Die essbare Stadt Andernach – Biodiversität und Landwirtschaft im urbanen Raum
Worum geht es?
Gestaltung multifunktionaler Grünflächen – für urbanes Gärtnern und die biologische Vielfalt
Die „Essbare Stadt Andernach“ will Permakultur in den urbanen Kontext einbetten. Hierfür werden städtische Flächen in landwirtschaftliche Teilflächen umgestaltet. Bereits zum Beginn des Projekts wurde eine multifunktionale Nutzung angestrebt. Neben dem Ziel, Obst und Gemüse in öffentlichen Räumen für alle zugänglich zu machen, steht die Erlebbarkeit und Ästhetik der urbanen Grünanlagen im Vordergrund. Eine ansprechende Gestaltung mit attraktiven Nutzpflanzen, insbesondere alten, seltenen Sorten trägt dazu bei, die erlebbare biologische Vielfalt im unmittelbaren Wohnumfeld zu vermitteln. Das Ernten von Obst und Gemüse für Alle ist eng verknüpft mit einem Bildungsprogramm, im Rahmen dessen Führungen, Workshops und Seminare zu stadtökologischen Themen angeboten werden. Die Integration von Langzeitarbeitslosen in die Herstellung und Pflege der Flächen gehört zu den sozialen Aspekten des Projekts.
Stärkung der Pflanzenvielfalt und Schaffung neuer Lebensräume
Durch die Maßnahmen wurden die ökologischen Funktionen der Grünflächen gestärkt und die Agro-Biodiversität gefördert. Im Jahr 2010, dem „Jahr der Biodiversität“, wurde der Grundstein mit einem Tomatensortenprojekt entlang der alten Stadtmauer gelegt. Im selben Jahr wurden 101 Sorten in Andernach angebaut und beschildert. Inzwischen werden über die Tomaten hinaus Gemüse, Obst und Küchenkräuter angebaut. Insbesondere seltene Arten und Sorten sollen dabei in den Fokus gerückt, geschützt und auch den Bürger*innen nahegebracht werden.
Wie wurde es gemacht?
Kommunale Initiative und Aktivierung der Bürger*innen in einem gemeinsamen Aktionsraum
Das Projekt wurde von der Verwaltung für die Bürger*innen gestaltet und somit top-down initiiert. Nach der Etablierung konnten die Zuständigkeiten für Unterhaltung und Pflege ausgelagert werden. Die Flächen werden durch die Perspektive gGmbH gepflegt, die mit Langzeitarbeitslosen und Geflüchteten zusammenarbeitet und so den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Darüber hinaus sind Bürger*innen, die sich in Vereinen, Schulen oder als Einzelpersonen engagieren möchten, in die Pflege eingebunden.
Strahlkraft des Projekts: Identifizierung mit Natur und Stadt
Die Innovation des Projekts liegt in der Neuinterpretation der Nutzung des urbanen Freiraums. Die bepflanzten Flächen laden ausdrücklich dazu ein, betreten, gepflegt, genutzt und gepflückt zu werden. Anfängliche Bedenken bezüglich Vandalismus konnten ausgeräumt werden: Im Verlauf des Projekts stellte sich heraus, dass sich die Bürger*innen mit einer qualitativ hochwertigen Anlage aufgrund eines hohen Identifikationspotentials verantwortlich fühlen. Die Grünflächen haben sich zu einer abwechslungsreichen Bepflanzung entwickelt, die als Standortfaktor wirken und Besuchende sowie Anwohnende in die Stadt locken. Die Stadt Andernach teilt Erfahrungen, Kostenpläne und Stadtratsvorlagen mit interessierten benachbarten Kommunen und nimmt so die Rolle eines Leuchtturmprojekts in der Region ein.
Ökonomisch und ökologisch nachhaltiger Ressourceneinsatz
Die begrenzten Mittel von 50.000 Euro ermöglichten zunächst eine Bepflanzung auf ausgewählten Flächen – nach den ersten Erfolgen wurde das Projekt im Anschluss auf die ganze Stadt ausgeweitet. Bemerkenswert ist der besonders achtsame Ressourceneinsatz. So konnten beispielsweise durch Umgestaltung von Blumenbeeten die Kosten der jährlichen Pflege von 5.000 Euro auf 500 reduziert werden, indem statt Blumen regionale, pflegeleichte Stauden gepflanzt wurden.