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Bundesamt für Naturschutz

Integrativer Artenschutz aquatischer Verantwortungsarten am Beispiel der Nister

Gewässer und Auen
Arten
Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben
Bundesland
Rheinland-Pfalz
Zuständiges Fachgebiet
Fachgebiet II 2.4 Gewässerökosysteme, Wasserhaushalt, Blaues Band
Laufzeit
01.05.2017 - 31.05.2019 (Voruntersuchung) | 01.10.2019 - 30.09.2022 (Hauptvorhaben) | 01.02.2020 – 30.04.2024 (wissenschaftliche Begleitung)
Lage
Nister und ihr Einzugsgebiet, Landkreise Altenkirchen und Westerwaldkreis, Rheinland-Pfalz
Finanzvolumen
1.833.000 €
Förderschwerpunkt
Artenvielfalt bewahren

Beschreibung

Trotz Verbesserungen bei der Wasserqualität sind die Biotoptypen der Gewässer und Auen und die dort lebenden Arten in Deutschland nach wie vor in besonderem Maße gefährdet; die Artenzusammensetzung ist in den meisten Fließgewässern weit von einem natürlichen Zustand entfernt. Grund dafür sind die vielfältigen Nutzungen der Gewässer und ihrer Einzugsgebiete und die damit einhergehenden Veränderungen der Gewässerstruktur und -morphologie, des Wasserhaushalts, der Wasserqualität und des Sedimenthaushalts.

In den Fließgewässern haben vor allem die Gewässersohle und das hyporheische Interstitial (wassergesättigtes Lückensystem unterhalb der Gewässersohle) eine bedeutende Funktion als Lebens-, Rückzugs- und Entwicklungsraum der aquatischen Fauna. Ein in Deutschland weit verbreiteter Gefährdungsfaktor für aquatische Arten ist eine übermäßige Kolmation (Ablagerung von Feinmaterialien auf der Gewässersohle und in den Poren des Interstitials, biogen verursacht auch durch hohes Algenwachstum). Die Abnahme des besiedelbaren Porenraumes im Interstitial beeinträchtigt vor allem das Makrozoobenthos stark und führt zu großen Individuenverlusten und Verschiebungen des Artenspektrums bis hin zu Artverlusten. Die hochgefährdeten Muschelarten Flussperlmuschel und Bachmuschel beispielsweise sind im Juvenilstadium auf ein gut durchströmtes und mit Sauerstoff versorgtes Kieslückensystem angewiesen; auch für die Reproduktion kieslaichender Fische ist der Lückenraum von entscheidender Bedeutung.

Betroffen von der Kolmation sind neben Stauhaltungsbereichen auch freifließende Abschnitte. Das Problem tritt an zahlreichen kleinen und mittelgroßen Fließgewässern in Deutschland auf. Da übermäßige Kolmation in der Regel mit Einflüssen aus dem Einzugsgebiet zusammenhängt, ist die Bekämpfung der Ursachen schwierig. Um in kolmatierten Bächen eine grundlegende Verbesserung der aquatischen Biodiversität zu erreichen, müssen viele Zusammenhänge berücksichtigt werden, sowohl hinsichtlich der Lebensraumansprüche unterschiedlicher Artengruppen und deren gegenseitiger ökologischer Abhängigkeit als auch hinsichtlich der Wirkung der Einflussfaktoren aus dem Einzugsgebiet.

Mit dem E+E-Vorhaben an der Nister soll modellhaft erprobt werden, wie die aquatische Biodiversität kleiner bis mittelgroßer Fließgewässer erhalten bzw. verbessert werden kann. Die Besonderheit ist dabei ein integrativer Ansatz unter Einbeziehung des Einzugsgebiets und der dort vorhandenen Nutzungen. Ein besonderer Fokus des Vorhabens liegt auf hochgradig gefährdeten Arten wie Flussperlmuschel und Barbe, für deren Erhaltung sich Deutschland in besonderem Maße einsetzt, weil sie in Deutschland ihren Verbreitungsschwerpunkt haben.

Als erste Phase fand zur Erfassung des Ausgangszustands bzgl. Habitatqualität und Vorkommen bestimmter Arten sowie zur passgenauen Planung der Erprobungsmaßnahmen eine Voruntersuchung statt. Im Oktober 2019 ist das Hauptvorhaben mit praktischen Maßnahmen begonnen worden. Dritter Baustein des Projekts ist die wissenschaftliche Begleituntersuchung. Im Gewässer selbst werden als wichtige Indikatoren für den Erfolg der Maßnahmen die Sedimentzusammensetzung, die Sauerstoffversorgung im Sediment, die Fischbesiedlung, die Artenzusammensetzung der aquatischen Invertebraten und der Algenaufwuchs auf der Gewässersohle untersucht. Daneben geht es aber auch um die Maßnahmenwirkung auf die Insektenarten, deren Larven im Wasser heranwachsen (Eintagsfliegen, Steinfliegen, Zweiflügler, Köcherfliegen) und die später im geflügelten Stadium als Nahrungsressource für landlebende Insektenfresser dienen. Weiterhin wird eine neue Form der Erhaltungszucht für die Bachmuschel entwickelt. Ziel ist die Vergrößerung der noch vorhandenen Restbestände dieser bedrohten Art in der Nister. In bestimmte Elemente der Untersuchungen werden auch interessierte Anwohner/innen einbezogen, ein Vorgehen, das unter dem Begriff „Citizen Science“ auch in anderen Zusammenhängen bereits praktiziert wird.

Auftragnehmende

Universität Koblenz-Landau
Voruntersuchung, wissenschaftliche Begleitung
Universitätsstr. 1, 56070 Koblenz
Technische Universität München
Voruntersuchung, wissenschaftliche Begleitung
Arcisstraße 21, 80333 München
Landkreis Altenkirchen, Untere Wasserbehörde
Hauptvorhaben
Parkstraße 1, 57610 Altenkirchen

Förderung durch

Bundesamt für Naturschutz, Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz, Landkreis Altenkirchen

Kontakt im BfN

Mareike Hees
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