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Bundesamt für Naturschutz

Zamenis longissimus - Äskulapnatter

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
6091
Artengruppierung
Reptilien
Status Rote Liste Deutschland
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): 2 (Stark gefährdet)
Status Rote Liste Europa
(Cox 2009): LC (Nicht gefährdet)
Verantwortlichkeit
(Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien 2020): In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich

Beschreibung

Mythos und Wirklichkeit an der nördlichen Arealgrenze

Die Äskulapnatter besiedelt eine Vielzahl feuchtwarmer Lebensräume wie lichte Laub- und Mischwälder, Wiesenhänge, Streuobstwiesen aber auch nachhaltig genutzte Weinbergslagen, sowie Steinbrüche, Bahndämme, Straßen- und Wegränder, geprägt durch ein Mosaik an Sonnen-, Versteck- und Eiablageplätzen, Nahrungsgründen und Winterquartieren. Gefährdet ist die Äskulapnatter insbesondere durch die Nutzungssteigerung der Land- und Forstwirtschaft, Flurbereinigungen und Siedlungserweiterungen, sowie das Verbuschen geeigneter Lebensräume.

Merkmale Äskulapnatter

Die Äskulapnatter ist unsere größte einheimische Schlange. Ihr schlanker Körper ist meist dunkelbraun bis schwarzbraun gefärbt und weist eine weiße Strichel- bzw. Fleckenzeichnung auf.

Lebensraum

Äskulapnattern besiedeln feuchtwarm geprägte Lebensräume wie lichte Laub- und Mischwälder, Bachtäler, Wiesenhänge oder Streuobstbestände, aber auch nachhaltig genutzte Weinbergslagen, Steinbrüche, Bahndämme und Gärten. Voraussetzung für deren Besiedlung ist das Vorhandensein von geeigneten Sonnen-, Versteck-, und Eiablageplätzen, Winterquartieren sowie einem ausreichenden Nahrungsangebot.

 

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Die Äskulapnatter besiedelt eine Vielzahl an Lebensräumen mit feuchtwarmer Prägung. Hierzu zählen insbesondere die Randbereiche lichter Laub- und Mischwälder, Bachtäler, Wiesenhänge, Streuobstbestände aber auch nachhaltig genutzte Weinbergslagen, sowie Steinbrüche, Bahndämme, Straßen- und Wegränder. Auch in Gärten innerhalb von Siedlungen kann sie gefunden werden. Wichtig ist in allen Lebensräumen ein Mosaik an geeigneten Sonnen-, Versteck-, und Eiablageplätzen, Winterquartieren und ein ausreichendes Nahrungsangebot. Ausgewachsene Nattern ernähren sich vorwiegend von Kleinsäugern, Vögeln und deren Eiern. Jungtiere ernähren sich hingegen nahezu ausschließlich von Eidechsen (Böhme 1993, Günther & Waitzmann 1996, Waitzmann & Fritz 2007). Zur Überwinterung suchen die Schlangen frostfreie Orte in Felsspalten, Baumstümpfen, natürlichen Erdhöhlen und Kleinsäugerbauen auf, die meist im Inneren der Wälder liegen. Aber auch unverfugte Trockenmauern werden als wichtige Winterquartiere genutzt (Günther & Waitzmann 1996, Waitzmann & Fritz 2007).

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Meist Ende April/Anfang Mai verlässt die Äskulapnatter ihr Winterquartier. Die sich anschließende Paarungszeit erstreckt sich bis in den Juni. In dieser Zeit sind die Männchen auf der Suche nach paarungsbereiten Weibchen besonders aktiv und bestreiten ausgedehnte Wanderungen. Die Eiablage erfolgt in der Regel 4-6 Wochen nach der Paarung Ende Juni bis Mitte Juli. Hierfür suchen die Weibchen geeignete Eiablageplätze, wie Kompost- oder Misthaufen aber auch faulende Baumhöhlen oder Schwemmguthaufen auf, in die sie ihre 5-12 länglich ovalen Eier ablegen. Nicht selten wird von mehreren Weibchen der gleiche Ort aufgesucht, so dass man so genannte „Masseneiablageplätze“ der Äskulapnatter finden kann. Ende August/Anfang September, nach gut 60 Tagen, schlüpfen dann die Jungtiere. Jedoch können sich bei ungünstigen Wetterbedingen im Jahresverlauf der Zeitpunkt der Eiablage sowie die Entwicklung und der mögliche Schlupf der Jungtiere nach hinten verschieben, was den Fortpflanzungserfolg deutlich mindern kann (Waitzmann & Fritz 2007). Die Winterquartiere werden meist schon in der ersten Septemberhälfte aufgesucht (Günther & Waitzmann 1996).

Die Äskulapnatter ist besonders durch die Beeinträchtigung bzw. Zerstörung geeigneter Lebensräume aufgrund der Nutzungssteigerung der Forst- und Landwirtschaft, darunter vor allem die Flurbereinigung, sowie durch Siedlungserweiterungen gefährdet. Ebenso hat das Verbuschen von freien Wiesen(hängen) negative Auswirkungen auf die Äskulapnatterbestände.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Äskulapnatter gilt allgemein als ortstreu (Böhme 1993), auch wenn vereinzelte Wanderbewegungen von mindestens 2,3 km bekannt sind (Waitzmann & Fritz 2007). Alle Äskulapnattern eines nach Geländebeschaffenheit und Strukturausstattung räumlich klar abgrenzbaren Gebietes sind daher als lokale Population anzusehen. Wenn dieses Gebiet mehr als 2.500 m vom nächsten besiedelten Bereich entfernt liegt oder von diesem durch unüberwindbare Strukturen (verkehrsreiche Straßen, stark genutztes Ackerland u.ä.) getrennt ist, dann ist von einer schlechten Vernetzung der Vorkommen und somit von getrennten lokalen Populationen auszugehen (Groddeck 2006). Schmale Vernetzungselemente können allerdings den Austausch zwischen solchen Individuengemeinschaften ermöglichen, auch wenn sie eine weniger gute Lebensraumqualität besitzen. Hier sind vor allem Bahnstrecken und Straßenböschungen von Bedeutung (Waitzmann & Fritz 2007).

Gefährdung

Die Äskulapnatter ist hauptsächlich durch Zerstörung und Veränderung ihrer Lebensräume sowie durch Verinselung der Populationen gefährdet.

Land- und Forstwirtschaft

  • Zerstörung und Veränderung von Lebensräumen durch
    • Verstärkte Nutzung
    • Aufgabe der Niederwaldwirtschaft
    • Aufforstung bewuchsarmer Standorte
    • Rekultivierung von Sekundärstandorten
    • Verlust von Eiablageplätzen (z.B. Mist- und Komposthaufen)
  • Nutzungsaufgabe von Wiesenhängen und Streuobstwiesen und damit verbundene fortschreitende Verbuschung
  • Verlust von Lebensraumelementen (Sonnenplätze, Deckung)
  • Tötung durch Mahd
  • Verfall, Verfugen oder Zuwachsen von Trockensteinmauern (insbesondere im Odenwald)

Sonstige

  • Zerstörung und Veränderung von Lebensräumen durch Siedlungserweiterung
  • Straßen- und Wegebau
  • Zerschneidung/Verinselung durch Verkehr
  • Direkte Verfolgung durch den Menschen (Haltungszwecke)

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population der Äskulapnatter

Die Äskulapnatter wird vor allem durch die Intensivierung der Forst- und Landwirtschaft beeinträchtigt. Um dies zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Den Bedürfnissen der Äskulapnatter angepasste Bewirtschaftung von Wiesen und Streuobstbeständen
  • Erhalt von Säumen und anderen Lebensraumelementen
  • Mahd von Böschungen und (Wald-)Säumen nur im Winter
  • Schnitthöhe von mind. 15 cm während der Aktivitätsphase der Äskulapnatter
  • Wiesenmahd nur abschnittsweise.
    Je bedeutender das Vorkommen ist, desto mehr ist auf alternative Mahdmethoden zu achten!
    Alternative Mahdmethoden:
    • Kleinflächige Mahdabschnitte
    • Vorheriges „Vertreiben“ der Tiere
    • Beweidung statt Mahd (möglichst nicht mit Großvieh, um ein Zertreten der Äskulapnattern zu verhindern)
    • Flächentausch
  • Beweidung bzw. Förderung der Wanderschäferei in Flächen die nicht mehr der regulären Mahd unterliegen
  • Anfallendes Schnittgut (Hecken, Büsche, Gras) als (Eiablage-)Haufen in der Fläche belassen (punktuell!), (Häckselhaufen sind nach etwa zwei Jahren für die Äskulapnatter nutzbar)
  • Kein Einsatz von Schädlingsvertilgungsmitteln

Weinbau

  • Erhalt von Trockensteinmauern bei Rebflurbereinigung
  • Sanierung von Trockenmauern „nach altem Vorbild“ (kein Verfugen, kein Beton)
  • Erhalt/Schaffung/Förderung von Krautsäumen von mind. 1,5 m Breite an Mauerfuß und Mauerkrone (Mahd dieser Säume nur im Winter)
  • Erhalt der (Saum-)Strukturen (Qualität und Quantität) bei Rebflurbereinigung
  • Kein Einsatz von Schädlingsvertilgungsmitteln in den besiedelten Lebensraumelementen
  • Freistellung/Offenhaltung von besiedelten Felsstandorten und Weinbergsbrachen
  • Freistellung/Offenhaltung der Weinbergsmauern, dabei aber einen teilweisen Bewuchs von etwa 10 % als Versteckmöglichkeiten erhalten (Brombeere, Efeu)

Forstwirtschaft

  • Erhalt und Pflege naturnaher Laubmischwälder
  • Schaffung und Erhalt reich gegliederter Waldrandsysteme
  • Wenn möglich, Förderung der Niederwaldwirtschaft
  • Belassung von Totholz im Wald (liegend und stehend)
  • Mulchen, wenn erforderlich, nur im Winter

Sonstige Maßnahmen

  • Mahd von Böschungen und Säumen nur im Winter
  • Erhalt natürlicher Eiablageplätze sowie Anlage neuer (künstlicher) Eiablageplätze (z.B. Anlage von Blatt-, Stroh- oder anderen Schnittguthaufen an geeigneten, lichten Stellen wie z.B. Feld- und Wiesenrändern)
  • Keine Umsetzung von Kompost- und Misthaufen zwischen Mai und Mitte Oktober
  • Keine Neuanlage/Ausbau von Wirtschaftswegen im Vorkommensgebiet
  • Mahd von Wege- und Straßenböschungen außerhalb der Aktivitätsphase

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: ungünstig - unzureichend
  • Alpine Region: unbekannt

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsmöglichkeit der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
  • Vertragsnaturschutzprogramme der Länder (z.B. Agrarumweltmaßnahmen in Bayern), Förderwegweiser für Agrarumweltmaßnahmen in Bayern
  • Hessisches Programm für Agrarumwelt und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM)

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Dr. Michael Waitzmann
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz
Griesbachstr. 3
76185 Karlsruhe
Oder
Fuchsbau 29a
76288 Karlsruhe

Dipl.-Biol. Annette Zitzmann
Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Reptilienschutz in Hessen e.V. (AGAR)
Gartenstraße 37
63517 Rodenbach

Dipl.-Biol. Manfred Drobny
Ökologische Planungen
Griesfeldstraße 18
85354 Freising

Autoren

Dirk Alfermann, Manfred Henf

Unter Mitarbeit von

Ina Blanke, Lutz Dalbeck, Johannes Hill, Rudolf Klepsch, Matthias Kuprian, Maren Laube, Sigrid Lenz, Andreas Malten, Matthias Simon, Karola Szeder, Thomas Widdig, Sibylle Winkel, Annette Zitzmann

Weiterhin danken wir Herrn Michael Waitzmann für seine wertvollen Hinweise.

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