschland ist er weit verbreitet. Das höchste bekannte Vorkommen liegt ca. 890 Meter über Normal Null. Es werden verschiedene Gewässertypen (ohne Fischbesatz) überwiegend in offenem Gelände in Auen-, Seen- und Wiesenlandschaften besiedelt.

Lebensraum

Größere Feuchtgrünlandbestände im Wechsel mit Hecken, Feldgehölzen und Wäldern und einem guten Angebot an Kleingewässern stellen den idealen Lebensraum des Kammmolches dar. Besonders beliebt sind bei Kammmolchen fischfreie Gewässer mit reichem Unterwasserbewuchs.

Fortpflanzung/Biologie

Paarung und Eiablage erfolgen zwischen Ende März und Juli in reich strukturierten Gewässern. Eine ausgeprägte Ufer- und Unterwasservegetation, ein reich strukturierter Gewässerboden (mit Ästen, Steinen, Höhlungen usw.) sowie ein hoher Besonnungsgrad müssen gegeben sein. Zur Überwinterung dienen frostsichere Hohlräume wie Nagerbauten.

Ökologie der Art

Als Schwanzlurch ist der Kammmolch an feuchte Lebensräume gebunden. Er bevorzugt reich gegliedertes Grünland in offenen Landschaften, kann aber auch in lichten Wäldern angetroffen werden.

Die von ihm genutzten Laichgewässer sind vielfältig – das Spektrum reicht von Weihern und Teichen, über Abgrabungsgewässer bis hin zu nur zeitweise wasserführenden Pfützen oder Blänken (Thiesmeier et al. 2009). Stark besonnte Gewässer mit einem ausgeprägten Ufer- und Unterwasserbewuchs und ohne größere Faulschlammauflagen am Grund werden bevorzugt. Die Gewässer sollten möglichst fischfrei sein – zumindest aber ohne künstlich erhöhten Fischbesatz.

Das nähere Gewässerumfeld sowie angrenzendes Grünland, Hecken, Waldränder und lichtere Waldbereiche dienen als Sommerlebensraum. Um in ackerbaulich genutzten Landschaften das Überleben des Kammmolches zu gewährleisten, sollten diese Elemente wenigstens 20 % seines Lebensraumes umfassen.

Während die Kammmolche im Wasser rund um die Uhr aktiv sind, zeichnen sie sich an Land durch eine vorwiegend nachtaktive und heimliche Lebensweise aus. Ideale Verstecke bieten Totholz, Kleinsäugerbauten, Grasbulte oder das Wurzelwerk von Bäumen. Als Winterquartiere dienen frostfreie Orte wie Steinhaufen, altes Mauerwerk, Höhlen oder Keller. Einige Tiere leben auch ganzjährig im Wasser. Kammmolche sind Räuber, die z.B. Kleinkrebse, Insektenlarven, Wasserschnecken, aber auch andere Amphibienlarven (inkl. der eigenen Art) verzehren (Grosse & Günther 1996).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Kammmolche wandern – häufig früher als andere Amphibienarten – ab einer Mindesttemperatur von 3°C im Zeitraum von Februar bis März zu ihren Laichgewässern. Hohe Luftfeuchte und Regen sind Auslöser für das Wanderverhalten (Kupfer 1998).

Der Zeitraum der Wanderung zu den Paarungsgewässern fällt somit mit der Frühjahrsbestellung der Äcker und Pflegemaßnahmen im Grünland (Pflügen, Ansaat, Düngung, Spritzmitteleinsatz, Abschleppen) zusammen.

In den Laichgewässern findet von Ende März bis Juli die Paarung und Eiablage statt. Je nach Größe, Alter und Vitalität der Weibchen werden im Mittel zwischen 200 und 400 Eier einzeln an Pflanzen abgelegt (Grosse & Günther 1996). Vom Schlüpfen der Larven bis zur Umwandlung zum Molch dauert es in Abhängigkeit von der Temperatur 2 bis 4 Monate – in der Regel verlassen die Jungmolche im Spätsommer die Laichgewässer. Spät geschlüpfte Larven überwintern mitunter auch dort.

Der Kammmolch hält sich im Vergleich zu den anderen heimischen Molcharten mit ca. 5 Monaten jährlich am längsten im Gewässer auf. Danach wechseln die Tiere in ihre Sommerlebensräume. Die Abwanderung zum Winterquartier erfolgt im Oktober/November – also in dem Zeitraum, in dem die Äcker bestellt und spätreifende Feldfrüchte geerntet werden. Die winterliche Ruhephase fällt in den Zeitraum, in dem Forst- und Landschaftspflegebetriebe die Holzernte bzw. Gehölzpflege durchführen.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Größe einer Kammmolchpopulation wird durch verschiedene Faktoren begrenzt, primär durch die Verfügbarkeit, Anzahl und Qualität der Larvalgewässer. Da Kammmolche wenig mobil sind und ein geringes Ausbreitungsvermögen aufweisen, ist der Aktionsradius der lokalen Population nach Einschätzung der Experten i.d.R. nicht größer als 500 m, vorausgesetzt, dass keine Barrieren wie Straßen, größere Fließgewässer oder Nadelholzreinbestände innerhalb dieses Radius vorhanden sind. Auch großflächig genutzte Äcker stellen ein Wanderhindernis dar: ab einer Breite > 100 m werden sie nach Experteneinschätzung meist nicht mehr überquert. Anders ist die Situation in den großflächiger gegliederten Agrargebieten Nordost-Deutschlands. Dort wurde nachgewiesen, dass selbst Äcker mit einer Breite > 500 m kein Wanderhindernis für Kammmolche darstellen (Schneeweiß, mdl. 2010).

Großräumigere Abgrenzungen der lokalen Populationen sind nach Experteneinschätzung bei Vorliegen folgender Ausgangssituationen notwendig:

Fehlen geeignete Landlebensräume im direkten Gewässerumfeld, suchen die Tiere entsprechende Bereiche in Entfernungen von bis zu 1.000 m auf (Kupfer 1998). Eine größere Mobilität ist auch dann vorhanden, wenn die Larvalgewässer gut miteinander vernetzt sind (z.B. über Feuchtwiesen, Gräben, Gehölze, Uferrandstreifen). In diesem Fall kann erst dann von einer getrennten lokalen Population ausgegangen werden, wenn der Verbund der Larvalgewässer eine Lücke von mehr als 1.000 m aufweist.

Gefährdung

Besonders die Laichgewässer sind durch die Intensivierung der Landwirtschaft (Entwässerung, Pestizidanwendung, Nährstoffeintrag u. ä.), durch Flurbereinigung und die Rekultivierung ehemaliger Abbaugebiete gefährdet. Auch Grundwasserabsenkungen können zum Verlust von Laichgewässern führen. Fischbesatz mindert die Qualität der Gewässer.

Gefährdungsursachen

Die Hauptgefährdung des Kammmolchs stellt die Zerstörung und Verinselung von Lebensräumen durch Forst-, Land- und Fischereiwirtschaft dar. Weiterhin wirken sich der Aus- und Neubau von Verkehrswegen und die damit einhergehende Zerschneidung der Landschaft ungünstig auf den Kammmolch aus.

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

Im Einzelnen können sich folgende Maßnahmen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft nachhaltig auf Vorkommen des Kammmolchs auswirken:

  • Fischbesatz in den (potenziellen) Larvalgewässern stellt die größte Gefährdung des Kammmolches dar. Eine Koexistenz von Fischen und Kammmolchen ist i.d.R. nicht möglich (Ausnahmen sind große, reich gegliederte Gewässer wie Seen mit breiten Verlandungszonen oder flussferne, gelegentlich austrocknende Altwässer – sogenannte Karauschentümpel)
  • Direkte Zerstörung der Laichgewässer und Landlebensräume durch Verfüllung, Entwässerung, Ackerbau, Flurbereinigung und Auffüllen von Senken
  • Wiederanbindung von Altwässern an den Hauptstrom (freier Zugang für Fische!)
  • Gewässerverschmutzung, Spritzmittel- und Nährstoffeintrag, v.a. durch die Landwirtschaft
  • Neuanlage und Ausbau von Forstwegen

Sonstige

  • Zerschneidung der Lebensräume und damit einhergehende Verinselung von (Teil-)Populationen durch Barrieren (v.a. Verkehrswege, große Ackerschläge)
  • Verfüllung und Rekultivierung von Bodenabbaugebieten
  • Trockenlegung von Laichgewässern durch wasserbauliche Maßnahmen sowie durch Grundwasserabsenkungen und -entnahmen
  • Verluste wandernder Tiere durch den Straßen- und Schienenverkehr

Schutz

Die Laichgewässer und Landlebensräume sollten erhalten werden, wobei insbesondere Eingriffe in den Wasserhaushalt zu vermeiden sind. Künstlicher Fischbesatz ist besonders für die Larven schädlich und sollte aus den Laichgewässern entfernt werden. Eine Vernetzung der einzelnen Vorkommen sollte angestrebt werden, damit sich die Populationen austauschen können.

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population des Kammmolches

Nutzungsbedingte Beeinträchtigungen des Kammmolches gehen vor allem von der Fischerei-, Land- und Forstwirtschaft aus. Um Beeinträchtigungen durch die Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Kein Ausbringen von Spritz- und/oder Düngemitteln und keine Bodenbearbeitung in einer Pufferzone von mind. 20 m um die Gewässer
  • Verhinderung der Beschattung der Gewässer durch Gehölzaufwuchs durch regelmäßige winterliche Mahd/Mulchmahd – je nach Bedarf
  • Keine mineralische Düngung (mit Kalkammonsalpeter, Kali-Phosphor) während der Frühjahrswanderung
  • Extensive Beweidung als ideale Nutzung für das Gewässer und das Umfeld. Die jeweils angepasste Beweidungsdichte hängt von zahlreichen Faktoren ab. Sie ist flächenspezifisch anhand folgender, leicht erfassbarer Parameter festzulegen: Die Weidetiere sind spätestens dann von der Weide zu nehmen, wenn der Anteil an hochwüchsigen Pflanzen die Marke von 10-20 % unterschreitet! Befindet sich nicht mehr als eine Großvieheinheit (GVE) pro 60-70 m Uferlinie auf der Weide, ist eine Auszäunung der Laichgewässer nicht notwendig. Vorteil: Durch Verbiss des Uferbewuchses wird die Verlandung der Gewässer deutlich verlangsamt. Kenngröße für die Ganzjahresbeweidung: 0,3-0,5 GVE/ha/a
  • Wird das Gewässerumfeld als Wiese genutzt, dann maximal zweischürige Mahd praktizieren. Eine Schnitthöhe von mindestens 10 cm ist einzuhalten. Kein Einsatz von Kreiselmähern – es gibt mittlerweile moderne, leistungsfähige Balken- bzw. Fingermähgeräte. Keine Bodenbearbeitung wie z.B. Walzen, keine chemischen Spritzmittel, Düngung nur über Festmist unter Beachtung einer Pufferzone um die Gewässer von 20 m
  • Verbesserung der Lebensbedingungen durch Wiedervernässung von Feuchtlebensräumen (z.B. durch Verzicht auf Erneuerung von Drainagen)
  • Erhaltung und Schaffung von relevanten Elementen wie Säume, Heckenzüge, Versteckmöglichkeiten (Holz-, Steinhaufen) als Sommer-/Winterquartiere und als Trittsteine bzw. Wanderkorridore zur Vernetzung wichtiger Landlebensräume
  • Förderung der Biologischen Landwirtschaft, da deren Wirtschaftsweisen für die Art verträglicher sind

Forstwirtschaft

  • Naturgemäßer Waldbau mit partieller Förderung von Lichtbaumarten und liegendem Totholz als Überwinterungsquartiere
  • Umbau von standortfremden Nadelforsten in standortheimische Laub- oder Mischwälder
  • Wiedervernässung entwässerter Waldstandorte durch Verschluss von Entwässerungsgräben
  • Einsatz schwerer Erntemaschinen nur im Zeitraum, wenn sich die Molche im Gewässer aufhalten. Bei winterlichem Einschlag besteht ansonsten die Gefahr des Überfahrens im Winterquartier. Gegebenenfalls motormanueller Einschlag und Abtransport des Holzes im Frühjahr!
  • Bei Durchforstungsarbeiten mit Vollerntern (Harvester) darauf achten, dass keine Holzabfälle in Waldgewässer eingebracht werden, da die Gefahr der Versauerung der Kleingewässer besteht
  • Vorhandene und potentielle Laichgewässer im Wald von beschattendem Baumbewuchs freistellen

Fischereiwirtschaft

  • Bei Fischteichanlagen sollte mindestens ein besonnter Teich nicht mit Fischen besetzt werden. Um die Fischfreiheit zu gewährleisten, ist das Gewässer im Herbst oder Winter einmal jährlich oder wenigstens alle zwei Jahre abzulassen
  • In aufgelassenen Fischteichanlagen ist noch vorhandener Fischbesatz durch Abpumpen, Ablassen oder Abfischen zu entfernen
  • Keine Fischbesatzmaßnahmen in Kleingewässern in der freien Landschaft

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: ungünstig - unzureichend,
  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend,
  • Alpine Region: ungünstig - schlecht

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

Vertragsnaturschutzprogramme der Länder

In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Förderprogramme die genutzt werden können, nachfolgend werden Beispiele genannt.

Pojekte im Internet

Literaturhinweise

verändert nach:
Meyer, F. (2004): Triturus cristatus (Laurenti, 1768). In: Petersen, B., Ellwanger, G., Bless, R., Boye, P., Schröder, E., und Ssymank, A. (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 2: Wirbeltiere. - Bonn-Bad Godesberg (Landwirtschaftsverlag) - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69(2): 183-190.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Burkhard Thiesmeier
Diemelweg 7
33649 Bielefeld

Dr. Burkhard Beinlich
Landschaftsstation im Kreis Höxter e.V.
Zur Specke 4
34434 Borgentreich

Dr. Alexander Kupfer
Universität Potsdam
Allgemeine Zoophysiologie/Evolutionäre Genomik
Karl-Liebknecht-Str. 24-25
14476 Potsdam

Autoren

Burkhard Beinlich, Manuela Siewers, Ronald Polivka, Benjamin T. Hill

Unter Mitarbeit von

Thomas Bobbe, Holger Buschmann, Christian Chmela, Martin Dieterich, Hauke Drews, Arno Geiger, Dieter Glandt, Kurt Grossenbacher, Andreas Kronshage, Alexander Kupfer, Hubert Laufer, Uwe Manzke, Martin Schlüpmann, Norbert Schneeweiß, Matthias Simon, Karola Gießelmann, Burkhard Thiesmeier, Heiko Uthleb

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