Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet für eine vernetzte Industrienatur
Worum geht es?
Einzigartige Biodiversität der Metropolregion schützen
Die Metropole Ruhr ist mit mehr als fünf Millionen Einwohnenden in 53 Städten einer der größten Ballungsräume Europas. Die Industriegeschichte, die lange Tradition des Landschaftsschutzes in Form der regionalen Grünzüge sowie die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte haben die Region und ihre biologische Vielfalt geprägt. Das Mosaik aus Resten der Natur- und Kulturlandschaft, Bergbaufolgelandschaften und Siedlungs- und Industriegebieten sorgt für eine hohe biologische Vielfalt mit überregional bedeutsamen Populationen geschützter Arten und einzigartigen Lebensgemeinschaften. Auf den Industriebrachen hat sich eine spezifische Industrienatur entwickelt. Die Biodiversitätsstrategie widmet sich dieser Vielfalt mit zehn Themenfeldern und strebt Arten- und Biotopschutz in den Siedlungsräumen (Verdichtungszone) und in der freien Landschaft (Übergangszone und Außenzone) an. Sie definiert Ziele und Maßnahmen für öffentliche und private Grünflächen, Agrarlandschaften, Wälder und Gewässer.
Verbundsysteme weiter entwickeln
Ein Ziel der Strategie ist die Entwicklung und planerische Sicherung eines Biotopverbundsystems mit Korridoren und Trittsteinen. Die Durchlässigkeit der Landschaften des Ruhrgebiets soll die genetische Vielfalt durch den Austausch von Populationen sichern und vor dem Hintergrund des Klimawandels Wanderbewegungen in zukünftig besser geeignete Gebiete ermöglichen. Insgesamt sollen 5.500 Hektar Industrienaturflächen gesichert und entwickelt werden. Rund 2.000 Hektar gehören zur den Kerngebieten mit herausragender Bedeutung für die Biodiversität (zum Beispiel Gleispark Frintrop, Kokerei Hansa). Rund 3.500 Hektar eignen sich als Vernetzungs- und Erweiterungsgebiete. Hierzu gehören insbesondere Haldenstandorte oder lineare Elemente wie brachliegende Gleisanlagen. Die Flächen sollen rechtlich und administrativ gesichert und bis 2030 Entwicklungs-, Pflege- und Nutzungskonzepte (inklusive Besucherlenkung) entwickelt werden. Zur Vernetzung sollen bis 2025 geeignete lineare Strukturen über Luftbild- und Geländeanalysen identifiziert und dabei nach Möglichkeit auch Fuß- und Radwege als Vernetzungsstrukturen aufgebaut werden.
In den Städten und Kommen sollen die Bewohner*innen Grün- und Parkanlagen, Friedhöfe, urbane Wälder oder landwirtschaftlich genutzte Freiflächen mit einer Mindestgröße von 5.000 Quadratmeter innerhalb von 300 Metern um ihre Wohnung erreichen können. Zudem sollen die Grünflächen durch ein „grünes Wegenetz“ verbunden sein. Entlang von Verkehrswegen und anderen linearen Strukturen sollen arten- und blütenreiche Randstreifen zur Biotopvernetzung und als Trittsteine entstehen.
Wie wurde es gemacht?
Mit fachlichen Positionspapieren in den regionalen Dialog gehen
Die Biodiversitätsstrategie wurde unter Federführung des Regionalverbund Ruhr durch ein Konsortium aus der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet, der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum erstellt. Gefördert wurde der Prozess durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens im Rahmen der „Offensive Grüne Infrastruktur 2030“. Zunächst wurden 2020-2021 Positionspapiere erstellt, die den Stand des Wissens zu neun Handlungsfeldern aus der Literatur zusammenfassen und ihn mit regionalen Daten und Erkenntnissen lokaler Expert*innen verknüpfen. Diese wurden in einer Reihen von öffentlichen Veranstaltungen und dreizehn Workshops vorgestellt und mit mehr als 200 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Bürger*innenschaft diskutiert. Zudem konnten die überarbeiteten Positionen online kommentiert werden. Die fertige Strategie wurde im Sommer 2022 vom Ruhrparlament politisch beschlossen.
Regionales Handlungsprogramm entwickeln
Die Biodiversitätsstrategie soll durch ein regionales Handlungsprogramm mit konkreten Maßnahmen und Projekten gemeinsam mit Kommunen, Kreisen und Privaten umgesetzt werden. Dafür wurden zunächst beispielgebende bestehende Projekte und neue Projektideen aus der Region gesammelt, die andere Akteur*innen inspirieren können. Eine Prüfung und Anpassung der Strategie ist alle fünf Jahre geplant.